Anton Hackler-Gasse (Paasdorf)

Im Zuge der Einführung von Straßenbezeichnungen in der Katastralgemeinde Paasdorf wurde mit Beschluss des Mistelbacher Gemeinderates vom 10. Dezember 1998 beschlossen die zum Friedhof führende bzw. entlang der Bahnstrecke verlaufende Straße nach Anton Hackler, dem einstigen Wirtschaftsrat der Herrschaft Paasdorf, Gutsverwaltungsexperten und Stifter der hiesigen Friedhofskapelle, zu benennen.

Wo befindet sich die Anton Hackler-Gasse?

 

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Michael Hofer-Zeile

Am 4. April 1925 beschloss der Mistelbacher Gemeinderat die Einführung von Straßennamen in der ehemaligen Flüchtlingsstation bzw. der umliegend entstandenen neuen Siedlung. Zum Gedenken an den Architekten dieser als Villenkolonie ausgeführten Flüchtlingsunterkünfte, Ingenieur im Staatsbaudienst Michael Hofer, wurde die Straße, die die Siedlung gegen die Landesbahnstrecke hin abschließt „Michael Hofer-Zeile“ benannt. Seit auch das Gebiet östlich der Ebendorfer Straße bzw. unterhalb der Liechtensteinstraße zusehends verbaut wurde, trägt die Straße längs der Landesbahn auch jenseits der Ebendorfer Straße den Namen Hofers. Als Zeile wurden in früherer Zeit nur an einer Straßenseite verbaute Straßenzüge bezeichnet, die bspw. an einem Bach, Dorfanger oder wie hier an einer Bahnstrecke lagen (siehe etwa auch Bahnzeile).

Wo befindet sich die Michael Hofer-Zeile?

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Hofer, Ing. Michael

Hofrat Ing. Michael Hofer

* 31.7.1879, Lichtenwörth (Bez. Wr. Neustadt)
† 10.1.1958, Wien

Michael Hofer wurde 1879 als Sohn des Müllermeisters und Wirtschaftsbesitzers Michael Hofer sen. und dessen Gattin Christina, geb. Lehn, in Lichtenwörth bei Wiener Neustadt geboren.1 Die an der Warmen Fischa, außerhalb des Ortsgebiets von Lichtenwörth, gelegene Steinfeldmühle kam 1813 in den Besitz der Familie Hofer und wird bis heute von dieser geführt.2 Seine Mutter entstammte der Bierbrauerfamilie Lehn, die die Piestinger Brauerei bald nach ihrer Gründung Mitte des 19. Jahrhunderts übernahm und bis in die 1990er Jahre besaß. Der Vater, Michael Hofer sen., war erfolgreicher Unternehmer, Gönner der hiesigen Pfarre und engagierte sich auch im öffentlichen Leben unter anderem als erster Hauptmann der Lichtenwörther Freiwilligen Feuerwehr.3 Zu seinem Andenken trägt die Richtung Wiener Neustadt bzw. zur Mühle führende Straße seit vielen Jahren den Namen „Michael Hofer-Straße“.

Michael Hofer jun. wuchs mit vier Schwestern und einem um ein Jahr älteren Bruder namens Carl auf, der dazu auserkoren war dem Vater als Mühlenbesitzer nachzufolgen. Somit konnte er von 1890 bis 1897 die sieben Jahrgänge umfassende Landes-Oberrealschule in Wiener Neustadt besuchen4, und legte hier im Sommer 1897 erfolgreich die Reifeprüfung ab. Bereits während der Schulzeit dürfte in ihm der Wunsch nach einer technischen Berufslaufbahn gereift sein, denn in der im Jahresbericht der Oberrealschule enthaltenen Liste der Maturanten des Jahres 1897 wird bei Hofer der Berufswunsch „Techniker“ angeführt.5 Diesem Wunsch folgend inskribierte er sich mit Beginn des Wintersemesters 1897/98 an der Bauschule der Technischen Hochschule Wien (heute: Fakultät für Architektur und Raumplanung der TU Wien) für das Studienfach Hochbau. Bis zum Wintersemester 1903/04 besuchte er dort Lehrveranstaltungen und schloss sein Studium – vermutlich nach zwischenzeitlicher Ableistung des Militärdienstes – schließlich am 28. Juli 1905 mit der Zweiten Staatsprüfung erfolgreich ab.6 Anfang November 1905 begann er seine Berufslaufbahn als Baupraktikant im Staatsbaudienst bei der k.k. niederösterreichischen Statthalterei in Wien. Der Staatsbaudienst für Niederösterreich dessen Wiener Diensträume sich an der Mariahilferstraße befanden war Teil der durch die Statthalterei ausgeübten gesamtstaatlichen Verwaltung und ist nicht zu verwechseln mit dem nö. Landesbauamt.

Schon zuvor, am 10. Oktober 1905, schloss Hofer mit Maria Muzzanelli (1880-1982), der aus Wiener Neustadt stammenden Tochter eines kaufmännischen Angestellten7, den Bund der Ehe. Diese Verbindung blieb kinderlos. Bis zum Beginn des 1. Weltkriegs hatte Hofer die übliche Laufbahn im Staatsbaudienst absolviert und war in den Rang eines Bau-Ingenieurs aufgestiegen.8 In dieser Funktion wurde er bald nach Kriegsausbruch damit beauftragt ein in Gmünd gelegenes Gelände bezüglich dessen Tauglichkeit zur Errichtung eines großangelegten Flüchtlingslagers zu begutachten, denn durch die gleich zu Beginn des Krieges erlittenen Gebietsverluste im Osten des Reichs (Bukowina und Galizien) wurden vielerorts rasch Quartiere für die große Zahl an Flüchtlingen geschaffen. Die ursprünglich vorgesehenen Äcker wurden von ihm als nicht geeignet angesehen, allerdings fiel Hofer bei seiner Besichtigung ein Areal nahe dem Gmünder Bahnhof der Franz-Josefs-Bahn auf, dass er für deutlich geeigneter hielt. Seiner Empfehlung zur Errichtung eines Barackenlagers an dieser Stelle wurde Folge geleistet und schließlich wurde er auch mit der Leitung der Ausführung dieses Bauvorhabens betraut.9 Binnen kürzester Zeit konnte der Bau realisiert werden und bereits Anfang des Jahres 1915 wurden die ersten Flüchtlinge aufgenommen. Das Lager bestand während der gesamten Kriegsdauer und in der Spitze waren hier rund 30.000 Flüchtlinge, mehrheitlich aus Galizien und der Bukowina untergebracht, weshalb diese „Barackenstadt“ auch „Ukrainisch-Gmünd“ genannt wurde. Das Lager beherbergte ein Vielfaches der Einwohnerzahl von Gmünd und verfügte dementsprechend über eine eigene Infrastruktur (Kirche, Friedhof, Schule, Spital, Postamt, E-Werk, Schlachterei, Gendarmerieposten, Sommertheater, etc.). Aufgrund der kriegsbedingt herrschenden Personalknappheit wurde Hofer, nachdem er seinen unten näher geschilderten Auftrag in Mistelbach erfüllt hatte, gegen Ende des Jahres 1915 der Verwaltung dieses Flüchtlingslagers (k.k. Barackenverwaltung Gmünd) dienstzugeteilt und er fungierte ab Beginn des Jahres 1918 als einer von zwei Lagerleiter-Stellvertretern.10 Kurzzeitig dürfte Hofer auch bei der Verwaltung des Flüchtlingslagers Mitterndorf eingesetzt gewesen sein, zumindest deuten die Angaben im Niederösterreichischen Amtskalender des Jahres 1916 (erschienen zu Ende des Jahres 1915) darauf hin.11

Das unter der Leitung von Ing. Michael Hofer in kurzer Frist erbaute Barackenlager Gmünd umfasste 144 Wohnbaracken, die insgesamt bis zu 30.000 Personen aufnehmen konnten, und zahlreiche soziale, gewerbliche und technische Einrichtungen

Das Gebäude der Barackenverwaltung samt dessen Vorstand anlässlich eines Besuchs des nö. Statthalters – mit hoher Wahrscheinlichkeit dürfte auch Michael Hofer zu den darauf abgebildeten Personen zählen

Die Errichtung des Flüchtlingslagers in Gmünd bedeutete nicht nur einen Aufschwung für die lokale Wirtschaft, sondern die Gemeindevertreter erkannten früh auch die für die weitere Stadtentwicklung bedeutende Entscheidung von Hofer bezüglich Errichtung und Lage des Flüchtlingslagers, und verliehen ihm im Dezember 1916 das Ehrenbürgerrecht der Stadt Gmünd.12 Das Lager wurde nach Ende des Ersten Weltkriegs für verschiedene Zwecke und immer wieder auch als Notunterkunft genutzt und im Laufe der Jahre entstand hier auf Grundlage der Infrastruktur des Flüchtlingslagers der Stadtteil Gmünd-Neustadt. Am 23. Oktober 1957 beschloss der Gmünder Gemeinderat eine Straße in der Neustadt in Erinnerung an den Mitbegründer dieses Stadtteils „Michael-Hofer-Gasse“ zu benennen.13

Im September 1915 wurde auch in Mistelbach mit der Errichtung einer Flüchtlingsstation auf dem Areal unterhalb des Krankenhauses begonnen und mit der Planung und Bauleitung wurde Ing. Hofer, der sich durch seine Leistung in Gmünd empfohlen hatte, betraut.14 Die Quartiere wurden für Flüchtlinge aus Südtirol errichtet, da nach dem Kriegseintritt Italiens 1915 auf Seiten der Entente auch an der südwestlichen Reichsgrenze Kämpfe tobten und die Zivilbevölkerung im Kampfgebiet fliehen musste. Im Unterschied zu Gmünd war die Flüchtlingsstation in Mistelbach jedoch deutlich kleiner angelegt und auch in punkto Qualität der Unterbringung wurden neue Maßstäbe gesetzt, denn Hofer plante die Flüchtlingsunterkünfte im Stile einer für damalige Verhältnisse luxuriösen Villenkolonie. Schon im April 1916 wurden die ersten Flüchtlinge aufgenommen und ein Jahr nach Baubeginn war die Flüchtlingsstation mit 47 Ein- und Zweifamilienhäuser, die in der Spitze 750 Personen beherbergen sollten, drei Gemeinschaftsgebäuden (Schule, Verwaltungsgebäude, Restaurant) und zwei Magazine fertiggestellt.15 Für Mistelbach bedeutete die Schaffung dieses neuen Stadtteils einen großen Entwicklungsschritt, schließlich wurde hier auf Staatskosten Wohnraum und Infrastruktur geschaffen, die nach der Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat, im Elend und der Wohnungsnot der Zwischenkriegszeit dringend gebraucht werden konnten. Die Flüchtlingsstation diente nach dem Krieg kurzzeitig der Unterbringung von Truppen der Volkswehr, der ersten Armee der jungen Republik, bzw. wurde ein Teil der Wohnhäuser später von der Wiener Polizei für Erholungsaufenthalte von Polizisten bzw. deren Angehörigen genutzt. Im Laufe der Zwischenkriegszeit gingen die Gebäude schrittweise in den Besitz der Stadt über und wurden von dieser an Privatpersonen verkauft. Westlich der Flüchtlingsstation wurden ab den 1920er Jahren weitere Grundstücke aufgeschlossen und im Zuge der Einführung von Straßennamen in der ehemaligen Flüchtlingsstation bzw. der sich daraus nun entwickelnden Siedlung beschloss der Mistelbacher Gemeinderat am 4. April 1925 die längs der Landesbahnstrecke verlaufende und die Siedlung südlich abschließende Gasse nach dem Architekten der Flüchtlingsstation „Michael Hofer-Zeile“ zu benennen. In der Begründung wird Hofers Einsatz dafür hervorgehoben, dass die Flüchtlingsstation nicht als Barackensiedlung, sondern in Form einer modernen Villenkolonie erbaut wurde.16

Die in Form einer Villenkolonie erbaute Flüchtlingsstation samt dem Verwaltungsgebäude im Vordergrund – aus der Perspektive des gegenüberliegenden Krankenhauses gesehen.

Ansicht der Flüchtlingsstation aus südwestlicher Richtung

Eine Aufnahme der ehemaligen Flüchtlingsstation von südlicher Richtung, die auf der Ansichtskarte als Villenviertel bezeichnet wird. Bei der vor den ersten Häusern verlaufenden Straße (nächst der Landesbahnstrecke) handelt es sich um die Michael Hofer-Zeile

Nach dem Ende der Monarchie und der bald darauf folgenden Schließung des Flüchtlingslagers in Gmünd kehrte Hofer wieder nach Wien an seine Dienststelle, nunmehr Staatsbaudienst bei der niederösterreichischen Landesregierung, zurück.17 Im Oktober 1933 trat seine Dienststelle kumulativ der Vaterländischen Front, der Einheitspartei des autoritären Dollfuß-Regimes, bei. Solcherart von oben angeordnete und orchestrierte Massenbeitritte ließen die Mitgliederzahlen dieser neuen „Volksbewegung“ auf mehrere Millionen ansteigen, lassen jedoch kaum Schlüsse auf die tatsächliche politische Einstellung einer Vielzahl der Mitglieder zu. Schon Mitte der 1930er Jahren zum Hofrat ernannt stieg Hofer im Zuge einer Organisationsreform 1937 schließlich zum Leiter des Referats 9A „Allgemeine technische Angelegenheiten des Bundesbaudienstes, Hochbau, etc.“ im Landesamt I der nö. Landesregierung auf18 und hatte dieses Amt bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand inne.19 In dieser Funktion, möglicherweise aber auch aufgrund persönlicher Verbundenheit zu Mistelbach, übernahm er als Vertreter des Landes die Obmannschaft im Bauauschuss betreffend den Zu- bzw. Ausbau des Bezirkskrankenhauses Mistelbach, der auch aufgrund seines Einsatzes nach nur wenigen Monaten Bauzeit fertiggestellt und im Oktober 1937 eröffnet werden konnte.20 Im Jahr darauf führte Hofer bspw. auch die Bauleitung beim Bau eines neuen Gerichts- und Amtsgebäudes in Neunkirchen.21 Hofer war nicht Mitglied der NSDAP, war jedoch laut eigenen Angaben in Personalfragebögen während den Jahren 1938-1945 Mitglied der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV) und der ebenfalls der Partei angeschlossenen berufsständischen Vertretungen Nationalsozialistischer Bund Deutscher Technik (NSBDT) und Reichsbund der Deutschen Beamten (RDB).

1937: Hofrat Ing. Hofer (rotes X) hält anlässlich der Gleichenfeier des Krankenhausausbaus in Mistelbach eine Rede

Im Sommer 1946 scheint Hofrat Hofer noch als Leiter der Abteilung Hochbau beim Landesbauamt auf, seine Versetzung in den Ruhestand dürfte jedoch Ende 1946 bzw. spätestens in den ersten Monaten des Jahres 1947 erfolgt sein.22 Hofrat Ing. Michael Hofer verstarb am 10. Jänner 1958 im 79. Lebensjahr in Wien und wurde im Familiengrab in Lichtenwörth bestattet.

Die letzte Ruhestätte von Hofrat Michael Hofer im Grab der Familie Hofer auf dem Lichtenwörther Friedhof

 

Wo befindet sich die Michael Hofer-Zeile?

 

Bildnachweis:
-) Ansichtskarten der Flüchtlingsstation Mistelbach aus der Sammlung von Herrn Gerhard Lichtl – digitalisiert und zur Verfügung gestellt von Herrn Otmar Biringer
-) Foto des Gebäudes der Barackverwaltung Gmünd: Wiener Bilder, 10. Oktober 1915 (20. Jg. – Nr. 41), S. 10f (ONB: ANNO);
-) Foto Barackenlager Gmünd: Das interessante Blatt, 30. September 1915 (34. Jg. – Nr. 39, S. 7 (ONB: ANNO)
-) Familiengrab Hofer: dankenswerterweise zVg von Herrn Franz Ofner-Winkler (2022)
-) Das „Portrait“ (Fotoausschnitt) und das Foto der Gleichenfeier des Krankenhausausbaus 1937 entstammen dem Fotoalbum von Fr. Luise Bsteh (Stadtmuseumsarchiv Mistelbach) und sind auch in der Topothek Mistelbach unter diesem Eintrag (S. 47-48) veröffentlicht

Quellen:
-) Standesblatt Michael Hofer (Niederösterreichisches Landesarchiv)
-) Personalfragebögen zu Michael Hofer aus der NS-Zeit (Niederösterreichisches Landesarchiv)
-) diverse Ausgaben des Niederösterreichischen Amtskalenders, Niederösterreichischen Almanachs, Österreichischen Amtskalenders

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Theresia Weiß-Ring (Paasdorf)

Mit Beschluss vom 26. März 1998 benannte der Mistelbacher Gemeinderat eine neue Straße in Paasdorf nach Theresia Weiß, der Gründerin des örtlichen Verschönerungsvereins, die das Ortsbild und das kulturelle Geschehen in der Katastralgemeinde nachhaltig prägte.

Wo befindet sich der Theresia Weiß-Ring?

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Josef Strasser-Gasse

Diese Gasse entstand gemeinsam mit der Karl Fitzka-Gasse zu Beginn der 1910er Jahre als die zuvor im Besitz der Familie Strasser befindlichen Gründe zwischen Mistelufer und Mitschastraße baulich erschlossen wurden. Der berühmteste Vertreter der Familie Strasser, die unweit dieser Gasse, nämlich am Beginn der Liechtensteinstraße, mit ihrem Gerbereibetrieb ansässig war, ist Josef Strasser. Er stand der Gemeinde Mistelbach von 1867 bis 1888 als Bürgermeister vor und trug maßgeblich zum Aufschwung Mistelbachs bei, der sich auch in der Stadterhebung im Jahre 1874 widerspiegelt. Am 31. Oktober 1913 beschloss der Mistelbacher Gemeindeausschuss (=Gemeinderat) diese Gasse nach dem verdienten Bürgermeister und Ehrenbürger der Stadt zu benennen. Zunächst wurden lediglich auf der linken Straßenseite (ungerade Hausnr.) Häuser errichtet, erst Jahrzehnte später erfolgte auch die Bebauung der rechten Straßenseite dieser Sackgasse.

Wo befindet sich die Josef Strasser-Gasse?

 

Quellen:
-) Verhandlungsschrift über die öffentliche Gemeindeausschusssitzung vom 31. Oktober 1913 In: Mistelbacher Bote, Nr. 45/1913, S. 5;
-) Spreitzer, Prof. Hans: Mistelbachs Straßen- und Gassennamen In: Mistelbacher Laaer Zeitung, Nr. 38/1955, S. 2f

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De Venne-Weg

Devenne (auch Devenna bzw. verschiedenste andere Schreibweisen) lautete der Name einer im 17. und 18. Jahrhundert in Mistelbach ansässigen Bürgerfamilie, deren erster Vertreter aus Regensburg zuwanderte. Die Mitglieder dieser ursprünglich allerdings aus dem Brabant (heute ein Teil von Belgien) stammenden Familie brachten es hier als Apotheker, Handelsleute und Steuereinnehmer zu großem Wohlstand und der letzte (bekannte) Vertreter der Mistelbacher Linie, Ferdinand Maximilian Devenne, bekleidete auch das Amt des Marktrichters. Er war es auch der Mitte des 18. Jahrhunderts das Barockschlössl als seinen Wohnsitz erbauen ließ und somit bleibende Spuren im Mistelbacher Stadtbild hinterlassen hat. In der Sitzung vom 14. November 1974 beschloss der Mistelbacher Gemeinderat eine Gasse in der erweiterten Stadtwald-Siedlung nach der Familie des Erbauers des Barockschlössls zu benennen.

Wo befindet sich der De Venne-Weg?

 

Quellen:
-) Mitscha-Märheim, Univ.-Prof. Dr. Herbert: „Zur Herkunft der Familie des Mistelbacher Marktrichters Devenne“ In: Weinviertler Nachrichten, Nr. 16/1964, S. 5
-) Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 183, Jänner 1975, S. 5

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Sobek, Leopoldine

Leopoldine Sobek

* 7.4.1904, Mistelbach
† 8.6.1996, Mistelbach

Leopoldine Sobek wurde 1904 als Tochter des Bahnbediensteten Franz Sobek und dessen Gattin Anna, geb. Bergauer, in Mistelbach geboren.1 In den Einträgen der Pfarrbücher zu ihrer Familie findet sich der Familienname stets in der Schreibweise „Soubek“, später scheint jedoch ausschließlich die Schreibweise ohne „u“ auf.2 Gemeinsam mit vier jüngeren Geschwistern, drei Schwestern und einem Bruder, wuchs sie am Wohnsitz der Familie im Haus Kreuzgasse Nr. 3 auf. Sobek absolvierte ihre Pflichtschulbildung in Mistelbach und nach einer Schneiderlehre, machte sie sich bereits 1924 im Alter von 20 Jahren als Schneidermeisterin selbstständig.3

Für die damalige Zeit wenig überraschend war Sobeks Vater als Eisenbahner auch Sozialdemokrat und scheint zu Beginn der 1930er Jahre als Funktionär der Mistelbacher Lokalorganisation der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs (SDAP) auf.4 Ihre weltanschaulich-politische Prägung erhielt Leopoldine Sobek jedoch offenkundig nicht väterlicherseits, sondern durch ihre Mitgliedschaft im von völkischer Ideologie und Antisemitismus geprägten Deutschen Turnverein Mistelbach. Der Deutsche Turnverein war in der Zeit von Ende des 19. Jahrhunderts bis zu Beginn der 1920er Jahre, de facto der einzige Verein in Mistelbach in dem man sich sportlich betätigen konnte. Zwar gab es vereinzelt auch schon andere Sportvereine (bspw. Tennisverein, Radfahrverein), doch waren diese Sportarten sehr exklusiv und bedurften teurer Ausrüstung. Im Deutschen Turnverein waren hingegen alle Klassen und Stände vertreten, ganz im Sinne der nationalen Idee der „Volksgemeinschaft“. Juden, die zuvor sehr wohl auch diesem Verein angehört hatten, waren bereits ab dem Jahr 1893 von einer Mitgliedschaft ausgeschlossen. Es wundert also nicht, dass beim Deutschen Turnverein keineswegs die sportliche Betätigung im Vordergrund stand, sondern die Mission der deutschen Turnbewegung war vor allem auch die ideologische Erziehung und Charakterbildung im Sinne des deutschen Volkstums. Der Deutsche Turnverein nutzte seine Alleinstellung – erst während der 1. Republik entstanden auch sozialdemokratische und christlich-soziale Turnvereine in Mistelbach – und war sehr stark in der Jugendarbeit präsent und so wurden Generationen sport- und bewegungsbegeisterter Kinder und Jugendlicher bereits in jungen Jahren mit antisemitischer und deutsch-nationaler Ideologie indoktriniert. Die Deutschen Turnvereine waren ideologische Wegbereiter des Nationalsozialismus und viele Vereine, so etwa auch jener in Mistelbach, wurden 1934 nach einer Welle von Nazi-Terroranschlägen aufgrund ihrer Nähe zum Nationalsozialismus vom Dollfuß-Regime verboten. Etwa um die Zeit des 1. Weltkriegs, trat Sobek in jungen Jahren diesem Verein bei und blieb ihr ganzes Leben dem Turnen treu.5 Besonders begeisterte sie sich für das Geräteturnen und sie nahm in der Zwischenkriegszeit bei Turnfesten in Österreich und im Deutschen Reich an Wettkämpfen teil. Jedenfalls war Sobek bereits Anfang der 1930er Jahre als Vorturnerin der Turnerinnenabteilung6 aktiv und scheint 1933 auch als Leiterin der Mädchenabteilung des Vereins auf.7 Diese Funktionen dürfte sie bis zum bereits oben erwähnten Verbot des Deutschen Turnvereins Mistelbach im Jahre 1934 bekleidet haben.

Der Umbruch in den Tagen des sogenannten „Anschlusses“ im März 1938 vollzog sich sehr rasch, und schon am Abend des 11. März, also bevor am nächsten Morgen Truppen der deutschen Wehrmacht die österreichische Grenze überschritten, rissen die Nationalsozialisten bereits vielerorts die Macht an sich – auch in Mistelbach. In ganz Österreich wurden daher die einmarschierenden deutschen Truppen schon am 12. März mit einem Meer von Hakenkreuzfahnen begrüßt. Dass es so wirkte, als hätte ganz Österreich nur auf den Einmarsch der Deutschen gewartet, dazu trugen viele fleißige Hände bei und in Mistelbach soll Leopoldine Sobek ihren Beitrag dazu geleistet haben. Wie man sich noch heute hinter vorgehaltener Hand erzählt, soll Sobek die ganze Nacht von 11. auf den 12. März hindurch Fahnen genäht haben, und somit (gemeinsam mit anderen) maßgeblich dazu beigetragen haben, dass ganz Mistelbach am folgenden Tag bereits im „Hakenkreuzschmuck erstrahlte“. Aufgrund ihrer Sozialisierung und weltanschauliche Prägung im Deutschen Turnverein und ihres handwerklichen Könnens erscheint diese Erzählung sehr plausibel. Sobek war nicht Mitglied der NSDAP8, allerdings war eine Parteimitgliedschaft von Frauen auch eher unüblich, da politische Arbeit nach nationalsozialistischer Weltanschauung kein Betätigungsfeld für Frauen war. Laut Zeitzeugenberichten war Sobek, die zur Zeit der NS-Herrschaft bereits Mitte/Ende dreißig war, auch als Führerin beim Bund deutscher Mädel (BdM), der weiblichen Teilorganisation der Hitlerjugend, aktiv. Dies ist insofern ein wenig außergewöhnlich, als in den nationalsozialistischen Jugendorganisationen allgemein der Grundsatz „Jugend führt Jugend“ galt, der natürlich dem Ziel diente die Kinder und Jugendlichen durch Übernahme von Verantwortung und Fernhalten etwaiger anderer Einflüsse so eng wie möglich an das Regime und seine Ideologie zu binden. Da Sobek zeitlebens unverheiratet blieb, und somit keine familiären Verpflichtungen hatte, und in der nationalen Jugendarbeit aus ihrer Zeit beim Deutschen Turnverein über große Erfahrung verfügte, war ihre Mitwirkung in der nationalsozialistischen Jugendbewegung zweifellos willkommen. 1939 scheint sie dann außerdem in der Vertretung ihres Berufsstandes in der Handwerkskammer St. Pölten als Obermeisterin der Damenschneiderinneninnung für den Kreis Mistelbach auf.9 Wenig später dürfte es jedoch zu einer Strukturänderung gekommen sein und die neue „Kreishandwerkschaft Mistelbach“ umfasste nunmehr die Kreise Mistelbach, Nikolsburg und Gänserndorf und das Amt der Obermeisterin wurde von einer anderen Person bekleidet.10

Auf den Untergang des Nationalsozialismus, der in seinen letzten Wochen Krieg und Zerstörung auch ins Weinviertel brachte, folgte sowjetische Besatzung und große Not in der unmittelbaren Nachkriegszeit, in der es an allem mangelte. Unter Verweis auf die herrschende Materialknappheit wurde 1945 seitens der an der Stadtverwaltung beteiligten Kommunisten, und mit Unterstützng der Besatzungsmacht, versucht Zentralwerkstätten in verschiedenen Wirtschaftszweigen einzurichten. Manche sahen darin den Versuch der Einführung eines kollektiven Wirtschaftssystems nach sowjetischem Vorbild. Tatsächlich wurden im Sommer 1945 laut einem kommunistischen Zeitungsbericht eine Zentralschneiderei und eine Schuhmacherzentrale in Mistelbach eingerichtet, in der alle Schneider bzw. Schuster der Stadt tätig waren.11 Energisch kämpfte Schneidermeisterin Sobek gemeinsam mit ihrer Berufskollegin Maria Römer beim Bürgermeister und Bezirkshauptmann gegen diese zentralistischen Strukturen an.12 Es ist unklar, wie lange die Zentralwerkstätten Bestand hatten, aber möglicherweise hatte Sobek durch ihren Protest daran Anteil, dass diese jedenfalls nicht zu einer dauerhaften Einrichtung wurden.

Aufgrund ihrer Nähe zum Nationalsozialismus konnten sich die ehemaligen Vereine des stramm-nationalen „Deutschen Turnerbundes (DTB)“ während der Besatzungszeit nicht wiederbegründen. Erst später konnten sie sich zum Teil wieder konstituieren und im Nachfolgeverband „Österreichischer Turnerbund (ÖTB)“, der bis heute der FPÖ nahe steht, sammeln. In Mistelbach kam es nicht dazu, da sich (führende) ehemalige Mitglieder des Deutschen Turnvereins Mistelbach, bereits zuvor der Turn- und Sportunion angeschlossen hatten. Die Turn- und Sportunion war Nachfolgeorganisation der christlich-deutschen Turnerschaft, und stand der ÖVP nahe. Auch Leopoldine Sobek gehörte Ende des Jahres 1948 zu den Gründern der Turn- und Sportunion Mistelbach. Über Jahrzehnte hinweg war sie später im Vorstand dieses Vereins engagiert, bekleidete das Amt der Obmann-Stellvertreterin und war bis 1990 (im Alter von 86 Jahren!) Vorturnerin und Leiterin der Damenriege. Schon 1974 wurde ihr als erstem Mitglied der Mistelbacher Turn- und Sportunion vom Verband das Ehrenzeichen in Gold für ihr jahrzehntelanges Wirken verliehen.

Leopoldine Sobek (rotes x) bei einem Ausflug der Turn- und Sportunion Mistelbach ins Burgenland im Jahre 1969

Nachdem sich die von ihr geführte Schneiderei zuvor in der Bahnstraße befunden hatte, verlegte sie diese später an die Adresse Karl-Fitzka-Gasse Nr. 9, wo sie gemeinsam mit ihrer Schwester und deren Gatten, Forstmeister Ing. Oskar Sklenař, lebte. 1964, nach vierzig Jahren beruflicher Selbstständigkeit, während der sie rund 30 Lehrmädchen ausbildete, trat Sobek in den Ruhestand über.13 Bis ins hohe Alter körperlich ausgesprochen fit und als Vorturnerin aktiv, erlitt sie 1990 beim Schwimmen einen Schlaganfall, der sie dazu zwang ruhiger zu treten.14 Am 8. Juni 1996 verstarb Leopoldine Sobek im Alter von 92 Jahren und ihre sterblichen Überreste wurden auf dem Mistelbacher Friedhof beigesetzt.

Sobeks letzte Ruhestätte auf dem Mistelbacher Friedhof

Der Mistelbacher Gemeinderat beschloss in seiner Sitzung vom 21. September 2004, eingedenk von Sobeks Einsatz für die körperliche Ertüchtigung, die neben dem 2006 eröffneten Turnsaal in der Gartengasse verlaufende, neu geschaffene Straße Leopoldine Sobek-Gasse zu benennen.

Wo befindet sich die Leopoldine Sobek-Gasse?

Quellen:
-) Archiv Sportunion Mistelbach (Dank an Herrn Gerhard Öhler)

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Alte Pfarrkirche von Eibesthal

Eibesthal dürfte seit der Etablierung diözesaner Strukturen in unserer Gegend im 11. Jahrhundert eine Filiale (später Vikariat) der Großpfarre Mistelbach gewesen sein, als solche scheint sie jedenfalls bereits in Urkunden aus der Mitte des 13. Jahrhunderts auf. Somit muss auch bereits früh eine Kapelle vorhanden gewesen sein, von der allerdings keine Spuren erhalten geblieben sind. Vermutlich bestand diese erste Kapelle aus Holz und wurde später durch einen massiveren Bau aus Stein an selber Stelle ersetzt. Diese wohl aus dem 14. Jahrhundert stammende steinerne Kapelle war im gotischen Stil erbaut und bildete später das Presbyterium (=Altarraum) des im Laufe der folgenden Jahrhunderte sukzessive erweiterten Kirchengebäudes. Am Presbyterium anliegend befand sich der ursprüngliche Kirchturm, der eine Glocke aus dem Jahre 1373 beherbergte. Vermutlich seit ihren Anfängen, jedenfalls seit dem Zeitpunkt als diese Glocke gegossen wurde, war die Eibesthaler Kirche der Heiligen Maria Magdalena geweiht.1

1661 wurde Eibesthal zur Pfarre erhoben, blieb jedoch weiterhin im Einflussbereich der Pfarre Mistelbach bzw. des fortan dort wirkenden Barnabitenordens. Die Fertigstellung einer ersten bedeutenden Erweiterung durch Anbau eines Mittelschiffs an die Kapelle dürfte 1675 erfolgt sein. In Zusammenhang mit diesen beiden Ereignissen dürfte die Neuweihe stehen, die zwischen 1666 und 1675 stattgefunden haben muss, und als neuer Kirchenpatron scheint nunmehr der Heilige Markus auf.2 Derartige Patronatswechsel sind zwar selten, allerdings auch nicht gänzlich ungewöhnlich (bspw. Patronatswechsel der Kettlasbrunner Pfarrkirche Ende des 18. Jahrhunderts). Die Hintergründe dazu sind  jedoch leider nicht überliefert. Da der Wechsel gerade in jene Zeit fällt als kurz zuvor der Barnabitenorden die Mistelbacher Pfarre und auch die Zuständigkeit für Eibesthal übernahm, lautet eine Theorie, dass die Neuweihe von den neuen Pfarrherren durchgesetzt wurde, da der Heilige Markus in Oberitalien, dem Ursprungsort des Barnabitenordens, besonders verehrt wurde.3 Die These, dass die Neuweihe und Änderung des Patroziniums Mitte des 17. Jahrhunderts mit der Rückkehr der Eibesthaler zum katholischen Glauben, nach einer kurzen Phase des Protestantismus, in Zusammenhang stünde, erscheint hingegen nicht schlüssig, da die Rekatholisierung Eibesthals jedenfalls bereits zu Beginn des 17. Jahrhunderts einsetzte und bereits einige Jahrzehnte vor der Neuweihe abgeschlossen gewesen sein dürfte. Somit scheint der notwendige zeitliche Zusammenhang nicht gegeben.4 Der Zeitpunkt der Neuweihe in Verbindung mit dem Umbau war allerdings wohl kein Zufall, denn vermutlich dürfte der alte Hauptaltar (den wohl das Bildnis Hl. Maria Magdalena zierte) für die vergrößerte Kirche nun zu klein gewesen sein, und da somit eine Neuanschaffung notwendig war, nutzte man diese Gelegenheit zum Wechsel des Kirchenpatrons. Die vormalige Kirchenpatronin wurde später in einem Glasfenster neben dem Seitenaltar verewigt5 und der ihr geweihte Altar möglicherweise als Seitenaltar weiterverwendet. Schon wenige Jahrzehnte nach dem Anbau des Kirchenschiffs wurde dieses um 1700 aufgrund des Platzbedarfs erneut erweitert und 1743 erfolgte schließlich der Zubau einer Sakristei.6

Der alte Kirchturm wurde aufgrund seiner Baufälligkeit zu einer Gefahr und als 1818 ein Teil des Turms einstürzte und auch das Gewölbe des Presbyteriums als einsturzgefährdet galt, wurde der Abbruch des alten und der Bau eines neuen Turms beschlossen und im Zuge dieser Arbeiten sollte das Kirchengebäude neuerlich ausgebaut werden. Das Gewölbe des Presbyteriums, dass beim Abbruch des Turms zum Teil einstürzte, wurde wiederhergestellt und das Gotteshaus durch einen Zubau an der rückwärtigen Seite erweitert, der eine Chorempore umfasste und über diesem Gebäudetrakt wurde der neue Kirchturm erbaut. Während der Bauzeit fanden die Gottesdienste zunächst kurzzeitig in der Sakristei und danach in einem Stadel statt und die Kirchenglocken wurden auf einem Gerüst auf dem Schenkberg aufgestellt. Im Zuge dieses Zu- bzw. Umbaus, der erst 1827 fertiggestellt werden konnte, wurde auch das Kirchendach mit Ziegeln neu eingedeckt (zuvor Holzschindeln). Der zunächst nur mit Schindeln gedeckte niedrige Helm des neuen Kirchenturm erhielt erst 1890 sein spitzes Blechdach und damit sein charakteristisches, den Ort bis zur Zerstörung 1945 prägendes, Erscheinungsbild.7 Bereits 1814 war der einst die Kirche umgebende Friedhof an seinen heutigen Standort, und damit außerhalb des damaligen Ortsgebiets, verlegt worden.8

Da das Mauerwerk der Kirche feucht war, hegte Pfarrer Franz Riedling schon zu Ende des 19. Jahrhunderts die Idee für einen Neubau. So sollten etwa auch die von Riedling initiierten Passionsspiele, die in Eibesthal in unregelmäßigen Abständen in den Jahren 1898 bis 1911 stattfanden, Mittel für einen Kirchenneubau lukrieren.9 Doch ließ sich dieses Vorhaben aus finanziellen Gründen schließlich nicht realisieren.

Die alte Pfarrkirche wie sie von 1890 bis zur ihrer Zerstörung 1945 aussah, hier auf einer Aufnahme aus den 1930er Jahren

 

Um 1935: Rückansicht der Pfarrkirche auf der der ältesten Teil des Bauwerks, das Presbyterium, gut erkennbar ist

Das Innere der alten Pfarrkirche wird in einem Zeitungsartikel anlässlich der Eröffnung des Nachfolgebaus wie folgte beschrieben10: „Die Kirche war kein Prachtbau, aber doch war sie uns lieb und vertraut. Wenn der Besucher in sie eintrat, fühlte er sich sogleich heimisch und geborgen. Der erste Blick fiel auf den in gotischem Stil gehaltenen Holzaltar, der im ältesten Teil der Kirche, dem Presbyterium, stand. Dieses war durch ein schmiedeeisernes Speisgitter vom breiteren Mittelschiff getrennt. Durch kleine Fenster, die rot und blau gemalte Bildnisse von Heiligen trugen fiel das Licht in den verhältnismäßig niederen Raum des Mittelschiffes. Weißgetünchte Wände, zwei einfache Deckengemälde, ein bunter Wandsockel gaben der Kirche ein sauberes Aussehen. Links und rechts an den Wänden standen je fünf Statuen, dazwischen die Bilder der Kreuzwegstationen und Gedenktafeln für die Gefallenen des Weltkrieges. An der linken Stirnseite des Mittelschiffes stand der Marienaltar, an der rechten die Kanzel. Unter dieser der Beichtstuhl, auf den eine sehr alte, wunderbar ergreifende Pietà gestellt war.“

Die Kämpfe in der näheren Umgebung von Eibesthal währten bereits zwei Tage als der Ort am 18. April 1945 vormittags durch „Stalinorgeln“ (Raketenwerfer) beschossen wurde und die Kirche erste Schäden erlitt. Am Tag darauf lag der Ort erneut unter Beschuss und kurz nachdem sich Truppenteile der Waffen-SS am frühen Nachmittag aus Eibesthal zurückzogen, schlugen plötzlich beim Choraufgang Flammen aus dem Kirchendach. An Löscharbeiten war während der andauernden Kampfhandlungen nicht zu denken und so kam es, dass das Gewölbe des Mittelschiffs und abends schließlich auch der Dachstuhl des Kirchenturms brennend in sich zusammenstürzten. Während das Presbyterium samt Hoch- und Marienaltar auf wundersame Weise verschont blieben, wurde alle sonstige Einrichtung: Bänke, Orgel, Bilder und Statuen ein Raub der Flammen. Die Monstranz mit dem Allerheiligsten konnte von Pfarrer Dr. Anton Brunauer-Dabernig noch rechtzeitig in Sicherheit gebracht werden. Durch die Kampfhandlungen entstanden im Ort große Schäden und neben der Pfarrkirche wurden zahlreiche weitere Gebäude ein Raub der Flammen und unter der Zivilbevölkerung gab es Todesopfer zu beklagen. Wahrscheinlich durch verdeckte Glutnester brach drei Tage später erneut ein Feuer auf dem Dach des verschont gebliebenen Presbyteriums aus, das jedoch gelöscht werden konnte.11

Die ausgebrannte Kirche im Jahre 1945

 

Rückansicht der zerstörten Pfarrkirche mit Resten des Dachstuhls des Presbyteriums

Die Kirchenruine war mit Schutt gefüllt und um sie herum lag eine Unzahl von zerborstenen Dachziegeln. Zunächst wurden die Sonntagsgottesdienste im Pfarrstadel abgehalten, bis die Dorfjugend vor dem Pfingstfest 1945 den Schutt aus der Ruine entfernte, sodass am Pfingstsonntag der erste Gottesdienst in der Kirchenruine stattfand. Auch ein Geläut wurde mit zwei Panzerplatten von Wracks im unteren Teil der Ruine des Turms improvisiert. Dieser Notbetrieb in der Ruine wurde für die schöne Jahreszeit aufrechterhalten, und ab Beginn des Winters wurde dann in einem leeren Klassenzimmer eine Notkapelle eingerichtet, die bis Ostern 1949 genutzt wurde.12

Die mit Schutt gefüllte Kirchenruine

 

Das vom Schutt befreite Innere der zerstörten Kirche in der im Sommer 1945 wieder Messen unter freiem Himmel abgehalten wurden

Mit dem Abtragen der Kirchenruine wurde im Frühjahr 1946 begonnen und im Mai 1946 war dies vollständig geschehen. Die Pläne für die neue Kirche wurden von Architekt Hans Plank und Prälat Jakob Fried ausgearbeitet und im Herbst 1946 wurde mit den Aushubarbeiten für die Unterkirche, die auch als Veranstaltungsraum dienen sollte, begonnen. Der eigentliche Baubeginn verzögerte sich aufgrund des in der Zeit des Wiederaufbaus herrschenden Baustoffmangels um eineinhalb (!) Jahre, und konnte erst im April 1948 erfolgen. Nachdem die Grundmauern der Unterkirche fertiggestellt waren, konnte am 29. Juni 1948 die Grundsteinlegung für den Bau der Kirche durch Prälat Fried, der die treibende Kraft hinter dem Kirchenneubau war, erfolgen. Ab dem Frühjahr 1949 konnten die Gottesdienste fortan in der bereits fertiggestellten Unterkirche stattfinden und nach ihrer Fertigstellung wurde die neuerbaute Pfarrkirche schließlich am 15. August 1951 durch Kardinal Innitzer geweiht.13

Die 1951 fertiggestellte neue Pfarrkirche von Eibesthal

Bildnachweis:
-) sämtliche historische Fotos der Eibesthaler Pfarrkirche: Göstl-Archiv
-) Foto der neuen Pfarrkirche: Thomas Kruspel (2018)

Quellen:

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Leopoldine Sobek-Gasse

Schon seit langem waren die im Gebäude der beiden Neuen Mittelschulen (vormals Hauptschulen) in der Thomas Freund-Gasse für den Turnunterricht vorhandenen Räumlichkeiten unzureichend und aus Raumnot mussten viele Klassen auf die etwas entfernt gelegene Sporthalle in der Bahnzeile ausweichen. Durch die Errichtung eines neuen Turnsaals inkl. Freigelände in der nahegelegenen Gartengasse, der im Jahre 2006 eröffnet wurde, konnte diese Problematik gelöst und außerdem zusätzlicher Raum für die Sportvereine der Stadt geschaffen werden.1

Neben dem Turnsaal entstand eine von der Gartengasse abzweigende und parallel zur Oserstraße verlaufende Gasse mit vielen Parkplätzen und diese Gasse wurde mit Beschluss des Mistelbacher Gemeinderates vom 21. September 2004 nach der begeisterten Turnerin, und Mitbegründerin bzw. langjährigen Funktionärin der Sportunion Mistelbach, Leopoldine Sobek benannt.2

Wo befindet sich die Leopoldine Sobek-Gasse?

 

Quellen:

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Milchhausstraße (Kettlasbrunn)

Ende des 19. Jahrhunderts setzte sich die Idee genossenschaftlicher Organisation schließlich auch in unseren Breiten durch und im Februar 1888 wurde in Ebendorf eine „Spar- und Darlehenskasse“ nach dem Vorbild des vom Genossenschaftspionier Friedrich Wilhelm Raiffeisen in Deutschland entwickelten Systems gegründet – der erste Zusammenschluss dieser Art im östlichen Weinviertel.1 Bald darauf kam es zur Gründung zahlreicher weiterer Raiffeisenkassen und auch in Kettlasbrunn wurde 1891 eine solche Institution gegründet.2 Im Gefolge dieser Gründungen wurde der Zusammenschluss in Form einer Genossenschaft von den Bauern nicht nur im Bereich der Finanzierung, sondern auch für die gemeinsame Vermarktung ihrer Erzeugnisse angewandt. Insbesondere für die Milchwirtschaft war diese Idee prädestiniert, da die Milch(-erzeugnisse) spezieller Lagerbedingungen (Hygiene und Kühlung) bedurfte und insbesondere da die Viehwirtschaft im Weinviertel, abseits herrschaftlicher Schäfereien in früherer Zeit, stets nur eine untergeordnete Rolle spielte und die einzelnen landwirtschaftlichen Betriebe nur wenige Milchkühe besaßen. Trotz dieser kleinen Strukturen war der aus dem Milchverkauf erzielbare Erlös ein willkommener Zuverdienst und in der engeren Umgebung schlossen sich 1889 in Eibesthal erstmals die Landwirte zusammen um ihre Milch gemeinschaftlich an Molkereien in Wien zu verkaufen.3

Spätestens zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatten sich in allen heutigen Katastralgemeinden Mistelbachs Milchgenossenschaften gegründet. Die bisherige Annahme eine solche Gemeinschaft sei in Kettlasbrunn erst 1905 gegründet worden, kann durch das Aufscheinen einer hiesigen Milchgenossenschaft in einem Gewerbe-Adressbuch aus dem Jahr 1903, als widerlegt betrachtet werden.4 1905 wandelte sich diese erste Milchgenossenschaft zur Molkereigenossenschaft und es erfolgte deren Eintragung als „registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung“ im Genossenschaftsfirmenbuch beim zuständigen Gericht in Korneuburg.5 Eine Molkereigenossenschaft hatte über Sammlung, Lagerung und Transport der Milch zwecks gemeinschaftlichem Verkauf hinaus auch den Zweck und das Recht Milchprodukte (Butter, Käse, Molke) selbst herzustellen und zu vertreiben. Inwieweit die Herstellung von eigenen Milchprodukten überhaupt und insbesondere nach der Gründung der Mistelbacher Genossenschafts-Zentralmolkerei im Jahre 1927 wirtschaftlich war, ist jedoch fraglich. Aufgrund der oben bereits erwähnten besonderen Lagerbedürfnisse wurden allerorts eigene Milchhäuser errichtet und wie der Name bereits vermuten lässt, befand sich das Kettlasbrunner Milchhaus in der heutigen Milchhausstraße. Das erste (kleinere) Milchhaus, das wohl spätestens nach dem Wandel zur registrierten Genossenschaft entstanden sein dürfte, befand sich nächst der Einmündung in die Kettlasbrunner Hauptstraße und zwar rechterhand auf dem spitz zulaufenden Grundstück zwischen den Gerinnen von Kettlasbach und Gießbach, die unmittelbar dahinter zusammenfließen.

Blick auf Kettlasbrunn vom Kirchturm aus um etwa 1909:
der Pfeil markiert das alte (ursprüngliche) Milchhaus, etwas verdeckt durch Bäume. Dieses befand bei der Einmündung der Milchhaustraße in die Kettlasbrunner Hauptstraße.

Doch bald darauf, jedenfalls spätestens Anfang der 1920er Jahre6, wurde auf der anderen Seite dieser Straße und zwar an der Ecke zur Herrenzeile ein neues deutlich größeres Milchhaus errichtet. Aus naheliegenden Gründen wurden in den 1950er Jahren die Gebäude der Gemeinschafts-Kühlanlage des Ortes nebenan errichtet.7 Zwar war die Milchwirtschaft im Weinviertel grundsätzlich stets von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung, allerdings ist an nachfolgender Statistik zum Rinderbestand in Kettlasbrunn deren Aufschwung zu Beginn des 20. Jahrhunderts und ebenso der später folgende völlige Bedeutungsverlust gut ablesbar8:

Jahr Rindviehbestand in Kettlasbrunn
1834 171
1934 517
1981 36
1987 6

Die umfassenden Umwälzungen, die sich in der Landwirtschaft ab den 1960er Jahren vollzogen, läuteten langsam aber sicher auch das Ende der Milchwirtschaft als Nebenerwerbszweig vieler Betriebe ein und die Milchgenossenschaften lösten sich meist in den 1970er bzw. 1980er Jahren auf. Auch die beiden Kettlasbrunner Milchhäuser existieren heute nicht mehr: an der Stelle des „neuen“ Milchhauses, dass etwa 1989 abgebrochen wurde, steht heute ein Wohnhaus und an der Stelle des „alten“ Milchhauses befindet sich seit einigen Jahren der „offene Bücherschrank“ und ein Rastplatz.

Das „neue“ Milchhaus an der Einmündung der Milchhausstraße in die Herrenzeile im Jahr 1980 als die Milchgenossenschaft bereits aufgelöst war. An der Fassade ist schwach noch der Schriftzug „Gegründet im Jahre 1906“ zu erkennen. Wie durch mehrere Quellen jedoch eindeutig belegt, erfolgte die Gründung tatsächlich bereits 1905. Möglicherweise wurde das alte Milchhaus erst im Jahr nach der Gründung der Genossenschaft in Betrieb genommen.

Im Zuge der Einführung offizieller Straßennamen in Kettlasbrunn im Jahre 2004 erhielt diese Gasse, den schon zuvor informell gebräuchlichen Namen „Milchhausstraße“.9

Wo befindet sich die Milchhausstraße?

 

Bildnachweis:
Verwendung der Fotos mit freundlicher Genehmigung des Besitzers Herrn Stadtrat a.D. Josef Rath bzw. Dank an das Team der Topothek Mistelbach/Kettlasbrunn

Quellen:

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