Oser, Dr. Ernst

Sektionschef Dr. Ernst Oser

* 23.10.1845 in Grafenegg
† 25.9.1902 in Wien

Ernst Oser wurde als eines von sieben Kindern in die Familie des Johann Oser, Forstmeister der Grafen Breuner auf Schloss Grafenegg, und dessen Gattin Barbara, geb. Edlinger, geboren.1 Die evangelische Familie Oser war sehr musikalisch und Sohn Ernst bereits in jungen Jahren ein begnadeter Geigenspieler.

Seine Schulausbildung erhielt er im Stiftsgymnasium Melk, und daran anschließend absolvierte er juristisch-politische Studien an der Universität Wien. Nach deren Abschluss trat Oser 1869 als Concepts-Praktikant in den niederösterreichischen Landesdienst in Wien ein, und war in seiner frühen Laufbahn auch kurzzeitig bei den Bezirkshauptmannschaften Hernals (damals noch nicht Teil Wiens) und Baden bzw. beim Landesschulrat der Niederösterreichischen Statthalterei eingesetzt. Später führte ihn sein Weg erneut nach Baden, wo er von 1874 bis 1883 an der dortigen Bezirkshauptmannschaft  tätig war. In dieser Zeit war der spätere langjährige Statthalter von Niederösterreich, Erich Graf von Kielmansegg, Bezirkshauptmann von Baden, und Kielmansegg wurde zu Osers Mentor und förderte dessen weitere Karriere.  1874 heiratete er Josefine Edle von Rosthorn, die Tochter eines vermögenden Knopffabrikanten aus Wien, und dieser Ehe entstammten zwei Töchter und ein Sohn. Im November 1883 wurde Dr. Oser schließlich zum Bezirkshauptmann in Mistelbach berufen2, wo er sich unter anderem als großer Förderer des Feuerwehrwesens im gesamten Bezirk verdient machte und aus diesem Grund 1885 zum Ehrenmitglied der Freiwilligen Feuerwehr Mistelbachs ernannt wurde.3 1884 wurde auf Initiative seiner Gattin Josefine der Mistelbacher Zweigverein des Patriotischen Hilfsvereins vom Roten Kreuz gegründet und Frau Oser war bis zu ihrem Abschied aus Mistelbach auch dessen Präsidentin.4

Im November 1887 kehrte er an seinen langjährigen Dienstort Baden zurück, diesmal an die Spitze der Badener Bezirkshauptmannschaft5. Anfang des Jahres 1890 folgte dann die Berufung zurück in die Niederösterreichische Statthalterei nach Wien, wo er mit der Organisation und Leitung des neugeschaffenen Departments für „Volkswirtschaftliche und Landeskultur-Angelegenheiten, Unterrichtsstiftungen und Stipendien“ betraut wurde. Sechs Jahre später wechselte Oser in das k.k. Ackerbauministerium, wo er als Sektionschef bis zu seinem Tode tätig war und sich besondere Verdienste um das landwirtschaftliche Versuchswesen erwarb. Während seiner Tätigkeit bei der Niederösterreichischen Statthalterei bzw. im Ackerbauministerium setze sich Dr. Oser intensiv für die Schaffung einer Winzerschule an seinem ehemaligen Dienstort Mistelbach ein, die schließlich 1898 eröffnet werden konnte.

Sektionschef Dr. Ernst Oser

1894 wurde ihm eine besondere Ehre zuteil, nämlich die persönliche Überreichung des Dekrets für die Ernennung zum Hofrat durch Kaiser Franz Joseph I. Diese besondere Ehre stand wohl in Zusammenhang mit der Tragödie von Mayerling im Jahr 1889 (Freitod von Kronprinz Rudolf und seiner Geliebten Mary Vetsera), die sich während Osers Zeit als Bezirkshauptmann des Bezirks Baden und damit in seinem örtlichen Zuständigkeitsbereich ereignete. Als oberster Verwaltungsbeamter vor Ort war er in dieser äußerst delikaten Angelegenheit die wichtigste Ansprechperson der Hofdienststellen und auf Anordnung des Ministerpräsidenten verantwortlich für die Organisation der raschen und heimlichen Bestattung von Mary Vetsera in Heiligenkreuz. Weiters wurde er 1894 aufgrund seiner Unterstützung für die durch die Reblaus geschädigten Weinbauern von der Gemeinde Gumpoldskirchen zum Ehrenbürger ernannt.6 Bereits 1893 wurde Dr. Oser zum Ehrenbürger Mistelbachs ernannt und seit 1898 trägt eine Straße im alten Spitalsviertel den Namen Oserstraße.7

Die nach Ernst Oser benannte Straße in ihrer ursprünglichen Schreibung "Oser-Straße" statt der heutige gebräuchlichen Schreibweise "Oserstraße"Die nach Ernst Oser benannte Straße in ihrer ursprünglichen Schreibung „Oser-Straße“ statt der heutige gebräuchlichen Schreibweise „Oserstraße“

Er verstarb am 25. September 1902 um 2 Uhr nachts in seiner in der Wiener Ungargasse Nr. 9 gelegenen Wohnung an den Folgen einer akuten Herzklappenentzündung8 Zwei Tage später wurde Osers Leichnam mit sechsspännigem Galatrauerwagen in die evangelische Kirche in der Dorotheergasse gebracht, wo der Verstorbene unter Anwesenheit mehrerer Minister, des niederösterreichischen Statthalters und zahlreicher anderer hoher Würdenträger feierlich verabschiedet wurde. Anschließend wurde der Verblichene mit dem Zug nach Waldegg bei Wiener Neustadt gebracht, wo seine sterblichen Überreste auf dem örtlichen Friedhof beigesetzt wurden.9


Wo befindet sich die Oserstraße?

 

Quellen & Anmerkungen:

-) Illustriertes Wiener Extrablatt vom 25. September 1902 (Nr. 265), S. 5 (ONB: ANNO)
-) Bote aus Mistelbach, Nr. 28/1902, S. 1
-) Zeitschrift für das landwirthschaftliche Versuchswesen in Oesterreich, Jg. 1902, S. 1069f (Anm.: seine Rückkehr nach Baden als Bezirkshauptmann wird hier fälschlicherweise mit dem Jahr 1885 angegeben)
-) Nowak, Rudolf R.: Das Mayerlingnetz (2015) S.111 ff
(Anm.: nachdem sich Nowak auf die Angaben im Nachruf der „Zeitschrift für  das landwirthschaftliche Versuchswesen in Österreich“ stützt, ist natürlich auch die hier die Angabe seiner Rückkehr nach Baden als Bezirkshauptmann falsch)
-) Standesblatt der Niederösterreichischen Statthalterei: Dr. Ernst Oser, Niederösterreichisches Landesarchiv
-) Beiträge zur Geschichte der niederösterreichischen Statthalterei (1897), S. 491 (Link Onlinebestände Landesarchiv Niederösterreich)

Bildnachweis.
-) Zeitschrift für das landwirthschaftliche Versuchswesen in Oesterreich, Jg. 1902, S. 1069f
-) Straßenschild: eigene Aufnahme

  1. Pfarre Haitzendorf: Taufbuch (1838-1859), Fol. 123
    Eintrag Taufbuch Pfarre Haitzendorf
  2. Untermanhartsberger Kreisblatt, Nr. 23/1883, S. 1
  3. Untermanhartsberger Kreisblatt, Nr. 2/1885, S. 4f
  4. Jakob, Christa: Frauenhaar und Frauenzimmer (2011), Band XI der Reihe Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, S. 64
  5. Untermanhartsberger Kreisblatt, Nr. 23/1887, S. 3f
  6. Neue Freie Presse, 13. Jänner 1894, S. 4 (ONB: ANNO)
  7. Verleihung Ehrenbürgerschaft: 21.01.1893, Straßenbennenung: 13.04.1898 – Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach, Bd. I. (1901), S. 227
  8. Wien-Innere Stadt – Lutheranische Stadtkirche: Sterbebuch (1902), Eintrag Nr. 129
    Eintrag Sterbebuch Lutheranische Stadtkirche Wien
  9. Illustriertes Wiener Extrablatt vom 27. September 1902 (Nr. 267), S. 4 (ONB: ANNO);
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