Bezirks-Katholikentage in Mistelbach

Mitte des 19. Jahrhunderts fand der erste Katholikentag als Protestkundgebung gegen die Unterdrückung der Katholiken in einigen proestantisch dominierten deutschen Staaten statt. Diese fortan turnusmäßig und stets an wechselnden Orten abgehaltene Zusammenkunft entwickelte sich zur öffentlichen Bekenntnisfeier, war Ausdruck von Volksfrömmigkeit und Festtag des katholischen Verbands- und Vereinswesens sowie eine Machtdemonstration der katholischen Kirche. Nach den anfangs gesamtdeutschen Katholikentagen fand, nach Verwirklichung des kleindeutschen Nationalstaats, ab dem Jahre 1877 nunmehr ein eigenständiger Österreichischer Katholikentag statt. Im kleineren Rahmen, also auf Bezirksebene, sind derartige Kundgebungen erstmalig Ende des 19. Jahrhunderts belegt und auch in der Erzdiözese Wien befasste man sich schon im Jahre 1913 mit der Idee der Abhaltung von Bezirks-Katholikentagen. Die große materielle Not in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg verhinderte die Abhaltung eines regulären Katholikentags, wie er zuletzt 1913 stattgefunden hatte, und daher besann man sich in der Erzdiözese Wien (und natürlich auch in anderen Diözesen) wieder auf die Idee diese Feste im kleineren Rahmen, also auf Diözesan- bzw. Bezirksebene, abzuhalten. 1920 fand erstmalig ein Diözesan-Katholikentag in Wien statt und auch die ersten Bezirks-Katholikentage wurden in Teilen der Hauptstadt bzw. in der Provinz abgehalten. Im Mai 1920 fand in unserer Gegend der erste Bezirks-Katholikentag in Poysdorf statt, der eine Teilnehmerzahl von etwa 6.000 Personen aufwies.1 Für das Jahr 1922 wurde neuerlich ein Diözesan-Katholikentag in Wien und Bezirks-Katholikentage in allen Gebieten der Diözese geplant und erstmals war auch die Abhaltung eines Katholikentages in Mistelbach vorgesehen.2 Die Katholikentage hatten aber ob der in der ersten Republik engen Verbindung zwischen Kirche und den Vertretern der christlich-sozialen Partei stets auch politischen Charakter und sind daher zweifellos als politische Machtdemonstrationen anzusehen bzw. wurden als Plattform für (partei)politische Reden genutzt. Man wehrte sich zwar gegen den Vorwurf, die Katholikentage seien Wählerversammlungen (=Wahlkampfveranstaltungen im damaligen Sprachgebrauch), der politische Aspekt dieser Kundgebungen wurde jedoch von den damaligen Spitzenvertretern von Kirche und christlich-sozialer Partei, etwa dem damaligen Kanzler und Priester Dr. Ignaz Seipel, selbstbewusst gar nicht erst bestritten.3

Bezirks-Katholikentag 19224

Am 29. Juni 1922, zum Festtag Peter und Paul, fand der erste Katholikentag in Mistelbach statt zu deren Teilnahme die Gläubigen aus den Gerichtsbezirken Mistelbach, Laa a.d. Thaya, Poysdorf, Zistersdorf, Matzen, Wolkersdorf und Korneuburg aufgerufen waren. 30.000 Personen sollen bei der Festveranstaltung am Hauptplatz anwesend gewesen sein, eine Anzahl, die die Erwartungen der Organisatoren deutlich übertraf, und in der Berichterstattung des „Mistelbacher Bote“ wurde vermutet, dass wohl noch nie zuvor so viele Menschen in Mistelbach versammelt waren. Um den Transport der zahlreichen Teilnehmer zu bewerkstelligen wurden Sonderzüge auf den Lokalbahnstrecken eingerichtet bzw. verstärkte Züge auf der Staatsbahnstrecke geführt. Bereits am Vortag begannen die Festlichkeiten mit einem Begrüßungsabend der beim Katholikentag zahlreich vertretenen Mitglieder  der katholischen Studentenverbindungen des Cartellverbands (CV) unter Leitung des Hörersdorfer Pfarrers Viktor Klinger. Ursprünglich war als Zelebrant Kanzler Dr. Seipel vorgesehen, der jedoch verhindert war und deshalb wurde die Messe vom Mistelbacher Barnabiten-Propst und Stadtpfarrer Don Ludwig Schneck gehalten und der bereits erwähnte Pfarrer Klinger hielt die Festpredigt. Nach der Festmesse vor der Dreifaltigkeitssäule auf dem Hauptplatz folgten die Versammlungen der verschiedenen Teilnehmergruppen (Männer, Frauen, Burschen, Mädchen sowie christliche Arbeiterorganisation) in den großen Gasthöfen der Stadt, die meist von einem Geistlichen und einem christlich-sozialen Politiker geführt wurden. Die Versammlungen zielten auf eine Festigung und Ausbau der Standesorganisationen ab und unter anderem wurden Entschließungen zur Gründung weiterer katholischer Vereine und Organisationen (zB Volksbund, katholisch-deutsche Burschenvereine bzw. Gründung eines Gauverbands der Burschenvereine) gefasst. Am Nachmittag sammelten sich diese Gruppen dann an unterschiedlichen Plätzen der Stadt von wo sie zum Hauptplatz bewegten, um sich dort zu einem gemeinsamen Festzug zu vereinen.  Dieser imposante Festzug, der sich aus mehreren Musikkapellen, rund 30 Fahnen und 20.000 Personen zusammengesetzt haben soll, holte Kardinal Dr. Friedrich Gustav Piffl vom Bahnhof ab und geleitete ihn anschließend zum Hauptplatz wo die Festversammlung stattfand. Nach Begrüßungsworten von Loosdorfer Gutsherrn Piatti, dem Präsident des Katholikentages, folgten hauptsächlich politische Reden christlich-sozialer Politiker und Bundesminister Schmitz übermittelte die Grüße des leider verhinderten Kanzlers Seipel. Den Höhepunkte bildete selbstverständlich die Ansprache des Kardinals, die ebenfalls mehr politischen als religiösen Inhalt aufwies, und der von ihm zu Abschluss erteilte Segen. Nach dem Ende der Festveranstaltung auf dem Hauptplatz wurde der Oberhirte noch zum Kolleg begleitet, wo die zahlreichen Teilnehmer unter Ovationen an dem auf der Balustrade stehenden Kardinal vorüberzogen. Danach stattete Kardinal Piffl seinem „persönlichen Freund“ Bürgermeister Josef Dunkl einen Besuch ab, bei dem er mehrfach seine große Zufriedenheit über den gelungenen Verlauf dieser Festveranstaltung kundtat. Mit dem Abendzug kehrte Dr. Piffl schließlich wieder nach Wien zurück. Den offiziellen Abschluss des Festprogramms bildete ein von den katholischen Studentenverbindungen des CV im Saale des Gasthauses Putz (heute: Schillingwirt) veranstalteter Kommers, der aus allen Bevölkerungskreisen zahlreich besucht wurde.

Teilnehmerkarte für den Bezirks-Katholikentag in Mistelbach im Jahre 1922Teilnehmerkarte für den Bezirks-Katholikentag in Mistelbach im Jahre 1922

Vom Bezirks-Katholikentag 1922 waren bisher keine fotografischen Aufnahmen bekannt. Im Nachlass des Heimatforscher Georg Göstl, dem sogenannten Göstl-Archiv, findet sich allerdings nachstehende Fotografie zu der es nur rudimentäre Angaben gibt (Zeitpunkt Anfang 1920er Jahre) und die frappant an die weiter unten folgenden Fotos vom Katholikentag 1929 erinnert. Ein Abgleich mit den Fotos aus dem Jahr 1929 brachte jedoch die Erkenntnis, dass es sich definitiv nicht um ein Foto aus diesem Jahr handelt. Tatsächlich ist dies gut an den Bäumen im Bildhintergrund zu erkennen, die auf den Fotos aus dem Jahre 1929 noch kahl sind (bei kühler Witterung Anfang Mai durchaus möglich) im Gegensatz zu den bereits in vollem Blätterkleid stehenden Bäume auf den Aufnahmen dieser Aufnahme und wie für Ende Juni auch nicht anders zu erwarten.

Eine Aufnahme des Mistelbacher Fotografen Josef Plaschil jun. vom Katholikentag 1922 und das einzige überlieferte Foto dieses EreignissesEine Aufnahme des Mistelbacher Fotografen Josef Plaschil jun. vom Katholikentag 1922 und das einzige überlieferte Foto dieses Ereignisses

 

Bezirks-Katholikentag 19295

Der zweite Bezirks-Katholikentag in Mistelbach fand am 5. Mai 1929 statt und dieser war als besondere Huldigung für Papst Pius XI. gestaltet, der in diesem Jahr sein 50-jähriges Priesterjubiläum feierte. Dieses Mal waren zur Teilnahme sämtliche Gemeinden des Verwaltungsbezirks Mistelbach, sowie die Pfarre der Dekanate Altlichtenwarth, Pyrawarth, Wilfersdorf und Zistersdorf eingeladen, da für diese Mistelbach teils leichter erreichbar war, als deren Bezirkshauptstadt Gänserndorf, wo vier Tage später ein Katholikentag stattfand.6 Erneut wurden Sonderzüge eingerichtet und auch das Programm entsprach exakt jenem des sieben Jahre zuvor abgehaltenen Katholikentags. Die Festmesse wurde diesmal von Prälat Dr. Franz Hlawati in Vertretung von Kardinal Piffl zelebriert und die Festpredigt hielt Stadtpfarrer P. Rhabanus Neumeier. Danach folgten die üblichen Versammlungen der Teilnehmergruppen („Standesversammlungen“ – Mädchen, Frauen, Burschen, Männer, Arbeiter) in den großen Gasthöfen der Stadt, bei denen Referenten über die Aufgaben und Pflichten der jeweiligen Stände sprachen. Bei der Versammlung der Burschen im Gasthof Filippinetti sollen 700 Teilnehmer vor Ort gewesen sein, bei jener der Männer über dreihundert. Nachmittags formierte sich der Festzug nach Ständen getrennt in den Straßen um die Elisabethkirche und zog in nachfolgender Marschordnung durch die Stadt und schließlich zum Hauptplatz: Musik, Feuerwehr, Veteranenvereine, Zunftfahnen, Burschenvereine, Mädchenvereine, Lehrervereine, Studentenschaft, Präsidium und Ehrengäste, Frauenvereine, Männervereine. Vereinsmäßig nicht organisierte Personen schlossen sich den jeweiligen Standeszügen an. Zur Festversammlung auf dem Hauptplatz, die wie der gesamte Katholikentag ein „Bekenntnis zur Treue und Anhänglichkeit zur Kirche“ sein sollte, versammelten sich laut Zeitungsberichten mehr als 10.000 Menschen. Nach den Begrüßungsworten lokaler Honoratioren folgten politische Ansprachen christlich-sozialer Politiker, Worte anlässlich des 50-jährigen Priesterjubiläums des Papstes und der Aufruf von Prälat Hlawati gemäß dem Wunsch des Heiligen Vaters in der Katholischen Aktion mitzuarbeiten. Am späten Nachmittag fand schließlich wieder ein Festkommers der katholisch-deutschen Studentenschaft des Cartellverbands im großen Saal des Gasthof „Zur goldenen Krone“ statt. Wie bereits 1922 hatten die Vertreter katholischer Studentenverbindungen in großer Anzahl an diesem Katholikentag teilgenommen haben und Unterrichtsminister Dr. Czermak und andere anwesende christlich-soziale Mandatare, von denen einige katholischen Studentenverbindungen angehörten, nahmen an dieser Abschlussveranstaltung teil.

Seitens des Präsidiums des Katholikentages, angeführt von dessen Präsidenten Bezirksschulinspektor Regierungsrat Schramm, wurde nach dem erfolgreichen Abschluss der Feierlichkeiten via der apostolischen Nuntiatur ein Glückwunsch-Telegramm an den Heiligen Vater gerichtet, auf das schließlich nachfolgende Antwort übermittelt wurde:
Seine Heiligkeit, erfreut über die ehrerbietigen Glückwünsche und die Huldigung der zum Katholikentag in Mistelbach versammelten Tausenden von Gläubigen, spendet denselben von Herzen seinen Apostolischen Segen zu ausdauernder Arbeite für die große katholische Sache.
Card. Gasparri“7

 

Einzug zur Festmesse: Dieses Foto zeigt vermutlich den Einzug der Vereine (hier Mädchenbund), die sich am Morgen vor dem Kolleg versammelt hatten und korporativ zur Festmesse am Hauptplatz einzogenEinzug zur Festmesse: Dieses Foto zeigt vermutlich den Einzug der Vereine (hier Mädchenbund), die sich am Morgen vor dem Kolleg versammelt hatten und korporativ zur Festmesse am Hauptplatz einzogen

 

Einzug zur Festmesse: Geistliche Schwestern ziehen hier gerade von der Barnabitenstraße in die Oserstraße und dann weiter Richtung Hauptplatz zur Festmesse. Das Foto wurde aus einem Fenster des Gasthauses Filippinetti (heute: Schillingwirt) aufgenommen.Einzug zur Festmesse: Geistliche Schwestern ziehen hier gerade von der Barnabitenstraße in die Oserstraße und dann weiter Richtung Hauptplatz zur Festmesse. Das Foto wurde aus einem Fenster des Gasthauses Filippinetti (heute: Schillingwirt) aufgenommen.

 

Dieses Bild zeigt den damaligen Stadtpfarrer P. Rhabanus Neumeier, der die Festpredigt hieltFestmesse: Dieses Bild zeigt den damaligen Stadtpfarrer P. Rhabanus Neumeier, der die Festpredigt hielt

 

Festmesse: Wie auf diesem Bild ersichtlich ist, nahmen zahlreiche Vertreter von Studentenverbindungen des Cartellverbands (CV) in Form von Chargierten in der studentischen Festtracht am Katholikentag teil. In der Bildmitte ist Prälat Dr. Franz Hlawati zu sehen, der die Messe zelebrierte.Festmesse: Wie auf diesem Bild ersichtlich ist, nahmen zahlreiche Vertreter von Studentenverbindungen des Cartellverbands (CV) in Form von Chargierten in der studentischen Festtracht am Katholikentag teil. In der Bildmitte ist Prälat Dr. Franz Hlawati zu sehen, der die Messe zelebrierte. Als Superior des Ordens der Barmherzigen Schwestern, dürfte er ein sogenannter infulierter Prälat gewesen sein, also ein Prälat dem durch päpstliche Erlaubnis das Tragen der bischöflicher Insignien – hier die Mitra – erlaubt war.

 

Auch die Feuerwehr nahm mit ihrer erst zwei Jahre zuvor angeschafften Motor-Spritze, einem Austro-Fiat, (siehe Bildmitte) am Katholikentag teil. Die Feuerwehrmänner übernahmen gemeinsam mit den Mitgliedern des Veteranenvereins auch den Ordnerdienst bei diesem Fest (Amateuraufnahme aus dem Nachlass der Familie Schödl)Auch die Feuerwehr nahm mit ihrer erst zwei Jahre zuvor angeschafften Motor-Spritze, einem Austro-Fiat, (siehe Bildmitte) am Katholikentag teil. Die Feuerwehrmänner übernahmen gemeinsam mit den Mitgliedern des Veteranenvereins auch den Ordnerdienst bei diesem Fest (Amateuraufnahme aus dem Nachlass der Familie Schödl)

 

Unter den vielen Vereinen und Organisationen die am Fest teilnahmen waren auch die Pfadfinder vertreten, die hier in der Hafnerstraße Richtung Hauptplatz marschieren. Woher diese Pfadfindergruppe stammte ist jedoch unklar, denn in Mistelbach wurden die Pfadfinder erst 1930 gegründet und auch in Laa a.d. Thaya traten die Pfadfinder im Herbst des Jahres 1929 erstmals öffentlich auf. (Amateuraufnahme aus dem Nachlass der Familie Schödl)Einzug zur Festmesse oder Festzug: Unter den vielen Vereinen und Organisationen die am Fest teilnahmen waren auch die Pfadfinder vertreten, die hier in der Hafnerstraße Richtung Hauptplatz marschieren. Woher diese Pfadfindergruppe stammte ist jedoch unklar, denn in Mistelbach wurden die Pfadfinder erst 1930 gegründet und auch in Laa a.d. Thaya traten die Pfadfinder erst im Herbst des Jahres 1929 erstmals öffentlich auf. (Amateuraufnahme aus dem Nachlass der Familie Schödl)

 

Festmesse?: Auf dieser Amateuraufnahme ist erkennbar, dass die Menschenmenge auf dem Hauptplatz nicht so dicht ist, wie sie teilweise auf den professionellen Aufnahmen (bewusst?) dargestellt wird (Amateuraufnahme aus dem Nachlass der Familie Schödl)Festmesse?: Auf dieser Amateuraufnahme ist erkennbar, dass die Menschenmenge auf dem Hauptplatz nicht so dicht war, wie sie teilweise auf den professionellen Aufnahmen (bewusst?) dargestellt wird (Amateuraufnahme aus dem Nachlass der Familie Schödl)

 

Den Festzug begleiteten auch mehrere Musikkapellen, unter anderem die Stadtkapelle Mistelbach, die zuvor auch die Festmesse musikalisch umrahmte.Auszug nach der Messe?: Den Festzug begleiteten auch mehrere Musikkapellen, unter anderem die Stadtkapelle Mistelbach, die zuvor auch die Festmesse musikalisch umrahmte.

 

Vermutlich eine Aufnahme von der nachmittäglichen Festversammlung auf dem HauptplatzVermutlich eine Aufnahme von der nachmittäglichen Festversammlung auf dem Hauptplatz

Bezirks-Katholikentag 19518

Der dritte und bislang letzte Bezirks-Katholikentag in Mistelbach fand am Sonntag, 10. Juni 1951 unter dem Motto: “Christus gestern, Christus heute, Christus morgen, Christus in Ewigkeit” statt. Zur Teilnahme waren die Gläubigen der Dekanate Ernstbrunn, Gaubtisch, Laa a.d. Thaya, Pirawarth, Pillichsdorf, Staatz und Wilfersdorf aufgerufen.  Ein Teil des Verwaltungsbezirks fehlte diesmal und zwar hielten die Dekanate Poysdorf und Altlichtenwarth ihren Katholikentag drei Wochen später in Poysdorf ab.9 Seitens der sowjetischen Besatzungsmacht wurde diese Veranstaltung mit Argusaugen beobachtet, da man kirchlichen Großveranstaltungen grundsätzlich kritisch gegenüberstand und hinter diesen gegen die Besatzer gerichtete Demonstrationen vermutete.10 Am Morgen des Festtages standen dichte Wolken über Mistelbach und ob die Veranstaltung wie geplant auf dem Hauptplatz abgehalten werden könnte war mehr als ungewiss. Doch die Massen strömten dennoch herbei und wurden belohnt – die Sonne vertrieb die Regenwolken. Erzbischof-Koadjutor Dr. Franz Jachym war von Landwirtschaftsminister Josef Kraus, Bezirkshauptmann Dr. Karl Mattes und dem Präsidenten des Katholikentages, Bürgermeister Franz Bayer empfangen und zum abermals vor der Dreifaltigkeitssäule aufgebauten Altar geleitet worden. Dr. Jachym zelebrierte die Messe und Pater Volkmar übernahm die Funktion des Vorbeters und -sängers am Mikrofon, während die musikalische Begleitung durch die Stadtkapelle besorgt wurde. Im Zuge der Messe erfolgte auch die vom Mistelbacher Zweigverein des ÖAMTC organisierte St. Christophorus Fahrzeugweihe, bei der mehr als 300 Fahrzeuge vom Roller über Motorräder und PKW, bis LKW, schwere Traktoren und Sonderfahrzeuge von Dr. Jachym gesegnet wurden.11 Danach fanden wieder die üblichen Standesversammlungen in den Gasthöfen bzw. im Saal des Internats der landwirtschaftlichen Fachschule statt, und diese waren derart gut besucht, dass die vorgesehenen Säle zu klein waren und die Versammlungen kurzerhand ins Freie verlegt werden mussten. Nachmittags um 14 Uhr erfolgte die Aufstellung zum Festzug in der „Straße des 12. Februar 1934“ (damaliger Name der Franz Josef-Straße) vor der Gewerbeschule. Nach dem kurzen Festzug der via Bahnstraße und Hafnerstraße direkt zum Hauptplatz führte, folgte dort der als „Bekenntnisfeier“ bezeichnete Festakt. Im Gegensatz zu den Katholikentagen der Zwischenkriegszeit folgten keine Ansprachen von Politikern, sondern lediglich von Geistlichen und Funktionären katholischer Verbände und mit den Schlussworten und dem sakramentalen Segen von Erzbischof-Koadjutor Jachym fand der Festakt seinen Abschluss. Das gute Wetter hielt genau für die Dauer der Veranstaltung an, denn knapp eine Viertelstunde nach Schluss der Feier ging ein Regenguss nieder. Die mit deutlich über 10.000 Personen angegebene Anzahl von Teilnehmern bei der Festkundgebung am Nachmittag scheint in Anbetracht der Tatsache, dass die vom Roten Kreuz für die Veranstaltung eingerichtete Rettungsstelle den ganzen Tag über 250 Mal Hilfe leisten musste – von leichteren bis zu schwereren Fällen (Überhitzungen und Herzanfälle) – durchaus plausibel.12

 

Dr. Jachym vor dem Kolleg mit der zum Katholikentag versammelten GeistlichkeitDr. Jachym vor dem Kolleg mit der zum Katholikentag versammelten Geistlichkeit

 

Der festlich geschmückte Hauptplatz mit den zur Weihe bereits bereitstehenden Kraftfahrzeugen

Eine Aufnahme vom Rathausturm zeigt die zur Festmesse versammelten Menschenmassen und die am Südende des Hauptplatzes für die St. Christophorus-Weihe bereitgestellten KraftfahrzeugenEine Aufnahme vom Rathausturm zeigt die zur Festmesse versammelten Menschenmassen und die am Südende des Hauptplatzes für die St. Christophorus-Weihe bereitgestellten Kraftfahrzeugen

 

Erzbischof-Koadjutor Jachym bei der FahrzeugweiheErzbischof-Koadjutor Jachym bei der Fahrzeugweihe

 

Vereinzelt existieren auch Farbfotos von diesem Festtag, wie dieses dass den Altar vor der Dreifaltigkeitssäule zeigtVereinzelt existieren auch Farbfotos von diesem Festtag, wie dieses dass den Altar vor der Dreifaltigkeitssäule zeigt

 

Erzbischof-Koadjutor Dr. Franz Jachym segnet die Teilnehmer des Katholikentags bei seinem Auszug, möglicherweise nach Ende der BekenntnisfeierErzbischof-Koadjutor Dr. Franz Jachym segnet die Teilnehmer des Katholikentags bei seinem Auszug, möglicherweise nach Ende der Bekenntnisfeier

 

Sammlung zum Festzug in der "Straße des 12. Februar 1934" (Franz Josef-Straße) im Bereich vor der Gewerbeschule (heute Polytechnische Schule)Sammlung zum Festzug in der „Straße des 12. Februar 1934“ (Franz Josef-Straße) im Bereich vor der Gewerbeschule (heute Polytechnische Schule)

Das letzte Foto stammt ebenfalls aus dem Göstl-Archiv und ist lediglich mit „1948 unklar“ beschriftet. Göstl dürfte einen Zusammenhang mit der 1948 abgehaltenen Gewerbeausstellung vermutet haben. Tatsächlich lassen sich aber im Vergleich zu den anderen Fotos vom Katholikentag 1951 viele der Fahnen wiedererkennen und bei genauerer Betrachtung sind auch die weißen Festabzeichen erkennbar. Nachdem auch der abgebildete Ort auch mit dem Treffpunkt für die Sammlung zum Festzug übereinstimmt, dürfte es sich wohl um ein Foto des Katholikentages 1951 handeln.

Bildnachweise:
Fotos: Göstl-Archiv (Katholikentag 1922, Katholikentag 1951), zVg von Frau Kalser (Amateuraufnahmen der Familie Schödl vom Katholikentag 1929), zVg von Herrn Dr. Stoiber (Profiaufnahmen vom Katholikentag 1929),  zVg von Herrn RegRat Englisch (Festzug zum Hauptplatz Katholikentag 1929 – Barnabitenstraße, „Frohnerkreuzung“ und Festversammlung 1929), Stadt-Museumsarchiv (Teilnehmerkarte Katholikentag 1922)

Quellen:

  1. Mistelbacher Bote, Nr. 21/1920, S. 4 (ONB: ANNO);
    Mistelbacher Bote, Nr. 22/1920, S. 4 (ONB: ANNO)
  2. Reichspost, 2. April 1922 (29. Jg. – Nr. 91), S. 6 (ONB: ANNO)
  3. Reichspost, 5. Oktober 1920 (27. Jg. – Nr. 275), S. 6 (ONB: ANNO)
  4. Mistelbacher Bote, Nr. 27/1922, S. 1f (ONB: ANNO);
    Reichspost, 1. Juli 1922 (29. Jg. – Nr.  178), S. 6(ONB: ANNO);
    Neues Wochenblatt – Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberg, Nr. 27/1922, S. 3
  5. Mistelbacher Bote, Nr. 19/1929, S. 3 (ONB: ANNO);
    Reichspost, 6. Mai 1929 (36. Jg. – Nr. 125), S. 3 (ONB: ANNO);
    Neues Wochenblatt – Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberg, Nr. 18/1929, S. 8;
    Neues Wochenblatt – Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberg, Nr. 19/1929, S. 8
  6. Mistelbacher Bote, Nr. 18/1929, S. 1 (ONB: ANNO)
  7. Mistelbacher Bote, Nr. 20/1929, S. 2 (ONB: ANNO)
  8. Mistelbacher-Laaer Zeitung, 9. Juni 1951, S. 2;
    Mistelbacher Bote, Nr. 23/1951, S. 3;
    Mistelbacher-Laaer Zeitung, Nr. 20/1951, S. 3;
    Mistelbacher-Laaer Zeitung, Nr. 24/1951, S. 2;
    Volks-Presse, Nr. 23/1951, S. 5;
    Volks-Presse, Nr. 24/1951, S. 1f
  9. Mistelbacher-Laaer Zeitung, Nr. 27/1951, S. 4
  10. Jakob, Christa: Bewegte Geschichte – 90 Jahre Salvatorianer in Mistelbach (2014), Band XIII der Reihe Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, S. 38f
  11. Mistelbacher-Laaer Zeitung, Nr. 24/1951, S. 3
  12. Mistelbacher Bote, Nr. 24/1951, S. 2 (ONB: ANNO)
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