Der Großbrand in Eibesthal im Jahre 1904

Wohl aufgrund der bevorstehenden Weihe der neuerbauten Eibesthaler Pfarrkirche erschien im Sommer 1951 im “Mistelbacher Bote” eine mehrteilige Artikelreihe unter dem Titel “Aus der Geschichte des Ortes Eibesthal”. Leider wird der Verfasser dieser gut aufbereiteten Beitragsreihe nicht angeführt. In der 3. Fortsetzung (Mistelbacher Bote, Nr. 28/1951 (14. Juli 1951), S. 2 (ONB: ANNO)) dieser Artikelserie wird der Großbrand in Eibesthal im Jahre 1904 ausführlich beschrieben und die anschauliche Darstellung der damaligen Geschehnisse soll an dieser Stelle wiedergegeben werden:

„Eine schwere Katastrophe brach am 29. März 1904 über den Ort Eibesthal herein. Noch heute berichten unsere Großeltern von dem Riesenbrand. Um ¼ 5 Uhr nachmittags brach in der Scheune des Hauses Nr. 155 ein Großfeuer aus, das durch spielende Kinder angefacht worden war. Vom Mittelorte aus gesehen meinte man, die kleine Zeile, eine östlich zum Straßenzuge sich parallel ziehende Häuserreihe, stehe in Flammen. Mehrere Männer der Freiwilligen Feuerwehr trafen bald nach Ausbruch des Feuers beim Zeughaus ein und versuchten, so gut es eben auf dem holprigen Wege ging, die Spritzen der kleinen Zeile zuzuschieben. Der tief durchfurchte Feldweg, der mit Zugtieren fast unpassierbar war, wurde von den wenigen Männern mit der Karrenspritze genommen; ein Bauer raste mit seinen Pferden aus der Straße daher, die zweite Spritze zu holen. Auf der Höhe der kleinen Zeile angelangt, musste man mit Schrecken erkennen, dass man den falschen Weg eingeschlagen hatte: Es brannte nicht auf der kleinen Zeile, sondern seitlich im Oberdorf. Dieses dreht sich derart gegen Osten, daß vom Mittelorte aus gesehen, die kleine Zeile und das Oberdorf in der Richtung sich decken. Dieser Umweg hatte eine schwer ins Gewicht fallende Zeitverzögerung gebracht. Der herrschende Südoststurm hatte, als die Feuerwehr endlich auf dem Brandplatz erschien, die Flammen über mindestens 20 Objekte gejagt. Alle Strohbedachung längs der östlichen Seite des Oberdorfes war entzündet, der Feldfahrweg zwischen den einzelnen Häusern absolut unpassierbar. Der heulende Sturm peitschte die Stichflammen am Erdboden dahin, Rauch, Qualm und Höllenglut erfüllte alle Hofteile, Gassen und Gässchen. Die Feuerwehr musste vor allem versuchen, den Riesenbrand einzudämmen, ansonsten eine ganze Flucht von Häusern der westlichen Straßenseite in Flammen ausgegangen wäre. Ein Augenzeuge aus dieser Zeit weiß zu berichten: „Weiber und Kinder standen jammernd, schreiend und betend auf der noch sicheren Straße: dort stürmte eine Kuh daher, ihrer Bande ledig, mitten hinein in den klagenden Haufen, dort eine zweite, dritte, ängstlich brüllend, in tollem Kreisen einen Ausweg aus dem Höllenpfuhle suchend. Nur mit großer Mühe gelang es einigen beherzten Männern, die scheuen Tiere einzufangen. “Weiber, Kinder, hinaus ins sichere Feld! Fort von hier, auf dass das Unglück nicht noch größer werde!” erschallte es von den zuckenden Lippen der Männer, denn wahrlich, die Gefahr war groß und vorderhand bei dem grässlichen Sturm an einen Stillstand der Flammen gar nicht zu denken.

In fast allen brennenden Stallungen waren noch die Haustiere, da ja beim Ausbruche des Feuers außer einigen kränklichen Frauen und kleineren Kindern niemand zu Hause war, Männer und Burschen befanden sich vielfach noch draußen im Felde bei den Arbeiten. Die verfügbaren männlichen Kräfte mussten auf die Rettung der bedrohten Haustiere bedacht sein. In einer Reihe von Häusern mussten die verschlossenen Haus- und Hoftüren eingerannt werden, um zu den Ställen zu kommen. Das war ein hartes Stück Arbeit. Die Höfe und Treppen mit stickendem Rauch erfüllt, neben den Ställen der brennende Düngerhaufen, zu Häupten das brennende Haus, der brennende Stallboden, nach vorne hin unsägliche Hitze und qualmender Rauch von Seite der mit Futtervorräten gefüllten und nun in Flammen stehenden Scheuer – dieser Feuerpfad musste Haus für Haus von mutigen Männern und Burschen genommen werden, ehe unter unsäglichen Anstrengungen man endlich in den mit Qualm erfüllten Stall kam. So mancher Beherzte musste aber, seines freien Atems beraubt, wieder unverrichteter Dinge zurück, stürzte auf der Treppe zusammen und wurde unter Mühe und Not von anderen Wackeren auf die Straße geschafft. In einer 1/4 Stunde war das Vieh mit den unbeschreiblichsten Anstrengungen geborgen worden. Aus einem brennenden Hause wurden Kinder, welche sich in ihrer Angst eingesperrt hatten, herausgeholt. Ein 17-jähriges Mädchen versuchte im eigenen Hause zu retten, was zu retten noch möglich war, fing aber mit seinen Kleidern Feuer. Die Flammen konnten von einem Feuerwehrmann noch rechtzeitig erstickt werden. Derselbe Wehrmann rettete auch einem armen Weibe das Leben. Diese Frau wollte ihre einzige Ziege aus dem brennenden Stalle retten. Die Flammen schlugen aber derart in den Stall hinein, dass sie nicht mehr zurück konnte und jämmerlich um Hilfe schrie. Der Wehrmann wagte sein Leben und brachte glücklich Weib und Ziege in Sicherheit. Leider war auch ein Menschenleben zu beklagen. Der Kleinhäusler Sebastian Schwenk, der beim Ausbruch des Brandes im Felde arbeitete, kam ins Dorf, als sein Häuschen, der Stall und die Scheuer in Flammen stand. Die einjährige Kalbin gelang es ihm, noch aus dem Stall zu schaffen. Als er in allzu großem Wagemut noch die Schweine bergen wollte, fingen seine Kleider Feuer und brennend stürzte er hinaus auf den Fahrweg, wo ihn die Flammen zu Boden schlugen. Sein Sohn, sowie noch andere Personen, versuchten dem Brennenden nahe zu kommen. Doch links und rechts zu beiden Seiten des nur 3 Meter breiten Fahrweges standen Strohobjekte in hellen Flammen, welche, vom Winde getrieben, den Weg in eine Feuerzeile verwandelten. Ein mehrmaliger Anlauf in diesen Feuerrachen wurde gewagt, doch alles vergebens. Der Rettungsversuch hätte vielleicht noch andere Opfer verschlungen. Ungefähr nach einer Stunde trafen Feuerwehren aus den umliegenden Ortschaften ein. Bei 70 Objekte standen bereits in Flammen, eine weitere Menge von Objekten war schon bedroht. Als der Abend hereinbrach, kamen aus den umliegenden Orten in großen Haufen Leute herbeigeströmt, zu Fuß, zu Rad, per Wagen oder Fiaker, um das grässliche Schauspiel in Augenschein zu nehmen. Die Plätze, Wege und Straßen füllten sich mit Leuten, von denen die wenigsten zu den Spritzen traten, sie waren ja gekommen um zu staunen, sich zu entsetzen, aber nicht um zu helfen. Abends traf der Herr Bezirkshauptmann Freiherr Alfons Klezl von Norberg auf der Brandstätte ein, besichtigte dieselbe eingehend, ließ sich über den entstandenen Schaden berichten und versprach den Abgebrannten seine Unterstützung. Der damalige Oberlehrer Rudolf Wedra veranstaltete Sammlungen in Wien und in vielen Gemeinden Niederösterreichs. Eibesthal war ja durch die Passionsspiele weit und breit bekannt. Die Sammlungen brachten einen so hohen Geldbetrag zustande, so dass sämtliche vom Brandunglück betroffene Eibesthaler ihre Häuser wieder aufbauen konnten, und zwar größer und schöner, als sie vorher waren.“

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