Baumgartner, Mag. Norbert

Geistlicher Rat Mag. Norbert Baumgartner

Pfarrer Baumgartner im Jahre 1970
* 18.4.1934, Wien
† 25.4.1980, Wien

Norbert Baumgartner wurde 1934 in die in Wien-Döbling wohnhafte Familie von Ferdinand und Dr. Grete (geb. Tomek) Baumgartner geboren. Sein Vater betrieb eine Verlagsbuchhandlung, ursprünglich im 8. Bezirk, später im 19. Bezirk, und seine Mutter pausierte ihr Germanistik-Studium zunächst für die Familiengründung und Kinderziehung, promovierte jedoch schließlich 1943.

Baumgartner besuchte das Bundesgymnasium Wien-Döbling, wo er am 30. Juni 1952 die Reifeprüfung ablegte.1 Der spätere SPÖ-Innenminister Karl Blecha war einer seiner Klassenkameraden. Anschließend trat er im Wintersemester 1952/53 in das erzbischöfliche Priesterseminar ein und nahm das Studium der Theologie an der Universität Wien auf.2 Seine Entscheidung für eine geistliche Laufbahn fügt sich in das Bild der stark vom katholischen Glauben geprägten Familie Baumgartner, schließlich verlegte sein Vater hauptsächlich religiöse Literatur und auch Baumgartners älterer Bruder Ferdinand war drei Jahre vor ihm in das Priesterseminar eingetreten, entschied sich jedoch schlussendlich für einen profanen Lebensweg und wurde später Direktor der Universitätsbibliothek der Universität Wien.3

Das Studium schloss Baumgartner im Sommersemester 1957 erfolgreich mit dem Absolutorium (abs.theol.) ab, dem damals üblichen Abschluss für Studien, sofern man kein Doktorat anstrebte. Nachdem Ende der 1960er Jahre das Magisterium auch für Theologen eingeführt wurde, reichte Baumgartner eine Diplomarbeit nach, die die Voraussetzung für die Erlangung des Magister-Titels war, und spondierte zu Ende des Sommersemesters 1974 zum Magister der Theologie.4

Die Priesterweihe empfing er am 29. Juni 1957 und trat am 1. September desselben Jahres in der Stadtpfarre St. Christoph in Baden bei Wien seine erste Stelle als Kaplan an.5 Im Anschluss daran war er von September 1960 bis August 1961 Kaplan in der Stadtpfarre St. Othmar in Mödling6, und war später in seiner Laufbahn kurzzeitig in dieser Funktion auch in der Pfarre Wien-Erdberg tätig.7 Etwa von 1961 bis 1965 war er Sekretär und Zeremoniär bei Erzbischof-Koadjutor Dr. Franz Jáchym8 und ab September 1965 schließlich Kaplan in der Pfarre St. Leopold in Gersthof im 18. Wiener Gemeindebezirk sowie Religionsprofessor am Gymnasium & Realgymnasium 19 (GRG19 – Billrothstr. 26) im 19. Bezirk.9 An dieser Schule, die bis zum Schuljahr 1977/78 als Mädchengymnasium geführt wurde, wirkte er bis zu seinem Tod als engagierter Pädagoge und war auch als Lehrervertreter im Schulgemeinschaftsausschuss aktiv.

1970 wurde er zum Pfarrer in Kettlasbrunn berufen und seine berufliche Tätigkeit umfasste nun zwei räumlich getrennte Wirkungsbereiche: während der Woche war er in Wien bzw. zuletzt in  Klosterneuburg wohnhaft und unterrichtete als Religionsprofessor. An den Wochenenden und Feiertagen bzw. in den Ferien wirkte er mit vollem Einsatz als „Wochenendpfarrer“ in Kettlasbrunn.10

Pfarrer Baumgartner (rotes X) wird 1970 durch Bischofsvikar Prälat Stubenvoll in in der Pfarre Kettlasbrunn feierlich installiert (Foto: W. Mliko)Pfarrer Baumgartner (rotes X) wird 1970 durch Bischofsvikar Prälat Stubenvoll in in der Pfarre Kettlasbrunn feierlich installiert (Foto: W. Mliko)

Baumgartner schaffte es mit seiner humorvollen und gewinnenden Persönlichkeit, seiner Fähigkeit zu begeistern und seinem Organisationstalent die Kettlasbrunner Bevölkerung zu einer aktiven Pfarrgemeinschaft zu formen und zahlreiche Mitstreiter für die Umsetzung seiner Ideen zu gewinnen. Das erste Projekt, dass er an seinem neuen Dienstort in Angriff nahm war die Außenrenovierung der Pfarrkirche im Jahr nach seiner Ankunft. Zur Finanzierung dieses Vorhabens trug unter anderem der Reinerlös, der von ihm 1971 und 1972 organisierten und sehr erfolgreichen großen Faschingsumzüge im Ort, bei. Wie an diesem Beispiel bereits ersichtlich beschränkte sich Baumgartner keineswegs auf die Seelsorge, sondern brachte sich aktiv ins Gemeinschaftsleben des Dorfes ein und konnte so zahlreiche Projekte anstoßen und verwirklichen. 1973 gründete er den „Verein für Ortsverschönerung und Umweltschutz“, dem er bis zu seinem Ableben als Obmann vorstand.11 Der Verein realisierte beispielsweise die Neugestaltung des Kirchenbergs oder etwa die Renovierung der außerhalb des Ortes gelegenen „Pestsäule“, die auf seine Idee hin mit Mosaikbildern der vier Evangelisten versehen wurde.12 Auch der 1977 vollendete Neubau einer Aufbahrungshalle ging auf die Initiative von Pfarrer Baumgartner zurück. Ein großer Erfolg waren weiters die von ihm organisierten jährlichen Wallfahrten der Pfarrgemeinde. Es gelang ihm darüber hinaus eine Verbindung zwischen seinen beiden beruflichen Wirkungsbereichen herzustellen: So wirkten einige seiner Wiener Schüler und Schülerinnen auch bei der Gestaltung des Pfarrlebens in Kettlasbrunn mit und beteiligten sich etwa an Nikolofeiern, der Schulchor veranstaltete alljährlich ein Adventsingen bzw. wirkten Mitglieder dieses Chores bei der Aufführung von Singmessen in der Kettlasbrunner Pfarrkirche mit.13 Zu diesen Anlässen kümmerte sich Pfarrer Baumgartner um Quartiere für die Wiener Kinder und Jugendlichen und diese wurden von Kettlasbrunner Familien gastfreundlich aufgenommen. Anlässlich einer Pfarrvisitation zeigte sich Kardinal Dr. König vom Wirken Baumgartners derart beeindruckt, dass er ihn 1974 zum Geistlichen Rat ernannte, ein Ehrentitel der Geistlichen sonst oftmals erst zu Ende ihrer Laufbahn verliehen wird.14

Mag. Norbert Baumgartner Anfang der 1970er JahreMag. Norbert Baumgartner Anfang der 1970er Jahre

Das nächste großes Projekt wäre die bereits in Planung befindliche Innenrenovierung der Pfarrkirche gewesen, aber leider war es ihm nicht mehr vergönnt sein Werk zu vollenden. Das große Arbeitspensum das Pfarrer Baumgartner sich zumutete forderte seinen Tribut: Während eines Schulausflugs in den Schönbrunner Tiergarten am 25. April 1980 erlitt er einen Herzinfarkt, an dessen Folgen er wenige Stunden später im Krankenhaus zum göttlichen Heiland verstarb.15 Der plötzliche Tod des erst im 47. Lebensjahr stehenden, charismatischen Pfarrers und Lehrers war ein Schock für Kettlasbrunn und seine Wiener Schule. Sein Leichnam wurde am 30. April 1980 nach Kettlasbrunn überführt, aufgebahrt und Mitglieder der Pfarrgemeinde hielten die Totenwache. Am Tag darauf wurde das Requiem in der Pfarrkirche unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, seiner Lehrerkollegen und Schüler, von Erzbischof-Kodadjutor Dr. Franz Jáchym, dessen enger Mitarbeiter Baumgartner einst war, zelebriert.
Mag. Norbert Baumgartner wurde am 2. Mai 1980 im Familiengrab am Klosterneuburger Martinsfriedhof beigesetzt.

Im Zuge der Einführung von Straßenbezeichnungen in Kettlasbrunn wurde mit Beschluss des Mistelbacher Gemeinderates vom 14. Dezember 2004 die Mag. Baumgartner-Gasse zur Erinnerung an sein gedeihliches Wirken in dieser Katastralgemeinde nach ihm benannt.16

Wo befindet sich die Mag. Baumgartner-Gasse?

Quellen:
-) Fotos: Wilhelm Mliko – Nachlass Fotoarchiv Mliko im Stadtmuseumsarchiv
-) Informationen aus dem Nationale des Studenten Norbert Baumgartner, lt. Auskunft des Archivs der Universität Wien
-) Wiener Kirchenzeitung, Nr. 19/1980, Jg. 131 (11. Mai 1980), S. 6
-) Leisser, Willibald: Kettlasbrunn im Weinviertel (1989), S. 75f

  1. Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien-Döbling für das Schuljahr 1946/1947, S. 14;
    Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien-Döbling für das Schuljahr 1947/1948, S. 18;
    Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien-Döbling für das Schuljahr 1948/1949, S. 26;
    Jahresbericht des Bundesgymnasiums Wien-Döbling für das Schuljahr 1949/1950, S. 26;
    Bericht über das Schuljahr 1951/52 Bundesgymnasiums Wien XIX, S. 7
  2. Personalstand der Welt- und Ordensgeistlichkeit der Erzdiözese Wien 1954, S. 81;
    Personalstand der Welt- und Ordensgeistlichkeit der Erzdiözese Wien 1956, S. 88
  3. Doelken, Theodor/Strute, Karl: Who’s who in Austria: 1982-1983 (1983), S. 44
  4. Weinviertler Nachrichten, Nr. 28/1974, 11. Juli 1974, S. 2
  5. Personalstand der Welt- und Ordensgeistlichkeit der Erzdiözese Wien 1958, S. 321
  6. Personalstand der Welt- und Ordensgeistlichkeit der Erzdiözese Wien 1961, S. 81;
    Punz, Mag. Dr. Wolfgang: „Dechant Adalbert Kowatschitsch“ In: Korneuburger Kulturnachrichten (2000), S. 50
  7. Wiener Kirchenzeitung, Nr. 19/1980, Jg. 131 (11. Mai 1980), S. 6
  8. Personalstand der Erzdiözese Wien 1963, S. 21
  9. Personalstand der Erzdiözese Wien 1966, S. 167;
    Personalstand 1969, S. 186, 645
  10. Personalstand der Erzdiözese Wien 1972, S. 201;
    Personalstand der Erzdiözese Wien 1975, S. 181, 187, 393;
    Personalstand der Erzdiözese Wien 1978, S. 194, 309, 322
  11. Weinviertler Nachrichten, Nr. 24/1980 (12. Juni 1980), S. 5;
    „NÖN“ NÖ Nachrichten, Nr. 19/1980 (8. Mai 1980), S. 5;
  12. Jakob, Christa: Kulturdenkmäler Ortsgemeinden Mistelbach, Band II (2015), S. 368
  13. Weinviertler Nachrichten, Nr. 24/1980 (12. Juni 1980), S. 5
  14. Weinviertler Nachrichten, Nr. 17/1974 (25. April 1974), S. 4;
    Weinviertler Nachrichten, Nr. 24/1980 (12. Juni 1980), S. 5
  15. Personalstand der Erzdiözese Wien 1981, S. 502;„NÖN“ NÖ Nachrichten, Nr. 19/1980 (8. Mai 1980), S. 5;
    Weinviertler Nachrichten, Nr. 20/1980 (15. Mai 1980), S. 7
  16. Protokoll der Sitzung des Mistelbacher Gemeinderates vom 14.12.2004
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