Regesten zur Geschichte der Pfarre Eibesthal von Franz Riedling

Pfarrer Franz Riedling (*1856, †1920)1, der von 1885 bis 1898 die Pfarre Eibesthal betreute und als einer der Initiatoren der Eibesthaler Passionsspiele gilt, veröffentlichte 1909 im Rahmen einer im Wiener Diözesanblatt erschienenen Beitragsreihe Regesten2 zur Geschichte der Pfarre Eibesthal. Ergänzt sind die Regesten um Notizen und ausführliche Erläuterungen, sodass dieses Werk wohl als erste umfassende Aufarbeitung der Geschichte Eibesthals gelten kann. In Anerkennung seiner Verdienste wurde Riedling anlässlich seines Abschieds von Eibesthal zum Ehrenbürger der Gemeinde ernannt.3 Anschließend war er Pfarrer in Prinzendorf und Dechant des Dekanats Wilfersdorf und später bis zu seinem Tod Pfarrer in Schwechat. Er verfasste auch zahlreiche weitere Abhandlungen über die Geschichte verschiedener Pfarren der Erzdiözese Wien, die ebenfalls im Wiener Diözesanblatt veröffentlicht wurden.

Seine auf mehrere Ausgaben des Diözesanblattes verteilte Beitragsserie zur Geschichte der Pfarre Eibesthal wurde zur Veröffentlichung im Rahmen dieses Blog zu einem pdf-Dokument zusammengefasst, das auch mittels Volltextsuche durchsucht werden kann.

Hier der Link zu Riedlings Regesten zur Geschichte der Pfarre Eibesthal
(Download: rechter Mausklick auf den Link und „Ziel speichern unter …“ auswählen oder nach dem Öffnen des Links rechts oben auf das Downloadsymbol klicken)

Quellen:
Die Quellenangaben zu den Beiträgen im Wiener Diözesanblatt finden sich zusammengefasst am Ende des pdf-Dokuments.

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„Die Dummheit und Rohheit auf dem Land“ oder „die Ober-Trotteln von Mistelbach“

Die Zeitung „Hans Jörgel (von Gumpoldskirchen)“ – besser bekannt als „Jörgel Briefe“, war eine Wochenzeitschrift, die unter leicht variierendem Titel zwischen 1832 und 1913 in Wien erschien. Der Redaktion zugetragene lokale Begebenheiten und Ereignisse wurden in humoristisch-satirischer Weise aufbereitet und in Dialektform aus Sicht des fiktiven „Hans Jörgl aus Gumpoldskirchen“ nacherzählt. Folgende Geschichte über Mistelbach aus dem Jahr 1870 soll hier im Originaltext wiedergegeben wird:

„Wie groß die Dummheit und Roheit auf dem Land is, geht aus folgendem Vorfall hervor. Vor ungefähr 14 Tagen war in Mistelbach Jahrmarkt. Zufällig hat eine Wienerin an diesem Tag in Mistelbach zu thun gehabt, und diese war gekleidet, wie in Wien Tausende gekleidet sein, sie trug nämlich ein schwarzes Seidenkleid, eine grüne Tunik und eine türkische Jacke nebst einem Federhut. Die Trotteln von Mistelbach, die aber nie was andres gesehen haben müssen, als die Gugeln (Anm.: Kopftücher) der Bauernmenscher, sein über diesen Anzug so in Aufregung kommen, daß sie schaarenweis unter Geschrei und Gelächter hinter ihr nachgelossen sein, sogar die Wirthin, wo sie eingekehrt is, sammt ihren Kucheltrampeln. Die arme Frau hat sich in ein Gewölb und endlich in ein Kaffeehaus (Anm.: vermutlich Kaffeehaus Jechtl in der Oberhoferstraße) flüchten müssen, wo sich doch ein paar Gescheidte gefunden haben, um die verfolgte Wienerin gegen die Dummheit dieser Mistelbacher Trotteln in Schutz zu nehmen, die ich nach diesem Vorgang zu Ober-Trotteln von ganz Nieder-Österreich ernenn‘;
‘s is höchste Zeit, daß die Eisenbahn in diese Gegend kommt, damit sie diesen Erdäpfel-Hottentotten ein paar Waggons voll Hirn zuführt.“

Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung, im März 1870, war der Eisenbahnbau Wien-Mistelbach-Brünn bereits weit fortgeschritten und die neue Bahnstrecke konnte noch im selben Jahr eröffnet werden. Allerdings gelang es nicht herauszufinden, ob und wenn ja wie viele Waggonladungen Hirn seither in Mistelbach angekommen sind…

Einige Wochen später berichtet „Hans Jörgl“ dann, dass sich aufgrund seines Artikels sehr viele Mistelbacher gekränkt gefühlt hätten und er sah sich genötigt klarzustellen, dass seine harsche Kritik und die Bezeichnung „Obertrotteln“ selbstverständlich nur jenen Mistelbachern und Mistelbacherinnen galt, die sich gegenüber der Frau aus Wien, die allerdings eine gebürtige Mistelbacherin gewesen sein soll, so roh und unkorrekt verhalten hätten.

Quellen:
Hans Jörgel von Gumpoldskirchen, 26. März 1870, S. 10 (ONB: ANNO)
Hans Jörgel von Gumpoldskirchen, 23. April 1870, S. 8 (ONB: ANNO)

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laufende Aktualisierungen

Den größten Aufwand bereitet die laufende Aktualisierung alter Beiträge, die kontinuierlich neben der Veröffentlichung neuer Beiträge stattfindet. Fehler werden ausgebessert, neue Erkenntnisse eingebettet oder Beiträge durch Bilder ergänzt.
Beispielsweise ist es gelungen den Beitrag zu Dr. Gustav Steinbauer nun mit Bildern zu seiner Tätigkeit bei den Nürnberger Prozessen etwas anschaulicher zu gestalten. Auch konnte der Beitrag zu den historischen Mistelbacher Lokalzeitungen um Bilder von Ferdinand Berger und Josef Vorwahlner bereichert werden und bspw. die Tatsache ergänzt werden, dass sich Fibichs bzw. später Krapfenbauers Buchdruckerei für ein paar Jahre in der Bahnstraße befand. Kurz nach der Veröffentlichung des Beitrags über die Mistelbacher Fotografen vor 1945 tauchte mit Josef Eibl ein weiterer, sehr umtriebiger Mistelbacher Fotograf auf, der dem Beitrag hinzugefügt wurde. Dem Beitrag zu Dr. Ernst Oser wurde eine Traueranzeige beigefügt.

Hierbei handelt es sich lediglich um eine exemplarische Aufzählung der jüngsten Änderungen, die die Arbeit im Hintergrund aufzeigen soll. Das Datum der Veröffentlichung bleibt auch bei nachträglichen Änderungen stets unverändert, obwohl tatsächlich kein Beitrag mehr in seinem Originalzustand online ist.

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Hochwasser in Lanzendorf 1994

Lanzendorf wurde im Sommer 2018 innerhalb weniger Wochen zweimal von heftigen, lokal begrenzten Starkregenfällen heimgesucht, die das Kanalsystem überforderten und zur Folge hatten, dass auch Schlamm- und Wassermassen von den Feldern ins Ortsgebiet eindrangen. Doch das schlimmste Hochwasser der letzten Jahrzehnte, wahrscheinlich sogar des gesamten 20. Jahrhunderts, brachte das Jahr 1994 und auch damals kam es binnen weniger Wochen zweimal zu extremen Überschwemmungen. Das erste Hochwasser ereignete sich am 26. Mai 1994 als in der Folge heftiger Gewitter, die in ganz Ostösterreich wüteten, viele Häuser in der Ziegelofengasse und Teilen der Lanzendorfer Hauptstraße durch Schlamm von den Feldern vermurt wurden und auch die Keller und Gärten der Siedlung am Wiesengrund wurden überschwemmt. Wenige Wochen später am 19. Juli 1994 kam es dann aufgrund mehrere Tage währender heftiger Regenfälle dazu, dass weder Kanalisation, noch Böden, weiteres Wasser aufnehmen konnten und sogar das ansonsten kleine Rinnsal Lanza trat über seine Ufer. Auch bei der Zaya fehlten damals nur wenige Zentimeter ehe sie sich über ihr Bachbett hinaus ausgebreitet hätte. Die Lanzendorfer Hauptstraße, Schricker Straße, Weinhebergasse und Ziegelofengasse standen unter Wasser (und Schlamm) und damals wie heute war die Freiwillige Feuerwehr unermüdlich im Einsatz, um die Wassermassen einzudämmen und bei den Aufräumarbeiten die Unmengen an Schlamm zu beseitigen. Um künftig ein Überlaufen der Bäche zu verhindern, wurden von Gemeinde und Land entlang der Zaya Retentionsbecken geschaffen und das Bachbett mit Bäumen und Sträuchern bepflanzt.

Untenstehend ein paar Aufnahmen, die das Hochwasser vom 19. Juli 1994 dokumentieren.

Quellen:
-) Schöller, Alfred & Jolanda/ Schön, Johann: Lanzendorf – einst und heute (1996), Teil II, S. 29
Fotos: © Marianne Kruspel, 1994

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Alfred Schöller-Platz (Lanzendorf)

Benannt im Jahr 2000 nach dem langjährigen Lanzendorfer Bürgermeister, Stadtrat der Gemeinde Mistelbach, und Direktor der Mistelbacher Genossenschaftsmolkerei Alfred Schöller. Der zuvor namenlose, kleine Platz entlang der Lanzendorfer Hauptstraße, zwischen der Einmündung der Straßen „Lettenberg“ und „Am Sonnenberg“, befindet sich gegenüber dem ehemaligen Wohnsitz von Alfred Schöller (Lanzendorfer Hauptstraße 78). Die Namensgebung wurde bewusst so durchgeführt, dass sich keine Adressänderung für die Anrainer ergab.

Gedenkstein am Alfred Schöller-Platz

Wo befindet sich der Alfred Schöller-Platz?

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Ehrenbürger der Stadt Mistelbach

Nachfolgend eine chronologische Auflistung jener Personen, denen das Ehrenbürgerrecht verliehen wurde. Als Jahr der Verleihung wird jenes angeführt in dem die Beschlussfassung durch den Gemeinderat erfolgte. Oftmals erfolgte die Übergabe der Ehrenbürgerurkunde im Rahmen des Neujahrsempfangs, und damit erst im Folgejahr. Die angeführte Berufsbezeichnung bzw. Funktion bezieht sich immer auf den Zeitpunkt der Verleihung, gegebenenfalls werden auch spätere Karrierestationen angeführt.

1871 Dr. Innocenz Edler von Schluetenberg (*1832, †1882) – Bezirksarzt4
1873 Alois Freiherr Czedik von Bründlsberg und Eysenberg (*1830, †1924) – Landtags- und Reichsratsabgeordneter5
1875 Sigmund Freiherr Conrad von Eybesfeld (*1821, †1898) – Statthalter von Niederösterreich6
1885 Ing. Hugo Riedel (*1842, †1930) – Landesingenieur und später nö. Landesbaudirektor7
1893 Dr. Ernst Oser (*1845, †1902) – Statthaltereirat und früherer Bezirkshauptmann8
 
Karl Fitzka (*1833, †1915) – Steueramtsvorsteher und später Gründer des Heimatmuseums9
1897 Wenzel Matuschek (*1825, †1908) – Bezirksgerichtsvorsteher10
1901 Franz Richter (*1849, †1922) – Landtags- u. Reichsratsabgeordneter11
 
Erich Graf von Kielmansegg (*1847, †1923) – Statthalter von Niederösterreich und zuvor interimistischer Ministerpräsident12
1904 Josef Strasser (*1830, †1909) – Lederfabrikant i.R. und Bürgermeister (1867-1888)13
1908 Dr. Alfons Freiherr Klezl von Norberg (*1858, †1942) – Bezirkshauptmann14
 
August Lubovienski (*1832, †1912) – Apotheker i.R., Gründer und erster Hauptmann der Freiwilligen Feuerwehr Mistelbach15
1916 Franz Dokaupil (*1870, †1939) – Bezirkshauptmann16
 
Alois Wolf (*1873, †1946) – Bezirksoberkommissär und später Bezirkshauptmann in St. Pölten17
1917 Dr. Friedrich Bruno Graf zu Castell-Rüdenhausen (*1877, †1923) – Vorstand des Präsidalbureaus der niederösterreichischen Statthalterei und später Landesamtsdirektor18
 
Manfred Graf Collalto (*1870, †1940) – Gutsherr in Staatz und Vorstand der Verwaltung der k.k. Flüchtlingsstation Mistelbach und der Flüchtlingsniederlassung Asparn a.d. Zaya19
1919 Josef Dunkl jun. (*1866, †1938) – Baumeister und Bürgermeister (1911-1938)20
1927 Thomas Freund (*1850, †1937) – Kaufmann i.R., Landtagsabgeordneter a.D. und Bürgermeister (1888-1911)21
1929 Alexander Zickl (*1862, †1943) – Gemeindesekretär i.R., Leiter des Heimatmuseums und Gemeinderat bzw. später Stadtrat22
1934 Dr. Engelbert Dollfuß (*1892, †1934) – Bundeskanzler und Führer des autoritären Ständestaat-Regimes23**
 
Ernst Rüdiger Starhemberg (*1899, †1956) – Vizekanzler und Heimwehrführer24**
 
Josef Reither (*1880, †1950) – Landeshauptmann und Bundesminister25**
1937 Josef Kraus (*1890, †1971) – Mitglied des Staatsrates und des Bundestages und später Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft26**
 
Georg Seidl (*1896, †1968) – Bundeswirtschaftsrat und davor bzw. später Nationalratsabgeordneter27**
1950 Dr. Karl Renner (*1870, †1950) – Bundespräsident und erster Staatskanzler28
1954 Theodor Körner (*1873, †1957) – Bundespräsident29
 
Johann Steinböck (*1894, †1962) – Landeshauptmann30
 
Dr. Karl Mattes (*1905, †1969) – Bezirkshauptmann und später Leiter der Agrarbezirksbehörde31
1957 Dr. Adolf Aschinger (*1901, †1961) – Präsident der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und das Burgenland32
1958 Josef Hilgarth (*1898, †1975) – Landtagsabgeordneter und später Landesrat33
1960 Univ.-Prof. Dr. Otto Bsteh (*1900, †1979) – Primararzt und Leiter des Krankenhauses34
1963 Dr. Max Neugebauer (*1900, †1971) – Nationalratsabgeordneter und amtsführender Präsident des Wiener Stadtschulrates35
 
Ernst Schoiber (*1908, †1990) – amtsführender Präsident des niederösterreichischen Landesschulrates36
1964 Dr. Adolf Schärf (*1890, †1965) – Bundespräsident37
 
Dipl.-Ing. Leopold Figl (*1902, †1965) – Landeshauptmann und Bundeskanzler a. D.38
1967 Emil Kuntner (*1902, †1999) – Landesrat39
1972 Prof. Hans Spreitzer (*1915, †1979) – Ministerialrat im Bildungsministerium, Stadtrat a.D. und Heimatforscher40
1975 Franz Bayer (*1909, †1992) – Krankenhausverwalter und Bürgermeister (1950-1975)41
1988 Mag. Siegfried Ludwig (*1926, †2013) – Landeshauptmann42
1999 Mag. Edmund Freibauer (*1937, †2022) – Präsident des nö. Landtags und Bürgermeister (1975-1989)43
 
Johann Leithner (*1928, †2006) – pens. Postbediensteter und Vizebürgermeister a.D.44
2005 Dr. Erwin Pröll (*1946) – Landeshauptmann45
2014 P. Hermann Jedinger, SDS (*1949, †2022) – Stadtpfarrer46

Entgegen vereinzelter Berichte in Tageszeitungen47 wurde Weihbishof Dr. Godfried Marschall 1910 nicht zum Ehrenbürger aller Gemeinde des Verwaltungsbezirks Mistelbach ernannt, sondern es wurde ihm lediglich eine schön gefertigte Dankadresse von einer Bürgermeisterdelegation feierlich überreicht.48

**Im Juni 1938 beschloss der als Gemeindeverwalter eingesetzte NS-Bürgermeister Adolf Schödl, die Aberkennung der Ehrenbürgerrechte von Dollfuß, Starhemberg und Reither (verliehen 1934), sowie von Seidl und Kraus (verliehen 1937).49 In der Gemeinderatssitzung vom 4. Juni 1954 beschloss der Gemeinderat einstimmig: „…, dass Ehrenbürgerernennungen, die vor dem 13.3.1938 vom Gemeinderat der Stadt Mistelbach ausgesprochen wurden und während des deutschen Regimes aberkannt wurden, wieder in Rechtskraft gesetzt werden.“50

Quellen (und Anmerkungen):
-) Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach, Bd. I. (1901), S. 218ff
-) Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach, Bd. II – Nachtrags- und Ergänzungsband (1912), S. 219f
-) Grimus, Dr. Norbert: „125 Jahre Stadt Mistelbach“ In: Exl, Mag. Engelbert: 125 Jahre Stadt Mistelbach – Ein Lesebuch (1999), S. 27 (fälschlicherweise wird der Vorname von Graf Kielmansegg mit Erwin angegeben; die Verleihungen an Dokaupil und Wolf im Jahr 1916 fehlen; weiters sind bei Seidl und Kraus falsche Jahre der Verleihung angeführt)
-) Göstl, Georg/ Leithner, Johann/ Weidlich, Alfred/ Steiner, Oskar/ Kummer, Johann: „Mistelbacher Chronik von 1914 bis 1988“, Band IV (1989) der Reihe Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart
-) Spreitzer, Prof. Hans: „Die Mistelbacher Ehrenbürger“ In: Volks-Post Nr. 39/1961, S. 7 (bei dieser Auflistung fehlen Dokaupil, Wolf, Castell-Rüdenhausen, Collalto, Zickl, Dollfuß, Reither und Starhemberg)
-) Stadtgemeinde Mistelbach (Hrsg.): 100 Jahre Mistelbach (Auch hier findet sich im Beitrag „Mistelbach-Chronik“ 1964-1974 verfasst von Franz Bayer, Rudolf Anker und Johanna Trischack, das falsche Verleihungsdatum bzgl. der Ehrenbürgerschaften für Kraus und Seidl)

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Fotografen in Mistelbach vor 1945

Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Frühformen der Fotografie erfunden, und durch stete Weiterentwicklung trat diese Technik ab den 1850er bzw. 1860er Jahren, zunächst in der Form der Portraitfotografie, ihren bis heute währenden Siegeszug an. Die ältesten überlieferten fotografischen Aufnahmen zur Geschichte der Stadt Mistelbach stammen aus den 1870er Jahren, jedoch sind die Urheber dieser frühesten Bilddokumente leider nicht bekannt. Der vorliegende Beitrag versucht den Menschen hinter der Linse nachzuspüren, denen wir die historischen Aufnahmen Mistelbachs und seiner Bewohner verdanken.

Die Problematik bei alten Fotos liegt oftmals darin, dass die abgebildeten Personen nicht mehr bekannt sind und nicht selten auch Angaben zu Anlass und Zeitpunkt der Aufnahme fehlen. Auf alten Hartkartonfotos, insbesondere bei Portraitfotos im Format „Carte de Visite“ (CdV), ist aber meist der für die Aufnahme verantwortliche Fotograf vermerkt und daher ist es auch Intention dieses Beitrags mittels der folgenden (vermutlich unvollständigen) Auflistung der in Mistelbach bis zum Jahr 1945 tätigen Fotografen, Hilfestellung zur zeitlichen Einordnung zu bieten.

Erste Fotografen

Der früheste auffindbare Hinweis und die gleichzeitig einzige Erwähnung eines Fotografen namens E. Pohlmann aus Mistelbach findet sich in einer Ausgabe der Tageszeitung „Fremdenblatt“ aus dem Jahr 1868.9 Zu jener Zeit war es in (Wiener) Tageszeitungen üblich, dass in sogenannten „Fremdenlisten“, die in Hotels bzw. Gasthöfen der Stadt abgestiegenen Gäste nach Unterkünften aufgelistet wurden und in eben solch einer Liste wird ein gewisser „E. Pohlmann, Photograph, Mistelbach“ erwähnt, der am 18. Jänner 1868 im Hotel zur Grünen Traube in Wien-Wieden einkehrte. Bereits 1864 wird im Fremdenblatt dieselbe Person als Gast der Grünen Traube erwähnt, damals allerdings ohne Angabe des Herkunftsortes, sodass nicht eindeutig klar ist, ob er vielleicht schon damals in Mistelbach wirkte.17 Grundsätzlich kann der in diesen Listen angegebene Ort für den tatsächlichen Herkunftsort oder aber für jenen Ort stehen aus dem die Anreise erfolgte, also die letzte Reisestation vor der Ankunft in Wien. 1866 scheint in Wien auf der „Neuen Wieden“ ein Fotograf namens Eduard Bollmann und Ende der 1870er Jahre im damals noch eigenständigen Ort Währing bei Wien ein Fotograf namens Eduard Pollmann auf.19 Ob es sich beim eingangs erwähnten „E. Pohlmann“ und „Eduard Bollmann bzw. Pollmann“ um dieselbe Person gehandelt haben könnte, bleibt offen.

In der Zeitschrift „Photograpische Correspondenz“, dem Zentralorgan der photographischen Gesellschaft Wien, wird in einer Mitgliederauflistung nach Orten bereits 1876 auch ein Mitglied in Mistelbach ausgewiesen. Dabei handelte sich um den Amateurfotografen August Jira, der als Steuerbeamter in Mistelbach seinen Dienst versah.24 Sofern zum damaligen Zeitpunkt ein Berufsfotograf in Mistelbach ansässig war, handelte es sich jedenfalls nicht um ein Mitglied dieser großen, sowohl aus Amateuren und Professionalisten bestehenden Vereinigung. In einem Photographen Adressbuch aus dem Jahr 1879 findet sich zu Mistelbach, im Gegensatz bspw. zu Laa a.d. Thaya kein Eintrag.25

Wolfram (mind. 1881 – Ende 1890er)

Mindestens ab 1881 war Alfred Wolfram (*1853, †191730) in Mistelbach als Fotograf tätig, denn in diesem Jahr findet sich folgende Anzeige in der Zeitschrift „Photographische Notizen“31: „Alfred Wolfram, Photograph, übernimmt Negativ- und Positiv-Retouche sowie das Ausfertigen der Bilder zu billigen Preisen. Mistelbach an der Staatsbahn“. 1885 erweiterte er seinen Betrieb um eine Niederlassung im mährischen Auspitz.36

Der in Mistelbach in den 1880er Jahren tätige und erste tatsächlich belegte Fotograf Alfred Wolfram auf einer Aufnahme aus dem Atelier seiner Familie (Vater und/oder Bruder) in Wien-OttakringDer in Mistelbach in den 1880er Jahren tätige und erste tatsächlich belegte Fotograf Alfred Wolfram auf einer Aufnahme aus dem Atelier seiner Familie (Vater und/oder Bruder) in Wien-Ottakring

Im Dezember 1889 übernahm laut einer Anzeige in der Zeitung „Bote aus Mistelbach“ Paula Wolfram das Fotografie-Geschäft ihres nicht namentlich genannten Vaters38. Dabei konnte es sich jedoch unmöglich um eine Tochter von Alfred Wolfram gehandelt haben, denn in diesem Fall müsste er bereits mit 18 Jahren Vater geworden sein, und seine Tochter hätte wiederum im Alter von 18 Jahren das Geschäft übernehmen müssen und dies obwohl man zur damaligen Zeit erst im Alter von 24 Jahren als volljährig galt. Ein Enkel von Alfred Wolfram bestätigte, dass er keine Tochter namens Paula hatte und erst einige Jahre später in Bulgarien heiratete, wo er nach seiner Tätigkeit in Mistelbach für einige Zeit lebte. Der Nachfahre gab auch den Hinweis, dass Alfred Wolfram zwar keine Tochter, wohl aber eine Schwester namens Paula hatte und auch einen ebenfalls als Fotografen tätigen Bruder namens Eduard. Tatsächlich dürfte aber bereits Alfred Wolframs Vater, der in der Militärverwaltung tätige Rechnungsoffizial Eduard Wolfram sen., nebenbei in der Fotografie aktiv gewesen sein. Ab 1866 scheint das Fotoatelier Killmann & Wolfram auf, zunächst in Wien-Landstraße, später dann wohl bereits unter Beteiligung von Eduard jun. in Ottakring bzw. Hernals.44
Der genaue Sachverhalt der Geschäftsübernahme durch Paula Wolfram lässt sich nach knapp 130 Jahren nicht mehr feststellen, aber folgende Hypothese scheint möglich: Eduard Wolfram sen. der sich seit 1880 im Ruhestand befand, übernahm den Betrieb seines Sohnes Alfred, als dieser gegen Ende der 1880er Jahre nach Bulgarien ging, und anschließend ging das Geschäft mit den Niederlassungen in Mistelbach und Auspitz auf dessen Tochter, Alfred Wolframs Schwester, Paula über.

Die ursprüngliche Adresse des Betriebs ist leider nicht überliefert, Anfang Oktober 1893 informierte Paula Wolfram jedoch mittels Anzeige im „Bote aus Mistelbach“ darüber, dass Sie ihr photographisches Atelier nunmehr an der Adresse Hauptplatz Nr. 5 (Konskriptionsnr. 70) eingerichtet habe.51 Im Jahr 1900 wurden die Häuser Hauptplatz Nr. 4-6 abgetragen und an dieser Stelle das Rathaus errichtet. Unklar ist, ob der Abriss des Gebäudes gleichzeitig auch das Ende von Wolframs Tätigkeit in Mistelbach bedeutete, das zeitlich wohl jedenfalls um die Wende zum 20. Jahrhundert zu verorten ist. Laut Fitzka gab es im Jahr 1901 zwei Fotografenbetriebe in Mistelbach (einer davon Forstner)52, im Österreichischen Zentralkataster sämtlicher Handels-, Industrie- und Gewerbebetriebe aus dem Jahr 1903 ist hingegen nur mehr ein Betrieb (Forstner) angeführt. Ob es sich bei dem zweiten im Jahr 1901 noch bestehenden Atelier also um jenes von Paula Wolfram oder aber um einen anderen Betrieb (Bieberle?) handelte ist ungeklärt. Eine im Internet gefundene, handschriftlich auf 1897 datierte Aufnahme aus ihrem Atelier, auf der noch beide Niederlassungen vermerkt sind, ist bislang der letzte gesicherte Beleg ihres Wirkens in Mistelbach. Letzte Spuren von Paula Wolframs Tätigkeit als Fotografin in Auspitz finden sich durch einen Eintrag in einem Photographen-Adressbuch aus dem Jahr 190153 bzw. durch Erwähnung im Österreichischen Zentralkataster sämtlicher Handels-, Industrie- und Gewerbebetriebe aus dem Jahr 190354. In der 1908 erschienenen Neuauflage dieses Verzeichnisses scheint Wolfram nicht mehr als Fotografin auf, jedoch wird eine Person selben Namens als Greißlerin angeführt.55

Alfred Wolfram kehrte mit seiner Familie wieder nach Österreich zurück und eröffnete um 1914 in Stammersdorf ein Fotoatelier, dass seine Gattin Johanna nach seinem Tod im Jahre 1917 weiterführte.56 Eine letzte Spur zu einer Frau namens Paula Wolfram findet sich als eine Person dieses namens im Jahr 1919 als erste Frau in den Stadtrat von Auspitz gewählt wurde, ihr Beruf zu diesem Zeitpunkt wird mit Verkäuferin angegeben.57

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Alfred WolframRückseite einer Hartkartonfotografie von Alfred Wolfram, ca. 1885-1889

Rückseite einer Harkartonfotografie von Paula Wolfram


Eibl (mind. 1880er – 1894)

In einer im September 1891 erschienenen Anzeige in der Zeitung „Bote aus Mistelbach“ informierte der gebürtige Mistelbacher Josef Eibl (*1857, †1933)[16] darüber, dass er sein seit 1879 bestehendes Maler- & Vergolder-Geschäft, sowie seine photographische Anstalt, von der Adresse Hauptplatz Nr. 15 (Konskriptionsnr. 17) an die Adresse Hauptplatz Nr. 8 (Konskriptionsnr. 10) verlegte.58

Von 1891 bis 1894 betrieb Josef Eibl sein Geschäft als Maler, Vergolder & Fotograf im Haus Hauptplatz Nr .8, der er kurz zuvor gemeinsam mit seiner Gattin erworben hatte.Von 1891 bis 1894 betrieb Josef Eibl sein Geschäft als Maler, Vergolder & Fotograf im Haus Hauptplatz Nr. 8, das er kurz zuvor gemeinsam mit seiner Gattin erworben hatte.

 

Zuvor, von 1879 bis 1891, war Eibl mit seinem Betrieb an der Adresse Hauptplatz Nr. 15 eingemietet und auch hier wohnhaft. 15 Jahre später eröffnete hier Josef Plaschil sein Atelier, und auch die letzten Spuren der Fotografenwitwe Bieberle finden sich an dieser Adresse (siehe weiter unten).Zuvor, von 1879 bis 1891, war Eibl mit seinem Betrieb an der Adresse Hauptplatz Nr. 15 eingemietet und auch hier wohnhaft. 15 Jahre später eröffnete hier Josef Plaschil sein Atelier, und auch die letzten Spuren der Fotografenwitwe Bieberle finden sich an dieser Adresse (siehe weiter unten).

 

Der Mistelbacher Fotograf Josef Eibl etwa im Jahre 1880Der Mistelbacher Fotograf Josef Eibl etwa im Jahre 1880

Später folgte eine Übersiedlung nach Wien, denn von 1893 bis 1896 scheint seine Gattin Theresia (auch Therese; geb. Misch; *1855, †1899) als Betreiberin eines Fotoateliers in der Ottakringer Thaliastraße Nr. 48 in „Lehmann’s Wohnungs-Anzeiger und Gewerbe-Adreßbuch“ auf. Ab diesem Zeitpunkt wohnte das Ehepaar Eibl in der Meidlinger Schönbrunnerstraße Nr. 62 (=Gaudenzdorfer Hauptstraße) und betrieb an dieser Adresse ein weiteres fotografisches Atelier. Zusätzlich findet sich Josef Eibl ab 1894 gemeinsam mit Heinrich Rechert als Betreiber des Fotoatelier „Mariette“ in der Hundsthurmerstraße 124 (diese wurde 1898 in Schönbrunner Straße umbenannt). Dieses Atelier wurde knapp 20 Jahre zuvor von Josef Plaschil sen. geführt, der weiter unten Erwähnung findet. Ab Ende der 1890er Jahre wohnte das Ehepaar Eibl schließlich in der Sechshauser Straße Nr. 5, wobei das Atelier in der Meidlinger Schönbrunnerstr. 62 weiterhin bestand und offenbar als Filiale des Atelier Mariette geführt wurde. Im Jahr 1898 wurde die Hundsthurmerstraße in die Schönbrunnerstraße eingegliedert, somit änderten sich die Adressen bzw. Hausnummern der beiden Ateliers und lauteten nun wie folgt: Schönbrunner Straße 118 (zuvor Hundsthurmer Str. 124) und Schönbrunner Str. 190 (zuvor Meidling-Schönbrunnerstr. 62). Etwa 1900 führte Eibl kurzzeitig auch eine Niederlassung in Baden bei Wien an der Adresse Wassergasse Nr. 11. 1910 übersiedelte er sein Atelier innerhalb der Schönbrunner Straße, nämlich an die Hausnummer 100, und nach Eibls Ableben im Jahre 1933, führte seine zweite Gattin Anna, den Betrieb noch zwei Jahre als Witwenfortbetrieb weiter.59

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Josef Eibl vor 1896Rückseite einer Hartkartonfotografie von Josef EiblRückseite einer Hartkartonfotografie von Josef Eibl

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Josef EiblRückseite einer Hartkartonfotografie von Josef Eibl
Rückseite einer Hartkartonfotografie von Josef Eibl


Bieberle (1893-ca.1900)

Franz Bieberle (*1862, †189760) stammte aus Johnsdorf in Mähren und war zumindest seit 189161 als Fotograf in Ernstbrunn tätig. 1893/94 übersiedelte er dann nach Mistelbach, wo er sich an der Adresse Barnabitenstraße 4 niederließ und dort auch sein Fotoatelier einrichtete62. Nach dem frühen Tod von Franz Bieberle, der 1897 an Tuberkulose starb, führte dessen Witwe Marie den Betrieb weiter und übersiedelte im September 1899 mit dem Atelier nur wenige Häuser weiter in die Oserstraße Nr. 5.63 In Fitzkas Geschichte der Stadt Mistelbach wird im Jahr 1901 neben Leopold Forstner ein weiterer Fotografenbetrieb angeführt, wobei unklar ist, ob es dabei um das Unternehmen der Witwe Bieberle oder einen anderen Betrieb (Zapletal?, Wolfram?) gehandelt hat. In einem bereits bei Wolfram erwähnten, nach Orten gegliederten Photographen-Adressbuch aus dem Jahr 1901 fehlt Mistelbach leider64. Zu Beginn des Jahres 1902 findet sich im Bote aus Mistelbach schließlich ein Feilbietungsedikt, betreffend Frau Maria Bieberle, Private, wohnhaft Hauptplatz Nr. 15, in dem die (freiwillige) Versteigerung ihrer Wohnungs- und Kücheneinrichtung angekündigt wird.65 Es ist anzunehmen, dass die Betriebstätigkeit also bereits vor diesem Zeitpunkt endete und auch in den 1903 und 1908 erschienenen Ausgaben des Österreichischen Zentralkataster sämtlicher Handels-, Industrie- und Gewerbebetriebe scheint Bieberle nicht mehr auf. Umso mehr verwundert es, dass laut Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft erst 1913, die in Form eines Witwenfortbetriebs noch immer auf Franz Bieberle lautende Gewerbeberechtigung zurückgelegt wurde.66

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Franz BieberleRückseite eines Hartkartonfotos von Franz Bieberle

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Franz Bieberle


Zapletal (1899-1902?)

Zu dem 1861 in Pressburg geborenen Tapezierermeister und späteren Fotografen Adolf Zapletal findet sich erstmals 1888 eine Spur in Form einer Anzeige im Untermanhartsberger Kreis-Blatt, in der er darauf hinwies, dass er sein Tapezierer-Geschäft an die Adresse „Hauptplatz Nr. 33, Mistelbach“ verlegt habe.67 Bis 1898 basierten die Adressbezeichnung auf den sogenannten Konskriptionsnummern – ohne offizielle Straßen- bzw. Platzbezeichnung, und Nr. 33 entspräche der Adresse Hafnerstraße 7. Da also eine Durchnummerierung des Hauptplatzes im heutigen Sinne, früher nicht existierte, ist trotz des expliziten Zusatzes „Hauptplatz“ anzunehmen, dass sich das Geschäft in der damals noch namenlosen Hafnerstraße befand. Wenig später scheint Zapletal mit seinem Betrieb dann an wechselnden Adressen an der Ostseite des Mistelbacher Hauptplatzes (heutige Nr. 19, 20 21) auf und im Jahr 1899 wurde ihm von der Bezirkshauptmannschaft die Berechtigung zur Ausübung des Photographengewerbes erteilt.68 Von seinem photographischen Wirken sind bislang lediglich eine undatierte Portraitaufnahme, eine ungelaufene Ansichtskarte aus Mistelbach, sowie zwei in den Jahren 1903/04 gelaufene Ansichtskarten mit Motiven aus Ebendorf bzw. Lanzendorf überliefert. Auch die Tatsache, dass bei der Portraitaufnahme kein Karton mit eigenem Firmensujet verwendet wurde, sondern einer jener im Amateurbereich populären „Souvenir“-Kartons, deutet wohl eher auf Kurzlebigkeit des Betriebs hin. Während auf der Ansichtskarte aus Mistelbach als Urheber „A. Zapletal“ angeführt ist, findet sich auf den Ansichtskarten aus den Katastralgemeinden die Angabe „Zapletal & Comp., Mistelbach“ ausgewiesen, was klar belegt, dass Zapletal (später) einen Geschäftspartner bzw. Teilhaber hatte. Die letzte klar datierbare, und zugleich mysteriöse Spur von ihm findet sich bereits in einem Bericht der Floridsdorfer Zeitung aus dem Februar 1900, der die Schikanen beklagt denen die Gattin des abgängigen Tapezierermeisters Zapletal beim Versuch der Weiterführung des Geschäfts ausgesetzt ist.69

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Adolf Zapletal


Forstner (1900-1960er)

1900 kam der gebürtige Wiener Leopold Forstner sen. (*1869, †192670), nach Mistelbach und eröffnete im Haus Wiedenstraße Nr. 6 (heute: Wohnhaus) sein Fotoatelier.71 Vor seiner Übersiedlung nach Mistelbach führte Forstner ab 1896 ein Atelier an der Adresse Währinger Gürtel Nr. 25.72 Robert Forstner, der spätere burgenländische Landesinnungsmeister der Fotografen erlernte das Fotografenhandwerk bei seinem Bruder Leopold in Mistelbach. Zunächst hatte Forstner das Haus Wiedenstraße Nr. 6 nur gemietet, bevor er es schließlich 1910 von der Familie Mörixbauer käuflich erwarb.73 Bei der Mistelbacher Handwerkerausstellung im Jahr 1912 wurde Forstner mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Von ihm stammen die meisten historischen Fotos, die die Entwicklung unserer Stadt dokumentieren und er verlegte auch Ansichtskarten mit Motiven aus Mistelbach bzw. den umliegenden Orten.

Das Haus Wiedenstraße Nr. 6 zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Möglicherweise handelt es sich bei dem Kind um Leopold Forstner jun., der vor seinem Elternhaus posiert. Hinweis auf das hier ansässige Fotoatelier sind auch die Fotokästen, die auch an der Ecke zum Nachbarhaus angebracht sind.Das Haus Wiedenstraße Nr. 6 (erstes vollständig abgebildetes Haus von rechts) zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Möglicherweise handelt es sich bei dem Kind um Leopold Forstner jun., der vor seinem Elternhaus posiert. Hinweis auf das hier ansässige Fotoatelier sind die Fotokästen, die auch an der Ecke zum Nachbarhaus angebracht sind.

Fotoatelier Forstner in der Wiedenstr. 6 im Jahr 1938

Das umgebaute Atelier Leopold Forstner in der Wiedenstraße 6 im Jahr 1938

Nach dem Tod von Leopold Forstner sen., 1926, führte dessen Witwe Adelheid (Adele) (*1872, †1964) den Betrieb gemeinsam mit Leopold Forstner jun. (*1903, †194574), der in den Jahren 1918-1920 die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien absolviert hatte75, den Betrieb. Nachdem ihr Sohn 1938 offenbar sein eigenes Atelier in Mistelbach eröffnete, führte Frau Adele Forstner den Betrieb zunächst alleine weiter, bevor später ihre Tochter Maria, verehelichte Bott, in das Geschäft eintrat und dieses zusammen unter der Bezeichnung „Photoatelier Leopold Forstner’s Nachfolger M. Bott“ bzw. „Forstner-Bott“ bis etwa Mitte der 1960er Jahre weiterführten.

Adele Forstner 1915 als freiwillige Helferin im Vereins-Reservespital des Roten KreuzesAdele Forstner 1915 als freiwillige Helferin im Mistelbacher Vereins-Reservespital des Roten Kreuzes

 

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Leopold Forstner aus der Zeit seiner Tätigkeit in WienRückseite einer Hartkartonfotografie von Leopold Forstner

 

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Leopold Forstner nach 1912

 


Forstner jun. (1938-1947)

1938 erhielt Leopold Forstner jun. (*1903, †194576) die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Photographengewerbes an der Adresse Franz Josef-Straße Nr. 4.77 Ob bzw. wie lange er das Gewerbe an diesem Standort ausübte ist unklar. Nach seinem Tod im Jahr 1945 eröffnete seine hinterbliebene Frau, Viktoria Forstner, im November 1946 ein Fotoatelier an der Adresse Hauptplatz Nr. 1778, das im Jahr darauf von Wilhelm Puchner übernommen wurde.79 Eine geschäftliche Verbindung zwischen den beiden Forstner Ateliers gab es während der Zeit ihrer parallelen Existenz offenbar nicht – im Gegenteil, Adele Forstner distanzierte sich 1946 anlässlich der Eröffnung des Ateliers durch ihre Schwiegertochter mittels eines Inserats von der innerfamiliären Konkurrenz.80


Plaschil (1906-1950er)

1906 eröffnete der ursprünglich aus Wien stammende Josef Plaschil jun. (*1874, †196081) sein Fotoatelier im Haus Hauptplatz Nr. 15.82

Josef Plaschil jun. im Jahre 1908Josef Plaschil jun. im Jahre 1908

Bereits sein Vater Josef Plaschil sen. war ab den 1870er Jahren als Fotograf an wechselnden Standorten in Wien-Margareten (u.a. Hundsthurmerstraße 124), und von Ende der 1890er Jahre bis mind. 1908 in Niederabsdorf bei Zistersdorf tätig. Später scheint Plaschil sen. dann neuerlich als Fotograf im 5. Wiener Gemeindebezirk auf.83 Es ist also davon auszugehen, dass Josef Plaschil jun. das Fotografenhandwerk im väterlichen Betrieb erlernte und 1888/89 besuchte er die Graphische Versuchs- und Lehranstalt in Wien.84 Plaschil arbeitete im Betrieb seines Vaters mit und begleitete diesen auch nach Niederabsdorf, bis er schließlich 1906 sein eigenes Atelier in Mistelbach eröffnete. Nachdem er im Mai 1915 einrücken musste, war Plaschil gezwungen sein Atelier (vorübergehend) zu schließen. Im Rahmen der russischen Brussilow-Offensive geriet er im Sommer des Jahres 1916 in russische Kriegsgefangenschaft und kam in ein Lager nach Sibirien. Die Oktoberrevolution des Jahres 1917 brachte den meisten Kriegsgefangenen in Russland die Freiheit, aber im Chaos des Zusammenbruchs der Zarenherrschaft und des bald darauf einsetzenden Bürgerkriegs war an eine rasche Heimkehr nicht zu denken. Plaschil, der während der Gefangenschaft Russisch gelernt hatte, fand Arbeit als Zeitungsfotograf und bereiste im Zuge dieser Tätigkeit in den folgenden Jahren weite Teile Russlands.85 Erst 1920 kehrte er nach Mistelbach zurück und nahm die Betriebstätigkeit in seinem alten Atelier wieder auf.86 Auch in verschiedenen Standesvertretungsgremien war Plaschil aktiv: 1921 wurde er zum Vorsitzenden der behördlichen Gesellenprüfungskommission für den Bezirk Mistelbach bestellt und 1923 zum Vertrauensmann der nö. Photographengenossenschaft für den Kreis Mistelbach gewählt.87

Diese Ansicht des Hauptplatzes aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zeigt ganz rechts die linke Hälfte des Hauses Hauptplatz Nr. 15. Auf der Vergößerung kann mit etwas Mühe das Geschäftsschild "(Jo)sef Plaschil" erkannt werden und auch der damals an Fotoateliers obligate Fotokasten.Diese Ansicht des Hauptplatzes aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zeigt ganz rechts die linke Hälfte des Hauses Hauptplatz Nr. 15. Auf der Vergrößerung kann mit etwas Mühe das Geschäftsschild „(Jo)sef Plaschil“ erkannt werden und auch der damals an Fotoateliers obligate Fotokasten.

Jedenfalls Beginn des Jahres 1924 fand sich sein Atelier dann bereits in der Mitschastraße, leider fehlt bei den Adressangaben in den 1920er Jahren stets die Hausnummer88. Laut dem Bericht eines Zeitzeugen befand sich Plaschils Atelier für einige Zeit in einem Holz-Gartenhaus nahe dem damaligen Schulgarten in der Mitschastraße.89 Die Tatsache, dass sich um kein wirkliches Gebäude handelte würde das Fehlen einer Hausnummer erklären und darüber hinaus das Auftauchen von Plaschil in diversen Gemeinderatsprotokollen in Zusammenhang mit der Pacht von Gemeindegrund, denn Schulgebäude und Schulgarten bzw. der angrenzende Grund waren natürlich im Besitz der Stadt. Der Großteil des ehemaligen Schulgartens ist heute mit dem in den 1960er Jahren errichteten Postgebäude verbaut und selbiges trägt die Adresse Mitschastraße Nr. 8. 1934 hatte Plaschil den Gemeinderat um kaufweise Überlassung des bisher gepachteten Gemeindegrundes (ohne nähere Beschreibung) ersucht, dieses Ansinnen wurde jedoch seitens der Gemeinderates abgelehnt und stattdessen wurde die Verlängerung des bisherigen Pachtverhältnisses angeboten.90 Doch dürfte Plaschil von diesem Angebot keinen Gebrauch gemacht haben, denn ab 1934 befand sich sein Atelier nur wenige Meter weiter an der Adresse Mitschastraße 12 (heute: Wohnhausanlage) bis er dieses schließlich im Dezember 1942 in sein Wohnhaus in der Roseggerstraße 1 verlegte.91

Dieses Foto zeigt die "Frohnerkreuzung" während des in Mistelbach abgehaltenen Bezirks-Katholikentages des Jahres 1929. Am Haus Mitschastraße 1 (Eckhaus, daher auch Wiedenstraße 2) findet sich bei genauerer Betrachtung (siehe Vergrößerung) ein Hinweisschild "Fotograf" inkl. Richtungspfeil in Form einer Hand, dass auf das zu jener Zeit in einem Holzhaus in der Mitschstraße befindliche Atelier von Josef Plaschil hinwiesDieses Foto zeigt die „Frohnerkreuzung“ während des in Mistelbach abgehaltenen Bezirks-Katholikentages des Jahres 1929. Am Haus Mitschastraße 1 (Eckhaus, daher auch Wiedenstraße 2) findet sich bei genauerer Betrachtung (siehe Vergrößerung) ein Hinweisschild „Fotograf“ inkl. Richtungspfeil in Form einer Hand, dass auf das zu jener Zeit in einem Holzhaus in der Mitschastraße befindliche Atelier von Josef Plaschil hinwies

Nach dem Krieg scheint Plaschil dann erstmals auf, als er mittels Anzeige im Mistelbacher Bote über eine zeitweilige Atelierschließung ab 1. Mai 1946 informierte92, bevor er auf selbem Wege im Dezember diesen Jahres die Wiederaufnahme seiner Geschäftstätigkeit verkündete.93. Die während seiner Kriegsgefangenschaft bzw. der darauffolgenden Tätigkeit in Russland erworbenen Sprachkenntnisse waren im Umgang mit der Besatzungsmacht sehr nützlich und so konnte er Übergriffe auf die Menschen in seiner Umgebung verhindern. Eine Würdigung seiner beruflichen Tätigkeit findet sich im Dezember des Jahres 1950 als Wilhelm Puchner, stellvertretend für alle Fotografen des Bezirks, „Altmeister“ Plaschil mit einem Bericht im Mistelbacher Bote anlässlich dessen 60-jährigen Berufsjubiläums gratulierte.94 Im 1959 von der Fotografeninnung veröffentlichten Handbuch der Berufsphotographen Österreichs bzw. den Folgeausgaben scheint Plaschil nicht mehr auf.95

Rückseite einer Hartkartonfotografie von Josef Plaschil jun.

Bildnachweis:
-) Portrait Alfred Wolfram – zVg von Herrn Köpler
-) Foto Atelier Forstner – Göstl Archiv
-) Rückseiten der Hartkartonfotos – Sammlung des Autors, Stadt-Museumsarchiv, zVg Frau Achleitner
-) Foto Josef Eibl und die Stätten seiner Geschäftstätigkeit in Mistelbach: dankenswerterweise zur Verfügung gestellt von Frau Achleitner
-) Foto Frohnerkreuzung (Hinweis Atelier Plaschil): zVg von Reg.Rat Alfred Englisch

Quellen & Anmerkungen:

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Kaiser Franz Joseph I. und Mistelbach

Die 1874 durch Kaiser Franz Joseph I. erfolgte Stadterhebung, trug dem Aufschwung, den Mistelbach ab der Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte, Rechnung bzw. befeuerte diesen weiter. Darüber hinaus gab es noch weitere Berührungspunkte Mistelbachs mit dem längstdienenden Regenten des Hauses Habsburg, die nachfolgend dargestellt werden:

Der Kaiser in Mistelbach

Als Kaiser Franz Joseph I., am 12. Juni 1880 von Manövern in Böhmen mit der k. k. Staatseisenbahn nach Wien zurückfuhr, nahm er kurzen Aufenthalt in der Station Mistelbach. Der Hofzug fuhr um 7:35 Uhr abends unter Glockengeläut, Böllerschüssen und Hochrufen der zahlreich anwesenden Bevölkerung ein. Vertreter der Gemeinde, der Behörden, die Lehrer samt Schuljugend, die hohe Geistlichkeit und Abordnungen der Vereine bereiteten dem Regenten einen würdigen Empfang. Eine Schülerin überbrachte dem Kaiser einen Blumengruß und Franz Joseph I., grüßte die versammelte Menschenmenge und erkundigte sich nach aktuellen Angelegenheiten des Bezirks. Anschließend folgten kurze Ansprachen verschiedener Honoratioren, darunter auch jene des Bürgermeisters Josef Strasser, dessen Einfluss dieser Zwischenstopp des Kaisers zu verdanken war. Obwohl nur ein Aufenthalt von drei Minuten vorgesehen war, hielt sich der Kaiser letztendlich zehn Minuten in Mistelbach auf.76

Als Kaiser Franz Joseph I., am 8. September 1909 zu den Manövern im mährischen Groß-Meseritsch reiste, führte ihn seine Fahrt mit der k. k. Staatseisenbahn abermals nach Mistelbach. Der Bahnhof und die entlang der Zugstrecke verlaufende Bahnzeile waren mit schwarz-gelben Fahnen geschmückt und Vertreter aller Körperschaften und weite Teile der Stadtbevölkerung waren erschienen um dem Kaiser ihre Ehrerbietung zu erweisen. Der Zug traf um 7:43 Uhr morgens pünktlich ein und wurde, wie knapp dreißig Jahre zuvor, mit Böllerschüssen, Hochrufen und der von der Veteranenkapelle angestimmten Volkshymne begrüßt. Franz Joseph I., nahm die dargebrachten Ovationen, am Fenster seines Waggons stehend, salutierend entgegen und nach einem etwa eine Minute dauernden Aufenthalt setzte der Zug seine Fahrt fort.96

Ähnliche Huldigungen wurden dem Kaiser wenig später, als sein Zug den Bahnhof Frättingsdorf in gemäßigtem Tempo durchfuhr, von offiziellen Vertretern, den Vereinen und der Bevölkerung der Gemeinden Hörersdorf und Frättingsdorf entgegengebracht.97

Bürgermeister Thomas Freund beim Kaiser98

Am 21. Februar 1905 wurde Mistelbachs Bürgermeister Thomas Freund zu einer Audienz bei Kaiser Franz Joseph I. empfangen, um die er gebeten hatte, da er sich persönlich für die ihm zuteilgewordene Verleihung des Goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone bedanken wollte. Der Wortlaut dieser Unterhaltung ist uns dank eines Berichts im Bote aus Mistelbach überliefert:

Nachdem Bürgermeister Freund seinen Dank für die Ordensverleihung zum Ausdruck gebracht hatte, antwortete der Kaiser: „Es freut mich, Sie ausgezeichnet zu haben. Die Stadt Mistelbach hat unter Ihnen ja einen bedeutenden Aufschwung genommen. Wie lange sind Sie schon Bürgermeister?“
Freund: „16 1/2 Jahre.“
Kaiser: „Da haben Sie schon viel Arbeit gehabt.“
Freund: „Wenn man das Vertrauen der Bevölkerung genießt, ist man auch verpflichtet, zu arbeiten. Mir wurde schon die hohe Gnade zuteil, dass in meinem bescheidenen Heim kaiserliche Hoheiten Wohnung nahmen.“
Kaiser: „Wann war das?“
Freund: „Vor fünf und drei Jahren.“
Kaiser: „Das war bei den Manövern, das ist sehr schön.“

Nach Franz Joseph I. benannte Bauwerke

Regierungsjubiläen von Herrschern wurden immer zum Anlass genommen, den Regenten ein Denkmal in Form von Bauwerken zu setzen und da Kaiser Franz Joseph I., insgesamt 68 Jahre herrschte, gab es hierzu genug Gelegenheit. In Mistelbach waren ihm folgende öffentliche Gebäude gewidmet bzw. trugen diese teils bis zum Ende der Monarchie den Namen des Kaisers:

Knaben Volks- und Bürgerschule

Da die Raumnot im 1873 errichteten Schulbau in der Bahnstraße – der späteren Mädchenschule – immer größer wurde, der Gemeinde jedoch die finanziellen Mittel für bauliche Erweiterungen fehlten, beschloss die im Eigentum der Stadt befindliche Sparkasse Mistelbach aus Anlass des 50-jährigen Regierungsjubiläums seiner Majestät Franz Joseph I., dem Kaiser durch die Finanzierung des Neubaus einer Knaben Volks- und Bürgerschule ein bauliches Denkmal zu setzen. Die Pläne für dieses Bauwerk stammten von dem Wiener Architekten Moritz Hinträger, der die Baupläne für viele öffentliche Gebäude und Schulen in der damaligen Monarchie  entwarf,  und seinem ebenfalls als Architekt wirkenden Sohn Carl Hinträger.99 Die Eröffnung des vom späteren Bürgermeister Baumeister Josef Dunkl jun. ausgeführten Baus erfolgte mit Beginn des Schuljahres 1898. Die beiden in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Schulbauten wurden während umfassender Renovierungen in den Jahren 1985-1989 baulich miteinander verbunden und im März 1990 als neues Pflichtschulzentrum wiedereröffnet.

Kaiser Franz Josef-Jubiläums-Winzerschule

Der k.k. landwirtschaftliche Bezirksverein Mistelbach fasste in seiner Generalversammlung vom 27.1.1895 den Beschluss aus Anlass des fünfzigjährigen Regierungsjubiläums des Monarchen eine Winzerschule in Mistelbach zu errichten. In dieser Schule sollten die Söhne der Weinbauern des Bezirks unentgeltlich im Umgang mit den neuen, im Kampf gegen die Reblaus eingeführten, veredelten amerikanischen Weinreben geschult werden.100 Am 4. Dezember 1898, also nur zwei Tage nach jenem Tag an dem 50 Jahre zuvor die Regentschaft von Kaiser Franz Joseph I. begonnen hatte, fand eine vom landwirtschaftlichen Bezirksverein Mistelbach veranstaltete Kaiserhuldigungsfeier statt, in deren Rahmen das neu errichtete Gebäude dem Verein übergeben wurde. Das Bauwerk wurde von Baumeister Josef Dunkl im „Schweizer“-Stil ausgeführt und auf einem von Fürst Liechtenstein geschenkten Grund unterhalb der bereits bestehenden Rebversuchsanlagen des k.k. Ackerbauministeriums.101 Die offizielle Eröffnung des Schulbetriebs erfolgte bereits am 20. Februar 1899. Dieser erste Bau bildete den Ausgangspunkt für den weitreichenden Komplex der heutigen Landwirtschaftlichen Fachschule, der neben dem mehrfach erweiterten Schulgebäude, auch Internat, Bauernladen und Heurigen umfasst.

Kaiser Franz Josef I. Bezirkskrankenhaus102

Triebfeder des Krankenhausbaus und für dessen Finanzierung verantwortlich war der 1901 gegründete „Verein zur Erbauung eines öffentlichen Bezirkskrankenhauses in Mistelbach“, und dieser beschloss am 4. Mai 1908 aus Anlass des bevorstehenden Regierungsjubiläums die Benennung des Krankenhauses nach dem Monarchen. Am Fronleichnamstag des Jubiläumsjahres 1908 fand die feierliche Weihe und Setzung des Grundsteins für den Bau des langersehnten Krankenhauses statt und bereits im November 1909 konnte diese nach dem Kaiser benannte Institution eröffnet werden. Schon wenige Jahre nach Fertigstellung begann die bis heute andauernde, unablässige bauliche Erweiterung, durch die das Mistelbacher Krankenhaus zum einem großen Landesklinikum und zum größten Arbeitgeber der Region anwuchs. Der Name des einstigen Regenten war bis 1938 Teil der offiziellen Bezeichnung dieser Einrichtung.

Kaiser Franz Josef I. Jubiläums-Bezirkswaisenhaus

Bereits am 7.12.1897 fasste der Bezirks-Armenrat Mistelbach den Beschluss ein Bezirks-Armen- und Waisenhaus in Mistelbach zu errichten und es war beabsichtigt das Institut schon im Kaiserjubiläumsjahr 1898 seiner Bestimmung zugeführt werden sollte.103
Tatsächlich sollte es letztlich zehn Jahre dauern bis dieses Vorhaben umgesetzt werden konnte und zunächst war beabsichtigt das Bezirkswaisenhaus auf dem landeseigenen Grund unterhalb des Siechenhauses zu errichten, bevor sich die Gemeinde Mistelbach mit ihrem Vorschlag der Errichtung in der Winzerschulgasse bzw. der projektierten Bezirksstraße nach Eibesthal durchsetzte.104 Am 2. Dezember 1908, exakt an dem Tag an dem sich der Regierungsantritt von Franz Joseph I., zum sechzigsten Mal jährte, wurde der Grundstein für den Bau des Bezirkswaisenhauses gelegt, und dieser Einrichtung wurde natürlich der Name des Jubilars gegeben.105 Die feierliche Eröffnung des nach Plänen des nö. Landesarchitekten Gschöpf von Baumeister Josef Dunkl jun. ausgeführten „Kaiser Franz Josef I. Jubiläums-Bezirkswaisenhauses“ fand am 4. Oktober 1910 – am Namenstag des Kaisers, statt.106 Nach der Auflösung des Waisenhauses, von dem sich der Name der Straße nach Eibesthal und jener des dazugehörigen „Berges“ ableitet, wurde das Gebäude ab 1936 zunächst als Bezirksarmenhaus bzw. wenig später dann als Altenheim genutzt. Obwohl es durch einen Erdrutsch Ende der 1950er Jahre bereits schwer beschädigt war, wurde es bis 1963 in dieser Eigenschaft weiter genützt. 1964 folgte schließlich der Abbruch und auf dem Grundstück errichtete die Landmaschinenfabrik Heger Montagehallen. In den 2000er Jahren wurden auf dem Gelände das Gebäude der Bezirksbauernkammer und nach Abbruch der Hallen der Neubau der HTL Mistelbach errichtet.

Kaiser-Denkmäler

In Eibesthal107 und Kettlasbrunn108 sind Kaiser Franz Joseph Denkmäler erhalten geblieben, die beide im Jubiläumsjahr 1908 errichtet wurden. Auch in Mistelbach stand einst eine Büste des Kaisers vor dem Krankenhaus, die jedoch abgekommen ist.109 Auf einem Foto der Handwerkerausstellung des Jahres 1912 ist im ehemaligen Schulgarten (heute: Postgebäude) auch eine Kaiserbüste zu sehen, allerdings wurde selbige laut Fitzka nur für die Dauer der Ausstellung dort installiert. Es dürfte sich dabei um die schuleigene Büste gehandelt haben, die dank dem Einsatz von Baudirektor Ing. Kummer gerettet werden konnte und heute in dessen Garten aufgestellt ist.110

Kaiserbüste in Kettlasbrunn
(unmittelbar neben der Pfarrkirche)

Kaiserbüste in Eibesthal
Das Foto zeigt die Büste an ihrem vorherigen Standort beim heutigen Feuerwehrhaus. Im Jahr 2023 wurde die Büste jedoch um etwa 60 Meter versetzt und befindet sich nunmehr beim neu errichteten Radrastplatz im Kreuzungsbereich Markusstraße/Brunngartl.

 

Vor dem Fass stand die im Rahmen der Handwerkerausstellung 1912 im Schulhof aufgestellte KaiserbüsteKaiserbüste während der Handwerkerausstellung 1912 im Schulhof

Sonstiges

Postkarte herausgegeben anlässlich des 60-jährigen RegierungsjubiläumsPostkarte herausgegeben anlässlich des 60-jährigen Regierungsjubiläums

Straßenname

Zum Gedenken an Kaiser Franz Joseph I. und aus Anlass seines 50-jährigen Regierungsjubiläums beschloss der Mistelbacher Gemeinderat bei Einführung der Straßennamen als Adressbezeichnungen im Jahr 1898 auch eine Straße nach dem Regenten zu benennen.111 Bis 1938 behielt sie den Namen „Kaiser Franz Josef-Straße“, und nach Namensänderung während NS-Zeit, kurzzeitiger Rückbenennung nach dem Krieg und erneuter Namensänderung während der Besatzungszeit erhielt sie 1956 endgültig ihren Namen in etwas abgewandelter Form als Franz Josef-Straße zurück. Details zu den hier erwähnten zahlreichen Umbenennungen und deren Hintergründe sind in dem verlinkten Beitrag zu dieser Straße abrufbar.112

Kaiser Franz Josephs-Höhe113

Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Kirchenberg begrünt und mit Unterstützung des Fürsten Liechtenstein schuf der Verschönerungsverein Mistelbach den „Liechtenstein-Anlage“ genannten Park, rund um jene Stelle an der sich einstmals die Mistelbacher Burg befand. Auf der westlichen Seite der Grünanlage, wo von 1898 bis 1985 die Pestsäule stand und heute das Apostelkreuz, hat man einen schönen Überblick über die Stadt und im Dezember 1888 wurde hier zum Abschluss der Neugestaltung des Areals und aus Anlass des 40-jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers eine Feierstunde veranstaltet. Im Rahmen dieser Feier präsentierte der Obmann des Verschönerungsvereins Karl Katschthaler einen an dieser Stelle errichteten Mastbaum mit der Inschrift: „Zum Kaiserjubiläum am 2. December 1888“ und auf diesem weithin sichtbaren Mast wurde fortan zu festlichen Anlässen die schwarz-gelbe Fahne des Hauses Habsburg gehisst. Seither trägt das Plateau auch den Namen „Kaiser Franz Josephs-Höhe“.

Die Franz Josephs-Höhe im Jahr 2018 (links das Apostelkreuz)

Der Ausblick von der Franz Josephs-Höhe über die Stadt

Weitere Ehrungen im Rahmen der Feierlichkeiten zum 60-jährigen Regierungsjubiläum 1908

Im Rahmen der großangelegten Feierlichkeiten aus Anlass des 60-jährigen Regierungsjubiläums 1908 wurde im Stadtpark auch ein prächtiger Lindenbaum zur Kaiserlinde erklärt und vor diese ein Gedenkstein gesetzt – beides existiert heute nicht mehr.114 Auch in Hüttendorf wurde 1908 im Rahmen einer Jubiläumsfeier von Schulkindern eine Kaiserlinde vor dem Gasthaus gepflanzt. Das Gasthaus und auch die Linde fielen den Kampfhandlungen des Jahres 1945 zum Opfer.115

In Siebenhirten wurde bereits anlässlich des 50-jährigen Thronjubiläums 1898 auf  Anregung des hiesigen Pfarrers Wenzel Wurm eine parkartige „Jubiläumsanlage“ vor dem Friedhof errichtet, in der eine Kaiserlinde gepflanzt und eine Gedenktafel errichtet wurde. 1908 wurde die Anlage weiter ausgebaut und darin im Rahmen einer Jubiläumsfeier eine zweite Kaiserlinde gesetzt und eine weitere Gedenktafel enthüllt.116 Trotz des Gelöbnisses der Gemeindevertretung diese Anlage in Erinnerung an das 60-jährige Regierungsjubiläum auf immerwährende Zeit zu erhalten, verwahrloste die Anlage in den folgenden Jahrzehnten und insbesondere in Folge des Jahres 1945. Schließlich wurde die verwilderte Grünanlage gerodet und in anderer Form neu angelegt. Die Kaiserlinden und Gedenktafeln sind in der bis heute bestehenden Anlage nicht erhalten geblieben. 117

Bürgermeister-Almanach

An dieser Stelle sei auch auf den Beitrag zum anlässlich des 60-jährigen Regierungsjubiläums 1908 herausgegebenen Bürgermeister-Almanach verwiesen, in dem natürlich auch der Bürgermeister von Mistelbach und seine Amtskollegen aus den heutigen Katastralgemeinden verewigt sind.

Fassadenmalerei Kaiserstöckl

Auch in der jüngeren Vergangenheit fand sich eine weitere Referenz an Franz Joseph I. im Stadtbild Mistelbachs: Für einige Jahre bis etwa zur Jahrtausendwende zierte die Fassade des Hauses Hauptplatz Nr. 25 auf Höhe des ersten Stockwerks ein gemaltes Porträt des Kaisers. Dieses warb für das darin befindliche „Kaiserstöckl“, das zur im Erdgeschoss ansässigen Fleischhauerei Schödl gehörte.118

Quellen:

-) Jakob, Christa: Kulturdenkmäler Mistelbach, Band I (2015), S. 34
-) Kleibl, Karl: „Jubiläumsanlagen in Mistelbach 1898-1910“ in: Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart – Heimatkundliche Schriftenreihe der Stadtgemeinde Mistelbach, Band IX (2009), S. 179-194 (die Errichtung der Liechtensteinanlage und damit die Entstehung der Franz Josefs-Höhe wird fälschlicherweise mit 1898 angegeben.)
-) Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach, Bd. II. (1912), S. 158ff

Bildnachweis:
-) Kaiser-Bild: Wikimedia Commons
-) Winzerschule und Knabenschule: Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach, Bd. I. (1901)
-) Krankenhaus und Waisenhaus: digitalisiert und zur Verfügung gestellt von Otmar Biringer aus der Sammlung von Herrn Lichtl
-) alle weiteren Aufnahmen: Thomas Kruspel (2018)

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Heimat im Weinland – Heimatkundliches Beiblatt zum Amtsblatt der BH Mistelbach

Im Sommer 1950 erschien erstmalig das Heimatkundliche Beiblatt zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach. Initiator und erster redaktioneller Leiter dieser heimatkundlichen Publikationsreihe, die seit 1960 unter dem Titel „Heimat im Weinland“ erscheint, war der Volksschullehrer und spätere Ministerialrat Prof. Hans Spreitzer. Der damalige Bezirkshauptmann Dr. Karl Mattes unterstützte dieses Vorhaben tatkräftig und in den folgenden Jahrzehnten sorgte die BH Mistelbach für die Finanzierung, bevor sich ab 1980 auch das Land Niederösterreich an den Kosten beteiligte. Seit der Gründung erscheinen verteilt auf mehrere Ausgaben pro Jahr, durchschnittlich rund 30 Seiten jährlich, die von einer großen Zahl ehrenamtlicher Mitarbeiter aus dem gesamten Bezirk mit Beiträgen über verschiedene heimatkundliche Themen befüllt werden. Nach dem Tod von Prof. Spreitzer im Jahr 1979, folgte ihm Ing. Erwin Eminger als leitender Redakteur nach, der diese Aufgabe ebenfalls bis zu seinem Ableben 2011 innehatte. 2012 übernahm schließlich der heutige Leiter Mag. Dr. Wolfgang Galler die redaktionelle Koordination von „Heimat im Weinland“.

Dass der Verwaltungsbezirk Mistelbach über diese großartige und nun bald siebzig Jahre hindurch erscheinende heimatkundliche Publikation verfügt, ist den engagierten Persönlichkeiten, die (jahrzehntelang) als redaktionelle Leiter bzw. eifrige Verfasser von Beiträgen wirkten, und der Leitung der hiesigen Bezirkshauptmannschaft zu verdanken.

Inhaltsverzeichnis der bis Mai 2024 in der Reihe „Heimat im Weinland“ erschienenen Beiträge

Quelle:
-) Eminger, Ing. Erwin: „40 Jahre Heimat im Weinland“ in: Heimat im Weinland, 1990, S. 28

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Mistelbach und seine Katastralgemeinden in Vischers Niederösterreich Karte u. Topographie

Der aus Tirol stammende Geistliche Georg Matthäus Vischer, der später aber vor allem als freischaffender Topograf und Kartograf tätig war, erhielt in dieser Eigenschaft im April 1669 von den Ständen des Erzherzogtums Österreich unter der Enns den Auftrag für eine Landesaufnahme. Bereits im Jahr darauf konnte er die 16 Blätter umfassende und von Melchior Küsell gestochene Karte präsentieren. Die untenstehenden Bildausschnitte stammen aus einer in der NÖ Landesbibliothek aufbewahrten zweiten Auflage der Karte, die im Jahr 1697 mit den Original-Kupferplatten angefertigt wurde.

Mistelbach und seine Katastralgemeinden finden sich auf diesem Ausschnitt aus Blatt drei, mit Ausnahme von …

… Kätzlsbrunn (=Kettlasbrunn), das sich auf Blatt vier findet.

Frättingsdorf fehlt in Vischers Darstellung, und die falsche Lage Siebenhirtens – an der Zaya – findet sich auch noch in der knapp hundert Jahre danach erschienenen Topographie Weiskerns, der sich bei seiner Beschreibung wohl auf dieses Grundlagenwerk stützte.

Sozusagen als Nebenprodukt entstand im Zuge der Reisen während der Arbeit an der Niederösterreich-Karte ein weiteres Werk Vischers, nämlich die aus mehr als 500 Kupferstich-Darstellungen bestehende „Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae“. In dieser 1672 veröffentlichten Bildersammlung wurden ausgewählte Orte bzw. deren besondere Bauwerke (Burgen, Schlössern, Klöster, …) festgehalten und deshalb finden sich darin auch nur jene beiden heute zu Mistelbach gehörenden Orte, die über ein Schloss verfügen: Ebendorf und Paasdorf.

Schloss Ebendorf um 1670 in einem Kupferstich auf Seite 141 in Vischers Topographie


Paasdorf samt Schloss um 1670 in einem Kupferstich auf Seite 167 in Vischers Topographie

Quellen & Links:
-) Vischers Niederösterreich-Karte auf der Webseite der Niederösterreichischen Landesbibliothek
-) Vischer, Georg Matthäus: Topographia Archiducatus Austriae Inferioris Modernae (1672) (Google Books – Digitalisat aus den Beständen der bayerischen Staatsbibliothek)

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