Weiß, Theresia

Theresia Weiß

* 28.12.1917, Asparn a.d. Zaya
† 9.2.1977, Asparn a.d. Zaya

Theresia Weiß wurde 1917 als Tochter des ursprünglich aus Frättingsdorf stammenden Landwirte-Ehepaares Ferdinand und Theresia (geb. Fritz) Pichler in Asparn an der Zaya geboren.1 Gemeinsam mit einer älteren Schwester und einem jüngeren Bruder wuchs sie hier auf und absolvierte ihre Pflichtschulbildung. Später dürfte sie bis zu ihrer Verehelichung in der elterlichen Wirtschaft mitgearbeitet haben. Am 1. August 1943 schloss sie den Bund der Ehe mit dem aus Garmanns stammenden Lagerhausangestellten Alois Weiß (1914-1944) in Asparn.2 Zum Zeitpunkt der Eheschließung diente Weiß als Unteroffizier in der deutschen Wehrmacht und die Hochzeit erfolgte während eines Fronturlaubes. Schon wenige Monate nach der Trauung, im März 1944, fiel Weiß bei Kämpfen mit Partisanen in der Nähe des kroatischen Dorfs Krasno-Polje. Tief getroffen vom Tod ihres Mannes fasste sie den Entschluss ihr Leben in den Dienst der katholischen Kirche zu stellen.

Noch im Mai 1945, also unmittelbar nach Ende des 2. Weltkriegs wurde in Wien die „Wiener Diözesanschule für Seelsorgehilfe und Caritas“ (später „Seminar für kirchliche Frauenberufe“ genannt) gegründet und erster Sitz dieser Schule war das Salesianerkloster am Wiener Rennweg. Im Oktober 1945 startete dort der erste Ausbildungsjahrgang zur Seelsorgehelferin (=Pastoralassistentin) und an diesem nahm Theresia Weiß teil.3 Die vier Semester dauernde Ausbildung bereitete die Teilnehmerinnen auf spätere Tätigkeiten im Bereich Kinder- und Jugendarbeit, Erwachsenenbildung, Sakramentspastoral, Religionsunterricht an Pflichtschulen und Caritasarbeit vor. Im Juni 1947 absolvierte sie die Abschlussprüfung vor der diözesanen Prüfungskommission erfolgreich und Kardinal Innitzer nahm ihr und den anderen Absolventinnen das Berufsversprechen ab bzw. erteilte ihnen den kirchlichen Sendungsauftrag. Das Berufsversprechen umfasste unter anderem die Verpflichtung zur Ehelosigkeit und zu mehrjähriger Dienstleistung an jenem Dienstort an den sie der Bischof hinschicken würde. Zunächst war Weiß als Jugendsekretärin für die Landjugend in der Diözesanführung in Wien tätig4 und zu ihren Aufgaben zählte unter anderem die Organisation von Kursen für die Katholische Jugend. Im Zuge der Betreuung von Führungskursen für Jungscharführerinnen im Bildungszentrum der Erzdiözese in Neuwaldegg kam es zu einer ersten Zusammenarbeit mit dem Priester Dr. Martin Stur. Eine Bekanntschaft die für ihr weiteres Lebens von prägender Bedeutung war. Weiß und Stur ergänzten einander sehr gut in ihren Arbeitsweisen, verfolgten die selben Ziele in ihrer Bildungsarbeit und vermochten die Jugend für ihre Ideen begeistern.5

Als Dr. Stur 1951 mit der Leitung des neu gegründeten  „Katholischen Volksbildungsheimes“ in Ulrichskirchen betraut wurde, begleitete Weiß ihn bei dieser neuen Aufgabe. Zwei Jahre später wurde das Volksbildungsheim schließlich nach Großrußbach verlegt. Getrennt nach Geschlechtern wurde die bäuerliche Jugend der Region in Kursen auf ihre spätere Tätigkeit vorbereitet und im katholischen Sinne weltanschaulich geprägt.6 Während Weiß in den Kursen für Burschen nur im Bereich „Bäuerliche Sachkultur“ unterrichte, umfasste ihre Vortragstätigkeit bei den Mädchen-Kursen weite Teile des Unterrichts. Die Mädchen sollten möglichst gut für ihre Aufgaben in Ehe & Familie bzw. die Arbeit am Bauernhof vorbereitet werden und wurden daher etwa in den Bereichen: Bauernkunde,  Haus- und Gartenarbeit, Kochen, Handarbeiten, Erziehung, Lebensgestaltung – aber auch in den Fächern Religiöse Bildung, Gesellschaftskunde, Brauchtum, Literarische Bildung und Heimatkunde unterrichtet. In bestimmten Fächern wie etwa Säuglings- und Krankenpflege, Schriftverekehr und Umgangsformen wurden externe Fachreferenten bzw. Lehrer aus der Umgebung beigezogen. Den jungen Mädchen sollte im Rahmen dieser Kurse Selbstbewusstsein und Kraft für die ihnen bevorstehenden Aufgaben mitgegeben werden und ihnen weiters ein positives Standesbewusstein in Bezug auf ihre bäuerliche Herkunft und deren Traditionen vermittelt werden.7 Besonderes Anliegen war Weiß die bereits oben erwähnte „bäuerliche Sachkultur“ – ein umfangreiches Themengebiet, dass von Dorfbild und Hausbau, über bäuerliche Handarbeiten, Alltags- und Festgestaltung bis hin zur Herstellung und Pflege von Bekleidung reichte. Unter diesem Titel veröffentliche sie auch ein Skriptum, dass 1957 seitens des Ministeriums ausgezeichnet wurde, und auf dem ihre praktisch orientierte und anschauliche Kulturvermittlung inhaltlich basierte.8

Doch war die Zusammenarbeit mit Dr. Stur nicht immer einfach, da er seine Mitarbeiter mit Pedanterie, Starrsinn und Kontrollzwang oft in den Wahnsinn treiben konnte. Nach dem ersten Kurs (damals noch in Ulrichskirchen) war Weiß nervlich  völlig überlastet, da es ihr nicht gelang den perfektionistischen Ansprüchen von Stur zu genügen und sie dies sehr belastete. Zur Behandlung unterzog sie sich einer Elektroshock-Therapie bei der ihr Arm jedoch irreparabel verletzt wurde.9 Es war allerdings keineswegs so, dass Weiß sich nicht auch durchzusetzen wusste und ob der jahrzehntelangen Zusammenarbeit entwicklte sie auch großen Einfluss auf Stur und sie fanden trotz mancher Gegensätze schließlich einen Weg für ein gedeihliches Miteinander.10

1964 legte Dr. Stur nach dreizehn Jahren die Leitung des Bildungshauses zurück und wurde Pfarrer in Paasdorf. Theresia Weiß – seine Haushälterin, treue Mitarbeiterin und Umsetzerin seiner Ideen – begleitete ihn auch an seinen neuen Dienstort und wirkte hier als Pastoralassistentin. Gerade bei der Tätigkeit als Pfarrer ist ein guter Zugang zu den Menschen in der Gemeinde wichtig, doch hierbei hatte Stur aufgrund seines distanzierten Wesens und eines gewissen Standesbewussteins als promovierter Akademiker, seine Schwierigkeiten. Schon in Großrußbach hatte sich Weiß mit ihrer volksnahen Art als Kontakt zu den Leuten und Umsetzerin seiner Ideen bewährt und diese Rolle übernahm sie nun auch in Paasdorf.11

Im Frühjahr 1966 gründete sich auf ihre und Dr. Sturs Initiative ein aus etwa 30 Personen bestehendes „Komitee zur Dorfverschönerung“, und dabei soll es sich um den ersten derartigen Zusammenschluss in einer ländlichen Gemeinde in Niederösterreich gehandelt haben. Das Komitee arbeitete unter tatkräftiger Beteiligung von Weiß sehr fleißig und in den folgenden Jahren konnte viele Ideen des Zweigespanns Stur und Weiß zur Hebung der Lebensqualität und Pflege der Dorfkultur in Paasdorf mustergültig umgesetzt werden: Parkanlagen (Brunnengarten), Schaffung von Gehsteigen im Ortsgebiet, Aufstellen von Sitzbänken, zahlreiche Baum- und Strauchpflanzungen, Baumpflanzung und Pflege des Cholerafriedhofs, Anlage von Spiel- und Sportplätzen, Renovierung von Marterln, die Revitalisierung des Kellerrundplatzes und dessen Nutzung als Veranstaltungsort (auch dies war eine Initiative von Stur und Weiß), etc. 12 Erst 1971 und damit sechs Jahre nach Beginn seiner Tätigkeit konstituierte sich die Dorfverschönerung in der Form eines Vereins und Theresia Weiß bekleidete ab diesem Zeitpunkt das Amt der Schriftührerin13 Auch bei der Organisation von Veranstaltungen, Vorträgen und Ausstellungen war sie stets führend beteiligt und wurde somit zu einer zentralen Figur im Gemeinschaftsleben in Paasdorf und prägte den Ort und seine Bevölkerung in den dreizehn Jahren ihres Wirkens nachhaltig. Zur Fortsetzung ihrer Bildungsarbeit gründete sie 1970 schließlich das Bildungswerk der Pfarre Paasdorf. Neben der sehr intensiven Arbeit in den Bereichen Dorfverschönerung und  Kulturvermittlung (u.a. bäuerliche Kultur & Traditionen) zählte auch die Betreuung der Jungschar zu den Aufgaben, die sie neben der Unterstützung für Pfarrer Stur, sehr eigenständig gestalten konnte.14

Theresia Weiß verstarb am 9. Februar 1977 und wurde 8 Tage später im Familiegrab auf dem Asparner Friedhof beigesetzt. 1980 widmete der Verschönerungsverein Paasdorf seiner Gründerin einen Gedenkstein und auch der 1999 errichtete Urbanusbildstock am alten Postweg wurde zur Erinnerung an Monsignore Dr. Stur und Frau Weiß errichtet15

Der Theresia Weiß gewidmete Gedenkstein im Park bei der Paasdorfer Pfarrkirche

Mit Beschluss des Mistelbacher Gemeinderates vom 26. März 1998 wurde eine Straße in einem neu aufgeschlossenen Siedlungsgebiet zur Erinnerung an die Gründerin und führende Persönlichkeit des Dorfverschönerungsvereins  Theresia Weiß-Ring benannt.16 Ihr wurde damit die Ehre zuteil, die erste Frau zu sein nach der eine Verkehrsfläche in der Großgemeinde Mistelbach benannt wurde.

 

Wo befindet sich der Theresia Weiß-Ring?

 

Bildnachweis:

Portrait: Ausschnitt aus deinem Gruppenfoto der 2. Vollversammlung am 8. Mai 1957 im bäuerlichen Bildungshof Pöckstein – dankenswerterweise zur Verfüfung gestellt von Herrn Dir. Franz Knittelfelder (Bildungshaus Großrußbach)
Gedenkstein: Thomas Kruspel 2020

Quellen: 

  1. Pfarre Asparn a.d. Zaya: Taufbuch (1915-1938), Fol. 26
    Eintrag Taufbuch Pfarre Asparn a.d. Zaya
  2. Donauwacht – Beilage Kreis Mistelbach, Folge 31/1943, S. 5
  3. „… wie ein schützendes Dach“ – Festschrift zum 50-Jahr-Jubiläum des Seminars für kirchliche (Frauen-)Berufe (1995), keine Seitennummerierung
  4. Weinviertler Nachrichten, Nr. 7/1977, S. 4
  5. Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 7
  6. Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 8
  7. Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 27ff
  8. Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 33
  9. Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 17
  10. Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 35
  11. Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 15
  12. Weinviertler Nachrichten, Nr. 23/1968, S. 1;
    Mistelbacher Gemeindezeitung Nr. 5/1996, S. 34;
    Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 34;
    Jakob, Christa: Kulturdenkmäler Ortsgemeinden Mistelbach, Band II (2015), S. 454ff, 460f, 464f
  13. Weinviertler Nachrichten, Nr. 42/1971, S. 4;
    Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 10f
  14. Hubmayer, Mag. Barbara: Dr. Martin Stur: Lebensbild des Volksbildners, Pfarrers und ersten Direktors des Bildungshauses Großrußbach – eine Spurensicherung (2002) (Auszug aus der Diplomarbeit aus Anlass 5o-Jahr-Jubiläums Bildungshaus Großrußbach veröffentlicht 2003), S. 10f
  15. Jakob, Christa: Kulturdenkmäler Ortsgemeinden Mistelbach, Band II (2015), S. 490
  16. Auszug aus dem Sitzungsprotokoll des Gemeinderates vom 26.3.1998
Dieser Beitrag wurde unter Persönlichkeiten veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.