Hofrat Dr. Alfons Freiherr Klezl von Norberg
* 8.8.1858, Hietzing bei Wien
† 22.12.1942, Wien
Alfons von Klezl wurde 1858 als Sohn des Eduard von Klezl, k.k. Hofrat im Ministerium des Äußeren und dessen Gattin Therese, geb. Freiin von Testa, in der damals noch selbstständigen niederösterreichischen Gemeinde Hietzing bei Wien geboren.2
Er entstammt einer Familie, die auf eine lange Tradition als Beamte im diplomatischen Dienst zurückblicken kann und deren Mitglieder über viele Jahre in der österreichischen Vertretung in Konstantinopel, der sogenannten Internuntiatur, ihren Dienst leisteten. Bereits sein Urgroßvater Franz Klezl sen. (*1737, †1809) absolvierte die k.k. Orientalische Akademie und soll bereits zeitweilig in der Hauptstadt des Osmanischen Reichs tätig gewesen sein, ehe er später als k.k. Grenzdolmetscher in Peterwardein und Lemberg tätig war. Auch sein Großvater Franz Klezl jun. (*1772, †1826) besuchte die Orientalische Akademie und wurde später als Internuntiatur-Dolmetscher in Konstantinopel eingesetzt und aufgrund seiner treuen und verdienstvollen Leistungen in dieser Funktion wurde er 1826 von Kaiser Franz I. in den erblichen Adelsstand erhoben und somit durften sich er und seine Nachfahren nunmehr „Edler von Klezl“ (bzw. kurz schlicht „von Klezl“) nennen. In eben diesem Jahr schloss der Vater, Eduard von Klezl (*1805, †1874), an der orientalischen Akademie seine Ausbildung ab und folgte seinem Vater auch an die Internuntiatur in Konstantinopel nach, wo er schließlich bis zum k.k. Legationsrat aufstieg und von 1850 bis 1853 sogar die vertretungsweise Leitung der österreichischen Gesandtschaft innehatte. Anschließend wurde er nach kurzer Dienstleistung in Griechenland, schließlich als Ministerialrat in das Ministerium des Äußeren nach Wien zurückberufen. In Konstantinopel hatte Eduard von Klezl auch seine Gattin, die Tochter des Legationssekretärs der Internuntiatur, Freiherrn Anton von Testa, kennengelernt und der dort geschlossenen Ehe entstammten sechs Kinder (vier Töchter und zwei Söhne). Alfons von Klezl war das jüngste dieser Kinder und während seine Schwestern allesamt in Konstantinopel das Licht der Welt erblickten, wurden er und sein Bruder nach der Rückkehr nach Österreich in Hietzing geboren. Im Ruhestand wurde sein Vater, Eduard von Klezl, aufgrund seiner Verdienste im diplomatischen Dienst, unter Verleihung des Prädikats „von Norberg“ im Jahre 1874 von Kaiser Franz Josef I. in den Freiherrenstand erhoben.3 Übrigens waren darüber hinaus auch weitere Mitglieder der Familie von Klezl im diplomatischen Dienst in Konstantinopel tätig.4
Alfons Freiherr Klezl von Norberg absolvierte das Wiener Schottengymnasium, wo er zu Ende des Schuljahres 1876/77 die Reifeprüfung mit Auszeichnung ablegte.5 Im Anschluss nahm er das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien auf. Er dürfte dieses jedoch für seinen Militärdienst, den er als Einjährig-Freiwilliger im Feldjäger-Bataillon Nr. 21 leistete, unterbrochen haben. Im Dezember 1879 wurde er schließlich als Leutnant der Reserve ausgemustert und dem Reservestand des Feldjäger-Bataillons Nr. 27 zugeteilt. Während noch laufendem Studium, allerdings wohl nach absolvierter erster Staatsprüfung, trat er 1880 in den Landesdienst ein und wurde zur Dienstleistung der niederösterreichischen Statthalterei in Wien zugeteilt. Seine Studien schloss Freiherr Klezl von Norberg schließlich 1882 mit der Promotion zum Dr.iur. ab und war danach bis 1886 als Praktikant bei der Bezirkshauptmannschaft Sechshaus (heute Teil des XV. Wiener Gemeindebezirks) tätig. In den Jahren 1886 bis 1888 diente er schließlich als Konzipist bei der Bezirkshauptmannschaft Horn und danach zum Abschluss seines Aufenthalts im Waldviertel 1888 kurzzeitig als Lokalkommissär für agrarische Operationen in Allentsteig. Danach war Dr. Klezl von Norberg ab April des Jahres 1889 als Bezirks-Kommissär bei der Bezirkshauptmannschaft Groß Enzersdorf tätig, ehe er von 1892-1895 in selber Funktion an der Bezirkshauptmannschaft Krems wirkte. Im Zeitraum 1895-1899 wurde er zur Dienstleistung in das Präsidialbureau bzw. das Department für Kultuswesen der niederösterreichischen Statthalterei berufen und stand schließlich von 1899 bis 1909 dem Verwaltungsbezirk Mistelbach als Bezirkshauptmann vor.
Während seiner Amtszeit als Bezirkshauptmann von Mistelbach erfolgte die langwierige Planung und der Bau des Bezirkskrankenhauses (Eröffnung 1909), zu dessen Errichtung er neben seiner Tätigkeit als oberstes Verwaltungsorgan des Bezirks auch als Initiator und Obmann des 1901 gegründeten „Vereins zur Erbauung des öffentlichen Krankenhauses in Mistelbach“ tatkräftig, insbesondere als eifriger Spendensammler, beitrug.6 1907 wurde im Rahmen eines Musikabends zugunsten des Krankenhausbaufonds ein von Heinrich Kosnapfl komponierter und dem Bezirkshauptmann gewidmeter „Freiherr von Norberg-Marsch“ uraufgeführt, der auch bei einem Wiener Verlag in Druck gelegt wurde, und dessen Verkaufserlös ebenfalls dem Krankenhausbau zugutekam.7 Weiters war Bezirkshauptmann Klezl von Norberg von 1904 bis 1910 auch Obmann des landwirtschaftlichen Bezirksvereines Mistelbach8 und wurde im Jahre 1904 zum Ehrenmitglied der Freiwilligen Feuerwehr Mistelbach ernannt.9 Als Bezirkshauptmann war er zugleich auch Vorsitzender des Bezirksschulrates und unterstützte die (leider lange vergeblichen) Bemühungen um die Errichtung einer Mittelschule in Mistelbach und gehörte dem Ausschuss des 1901 gegründeten „Vereins zur Gründung einer Mittelschule“ an.10
Besuch von Erzherzog Leopold Salvator in der Pinselfabrik Mühl im Jahre 190611: v.l.n.r.: Franz Mühl, der Adjutant des Erzherzogs, Erzherzog Leopold Salvator, Gemeinderat Josef Konrad Strasser, Firmengründer Ignaz Mühl sen., Ignaz Mühl jun., vermutlich die Gattin des Firmengründers oder eines seiner Söhne, Freiherr Klezl von Norberg (rotes X), Bgm. Thomas Freund
Wenige Wochen nach der Grundsteinlegung für den Krankenhausbau beschloss der Mistelbacher Gemeindeausschuss (=Gemeinderat) am 16. September 1908 Dr. Klezl von Norberg für sein verdienstvolles Wirken als langjähriger Bezirkshauptmann und seinen Einsatz bei der Errichtung des Bezirkskrankenhauses zum Ehrenbürger der Stadt Mistelbach zu ernennen.12 Neben Mistelbach verliehen ihm auch die Gemeinden Olgersdorf (1902), Eibesthal (1904) (Ehrenbürger der Katastralgemeinden) und Neudorf bei Staatz (1909) die Ehrenbürgerwürde.13 Die Ehrenbürgerwürde von Eibesthal erhielt Bezirkshauptmann Dr. Klezl von Norberg insbesondere für die Unterstützung, die er dieser Gemeinde bzw. den durch die Brandkatastrophe des Jahres 1904 geschädigten Einwohnern zuteilwerden ließ.14
1909 folgte sein allseits bedauerter Abschied aus Mistelbach, da Dr. Klezl von Norberg zu höheren Weihen in die niederösterreichische Statthalterei nach Wien berufen wurde. Die Mistelbacher Bevölkerung verabschiedete sich mit einem imposanten Fackelzug zu Ehren des populären Bezirkshauptmanns, der in ein großes Abschiedsfest im Gasthaus „Zum weißen Rössl“ überging und die Gemeinden des Bezirks würdigten seine Verdienste in einer gemeinsamen Dankadresse.15 Zunächst als Statthaltereirat, und später als Hofrat hatte er von 1909 bis März 1918, dem Zeitpunkt seines Übertritts in den Ruhestand, die Leitung des Departments für Kultuswesen in der niederösterreichischen Statthalterei inne. Ende der 1920er Jahre verfasste er eine juristische Abhandlung zur umstrittenen „Dispensehe“, der Wiederverheiratung geschiedener Katholiken, einer nicht unbedeutenden Rechtsthematik in der Zeit vor Einführung der Zivilehe.16
Der während und nach seiner Laufbahn mit zahlreichen Orden und Auszeichnungen dekorierte Beamte blieb zeit seines Lebens unverheiratet und kinderlos. Hofrat Freiherr Klezl von Norberg verstarb am 22. Dezember 1942 im Alter von 84 Jahren und wurde in der Familiengruft auf dem Hietzinger Friedhof bestattet.
Bildnachweis:
-) sämtliche Bilder: Stadtmuseumsarchiv Mistelbach
Zum Bild des Besuchs von Erzherzog Leopold Salvator ist anzumerken, dass sich dieses im 1999 erschienenen Buch „125 Jahre Stadt Mistelbach – Ein Lesebuch“ (S. 260) fälschlicherweise mit der Bildunterschrift „Besuch von Erzherzog Franz Salvator in der Pinselfabrik Mühl“ abgedruckt findet
Quellen:
-) Standesblatt des Präsidiums der niederösterreichischen Statthalterei zu Klezl von Norberg, K 2/02-0049, Niederösterreichisches Landesarchiv
-) Reichspost, 8. August 1928 (35. Jg. – Nr. 219), S. 4 (ONB: ANNO)
- Bote aus Mistelbach, Nr. 32/1906, S. 2
- Pfarre Maria-Hietzing: Taufbuch (1856-1869), Fol. 42
Eintrag Taufbuch Pfarre Maria-Hietzing - Gothaisches Genealogisches Taschenbuch der Freiherrlichen Häuser 1875 (25. Jg.), S. 369f (Digitalisat) (Anm.: die nachfolgend zitierte Quelle über die Geschichte der österr. Gesandtschaft beim Osmanischen Reich gibt lediglich einen Zeitraum von drei statt fünf Jahren an in denen von Klezl die Internuntiatur geleitet haben soll.);
Agstner, Rudolf/Samsinger, Elmar (Hrsg.): Österreich in Istanbul I: K. (u.) K. Präsenz im Osmanischen Reich (2010), S. 52 - zum Wirken der Familie Klezl siehe auch: Agstner, Rudolf/Samsinger, Elmar (Hrsg.): Österreich in Istanbul III: K. (u.) K. Präsenz im Osmanischen Reich (2018)
- Jahresbericht Schottengymnasium 1877, S. 112 (ONB: ANNO)
- Weinrich, Dr. Berthold/ Plöckinger, Dipl.-Ing. Erwin: Niederösterreichische Ärztechronik – Geschichte der Medizin und der Mediziner Niederösterreichs (1990), S. 148
- Mistelbacher Bote, Nr. Nr. 47/1907, S. 4
- Wiener Landwirtschaftliche Zeitung, 16. Mai 1925, 75. Jg. – Nr. 20, S. 174 (ONB: ANNO)
- Bote aus Mistelbach, Nr. 25/1904, S. 3
- Bote aus Mistelbach, Nr. 25/1901 S. 5 (ONB: ANNO)
- Bote aus Mistelbach, Nr. 32/1906, S. 2
- Fitzka, Karl: Ergänzungs- und Nachtragsband zur Geschichte der Stadt Mistelbach (1912), S. 152, 170;
Mistelbacher Bote, Nr. 38/1908, S. 3;
Mistelbacher Bote, Nr. 39/1908, S. 3 (Protokoll der Sitzung des Gemeindeausschusses vom 16.9.1908) - Staatshandbuch 1908, S. 428 (ONB: ALEX);
Bote aus Mistelbach, Nr. 50/1904, S. 6 (Ehrenbürgerschaft Eibesthal);
Mistelbacher Bote, Nr. 17/1909, S. 3 (Ehrenbürgerschaft Neudorf);
Das Vaterland, 5.12.1902, S. 15 (ONB: ANNO) (Ehrenbürgerschaft Olgersdorf) - Mistelbacher Bote, Nr. 28/1951, S. 2 (ONB: ANNO)
- Fitzka, Karl: Ergänzungs- und Nachtragsband zur Geschichte der Stadt Mistelbach (1912), S. 170f
- Wiener Zeitung, 12. Oktober 1928 (225. Jg. – Nr. 237), S. 7 (ONB: ANNO)