Dr. Höllrigl-Straße

Diese, in der Anfang der 1970er Jahre entstandenen Stadtwaldsiedlung, neu angelegte Straße wurde mit Gemeinderatsbeschluss vom 8. März 1973 nach dem ersten Leiter des Mistelbacher Krankenhauses Primarius Dr. Fritz Höllrigl benannt.1

Wo befindet sich die Dr. Höllrigl-Straße?

 

Quellen:

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Leopold Figl-Straße

Als 2009 unterhalb der Dr. Körner-Straße ein neues Siedlungsgebiet geschaffen wurde, beschloss der Mistelbacher Gemeinderat die dort zu errichtenden Straßen nach Ehrenbürgern der Stadt Mistelbach zu benennen. Bei den Namenspaten handelt es sich in vielen Fällen um Politiker der Nachkriegszeit, die wesentlich zum Entstehen und Blühen der 2. Republik beigetragen haben. Unter diesen Persönlichkeiten nimmt Leopold Figl als Bundeskanzler der ersten Nachkriegsjahre, Staatsvertrags-Außenminister und Landeshauptmann eine herausragende Rolle ein und der Mistelbacher Gemeinderat beschloss in der Sitzung vom 25. März 2009 einer Straße den Namen „Leopold Figl-Straße“ zu geben.2

Leopold Figl wurde am 2. Oktober 1902 in Rust im Tullnerfeld als Sohn einer Bauernfamilie geboren. Schon während seines Studiums an der Hochschule für Bodenkultur (heute: Universität für Bodenkultur) in Wien war er im Sekretariat des niederösterreichischen Bauernbundes, einer Teilorganisation der Christlichsozialen Partei, beschäftigt und stieg dort bereits 1933 im Alter von lediglich 31 Jahren zum Direktor dieser einflussreichen Standesvertretung auf. Seine führende Stellung an dieser Schnittstelle zwischen Politik und Interessensvertretung führte Dipl.-Ing. Figl, damals noch stellvertretender Direktor des Bauernbundes, aufgrund der bevorstehenden Landtagswahl (nachweisbar) erstmals am 17. April 1932 nach Mistelbach. Bei dieser gut besuchten Wahlkampfveranstaltung im Kinosaal des Gasthauses „zur goldenen Krone“ (Oberhoferstraße 15) warb neben Figl auch der damalige Minister und später diktatorisch regierende Bundeskanzler Dr. Kurt Schuschnigg für die Christlichsoziale Partei.3

Seine nächsten Besuche fallen in das schicksalhafte Jahr 1934 in dem sich Figls Partei von Demokratie und Rechtsstaat verabschiedet hatte und von nun an autoritär herrschte. Im März diesen Jahres nahm er in Paasdorf an der Beerdigung des Landwirts und Bezirksbauernrats Karl Seltenhammer teil4 und rund fünf Wochen später führte ihn die Teilnahme an einer Besichtigung der lokalen  Genossenschaftsmolkerei nach Mistelbach. Zu diesem Termin hatte der Gründer der Molkerei, der christlichsoziale Nationalratsabgeordnete Josef Kraus eingeladen, und im Mittelpunkt des Interesses stand der in Mistelbach produzierte Edamerkäse.5 Nach intensiven Versuchen war es gelungen diese Käseart in entsprechender Qualität auch in Österreich herzustellen und die zusammen mit den Politikern und Agrarexperten geladenen Journalisten sollten für diese Produktinnovation aus Mistelbach die Werbetrommel rühren. Wie ein Blick in den Beitrag Mistelbach in der Zeitung – Teil 3 (1923 -1942) belegt, war dieses Ansinnen auch erfolgreich. Anschließend wurden die Gäste zu einer Jause in die Bahnhofsrestauration Panzer (zuletzt Gasthaus Pollak) eingeladen und seinen Abschluss fand der Besuch im Klosterkeller des Weinhändlers Felix Roller.

Am 10. Juni, dem Pfingstmontag des Jahres 1935, fand auf dem damals Dollfuß-Platz genannten Mistelbacher Hauptplatz eine Großkundgebung der Vaterländischen Front, der einzigen zugelassenen politischen Organisation, statt. Als Veranstaltung der Vaterländischen Front im Mistelbacher Bote angekündigt, wurde selbige in der Berichterstattung im Nachgang vielmehr als Bauernkundgebung „im äußeren Rahmen und Gepräge eines vaterländischen Fests“ beschrieben. Neben Landwirtschaftsminister und „Reichsbauernführer“ Josef Reither und Staatsrat Josef Kraus, sprach auch Bauernbunddirektor Figl zu angeblich 4000 Teilnehmern. Er richtete in seiner Rede auch Worte an die anwesenden Ostmärkischen Sturmscharen, deren Landesführer er war. Die Ostmärkischen Sturmscharen waren eine paramilitärische Wehrformation des klerikal-konservativen Lagers, die sich zwar vom radikalen Faschismus der Heimwehren abgrenzte, aber dennoch dem Klerikalfaschismus ideologisch nahestanden und antisemitisch geprägt waren. Es handelt sich um einen Sonderfall, dass in Niederösterreich die Heimwehren mit den Sturmscharen auf Landesebene zu den „niederösterreichischen Sturmscharen“ zusammengefasst waren. Die vom niederösterreichischen Bauernbund stark geförderten Sturmscharen standen von 1932 bis zu ihrer Auflösung im Jahre 1936 unter der Leitung von Figl. Zum Abschluss der Kundgebung defilierten die Bauernschaft und die Wehrverbände an den hohen Gästen vorbei. Das Festessen fand im Hotel Rathaus (heute: Erste Bank) statt und den Abschluss bildete ein Gartenkonzert der Heimwehrkapelle im Rathausgarten (=Stadtpark).6

Aufgrund seiner führenden Rolle im Dollfuß/Schuschnigg-Regime wurde Dipl.-Ing. Figl am 12. März 1938 von den Nationalsozialisten verhaftet und mit dem sogenannten „Prominententransport“ in das Konzentrationslager Dachau gebracht. Fünf Jahre Haft, Hunger, Folter und Misshandlungen musste Figl in den Konzentrationslagern Dachau und Flossenbürg erdulden, ehe am 8. Mai 1943 – dank dem unermüdlichen Einsatz seiner Gattin – seine Freilassung erwirkt werden konnte. Kurz nach der Entlassung aus dem KZ fand Figl Anstellung als Bauleiter bei der Straßenbaufirma eines Freundes, des späteren Bundeskanzlers Julius Raab, und diese Tätigkeit führte ihn ins Weinviertel.

In einem Artikel zum Gedenkjahr 2018 war in der StadtGemeinde Zeitung unter anderem Folgendes zu lesen7: „Der Bauernbunddirektor Dipl.-Ing. Leopold Figl, der 1942 in Hüttendorf im Straßenbau arbeiten musste, und bei Familie Wallisch in der Küche schlief, während zwei Nazis im Zimmer schliefen, wurde mit dem 1. Transport in das KZ Dachau gebracht.“

Diese Schilderung bedarf einer Korrektur, weil wie obenstehend dargelegt, konnte Figl keinesfalls 1942 in Hüttendorf gewesen sein. Es ist richtig, dass Figl nach seiner Freilassung ins unserer Gegend im Straßenbau tätig war, allerdings in der Gegend um Zistersdorf, wo sich für die Kriegsführung wichtige Ölreserven befanden. Auch war Figl keineswegs als Zwangsarbeiter dort eingesetzt, wie die dieser Beitrag nahelegte, sondern in führender Stellung. Im Zuge seines Aufenthalts in unserer Gegend trat er auch mit ehemaligen Bauernbundmitglieder in Kontakt um für die Zeit nach Ende des Nationalsozialismus Vorbereitungen zu treffen.8 Möglicherweise kam es in diesem Zusammenhang auch zu dem Aufenthalt in Hüttendorf von dem in der Gemeindezeitung wohl auf Basis mündlicher Überlieferungen berichtet wurde. Die Begebenheit müsste sich dann allerdings ein Jahr später zugetragen haben und wie dazu die Erwähung der Nazi Begleitung passt, ist unklar.

Die Firma Kohlmayer bei der Figl beschäftigt war, hatte aufgrund der von ihr in der Umgebung durchgeführten Straßenbauarbeiten eine Außenstelle in Maustrenk, einem Nachbarort der heutigen Katastralgemeinde Kettlasbrunn, eingerichtet.9 In dieser Zeit lernte er den Kettlasbrunner Pfarrer Karl Schilling kennen und aus dieser Begegnung stammt auch die enge Verbindung Schillings zum Niederösterreichischen Bauernbund. Aus Dankbarkeit für die Befreiung vom NS-Regime hielt der Niederösterreichische Bauernbund jährlich eine Wallfahrt nach Mariazell ab und diese wurde über Jahrzehnte hinweg von Pfarrer Schilling angeführt.10

Vorerhebungen für vermeintliche Straßenbauprojekte und ein privilegierter Zugang zu Fahrzeugen boten Figl die Möglichkeit die oben bereits geschilderte Kontaktarbeit zu alten politischen Weggefährten in weiten Teile Niederösterreichs durchzuführen – Maustrenk diente hierfür als Basis. Eine dieser Reisen führte Figl Anfang Mai 1944 nach Judenau, wo die Grundlage für die Wiedererstehung des Bauernbundes gelegt und auch die bereits oben erwähnte jährliche Wallfahrt für die Zeit nach der Befreiung gelobt wurde.11 Aus seiner Zeit in Maustrenk ist auch ein Zusammentreffen mit dem führenden Sozialdemokraten und späteren Innenminister Oskar Helmer überliefert. Allerdings wurden Helmer, Figl und Raab, die offenbar im Freien, wohl nahe einer Baustelle beieinanderstanden von dem zufällig vorbeikommenden NS-Kreisleiter gesehen. Alle drei wurden verhaftet und zur GESTAPO gebracht und Figl musste nun sich nunmehr bei der Geheimen Staatspolizei melden. Wahrscheinlich konnten nur Raabs gute Kontakte zu Gauleiter Jury (vorerst) schlimmere Konsequenzen verhindern. 12 Nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 änderte sich dies und der NS-Appart ging wieder scharf gegen alle politisch Verdächtigen vor und Figl war erstaunt, dass er „erst“ im Herbst 1944 neuerlich verhaftet wurde.13 Zunächst im KZ Mauthausen interniert, wartete er zuletzt im Gefangenenhaus des Landesgerichts Wien auf seinen Prozess und ein wahrscheinliches Todesurteil, vor dem ihn die Befreiung Wiens im April 1945 rettete.

Am 6. Juni 1948 war der nunmehrige Bundeskanzler Figl anlässlich einer Großkundgebung der Österreichischen Jugendbewegung (Vorläuferorganisation der Jungen Volkspartei) erstmals nach dem Krieg wieder in Mistelbach anwesend. Nach der Festmesse in der Pfarrkirche fand eine große Versammlung auf dem damaligen Sportplatz (heute: Gewerbegebiet gegenüber dem Weinlandbad) statt, bei der neben Bundeskanzler Figl auch Landwirtschaftsminister Josef Kraus zur Jugend sprach. Laut ÖVP-nahen Zeitungen sollen etwa 2000 Jugendliche und weite Teile der Bevölkerung der Stadt an dieser Kundgebung teilgenommen haben und im Anschluss fand ein Volkstanzfest im Stadtpark bzw. ein gemütlicher Ausklang im  Gasthaus „zur goldenen Krone“ statt.14

Ankündigung der großen Kundgebung der Österreichischen Jugendbewegung (Vorläufer der Jungen Volkspartei) am 6. Juni 1948Ankündigung der großen Kundgebung der Österreichischen Jugendbewegung (Vorläufer der Jungen Volkspartei) am 6. Juni 1948

Nachdem die hiesige Kaserne bis 1955 von der Roten Armee genutzt worden war, zog das Österreichische Bundesheer nach umfassenden Renovierungsarbeiten 1958 mit der neu geschaffenen Aufklärungsabteilung I wieder in Mistelbach ein. Dieser neue Truppenteil verfügte zunächst über kein Feldzeichen und nachdem sich die Stadt und ihre politischen Vertreter darüber freuten, dass Mistelbach wieder Garnisonsstadt war und die Zusammenarbeit mit den Kommandeuren sehr gedeihlich war, stiftete die Stadtgemeinde der hier stationierten Truppe eine Standarte. Am 26. Oktober 1962 – dem „Tag der Fahne“, wie der Nationalfeiertag anfangs hieß – fand auf dem Hauptplatz und im Beisein von Landeshauptmann Figl die Weihe der neuen Standarte der Aufklärungsabteilung I statt.15

Landeshauptmann Figl beim Abschreiten der Ehrenkompanie auf dem Mistelbacher Hauptplatz im Oktober 1962Landeshauptmann Figl beim Abschreiten der Ehrenkompanie auf dem Mistelbacher Hauptplatz im Oktober 1962

Das  „90 Jahr-Jubiläum der Stadterhebung“ wurde 1964 im Rahmen der dritten Mistelbacher Heimatwoche groß gefeiert und aus diesem Anlass waren am 13. Juni 1964 Bundespräsident Adolf Schärf und Landeshauptmann Leopold Figl als Ehrengäste in Mistelbach anwesend. Nachdem der Beschluss über die Verleihung des Ehrenbürgerrechts an die beiden verdienten Politiker bereits am 8. Mai 1964 erfolgt war, wurden ihnen im Rahmen einer Festsitzung des Gemeinderates im (Kino-)Saal des Gasthauses „Zur goldenen Krone“  die Ehrenbürgerurkunden überreicht.

1964: Feierlichkeiten zu „90 Jahre Stadterhebung“ – v.l.n.r. die Festgäste Bundespräsident Schärf und Landeshauptmann Figl sowie Bürgermeister Bayer. Ort dieser Aufnahme ist die Oberhoferstraße.1964: Feierlichkeiten zu „90 Jahre Stadterhebung“ – v.l.n.r. die Festgäste Bundespräsident Schärf und Landeshauptmann Figl sowie Bürgermeister Bayer. Ort dieser Aufnahme ist die Oberhoferstraße.

Dieser Aufenthalt sollte Figls letzter Besuch in Mistelbach gewesen sein – er verstarb im April 1965.

Wo befindet sich die Leopold Figl-Straße?

 

Bildnachweis:
-) Plakat: Göstl-Archiv
-) Figl in Mistelbach 1962 und 1964: Wilhelm Mliko (StadtMuseumsarchiv Mistelbach)

Quellen:
-) Seltenreich, Dr. Susanne: Dokumentation einer Erinnerung, Band II (1986), S. 16
-) Prantner, Robert/ Kunz, Johannes (Hrsg.): Leopold Figl – Ansichten eines großen Österreichers (1992), S. 15

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Dr. Rupprecht-Straße

Diese, in der Anfang der 1970er Jahre entstandenen Stadtwaldsiedlung, neu angelegte Straße wurde mit Gemeinderatsbeschluss vom 8. März 1973 nach dem bei der Bevölkerung sehr beliebten Gemeindearzt Dr. Georg Rupprecht benannt, der in Ausübung seines Berufs 1959 tödlich verunglückte.1

Wo befindet sich die Dr. Rupprecht-Straße?

 

Quellen:

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Lubovienski, August

Gemeinderat August Lubovienski

August Lubovienski in der Uniform der von ihm begründeten Mistelbacher Feuerwehr - etwa Anfang der 1880er Jahre* 17.5.1832, Eperies (Ungarn, heute: Slowakei)
† 9.1.1912, Mistelbach

August Karl Lubovienski wurde 1832 als Sohn des Apothekers August Lubovienski und dessen Gattin Katharina, geb. Kilcher in Eperies geboren. Sein Geburtsort, damals im Kronland Königreich Ungarn gelegen, heißt heute Prešov und liegt nunmehr im Osten der Slowakei. Die Stadt Eperies war früher von Deutschen, Slowaken und Ungarn bewohnt und obgleich der Familienname ursprünglich auf polnische Wurzeln hindeutet, gehörten die Lubovienskis zur deutschen Bevölkerungsgruppe der Stadt. Die Namensendung auf -ski (bzw. -sky) ist im Polnischen oft ein Hinweis auf die Herkunft der Vorfahren des Namensträgers, und somit könnte es sein, dass Lubovienskis Vorfahren urspünglich aus dem unweit von Eperies gelegenen Ort Stará Ľubovňa (dt.: Lublau, poln.: Lubowla) stammten, der gemeinsam mit anderen Orten der Region über Jahrhunderte hinweg an Polen verpfändet war. Der Familienname findet sich übrigens neben der in diesem Beitrag genutzten (korrekten) Schreibweise auch in verschiedenen weiteren Formen (Luboviensky, Lubowienski, Lubovienszki etc.).

Für die selbständige Tätigkeit seines Vaters als Apotheker in Eperies finden sich keine Spuren, und dies legt den Schluss nahe, dass eine solche Tätigkeit entweder nur sehr kurz dauerte oder er als angestellter Apotheker beschäftigt war. Die Familie Lubovienksi scheint entweder noch in den 1830ern, spätestens aber jedoch in 1840er Jahren in die westslowakische Stadt Tyrnau (Trnava) übersiedelt zu sein. Hierfür spricht einerseits die Tatsache, dass eine Schwester Lubovienskis in Tyrnau geboren wurde und andererseits eine 1852 mittels Zeitungsanzeige kundgetane Konkurseröffnung über das Vermögen von August Lubovienski sen., die diesen als Bürger von Tyrnau anführt.13 In Tyrnau soll Lubovienskis Vater ebenfalls als Apotheker tätig gewesen sein, doch auch hierfür konnten – ähnlich wie in Eperies – keine Belege gefunden werden. Ebenso sind die Hintergründe für die augenscheinlichen finanziellen Schwierigkeiten der Familie nicht überliefert.

Jedenfalls beabsichtige August Lubovienski jun. den Beruf seines Vaters zu ergreifen und erste Voraussetzung für die Apotheker-Laufbahn war der mindestens 4-jährige Besuch eines Gymnasiums. Lubovienksi absolvierte sogar die gesamte, damals sechs Jahre dauernde, Ausbildung am vom Benediktiner-Orden geführten Gymnasium in Tyrnau. 1848, nachdem er die Reifeprüfung erfolgreich abgelegt hatte, trat er als Praktikant in die Tyrnauer Apotheke ein und absolvierte dort das „Tirocinium“, die dreijährige Apotheker-Lehrzeit, die mit einer Prüfung endete. Anschließend verbrachte er noch zwei weitere Jahre als Assistent an dieser Apotheke. Diese fünf Jahre – bestehend aus Lehrzeit (Tirocinium) und „Servirzeit“ (Assistenz) – waren Voraussetzung für den Besuch der pharmazeutischen Kurse an der Universität. Diese Kurse absolvierte Lubovienski ab dem Wintersemester 1853/4 an der Wiener Universität und während des Studiums arbeitete er in der „Alten Feldapotheke“ am Stock-im-Eisen-Platz (heute: Haas-Haus) in der Wiener Innenstadt als “Apotheker-Geselle”. Diese spezielle Form der Anstellung, die neben der Arbeit den Besuch der Universität ermöglichte wurde damals in Apothekerkreisen „Sustentation“ genannt. Nach vier Semestern schloss der angehende Apotheker Lubovienski seine Studien am 13. Juli 1855 mit dem vorgeschriebenen Examen, das er mit ausgezeichnetem Erfolg absolvierte, ab.16 Gerade als er 1853 an die Universität Wien kam, entstand hier das Pharmaziestudium als eigenständiges Studienfach mit dem Magister der Pharmazie als Abschluss. Zuvor absolvierten die angehenden Apotheker/Pharmazeuten lediglich verschiedene Kurse aus den Bereichen Chemie, Biologie und Medizin. Lubovienski dürfte seine Studien noch nach dem alten und vermutlich kürzer dauernden Schema absolviert haben, dass vermutlich noch für eine Übergangszeit angeboten wurde. Dies ist anzunehmen, da er im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen lediglich einmal, und hier handelte es sich wohl um ein Versehen, als Mag. pharm. bezeichnet wurde. Erst ein paar Jahre später wurde das Absolvieren eines pharmazeutischen Magisterstudiums zur obligatorischen Voraussetzung für den Apothekerberuf und damit entfiel natürlich die zuvor notwendige Lehrzeit.

Am 2. Oktober 1858 schloss er mit der aus Wien-Wieden stammenden Hermine Feyrsinger (1839-1928) den Bund der Ehe in der Wiener Karlskirche.17 Zum Zeitpunkt der Eheschließung war Lubovienski weiterhin und nunmehr als fertig ausgebildeter Apotheker in der „Alten Feldapotheke“ beschäftigt. Wenig später musste jedoch bereits die Übersiedlung nach Mistelbach erfolgt sein, denn schon mit Kaufvertrag vom 25. Juni 1858 hatte er das Haus Hauptplatz Nr. 36 (Konskr.Nr. 55), auf dem das Apothekergewerbe seit 1736 ansässig war und später darauf radiziert (= im Grundbuch eingetragenes und mit diesem Gebäude rechtlich verbundenes Gewerbe) wurde, von seinem Vorgänger Joseph Gausrapp käuflich erworben.18 An seinem neuen Wohnort betätigte er sich jedenfalls bis Ende der 1880er Jahre darüber hinaus auch als Sodawassererzeuger.19

August Lubovienski mit seiner Gattin Hermine anlässlich der Feier ihrer goldenen Hochzeit im Jahre 1908August Lubovienski mit seiner Gattin Hermine anlässlich der Feier des goldenen Hochzeitsjubiläums im Jahre 1908

Der Ehe mit seiner Gattin Hermine entstammten acht Kinder, sechs Töchter und zwei Söhne – allerdings verstarben drei davon im Säuglingsalter bzw. in jungen Jahren. Sein einziger überlebender Sohn war der fanatische Deutschnationale und Antisemit, Schönerer-Anhänger und spätere Hitler-Verehrer Rechtsanwalt Dr. Otto Kilcher20. Kilcher hatte seinen Familiennamen geändert, da ihm Lubovienski zu wenig „deutsch“ war und da eine Namensänderung von der niederösterreichischen Statthalterei nicht genehmigt wurde, verzog er nach Salzburg, wo er seinen Wunsch durchsetzen konnte. Kilcher der sich auch in der völkischen Turnbewegung engagierte und im Salzburger Gemeinderat als deutsch-nationaler Hardliner auftrat, ist im Grab seiner Eltern (einem Ehrengrab der Stadt Mistelbach) bestattet. Lubovienskis jüngste Tochter, Stefanie, heiratete 1895 den Musikschullehrer und „Regens chori“ (=Leiter der Kirchenmusik) Josef Kabasta, und somit handelt es sich bei dem nachmals berühmten Dirigenten Oswald Kabasta um seinen Enkelsohn. Seine Gattin Hermine war von 1902 bis 1911 Präsidentin der Mistelbacher Ortsgruppe des Frauen-Hilfsvereins vom Roten Kreuz.21

Bei den Gemeindeausschusswahlen im Jahre 1867 errangen die Liberalen einen Erdrutschsieg und der neue Bürgermeister Josef Strasser und seine Gefolgsleute prägten für zwei Jahrzehnte das politische Geschehen in Mistelbach. Zu Strassers Mitsteitern zählte auch Lubovienski, der im Zuge dieser Wahl erstmals in den Gemeindeausschuss gewählt wurde22 und in den folgenden Jahre wurde durch weitblickende Entscheidungen die Grundlage für den Aufstieg Mistelbachs gelegt. Schon 1865 zählte er etwa zu jenen Bürgern, die auf Initiative von Josef Strasser und Wenzel Matuschek eine private Marktgesellschaft bildeten und damit das Marktgeschehen in Form eines Wochenmarkts wiederbelebten. Auch an der Gründung der städtischen Sparkasse im Jahre 1868 war Lubovienski maßgeblich beteiligt und gehörte für die erste Dekade des Bestehens dieses Instituts dessen Direktorium an.23 Lubovienski gehörte dem Gemeindeausschuss zunächst für drei Perioden und somit von 1867 bis 1876 an. Auch bei den Wahlen 1876 wurde er neuerlich in den Gemeindeausschuss gewählt, allerdings nahm er die Wahl nicht an. Nach dem damals gültigen Wahlrecht gab es keine Kandidatur, jeder Wahlberechtigte konnte auf den Wahlzettel geschrieben werden und die Verweigerung der Annahme der Wahl war nur in bestimmten Fällen möglich, etwa aus gesundheitlichen Gründen oder wenn man bereits in zwei unmittelbar vorangegangenen Perioden dem Gemeindeausschuss angehört hatte. Auf letzteren Fall dürfte sich bei Lubovienski bei seinem Verzicht gestützt haben. Betreffend Luobvienskis Wirken im Gemeindeausschuss darf auf die detaillierte Darstellung im Beitrag Gemeindevertretung Mistelbach – Teil 1 (1850-1919).

Möglicherweise war es bereits zu diesem Zeitpunkt zur später offen zutage getretenen (politischen) Entfremdung von Strasser und den Liberalen gekommen. Die Deutsch-Liberalen, die seit 1848 die führende politische Kraft in Österreich waren, verloren im Gefolge der Wirtschaftskrise des Jahres 1873 ihre Macht im Reichsrat und mit einiger Verzögerung auch ihre vorherrschende Stellung im Landtag bzw. in vielen Gemeinden. Aus dieser zerfallenden Partei bzw. im dadurch entstehenden Machtvakuum entwickelten sich in den folgenden Jahrzehnten schließlich die Österreich bis heute prägenden drei großen politischen Lager – Sozialdemokraten, Deutschnationale und Christlichsoziale. Auch in Mistelbach vollzog sich dieser Wandel in den 1880er Jahren und die liberale Ära endete als die Deutschnationalen bei der Gemeindeausschusswahl 1888 einen großen Triumph errangen. Schon bei der Wahl 1885 waren die Deutschnationalen knapp daran gescheitert die Mehrheit zu erringen und nach dieser Wahl gehörte Lubovienski dann für zwei weitere Perioden dem Gemeindeausschuss an, dieses Mal allerdings als opositioneller Vertreter der Deutschnationalen. Nach dem Machtwechsel gehörte er von 1888 bis zu seinem Ausscheiden aus dem Gemeindeausschuss im Jahre 1891 als 3. Gemeinderat (geschäftsführender Gemeinderat = Stadtrat) auch dem Gemeindevorstand an.24

Einen interessanten Einblick in Lubovienskis politische Ansichten gibt eine im Gefolge eines Rechtsstreits mit der liberal geprägten Zeitung „Bote aus Mistelbach“ im Jahre 1889 vom Blatt freiwillig veröffentlichte Berichtigung in der er sich explizit dagegen verwehrte als Antisemit bezeichnet zu werden. Vielmehr „achte und schätze er jede Nation“. Zwischen den Zeilen kann man hier herauslesen, dass er indem er die Juden als eigene „Nation“ bezeichnete, ihnen wohl indirekt eine Zugehörigkeit als „Deutsche“ absprach.25 Allerdings ist bereits die Ablehnung des Begriffs Antisemit beachtlich, denn in nationalen Kreisen wurde die Gegnerschaft zu den Juden zumeist stolz zelebriert. Vielleicht hat die Tatsache, dass seine Schwester Hermina Henriette vor ihrer Hochzeit mit dem in Tyrnau ansässigen jüdischen Lederhändler Johann Klein zum Judentum übergetreten war, dazu beigetragen, dass er für die unter seinen politischen Gesinnungsgenossen weitverbreiteten radikalen Standpunkte betreffend die Juden nicht (so) empfänglich war.26 Als Zeugnis dieser Einstellung kann auch eine Begebenheit aus dem Jahr 1885 dienen, als sich Lubovienski in einer Gemeindeausschusssitzung für die Vergabe einer neuen Gemeindearztstelle an einen der beiden damals in Mistelbach ansässigen jüdischen Ärzte aussprach, während die klare Mehrheit des damals noch unter liberaler Führung stehenden Gemeindeausschusses „dem Wunsch der Bevölkerung entsprechend“ die Stelle an einen neuen christlichen Arzt vergeben wollte und die Position daher neu ausschrieb.27 Zweifellos stand er als Apotheker mit den erwähnten Ärzten Dr. Schläfrig und Dr. Thein in regelmäßigem Austausch und bei letzterem handelt es sich darüber hinaus um ein Gründungsmitglied der Mistelbacher Feuerwehr und damit um einen seiner Feuerwehrkameraden.

Ende des  Jahres 1888 wurde Lubovienski in den Ortsschulrat gewählt, dem er bis 1911 angehörte. Während der gesamten 23 Jahre hindurch fungierte er als dessen Obmann28 und in dieser Zeit erfolgten mit der Gründung der gewerblichen Fortbildungsschule (spätere Berufsschule) 1897 sowie dem Neubau der Knabenschule (heute Teil des Pflichtschulzentrums in der Thomas Freund-Gasse) im Jahr 1898 und der Umwandlung des städtischen Kindergartens in einen Landeskindergarten im Jahre 1904 wichtige Fortschritte im Bildungswesen. Das Bemühen Lubovienkis 1888 auch in den Bezirksschulrat gewählt zu werden, scheiterte trotz intensiver Bemühunge, da es ihm nicht gelang ausreichend Unterstützer zu gewinnen.29

Vor der Etablierung von Feuerwehren war die Brandbekämpfung derart organisiert, dass die Gemeinde Löschgeräte bereithielt und im Brandfall alle Bewohner zur Mithilfe bei den Löscharbeiten verpflichtet waren. Dieses System funktionierte nicht nur in Mistelbach, sondern fast überall unbefriedigend, da den Menschen die Erfahrung und Routine in diesen Situationen fehlte. Aus der deutschen Turnbewegung heraus entwickelte sich ausgehend von Deutschland das heutige Feuerwehrwesen. Sehr oft wurden Feuerwehren als Zweigvereine von Turnvereinen gegründet, denn die Turner konnten die für die Brandbekämpfung notwendigen Fertigkeiten in ihre Übungen integrieren. Dabei gilt es allerdings festzuhalten, dass bei den deutschen Turnvereinen nicht die sportliche Betätigung in Vordergrund stand, sondern die Erziehung und Betätigung im völkisch-nationalen Sinne und die körperliche Ertüchtigung war lediglich Mittel zu diesem Zweck. Aus dieser Tradition stammend waren auch die Feuerwehren ursprünglich stramm national geprägt und lange Zeit wurde von den Feuerwehren auch der aus der Turnerbewegung stammende Gruß „Gut Heil!“ gebraucht. Diese politische Dimension mag auch der Grund gewesen sein, weshalb die Etablierung der Feuerwehren nicht unumstritten war bzw. teils skeptisch gesehen wurde. Später wurden viele dieser Turner(feuer)wehren in allgemeine freiwillige Feuerwehren umgewandelt und der nationale Charakter trat in den Hintergrund.

Ein durch Blitzschlag im Sommer 1878 verursachter Scheunenbrand, der zwei Todesopfer forderte, veranlasste einige engagierte Mistelbacher Bürger zur Gründung einer Feuerwehr. Der Verein konstituierte sich am 20. Dezember 1878, doch als offizielles Gründungsdatum gilt der 27. Jänner 1879, da an diesem Tag das Grundgesetz (=Statuten) behördlich genehmigt wurde. In Publikationen zur Geschichte der Mistelbacher Feuerwehr ist immer wieder zu lesen, dass die Gründung der Feuerwehr durch „idealistisch gesinnte Mitglieder des Turnvereins“ erfolgt sei. Der 1867 gegründete Deutsche Turnverein Mistelbach – zu dessen Gründern auch Lubovienski zählte – hatte allerdings bald nach seiner Gründung seine Aktivität wieder eingestellt, nachdem der Initiator der Gründung Rechtsanwalt Dr. Hans Stingl aus Mistelbach wegzogen war. Erst Mitte der 1880er Jahre konnte sich wieder ein Turnverein konstituieren, der die Statuten des alten Vereins annahm und damit auch dessen Gründungsdatum führte.30 Auch die älteste Feuerwehr des Bezirks, die Feuerwehr Poysdorf, wurde als sogenannte „Turner-Feuerwehr“ 1874 gegründet, allerdings wurde in Poysdorf ein Turnverein erst 1887 ins Leben gerufen. Als Turner-Feuerwehr wurde damals wohl schlicht diese Art des Vereins bezeichnet, auch wenn es in seltenen Fällen, wie etwa in Poysdorf und Mistelbach, zum Zeitpunkt der Gründung gar keine Turnvereine vor Ort gab. Man orientierte sich an den vielen andernorts von Turnvereinen gegründeten Feuerwehren und nannte sich im Falle Poysdorfs dann auch nach deren Vorbild. Wie oben bereits erwähnt emanzipierten sich die Feuerwehren jedoch später von der Turnbewegung und schon ab den 1880er Jahren findet sich kaum mehr die Bezeichnung Turner-Feuerwehr, sondern schlicht die bis heute gebräuchliche Form „Freiwillige Feuerwehr“. Die Gründung der Mistelbacher Feuerwehr erfolgte mit großer Unterstützung durch die Poysdorfer Feuerwehr bzw. deren Vertreter Hauptmann Carl Scholz und Hauptmannstellvertreter Josef Schwayer, die hierfür später auch die Ehrenmitgliedschaft erhielten. In Mistelbach mussten erst Widerstände und Teilnahmslosigkeit bzw. Gleichgültigkeit gegenüber dieser auf das Gemeinwohl ausgerichteten Institution überwunden werden. Hierfür fand sich in Person des Apothekers Lubovienski die richtige Person – er übernahm eine führende Rolle bei den Vorbereitungen und führte vom Zeitpunkt der Gründung bis 1891 die Wehr als Hauptmann an. Die von der Gemeinde übernommenen Löschrequisiten waren nur unzureichend und durch unermüdliche Arbeit und Spendensammlungen gelang es unter seiner Führung den Verein binnen kurzer Zeit zu einer mustergültig ausgerüsteten Feuerwehr aufzubauen, die sich schon in den ersten Jahren ihres Bestehens im Einsatz bestens bewährte.33 Aufgrund seines verdienstvollen Wirkens für die Mistelbacher Feuerwehr wurde er bereits 1891 zum Ehrenhauptmann ernannt.34

Der Gründer und langjährige Hauptmann der Mistelbacher Feuerwehr August Lubovienski (rotes X) zusammen mit einigen Gründungsmitgliedern anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums der Feuerwehr im Jahre 1904Der Gründer und langjährige Hauptmann der Mistelbacher Feuerwehr August Lubovienski (rotes X) zusammen mit einigen Gründungsmitgliedern anlässlich des 25-Jahr-Jubiläums der Feuerwehr im Jahre 1904

Darüber hinaus war Lubovienski maßgeblich an der Schaffung eines Bezirksfeuerwehrverbands für den gesamten politischen Bezirk (=Verwaltungsbezirk) Mistelbach beteiligt und ab dessen Gründung 1882 bis 1899 als Obmann-Stellvertreter aktiv. In dieser Funktion war er auch am Ausbau des Feuerwehrwesens und der Gründung zahlreicher Wehren im Bezirk beteiligt, weshalb er auch Ehrenmitglied einiger weiteren Feuerwehren war.35 Als 1899 der bisherige Obmann des Bezirksverbands überraschend verstarb wurde Lubovienski zum neuen Obmann gewählt36. Wenige Monate später kam es allerdings zu einer Reorganisation und der Bezirksverband wurde in mehrere nach Gerichtsbezirken gegliederte Verbände aufgeteilt. Vielfach wurde der Wunsch geäußert Lubovienski möge die Leitung des „neuen“ Bezirks-Verbands für den Gerichtsbezirk Mistelbach übernehmen, doch er lehnte dies aus Altersrücksichten ab.37 Bereits im Jahre 1898 war Lubovienski aufgrund seiner großen Verdienste um das Feuerwehrwesen im Bezirk zum Ehrenmitglied des Bezirksfeuerwehrverbands ernannt worden.38 Ab 1899 scheint er dann als Obmann der Bezirksfeuerwehr-Unterstützungskasse auf, die Feuerwehrangehörige im Krankheitsfall bzw. deren Hinterbliebene im Todesfall finanziell unterstützte.39 Als Unterstützer wurde er auch zum Ehrenmitglied des Mistelbacher Militär-Veteranen-Vereins ernannt.40

Zur Jahresmitte 1895 zog sich Lubovienski aus dem Berufsleben zurück und verkaufte sein Haus am Hauptplatz samt Apotheke an Heinrich Klausmann.41 Bereits in den 1870er Jahren hatte er an der Adresse Bahnstraße Nr. 37 ein (heute nicht mehr bestehendes) Wohnhaus erbauen lassen und sich dort nach dem Verkauf des Hauses am Hauptplatz niedergelassen. Nach dem frühen Tod seines Schwiegersohns Josef Kabasta zog seine Tochter Stefanie samt ihren Kindern zu ihren Eltern in das Haus in der Bahnstraße.

August Lubovienski im Alter von 70 Jahren im Jahre 1902August Lubovienski im Alter von 70 Jahren im Jahre 1902

Aufgrund des oben geschilderten vielseitigen und umfangreichen Wirkens zum Wohle der Stadt, inbesondere aber natürlich für seinen Einsatz bei der Gründung der Mistelbacher Feuerwehr, wurde Lubovienski am 27. September 1908 durch einstimmigen Beschluss des Gemeindeausschusses (=damalige Bezeichnung für den Gemeinderat) zum Ehrenbürger der Stadt Mistelbach ernannt.42

Am 9. Jänner 1912 verstarb August Lubovienski im 80. Lebensjahr an Herzlähmung in Folge einer Luftröhrenentzündung und er wurde zwei Tage darauf auf dem städtischen Friedhof bestattet.43 Die Beisetzung war ein imposantes Ereignis und Anerkennung seines unermüdlichen Einsatzes für die Allgemeinheit und alleine die Tatsache, dass 177 Feuerwehrmitglieder von verschiedenen Wehren aus dem gesamten Bezirk daran teilnahmen lassen die Größe der Trauergemeinde erahnen.44 In seinem Testament verfügte Lubovienski die Widmung eines namhaften Betrags für die Unterstützung bedürftiger Kinder von Mitgliedern der Mistelbacher Feuerwehr.45 In Würdigung seiner Verdienste um die Gründung der Mistelbacher Feuerwehr wurde Lubovienskis Ruhestätte mittels Gemeinderatsbeschluss vom 4. Juni 1954 zum Ehrengrab erklärt und die Erhaltung und Pflege der Grabstelle obliegt seither der Stadtgemeinde.46

 

Das Ehrengrab der Familie Lubovienski auf dem Mistelbacher FriedhofDas Grab der Familie Lubovienski auf dem Mistelbacher Friedhof

Bildnachweis:
-) Portraitfotos: Illustrirtes Wiener Extrablatt, 12. Juli 1902 ( 31. Jg. – Nr. 190), S. 2 (ONB: ANNO); Feuerwehr-Signale, 5. März 1912 (29. Jg. – Nr. 11), S. 1 (ONB: ANNO)
-) Goldene Hochzeit: Kilcher, Otto: Von meinem Lebenswege : Gedichte aus einem halben Jahrhundert (1879-1935) (1935)
-) Feuerwehrjubiläum: Illustrirtes Wiener Extrablatt, 20. Juni 1904, S. 7  (ONB: ANNO)
-) Grab: Thomas Kruspel © 2021

Quellen:-) Feuerwehr-Signale, 5. März 1912 (29. Jg. – Nr. 11), S. 1 (ONB: ANNO)
-) Ryslavy, Kurt: Materialien zur Geschichte der Apotheken und Apotheker in Niederösterreichs (1990) , S. 341f
-) Bayer, Franz/ Spreitzer, Hans: „Der Mistelbacher Gemeinderat seit der Stadterhebung“ (1964) In: Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Band I, S. 189 (Anm.: die Angaben zu Lubovienskis Zugehörigkeit zum Gemeindeausschuss bzw. Gemeindevorstand sind unvollständig und in Bezug auf die Angabe 1888-1900 als falsch – er schied bereits 1891 aus dem Gemeindeausschuss aus)

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*Allgemeines zu den Mistelbacher Straßennamen

1770 kam es in der Mehrzahl der heutigen österreichischen Bundesländer und in den Ländern der böhmischen Krone zur Einführung der sogenannten Konskriptionsnummern – einer Durchnummerierung des Gebäudebestandes, die in allen Ortschaften durchgeführt wurde. Diese Maßnahme geschah in Vorbereitung einer Volkszählung, die der besseren Erfassbarkeit der wehrpflichtigen männlichen Bevölkerung dienen sollte und auch für andere Verwaltungsbereiche wie das Steuer- bzw. das Grundbuchswesen sollte dieses neue Katastersystem Vorteile bringen. Bei der „Seelenkonskription“ genannten Volkszählung handelte sich um eine Maßnahme von Kaiser Josef II., die wie viele seiner anderen Modernisierungsvorhaben auf Widerstand stieß. Die Grundherrschaften übten damals und bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts Verwaltungs- und Gerichtsaufgaben aus und hoben für den Kaiser auch die Steuern ein. Der Staat musste sich bzgl. der Zahl der Untertanen bis dahin auf die Angaben der Grundherren verlassen, und dass durch diese Maßnahme nun Daten vorliegen würden, die die bisherigen Angaben der Grundherren nachprüfbar machten, war den adeligen und geistlichen Herren und ihren Verwaltern ungenehm. Außerdem wurden auch die adeligen Grundherren, ebenso wie ihre Schlösser als einfache Zahl gemeinsam mit ihren Untertanen erfasst – für die damals herrschende Klasse mit ihrem Standesdünkel geradezu ungeheuerlich. Trotz des Widerstands, der sich sich später auch im Abmontieren der Nummernschildern äußerte, gelang es letztlich diese Generalinventur, die die Grundlage für eine effiziente Verwaltung bildete, durchzuführen.

Zum Teil entsprechen die Konskriptionsnummern alter Häuser heute noch den Einlagezahlen im Grundbuch. Hilfe bei der Orientierung bot diese erste Art der Hausnummerierung allerdings nicht, da unabhängig davon, wo im Ortsgebiet ein neues Haus gebaut wurde, dieses schlicht die nächste freie Nummer erhielt. Außerdem wurden später Konskriptionsnummern, die beispielsweise durch den Abbruch eines Hauses oder Zusammenlegung zweier Häuser weggefallen waren, an das nächste neuerbaute Haus weitergegeben. In Mistelbach erhielt das Gemeindegasthaus als damaliger Sitz der Gemeindeverwaltung (heute: Erste Bank) die Konskriptionsnummer 1 (später auch Hauptplatz Nr. 1 – siehe unten).  Natürlich existierten auch schon vor der Einführung offizieller Straßenbezeichnungen informelle Straßennamen, die bei der Orientierung helfen sollten. Deren Nutzen beschränkte sich in der Regel jedoch auf ortsansässige Personen, doch wurden einige dieser etablierten Bezeichnungen später als offizielle Straßennamen übernommen. Naheliegend waren natürlich Bezeichnungen, die mit dort ansässigen Berufsgruppen oder Einrichtungen etwas zu tun hatten: so wurde zB die Wiedenstraße jedenfalls Ende des 19. Jahrhunderts umgangssprachlich „Bäckergasse“ genannt, weil hier über Jahrhunderte hinweg zwei Bäckereien (Wiedenstr. 8 & 11) ansässig waren. Die Museumsgasse hieß „Dienergassl“, weil sich dort das Haus des Gerichtsdieners (Museumsgasse 5)also eines Bediensteten der mit der Rechtsprechung betrauten Grundherrschaft – befand. Als weiteres Beispiel kann die Mitschastraße herangezogen werden, die zu Ende des 19. Jahrhunderts „Spitalgasse“ genannt wurde, da sich im Kreuzungsbereich Mitschastraße/Oserstraße der Spitalskomplex – einer über Jahrhunderte bestehenden Sozialeinrichtung samt Kirche, Wirtschaftsgebäuden und Gründen – befand.

Wenn Straßen, Gassen oder Anhöhen zu dieser Zeit informell nach Personen benannt waren, dann meist nach dort seit vielen Jahren ansässigen Familien oder weil sich dort deren Geschäftsbetriebe befanden. Beispiele hierfür sind etwa: das nach der Fruchthändlerfamilie Schwarz benannte Schwarzbergl (=Alleegasse), das Ewingerbergl (=untere Franz Josef-Straße zwischen Bahnstraße und Gewerbeschulgasse – Gebiet des alten Pestfriedhofs)32 oder das ab den 1880er Jahren nach der Fleichhauerdynastie Koch benannte Kochgassl (=Marktgasse). Wie lange der Name „Ederbergl“ für die Gegend um die Bruderhofgasse gebräuchlich ist unklar und somit auch ob er bereits vor der Einführung offizieller Straßennamen Endes des 19. Jahrhunderts üblich war. Zum Teil hielten sich diese informellen Bezeichnungen für Straßen bzw. Gebiete umgangssprachlich bis weit ins 20. Jahrhundert.

Zur Identifizierung einzelner Häuser hatten sich in größeren Städten Hauszeichen in Form von Schildern oder an der Fassade angebrachten Skulpturen und Symbolen entwickelt, die den Vorteil hatten, dass sie auch den nicht des Lesens mächtigen Bevölkerungsgruppen verständlich waren. Daher rühren übrigens auch die „klassischen Gasthausnamen“: Schwarzer Adler, Weißes Rössl, Goldene Krone, Goldenes Kreuz, Goldener Ochse, Goldener Hirsch – die es einst alle in Mistelbach gab. Nicht selten leiteten sich aus diesen Schild- bzw. Hausnamen später auch Gassenbezeichnungen ab. In Mistelbach gibt es allerdings nur ein Beispiel für eine solche Benennung und zwar die Kreuzgasse, deren Name sich von dem mindestens seit dem 14. Jahrhundert bestehenden Gasthaus „Zum goldenen Kreuz“ (heute: Taverna Gyros) bzw. dem zugehörigen Hausschild ableitete.

Die Wiedenstraße im Jahre 1938 - links am damals von der Familie Neumayer geführten Gasthaus an der Ecke Wiedenstraße/Kreuzgasse gut erkennbar das alte Hausschild "zum goldenen Kreuz"Die Wiedenstraße im Jahre 1938 – links am damals von der Familie Neumayer geführten Gasthaus an der Ecke Wiedenstraße/Kreuzgasse gut erkennbar das alte Hausschild „zum goldenen Kreuz“

Das Hausschild befindet sich heute im Stadt-MuseumsarchivDas Hausschild befindet sich heute im Stadt-Museumsarchiv

Anhand der Konskriptionsnummern lässt sich feststellen, dass der Gebäudebestand in Mistelbach im Laufe des 19. Jahrhunderts um 150 Häuser und somit um ein Drittel angewachsen war. Alleine in den 1880er und 1890er Jahre zeigte sich ein sehr dynamisches Wachstum (ein Plus von 90 Gebäuden) in der aufstrebenden Stadt und dies sollte erst der Beginn eines viele Jahrzehnte anhaltenden Baubooms sein.47 Diese Entwicklung richtig deutend wurde es als notwendig erachtet ein Orientierungssystem einzuführen. Die Stadt Wien hatte bereits in den 1860er Jahren ein gut durchdachtes System entwickelt und umgesetzt, und die mit der Einführung eindeutiger Straßenbezeichnungen einhergehende Vergabe von Orientierungsnummern (=Hausnummern) basierte auf folgenden, bis heute gültigen Grundregeln:
-) Auf Plätzen erfolgt die Hausnummernvergabe im Uhrzeigersinn
-) Auf Straßen die längs zum Zentrum verliefen begann die Nummerierung vom Zentrum aus aufsteigend.
-) Bei Straßen die quer zum Zentrum lagen verlief die Nummerierung vom Stadtzentrum aus gesehen im Uhrzeigersinn.
-) Allgemein gilt, dass auf der linken Seite die ungeraden und auf der rechten Seite die geraden Nummern zu finden sind. Eckhäuser haben aufgrund dieser Systematik daher stets zwei Hausnummern.

Mit Beschluss des Gemeindeausschusses (= damalige Bezeichnung des Gemeinderats) vom 13. April 1898 wurden in Mistelbach Straßenbezeichnungen und „ein Orientierungsnummernsystem nach Wiener Vorbild eingeführt“.48 Die Nummernvergabe am Hauptplatz erfolgte beginnend beim damaligen Sitz der Gemeindeverwaltung: dem alten Rathaus (heute: Erste Bank).  Unter den 1898 eingeführten Straßennamen finden sich auch einige bereits zuvor gebräuchliche Bezeichnungen, die nun offiziell festgeschrieben wurden: Oberhoferstraße (zuvor Oberhoffergasse), Kreuzgasse, Bahnstraße (Eisenbahnstraße), Kirchengasse, Neustiftgasse, Barnabitenstraße (Barnabitengasse), Wienerstraße (zuvor für die West-Ost-Achse durch die Stadt also heutige Liechtensteinstraße und Josef Dunkl-Straße, später nur mehr für letztere) und Waldstraße.

Mit der Anfertigung der ersten Straßenschilder wurde der Mistelbacher Malermeister Ferdinand Zajic beauftragt, der sich bezüglich der Gestaltung der Schilder exakt an das Wiener Original hielt. Während sich in der Wiener Innenstadt noch heute häufig weiße Straßenschilder mit roter Beschriftung, finden sich in Mistelbach nur mehr vereinzelt Straßenschilder im ursprünglichen Design.

Das Wiener Vorbild ...Das Wiener Vorbild …

... und eines der Mistelbacher Straßenschilder in Originalform mit entsprechender Patina ...… und eines der Mistelbacher Straßenschilder im Originalformat mit entsprechender Patina …

... bzw. in renoviertem, aber nicht ganz originalgetreuem (ursprüngliche Schriftfarbe rot) Erscheinungsbild… bzw. in renoviertem, aber nicht ganz originalgetreuem (ursprüngliche Schriftfarbe rot) Erscheinungsbild

Hausnummernschild in der ursprünglichen 1898 eingeführten FormHausnummernschild in der ursprünglichen 1898 eingeführten Form, jedoch mit anderer Schriftfarbe bzw. Umrandung

Bei diesem etwas kompakteren Straßenschild könnte es sich um die zweite Generation von in Mistelbach verwendeten Straßenschildern handeln. Bei den Hausschildern dürfte es keine Änderung gegeben haben.Bei diesem etwas kompakteren Straßenschild könnte es sich um die zweite Generation von in Mistelbach verwendeten Straßenschildern handeln. Bei den Hausschildern dürfte es keine Änderung gegeben haben.

Später – vermutlich Ende der 1920er bzw. in den 1930er Jahren – wurden Emailschilder mit weißer Schrift auf blauem Grund verwendet, mit teils wechselnder Schrifttype. Erneut folgte man hier dem Beispiel der Stadt Wien, die die blauen Emailschilder im Jahre 1923 einführte.

Vermutlich die erste Version blau-weiße Emailschilder samt einem HausnummernschildVermutlich die erste Version blau-weiße Emailschilder samt einem Hausnummernschild

Geringfügig andere Schriftversion der blau-weißen Schilder - vermutlich aus der Zeit vor 1950Geringfügig andere Schriftversion der blau-weißen Schilder – vermutlich aus der Zeit vor 1950

Email-Hausschild mit alter Schriftart

Straßenschilder in der Ausführung wie sie in den 1970er Jahre in Verwendung warenStraßenschilder in der Ausführung wie sie in den 1970er Jahre in Verwendung waren

 

Straßenschild mit der in den 1980er bzw. 1990er Jahren üblichen Schriftart, die sich abermals am Stil der Hauptstadt orientierte.

Im Vergleich zum oben befindlichen Schild des Hauses Wiedenstraße 10 – die letzte Generation der blauen Email-Hausschilder

Ab dem Sommer 1996 wurden die alten Straßenschilder schrittweise durch neue Schilder in den Stadtfarben – also gelbe Schrift auf grünem Grund – eingeführt. Die Initiative zur Neugestaltung und die Idee auf Straßenschildern auch Informationen zu den „Namenspaten“ anzubringen, stammte von HAK-Prof. Mag. Franz Bacher.49 Glücklicherweise wurde der Austausch nicht konsequent sondern eher anlassbezogen betrieben, sodass sich im Straßenbild die oben dargestellte Vielfalt zeigt und die Entwicklung der Straßenschilder für den aufmerksamen Beobachter nachvollziehbar ist.

Das 1996 eingeführte und bis heute gültige Design der Straßenschilder in den StadtfarbenDas 1996 eingeführte und bis heute gültige Design der Straßenschilder in den Stadtfarben

Ein Hausnummerschild im seit 1996 gebräuchlichen DesignEin Hausnummernschild im seit 1996 gebräuchlichen Design

Abschließend noch ein paar Informationen zur Benennungspraxis in Mistelbach und wie sich Straßennamen und deren Wahrnehmung im Laufe der Zeit verändern. Ganz grundsätzlich gilt es festzuhalten, dass die Benennung von Straßen oder Plätzen nach Personen ein vergleichsweise junges Phänomen ist, das erst Ende des 19. Jahrhunderts langsam begann. In diesem Zusammenhang ist es erstaunlich, dass bereits 1884 – also 14 Jahre vor der Einführung offizieller Straßennamen – die heutige Oberhoferstraße bereits als „Oberhoffergasse“ erwähnt wird.50 Es handelt sich damit um den ältesten Beleg für einen personenbezogenen Straßennamen in Mistelbach, mit dem an die Verdienste des Mistelbacher Marktrichters Paul Oberhoffer im Streit mit dem Fürsten Liechtenstein um den Mistelbacher Gemeindewald erinnern werden sollte. Seit wann diese Bezeichnung üblich war, lässt sich leider nicht nachvollziehen.

Für gewöhnlich werden Verkehrsflächen nur nach bereits verstorbenen Personen benannt. In vielen Städten (zB Wien) gibt es sogar eine Frist die verstreichen muss, ehe eine Straße nach einer verstorbenen Persönlichkeit benannt werden darf. Eine derartige Frist scheint es für Mistelbach nicht explizit zu geben. Zur Zeit der Einführung der Straßennamen bzw. in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts gibt es auch Beispiele für Personen, die noch zu Lebzeiten als Namenspaten für Straßen oder Gassen herangezogen wurden: Ernst Oser (1898), Josef Mitscha Ritter von Märheim (1898), Karl Fitzka (1913), Josef Dunkl (1936) und zuletzt und glücklicherweise nur zeitweilig Adolf Hitler (1938).

Natürlich waren Straßennamen oftmals auch Spielball der Politik bzw. Mittel der Propaganda: Der Hauptplatz wurde etwa nach der Ermordung des diktatorisch regierenden Bundeskanzlers Engelbert Dollfuß im Juli 1934 in Dollfußplatz umbenannt.51 Nach dem sogenannten „Anschluss“ im März 1938 wurde der den Nazis verhasste Name Dollfuß natürlich sofort aus dem Bild der Öffentlichkeit entfernt und aus dem Dollfußplatz wurde der Adolf Hitler-Platz.52 Es folgten weitere Umbenennungen durch die NS-Stadtregierung: aus der Liechtensteinstraße wurde die „Sudetendeutschen Straße“, aus der (Kaiser) Franz Josef-Straße die „Wilhelm-Gustloff-Straße„, aus der Weimarergasse die „(Ernst) vom Rath-Straße“ und aus der Gspanngasse (damals Quergasse) die „Adalbert Schwarz-Gasse“. Nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes erhielt der Hauptplatz wieder seinen ursprünglichen Namen aus der Zeit vor 1934 und auch die sonstigen Straßenbenennungen wurden rückgängig gemacht. Außerdem erhielt die bereits 1928 nach einem der geistigen Väter der deutschnationalen Bewegung, Friedrich Ludwig Jahn, benannte „Jahngasse“ wieder ihren ursprünglichen Namen „Alleegasse“. Allerdings hinterließ auch die in den ersten Nachkriegsjahren bestehende, von der sowjetischen Besatzungsmacht stark beeinflusste, SPÖ-KPÖ-Stadtregierung ideologische Spuren im Straßenbild: aus der Franz Josef-Straße wurde die „Straße des 12. Februar“ und die Mitschastraße erhielt den Namen „Straße der Roten Armee“. 1955, nach dem Abzug der Besatzungstruppen, erhielten schließlich auch diese beiden Straßen wieder ihre ursprünglichen Namen zurück, wobei bei der Franz Josef-Straße der Herrschertitel wegfiel.

Auch in jüngster Zeit sorgen Straßennamen für zum Teil kontroverse Diskussionen und ab den 2010er Jahren begann auch in Mistelbach die Auseinandersetzung mit historisch belasteten Straßennamen. Die Frättingsdorfer Bevölkerung sprach sich 2012 im Rahmen einer Abstimmung betreffend die Anton Haas-Straße – Oberlehrer Anton Haas war bereits seit Anfang der 1930er Jahre Nationalsozialist – mit klarer Mehrheit gegen eine Umbenennung aus. Nach langem Ringen wurden schließlich 2021 die Straßenschilder der Anton Haas-Straße in Frättingsdorf, sowie jene der Kernstockgasse und des Conrad von Hötzendorf-Platzes in Mistelbach um erläuternde Zusatztafeln ergänzt. Auf diesen Tafeln finden sich einordnende, von einem vom Gemeinderat eingesetzten, und aus Laien bestehenden „historischen Beirat“ ausgearbeitete Texte. Zwei Jahre nach Anbringung der Tafeln wurde der Conrad von Hötzendorf-Platzes schließlich in Europaplatz umbenannt.

Die erläuternde Zusatztafel am Conrad (von) Hötzendorfplatz war nur zwei Jahre im Einsatz - ehe der Platz 2023 in Europaplatz umbenannt wurdeDie erläuternde Zusatztafel am Conrad (von) Hötzendorfplatz war nur zwei Jahre im Einsatz – ehe der Platz 2023 in Europaplatz umbenannt wurde

Erste Spuren thematischer Benennungen von Verkehrsflächen ganzer Siedlungen finden sich bereits in den 1920er Jahren in der ehemaligen Flüchtlingsstation – der sogenannten Südtirolersiedlung – in der einige benachbarte Straßenzüge nach Dichtern (Schiller, Goethe, Rosegger) benannt wurden.
Ende der 1970er Jahre wurden in der Siedlung am Altenberg in Lanzendorf die Straßen nach Dichtern benannt und in der Hofäckersiedlung in Ebendorf nach Komponisten. Ab den 2000er Jahren wurden themenbezogene Benennungen wieder aufgegriffen und in den beiden Seepark-Siedlungen wurden für die Straßen Namen rund ums Wasser bzw. Wassertiere gewählt und im Siedlungsgebiet um den sowjetischen Soldatenfriedhof sind die Straßen nach Ehrenbürgern der Stadt benannt. Jüngstes Beispiel ist die Siedlung am Nordrand der Straße – an der Straße Richtung Siebenhirten – deren Straßennamen Bezüge zur Astronomie aufweisen.

In den Katastralgemeinden wurde vorerst das System der auf den Konskriptionsnummern basierenden Orientierungsnummern als Adressbezeichnung bis in die jüngste Vergangenheit beibehalten. Doch natürlich gab es auch in diesen Orten informelle Straßenbezeichnungen, die später zum Teil offiziell eingeführt wurden.
Nachfolgend ein chronologische Auflistung der Jahre in denen die Einführung der Straßenbezeichnungen für die einzelnen Katastralgemeinden beschlossen wurde:
1979: Lanzendorf und Ebendorf53
1983: Eibesthal54
1998: Paasdorf55
2001: Siebenhirten56
2002: Frättingsdorf und Hörersdorf57, Hüttendorf58
2004: Kettlasbrunn59

Zum Teil kam es bei der Umsetzung dieser Beschlüsse, also bis die neuen Straßenschilder und Hausnummern tatsächlich angebracht wurden zu Verzögerungen.

Bildnachweis:
-) Wiedenstraße 1938: Göstl-Archiv
-) sämtliche anderen Bilder: Thomas Kruspel 2019-2023

Quellen:

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Herkunft und Bedeutung der Ortsnamen der Großgemeinde Mistelbach

Die Etymologie, eine Teildisziplin der historischen Sprachwissenschaften, befasst sich mit der Herkunft und historischen Bedeutung von Wörtern. Neben Gewässer- und Flurnamen zählen Ortsnamen zu den ältesten Zeugnissen, die uns überliefert sind und sie erlauben oftmals Einblicke in die Zeit der Gründung der Orte bzw. gewähren Rückschlüsse auf die Namen der Gründer. In den erhalten gebliebenen Urkunden werden Orte frühestens einige Jahrzehnte bzw. oftmals Jahrhunderte nach ihrer Gründung – in unserer Gegend in der Regel im 11.-12. Jahrhundert – erstmalig erwähnt. Zum Teil ermöglichen die Namen auch einen Blick in die Zeit vor der deutschen Besiedlung, weil topografische Bezeichnungen teilweise auch von zuvor hier ansässigen Völkern übernommen wurden. Durch sprachliche Veränderungen (zB Lautverschiebungen), vor allem aber auch durch Änderungen in der Bedeutung von Wörtern, erschließt sich die ursprüngliche Bedeutung der Ortsnamen in der Regel nur den Experten. Hinzu kommt, dass im es im Laufe der Jahrhunderte teilweise auch zu Fehlern in der Schreibweise der Orte kam, die sich dann später eingebürgert und den eigentlichen Namen verfälscht haben. Tatsächlich ist es so, dass gerade vermeintlich einfach interpretierbare Ortsnamen eine völlig andere Bedeutung aufweisen, als es auf den ersten Blick scheint.

Zu diesen oben erwähnten Experten zählen die beiden Sprachwissenschaftler Dr. Heinrich Weigl und Dr. Elisabeth Schuster, die sich große Verdienste bei der Erforschung der niederösterreichischen Ortsnamen erworben haben. Dr. Weigl muss zweifellos als der Pionier der Ortsnamensforschung in Niederösterreich bezeichnet werden und begann seine Forschungstätigkeit bereits in den 1920er Jahren. Sein in den 1960er Jahren vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich herausgegebenes „Historisches Ortsnamenbuch“ ist das erste Standardwerk in diesem Bereich, und rund ein Vierteljahrhundert später folgte die „Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen“ von Frau Dr. Schuster, die ebenfalls vom Verein für Landeskunde veröffentlicht wurde. Auf die Werke dieser beiden Forscher stützt sich der nachfolgende Beitrag, wobei auch veraltete Deutungen angeführt werden, um die Entwicklung bzw. die Änderung bei der Deutung von Ortsnamen zu dokumentieren.

 

Ebendorf

Um 1140/50 findet sich die erste urkundliche Erwähnung als Beiname “de Ebendorf” (=von Ebendorf) und im 12.-15. Jahrhundert sind keine substantiell davon abweichenden Schreibweisen überliefert.

In der 1834 veröffentlichten Topographie von Franz Xaver Schweickhardt schreibt dieser, dass sich der Ortsname schlicht von “ebenes Dorf” herleitet. Aufgrund der Lage des Orts am Fuße eines Hügels wurde diese Theorie von der Forschung jedoch bereits vor langer Zeit als unwahrscheinlich verworfen.60

Die Deutung, dass sich der Ortsname von dem deutschen Personennamen „Ebo“ ableitet, findet sich bereits in den 1950er bzw. 1960er Jahren von Dr. Heinrich Weigl verfassten Publikationen.61 Den aktuellen Forschungsstand betreffend die Bedeutung des Ortsnamens fasste Dr. Elisabeth Schuster 1989 wie folgt zusammen: “beim Dorf, das nach einem Mann mit dem althochdeutschen Namen “Abo” bzw. “Ëbo” benannt ist. Im Genitiv ergibt sich dann unter Anfügung von Dorf: Abin(dorf) oder Ebin(dorf). Aufgrund der ähnlichen Lautung kann der Name nicht eindeutig bestimmt werden.“62

 

Eibesthal

Die erste urkundliche Erwähnung findet sich um 1120/30 als Beiname “de Iwanestale” (= von Iwanestale) und die Schreibweise änderte sich im Laufe der Jahrhunderte wie nachfolgende Tabelle zeigt.

ca. 1130 de Iwanestale, de Hiwanestale
1170/80 de Iwanstal
1230 de Eiwanstal
1250/60 de Ibanstal
1303 de Eybenstal
1324 Eybenstall
1354 Eybeinstal (Ober bzw. Nieder für Ober- und Unterort)
1385 Obern Eybestal
1391 Eybastal
2. Hälfte 14. Jhdt. Eybenstal
1414 Eywa(n)stal
1429 Eibestal
1437 Eybestal
1541 Eybestal

Der Pädagoge Moritz Alois Ritter von Becker, zählte zu den Gründern des Vereins für Landeskunde von Niederösterreich. Er beteiligte sich an dem von diesem Verein über Jahrzehnte hinweg geschaffenen Mammutprojekt – der Herausgabe einer Topographie von Niederösterreich, zu der er zahlreiche Artikel beisteuerte. Auch der Beitrag zu Eibesthal stammt aus seiner Feder und bezüglich der Herkunft des Ortsnamens merkt Becker folgendes an: „Der Name des Ortes, vom Bach genommen, weiset in der ältesten Schreibung iwanestale auf das althochdeutsche „iwa“=Eibe zurück, oder wenn man die zähe Beharrlichkeit der Bachnamen nach der bestehenden Analogien will gelten lassen, auf das gleichbedeutende keltische (kymrische) „ywen“, welches von den in diesem Teile des Landes nachweisbaren keltischen Bewohnern stammend, durch die nachrückenden Slaven, sowie später durch die colonisierenden Deutschen assimiliert worden wäre.“63 Diese im Jahre 1885 veröffentliche Deutung (Herleitung vom keltischen Ywen) wurde vier Jahre später vom Gründer bzw. Herausgeber des „Bote aus Mistelbach“ Bürgerschuldirektor Josef Glier in dessen Heimatkunde für den Bezirk Mistelbach – einer der ersten heimatkundlichen Publikationen unserer Gegend – übernommen.64

Der Deutung von Dr. Heinrich Weigl, dass der Ortsname seinen Ursprung hingegen tatsächlich im slawischen Personennamen Iwan (Ivan) hat65, schloss sich auch Dr. Elisabeth Schuster mit der folgenden Interpretation an: “beim Tal, das nach einem Mann mit dem Namen “Iwan” benannt ist. Genitiv des althochdeutschen Personennamens Iwan bzw. des slawischen Namens Ivan mit Tal.“66

 

Frättingsdorf

Erste urkundliche Erwähnung: ca. 1150/60 als Frategesdorf

ca. 1150/60 Frategesdorf
1196/1216 de Fratiginnesdorf
1242 Vretgoinstorf, Vratigeinstorf
1260/80 Vratkeinstorf, Vraetkeinstorf
1271 Vraekeinsdorf
1280 Vratheinsdorf
1283 Fratigensdorf
1308 Fratigeinstorf
1340 Fratigntorf
1351 Fratigesdorf
1353 Fratigesdorf
1380 Fratigesdorf
1431 Fratigersdorf bey Stecz (Staatz)
1455 Frëtigestorf
1512 Fratigesdorf
1590 Fraidigerstorff

Dr. Weigl legte in seinen Publikationen aus den 1950er bzw. 1960er Jahren bereits die Ableitung des Ortsnamens vom slawischen Personennamen „Vrategoj“ dar.67

Dr. Schuster sieht die Möglichkeit einer Übertragung des Ortsnamens von der ebenfalls zur Herrschaft Pernegg gehörigen südmährischen Ortschaft Fratting (tschech. Vratěnin) und führt zur Bedeutung folgendes aus: “Dorf, das nach einem Mann mit dem Namen “Bratigoj” benannt ist. Der Name setzt sich also zusammen aus der Genitiv Form des Namens Bratigoj mit der Endung Dorf zusammen. Das das slawische „b“ mit einem „v“ eingedeutscht wurde und der Umlaut des Stammvokals sprechen für eine althochdeutsche Entlehnung.“[/efn_note]Schuster, Elisabeth: Die Etymologie der niederösterreichischen Ortsnamen, 2. Teil Ortsnamen F bis M (1990), S. 50[/efn_note]

 

Hörersdorf

Die erste urkundliche Erwähnung  ist für das Jahr 1120/30 als Herolesdorf überliefert.

1120/30 Herolesdorf
1140/50 Heroltstorf
1258 Heroltsdorf
1294 Heroltsdorf
1303/06 Heroltsdorf
2. Hälfte 14. Jhdt. Heresdorf
1590 Hererßdorff

Franz Xaver Schweickhardt schreibt in seiner Topographie aus dem Jahre 1834 zum Ursprung des Namens folgendes: „Der frühere Name Herolesdorf ist von seinem Erbauer Herold oder Heroles abgenommen, dagegen aber die jetzige Benennung als Hörersdorf ohne allen Grund und Sinn verunstaltet worden.“68

Mit dieser Interpretation lag Schweickhardt laut Dr. Heinrich Weigl richtig, der den Ortnamen vom deutschen Personennamen Herold abgeleitet sah.69

Dr. Elisabeth Schuster fasst die Bedeutung des Namens und den Wandel zu seiner heutigen Form wie folgt zusammen: “Dorf, das nach einem Mann mit dem Namen Herol(t) benannt ist. Der Ortsname setzt sich also aus der Genitivform des althochdeutschen Personennamens Herolt und der Endung -dorf zusammen. Aus dem mundartlichen Gleichklang „er“ und „ör“ entwickelte sich die heute gebräuchliche Schreibweise mit „ö““70

 

Hüttendorf

Die erste urkundliche Erwähnung findet sich für das Jahr 1136 als „predia Hittindorf“. Die erste Erwähnung von Hüttendorf erfolgte also nicht als Beiname einer Person, sondern in Zusammenhang mit dem Wort „predia“, das Anwesen/Besitzungen in Form von Höfen bzw. Dörfern bezeichnete.

vor 1136 Hittindorf
1234 de Hittendorf
1266 Hitendorf
1269 Hittendorf
1288 Hitendorf
1311 Hytendorf
1314 Hippendorf
1324 (Ober, Nider) Hikkendorf
1338 (Nydern) Hittendorf
1369 (Obern, Nidern) Hittendorf
1449 (Ober) Hitndorf
1466 Hykndarf
1590 Hüttendorf

Schweickhardt schreibt in seiner in den 1830er Jahren erschienenen Topografie zum Ursprung des Ortsnamens: „Der Name bezeichnet schon an sich selbst, daß anfangs nur einige Hütten da standen, die dann zu einem Dorfe anwuchsen.“71

Schweickhardts vereinfachende Deutung wurde von Dr. Heinrich Weigl widerlegt, der in seinen Publikationen einen Zusammenhang zu dem deutschen Personennamen „Hitto“ aufzeigt.72

Dr. Schuster führt zur Bedeutung des Namens im Jahre 1990 folgendes aus: “Dorf, das nach einem Mann mit dem Namen Hitto benannt ist. Genitiv des althochdeutschen Personennamens Hitto und -dorf; wie oben angeführt (Siehe Tabelle) kam es im Laufe der Zeit mehrfach zu Konsonantenwechseln, auch die Änderung des Vokals auf „ü“ dürfte durch eine falsche Verschriftlichung zugrundeliegen (sic!) (Anm.: begründet sein)73

 

Kettlasbrunn

Die älteste überlieferte urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahre 1280 und lautet „Chottinsprunne“ und in den folgenden Jahrhunderte wandelte sich der Name wie folgt:

1280 Chottinsprunne
1284 Chotensprunne
1294 Chotensprunne
1303 Chotesprunne
1359 Chötesprunne
1395 Chotasbrunn
2. Hälfte 14. Jhdt Chotensprunne
1429 Gottesprunn
1453 Kottesprunn
1592 Kettlesbrunn
1596 Khöttlesprunn

Dr. Heinrich Weigl sieht den Ursprung des Ortsnamens im slawischen Personennamen „Chotej“.74 Ähnlich die Deutung von Dr. Elisabeth Schuster gemäß der es sich um eine „flektierte Form des slawischen Personennamens Chotěnʒ, dessen Endung in Verniedlichungsform “-in(s)” über “-lein(s)” zu “-la(s)” abgeschwächt wurde“ handelt.75

 

Lanzendorf

Die älteste urkundliche Erwähnung als Beiname „de Lanzendorf“ (=von Lanzendorf) findet sich 1141/74

1141/74 de Lanzendorf
1156 de Lanzendorf
1322 Lantzendorf
1344 Lantzendorf
1376 Lanczendorff
1400 Lantzendorf
1509 Lanzendorf

Schweickhardt schreibt in 1834 in seiner Topografie: „Lanzendorf ist ein alter Ort, und scheint von den Herren von Lanzendorf, welche ihren Sitz in dem Dorfe gleiches Namens im Viertel unter dem Wienerwald gehabt haben, gegründet worden zu seyn und auch den Namen erhalten zu haben, …“76

Tatsächlich dürfte der Name von einem anderen Ort namens Lanzendorf übertragen worden zu sein, allerdings wohl nicht wie von Schweickhardt vermutet von dem bei Schwechat gelegenen Lanzendorf, sondern sowohl „unser“ Lanzendorf, als auch das Lanzendorf bei Schwechat dürften ihren Namen von Lanzendorf bei Böheimkirchen erhalten haben.

Der Ursprung des Ortsnamens steht in Zusammenhang mit dem deutschen Personennamen Lanzo, wie bereits Dr. Weigl feststellte.77

Dr. Schuster fasst die Bedeutung des Namens unter Verweis auf den Eintrag zu Lanzendorf (bei Böheimkirchen) wie folgt zusammen: „Dorf, das nach einem Mann mit dem Namen ‚Lanzo‘ benannt ist; Genitiv des althochdeutschen Personennamens Lanzo mit -dorf“78

 

Mistelbach

älteste urkundliche Erwähnung 1125/1130 als Beiname „de Mistelbach“ bzw. „de Mistelpach“; zwar änderte sich im Laufe der Jahrhunderte auch gelegentlich die Schreibweise des Ortnamens geringfügig, aber nie in einer die Bedeutung des Namens verändernden Art und Weise.

Laut Dr. Heinrich Weigl: „Benannt nach einem Bach an dem Misteln wachsen.“79 Auch Dr. Elisabeth Schuster hat dieser Deutung nichts weiteres hinzuzufügen.80 Bei allen bisher im Rahmen dieses Beitrags behandelten Ortsnamen wurden die Orte nach Personen benannt. Mangels anderer Anhaltspunkte gehen die Experten im Falle Mistelbachs offenbar davon aus, dass sich der Ortsname aus den natürlichen Gegebenheiten ableitete und dieser später von dem hier ansässig gewordenen Adelsgeschlecht angenommen wurde.

Könnte nicht ein Zusammenhang zu anderen Orten namens Mistelbach bestehen?

Namensübertragungen aus der Herkunftsregion der Siedler sind grundsätzlich durchaus üblich, aber im Raum Mistelbach eher die Ausnahme. Zwar existiert ein Mistelbach auch bei Bayreuth in Oberfranken, aber ein Zusammenhang zwischen dem sich dort ebenfalls Mistelbach nennenden Adelsgeschlecht und den hiesigen Herren von Mistelbach konnte bislang nicht hergestellt werden. Hierbei gilt es festzuhalten, dass das oberfränkische Mistelbach urkundlich erstmals 1125 erwähnt wird und das dort ansässige Reichsrittergeschlecht gar erst 1325 – also zu einer Zeit als die Herren von Mistelbach bereits ihrem Ende zugingen. Prof. Mitscha-Märheim der sich intensiv mit den Herren von Mistelbach und auch deren Herkunft befasst hat, schließt einen Zusammenhang mit dem fränkischen Geschlecht aus. Aufgrund des Namens des ersten überlieferten Herren von Mistelbach “Erlwin” vermutet er eine schwäbische Herkunft der Mistelbacher, da dieser Name in Franken zur damaligen Zeit nicht gebräuchlich war, in Schwaben hingegen schon.81

Das Waldviertler Mistelbach (Gemeinde Großschönau – nahe Weitra) wurde übrigens nach dem Weinviertler Mistelbach benannt und verdankt seinen Namen der Tatsache, dass eine der Töchter aus dem Geschlecht der jüngeren Herren von Mistelbach names Ofemia einen Kuenringer heiratete und offenbar als Geschenk an sie benannte er einen neu gegründeten Ort in seinem Herrschaftsgebiet nach ihrer Heimat.

An der Zaya oder ohne?

Mit Entscheidung des Landeshauptmannes des Gaus Niederdonau wurde am 21. August 1939 der Name der Stadt von „Mistelbach“ auf “Mistelbach an der Zaya” abgeändert. Die Änderung erfolgte auf Antrag der Reichspostdirektion Wien und sollte wohl Verwechslungen mit dem reichsdeutschen bzw. dem Waldviertler Mistelbach verhindern.82

Rund 34 Jahre später am 14. November 1973 wurde mit Gemeinderatsbeschluss der Ortsname von „Mistelbach an der Zaya“ auf „Mistelbach“ (zurück)geändert.84

 

Paasdorf

älteste urkundliche Erwähnung 1136 als Beiname „de Pabistorf“ (= von Pabistorf)

1136 de Pabistorf
1150 de Pabestorf
1250 Paebestorf
1294 Baebsdorf
1298 de Pabstorf
1302/22 Peisdorf
1314 Peysdorf
1328 Paestorf
1335 Perstorf
1341 Peystorf
1349 Paestorf
1351 Pestarf
1368 Pevstorff
1390 Pêstorf
1400 Pêstarff
1404 Pestorff
1492 Pasdorf
1521 Pasdorf

Der Mittelschulprofessor und spätere Universitätslektor für (Geschichts-)Didaktik Dr. Franz Heilsberg leitet in seinem 1914 in der Topographie des Vereins für Landeskunde erschienen Beitrag zu Paasdorf das überlieferte altmittelhochdeutsche „pabisdorf“ oder „pabesdorf“ von der spätalthochdeutschen Grundform babsic-dorf bzw. babsesc-dorf ab. Seinen weiteren Ausführungen ist dann eher schwer zu folgen und deren Qualität für Laien nicht zu beurteilen: „Dies babisc oder babesc ist mittels des Abstammung oder Herkunft anzeigenden Suffixes -iske gebildet, von dem als Verwandtschaftsnamen verwendeten Kindeswort babo, pabo, dessen Erhebung zum Mannesnamen uns hier nichts angeht. Die Erleichterung von „-isc, -esc“ zu „-is, -es“ ist eine in solchen Namenbildungen nicht seltene Erscheinung. Die Bedeutung von pabisdorf, pabesdorf geht auf das Nachbarliche, Trauliche, und hat ihre Parallelen in Bruderndorf, Bullendorf, Mamau (“Buhli” und “Muhmi”) usw.“85 Diese Interpretation, die zweifellos den nachfolgenden Sprachwissenschaftlern bekannt war, wurde von diesen nicht aufgegriffen.

Dr. Heinrich Weigl sieht einen nicht sicher deutbaren Personennamen „Pab“ als Ursprung des Ortsnamens.86

Dr. Elisabeth Schuster vermutet die Ableitung von einem slawischen Personennamen (zB tschechisch Pabeš). Eine Herleitung von „Pabes“ = mittelhochdeutsch-bairisch für Papst (also für einen hohen kirchlichen Würdenträger) wird von ihr in Anbetracht des Umlautes hingegen  als unwahrscheinlich qualifiziert.87

 

Siebenhirten

Erstmalig urkundlich um ca. 1140/50 als Beiname „de Subinhirtin“ (von Subinhirtin) erwähnt, findet sich der Name in den folgenden Jahrhunderten in unterschiedlichen Schreibweisen überliefert.

ca 1140/50 de Subinhirtin
1178 de Svbinhirti
1209 de Sibenhirten
1231 de Sibinhirte
1303 Sibinhirten
1304 von Sibenhierten
1312 der Sibenhiert(t)er
1316 der Subenhierter
1370 von Sibenhirten
1387 Subenhirten
1403 Sibenhirtten
1455 Sybenhirten

Wie mit allen Aspekten der Geschichte seines Heimatorts beschäftigte sich Prälat Franz Stubenvoll in seiner Ortschronik auch intensiv mit allen Theorien zur Bedeutung des Ortsnamens88:

In der Pfarrchronik findet sich eine Vermutung zur Herkunft des Namens und zwar, dass sich die Zahl „Sieben“ von den sieben Grundherrschaften, die einst Besitzungen und Untertanen in Siebenhirten besaßen, herleitet. Ein Gemälde aus dem Jahr 1716, dass den heiligen Rochus zeigte und bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in der Siebenhirtner Kirche hing, zeigte unter dem Namenspatron der Kirche, sieben Hirten, die sich um eine Hütte scharten. Die Anzahl der Grundherrschaften war im Laufe der Jahrhunderte allerdings Veränderungen unterworfen und sie mag zum Zeitpunkt der Schaffung des Gemäldes gestimmt haben, aber sicherlich nicht im Zeitpunkt der Gründung des Orts bzw. in der Zeit aus der der Name erstmals überliefert ist. Diese Herleitung in Zusammenhang mit dem Gemälde in der Kirche hielt sich hartnäckig im Volksmund.

Eine weitere Theorie zur Herleitung des Namens bezieht sich auf „Hirten des Siegbot“, denn der zweite Fall von Siegbot würde „Sieben“ oder „Siben“ lauten. Gegen diese Theorie spricht, dass die älteste Namensform allerdinsg „Subinhirti“ lautet und in der Namensforschung ist stets die älteste überlieferte Namensform am bedeutendsten, da sich die Schreibweise von Namen im Laufe der Jahre veränderte und die älteste überlieferte Form somit dem ursprünglichen Namen am nächsten ist.

Prälat Stubenvoll führt dann auch noch die Deutung des Ortsnamens aus der Topographie von Schweickhardt im Beitrag zu jenem Siebenhirten an, das heute Teil des 23. Wiener Gemeindebezirks ist: „Gewiss bestand die erste Ansiedlung auf dieser Stelle durch sieben Hirten, die hier ihre Hütten aufschlugen, da die große Fläche, welche sich ringsum ausbreitet, gute Weideplätze für ihre Herden enthielt, daher der alte und unverändert gebliebene Name.“89 In diesem Zusammenhang verweist Stubenvoll darauf, dass diese Deutung offensichtlich in Unkenntnis der ältesten Schreibweise „Subinhirti“ erfolgte und diese damit wohl unzutreffend sei. Dieser Einwand scheint nur bedingt zulässig, weil Stubenvoll hier die Deutung des einen Ortsnamens mit der Schreibweise eines anderen Ortes gleichen Namens vergleicht. Schweickhardt weist darauf hin, dass sich der Name des Weinviertler Siebenhirten vermutlich von der gleichnamigen südlich von Wien ansässigen Adelsfamilie ableitet.90 Während Stubenvoll diese These bei seiner Abhandlung zur Bedeutung des Ortsnamens anführt, bezeichnet er die von Schweickhardt angedeutete Verbindung zum Liesinger Siebenhirten im Zuge der im zweiten Teil des ersten Bandes behandelten Geschichte der Grundherrschaft in seinem Heimatort als Irrtum.91

Dr. Weigl schreibt recht kryptisch, dass der Name verständlich sei, und es sich seiner Auffassung also tatsächlich um Hirten handle. Außerdem habe die Zahl sieben in früherer Zeit eine uns heute nicht mehr erkennbare magische Bedeutung gehabt.92

Dr. Elisabeth Schuster hält sich im 1994 erschienen Teilband ihrer Abhandlung zu den niederösterreichischen Ortsnamen betreffend Siebenhirten kurz und vermerkt zur Bedeutung lediglich:  „(Siedlung) bei den sieben Hirten“93

Quellen:

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Mistelbach in der Zeitung – Teil 3 (1923 -1942)

Bundeskanzler Seipel in Mistelbach – 1923

Der Nationalratswahlkampf des Jahres 1923 führte Bundeskanzler Dr. Ignaz Seipel nach Mistelbach, wo er am Nachmittag des 12. Oktober auf dem Hauptplatz im Rahmen einer Wählerversammlung eine Ansprache hielt. Ursprünglich gar nicht als Freiluftveranstaltung geplant, musste die Veranstaltung aufgrund des großen Massenandrangs auf den Hauptplatz verlegt werden. Landeshauptmann Buresch und Nationalratsabgeordneter Wollek begleiteten den Kanzler bei seiner Werbetour durch das Weinviertel und hielten gleichfalls Ansprachen. Den Besuch des Kanzlers hielt der Mistelbacher Fotograf Josef Plaschil fotografisch fest und das Bild zierte wenig später die Titelseite der illustrierten Zeitung “Wiener Bilder”. Da Plaschil die von ihm angefertigten Fotos auch dem Bundeskanzler zugesandt hatte, erhielt er ein handschriftliches Dankschreiben des Kanzlers.

Bundeskanzler Dr. Seipel bei einer Ansprache vor der Dreifaltigkeitssäule

Foto: Josef Plaschil, Mistelbach
Wiener Bilder, 21. Oktober 1923 (28. Jg. – Nr. 42), S. 1 (ONB: ANNO)
Mistelbacher Bote, Nr. 42/1923, S. 2 (ONB: ANNO)
Mistelbacher Bote, Nr. 47/1923, S. 2 (ONB: ANNO)

Die Geschwister Nissler – „der dicke Toni & die dicke Wetti“

1924 berichtet das Interessante Blatt erstmals von einem Riesenkind aus Ladendorf. Das damals drei Jahre und drei Monate alte, als blondlockig und blauäugig beschriebene, „Riesenbuberl“ wog bei einer Größe von 110 Zentimetern stolze 56 Kilogramm. Weitere Daten: Taillenumfang: 140 cm, Kopfweite: 64 cm und Schenkelumfang 70 cm. Zwar wird in diesem ersten Bericht nicht der Name des Kindes genannt, doch handelt es sich zweifellos um Anton Nissler jun. (auch Nißler), den 1921 in Ladendorf geborenen Sohn eines Hüttendorfer Gastwirts und einer Ladendorfer Landwirtstochter.83 Bei seiner Geburt wog er 4,8 kg, sechs Monate später bereits 12 kg und mit einem Jahr unglaubliche 24 kg – dieses Gewicht entspricht jenem eines 8-jährigen Buben. Die Eltern (ebenso wie vier später geborene Geschwister) waren körperlich unauffällig, doch auch eine damals erst etwas mehr als ein Jahr alte Tochter der Familie zeigte bereits deutliche Anlagen zum „Riesenwuchs“. Aufgrund seiner gewaltigen Ausmaße war Anton Nissler jun. in Feigls Weltschau, einem Kuriositätenkabinett im Wiener Prater, zu sehen.

Das interessante Blatt, 22. Mai 1924, S. 4 (ONB-ANNO)

Nachdem der Vater Mitte der Zwanzigerjahre das Gasthaus in Pellendorf übernommen hatte, lesen wir in den Jahren 1926 bzw. 1927 erneut von den „Riesenkindern aus Pellendorf“ und es bestätigte sich, dass auch die 1923 in Hüttendorf geborene Tochter Barbara („Wetti“) in Sachen Körperbau ganz nach der Art ihres Bruders geriet. In den entbehrungsreichen Zwanzigerjahren lockten die beiden unglaublich korpulenten Kinder zahlreiche Besucher in das Gasthaus der Familie.

Anton Nissler  im Jahr 1926: 5 Jahre und 4 Monate alt, 120 cm, 73 kgAnton Nissler  im Jahr 1926: 5 Jahre und 4 Monate alt, 120 cm, 73 kg

Barbara "Wetti" Nissler im Jahr 1926: 2 Jahre und 6 Monate alt, 90 cm, 38 kgBarbara „Wetti“ Nissler im Jahr 1926: 2 Jahre und 6 Monate alt, 90 cm, 38 kg

Die Geschwister Nissler 1927: Toni (links) 6 Jahre und 7 Monate alt, 86 kg und Wetti (rechts) 3 Jahre und 10 Monate alt, 48,5 kgDie Geschwister Nissler 1927: Toni (links) 6 Jahre und 7 Monate alt, 86 kg
und Wetti (rechts) 3 Jahre und 10 Monate alt, 48,5 kg

Wetti Nissler 1933 im Alter von 9 JahrenWetti Nissler 1933 im Alter von 9 Jahren

Dass die Leibesfülle der beiden im Laufe ihres Lebens nicht abnahm, überrascht wohl kaum, insbesondere da die sie wie sich später herausstellte an einer Drüsenstörung litten, die ihre Körper auf diese außergewöhnliche Größe anwachsen ließ. Anton und Wetti arbeiteten nach der Schule im Gasthaus bzw. Haushalt ihrer Eltern mit, wohnten später gemeinsam in Wien und verdingten sich unter anderem durch Teilnahme an Jahrmarkt-Tourneen im In- und Ausland. Sogar das deutsche Fernsehen interessierte sich für „den dicken Toni und die dicke Wetti“ als die die beiden auch im Weinviertel weithin bekannt waren. In einem Bericht der Weinviertler Nachrichten aus dem Jahr 1964 werden die beiden als „Schwerstes Geschwisterpaar Europas“ bezeichnet – eine Beschreibung mit der sie wohl auf ihren Tourneen warben. Wetti damals 40 Jahre, alt wog zu diesem Zeitpunkt 145 kg und maß einen Brustumfang von 140 cm. Anton damals 43 Jahre alt, wog 210 kg und maß an der Brust 190 cm und an der Hüfte 210 cm im Umfang. Um die Probleme solcher Körperfülle zu veranschaulichen wird in dem Bericht der Weinviertler Nachrichten unter anderem erwähnt, dass für einen Anzug für Anton Nissler etwa 5 Meter Stoff benötigt werden und er Hemden mit Kragenweite 55 benötigt. Anton Nissler verstarb 1981, seine Schwester Wetti im Jahre 2006 und beide ruhen auf dem Pellendorfer Friedhof.

Fotos: Josef Plaschil, Mistelbach; Foto Wetti Nissler 1933 aus dem Göstl-Archiv
Das interessante Blatt, 22. Mai 1924, S. 4 (ONB-ANNO)
Das interessante Blatt, 16. September 1926, S. 6 (ONB-ANNO)
Das interessante Blatt, 29. September 1927, S. 8 (ONB-ANNO)
Weinviertler Nachrichten, Nr. 36/1964, S. 1
(Lebensdaten & korrekte Namensschreibweise: Grabstein Familie Nissler – Friedhof Pellendorf)


Goldene Hochzeit Altbürgermeister Freund – 1927

Am 13. Februar 1927 feierte der ehemalige Landtagsabgeordnete und langjährige Bürgermeister von Mistelbach, Thomas Freund gemeinsam mit seiner Gattin Anna, das Jubiläum der goldenen Hochzeit. Zum diesem Anlass übermittelten sogar Bundespräsident Dr. Hainisch, Bundeskanzler Dr. Seipel und Landeshauptmann Buresch ihre herzlichen Glückwünsche und in Mistelbach wurde zu Ehren des Ehepaares Freund ein großer Fackelzug abgehalten.

Die Eheleute Anna und Thomas Freund 1927Die Eheleute Anna und Thomas Freund 1927

Das interessante Blatt, 24. Februar 1927, S. 8 (ONB-ANNO)


Große Weinkost bei Weinhändler Roller – 1928

Am 21. Februar 1928 fand eine große Weinkost im Kellereibetrieb des Mistelbacher Weingroßhändlers Felix Roller statt, an der laut einem Zeitungsbericht rund 600 geladene Gäste teilnahmen. Die gereichten Weine fanden großen Anklang und unter den Teilnehmern waren auch Landeshauptmann Dr. Karl Buresch und der christlich-soziale Nationalratsabgeordnete Richard Wollek. Die Aufnahme zeigt einen Teil der Gäste vor dem von den Barnabiten im 17. Jahrhundert angelegten großen Klosterkeller – dem einstmals größten Keller des Landes – den Roller bis in die 1950er Jahre gepachtet hatte.

Foto: Leopold Forstner
Das interessante Blatt, 1. März 1928, S. 6 (ONB-ANNO)


Landesverbandsschießen in Mistelbach – 1929

Von 29. Juni bis 7. Juli 1929 fand das 14. niederösterreichische Landesverbandsschießen in Mistelbach statt. Einer der Höhepunkte des umfangreichen Festprogramms war sicherlich die Weihe der neuen Fahne der Mistelbacher Schützen, die im Rahmen eines Festaktes auf dem Hauptplatz und in Anwesenheit von Landeshauptmann Buresch und zahlreicher weiterer Ehrengäste erfolgte. Wohl aufgrund eines Missverständnisses wird in den beiden Zeitungsberichten, aus denen die nachfolgenden Bilder stammen, behauptet die Mistelbacher Schützengilde habe mit der Ausrichtung dieses Fests auch ihr 200-Jahr-Jubiläum begangen. Der Zeitpunkt des Beginns des Schützenwesens in Mistelbach ist nicht überliefert, seine Anfänge reichen aber wohl jedenfalls bis in die Zeit zu Ende des 16. Jahrhunderts zurück. Tatsächlich wurde – wie im Mistelbacher Bote zu lesen ist – damals ein 200-jähriges Scheiben-Jubiläum zelebriert. Eine alte Festscheibe im Heimatmuseum Mistelbach aus dem Jahr 1829 bezieht sich auf ein hundert Jahre zuvor abgehaltenes gemeinsames Festschießen und dieses Jubiläums wurde gedacht. Durch ihren Verweis auf den Beginn des 18. Jahrhunderts stellt die Festscheibe aus dem Jahre 1829 den ältesten, überlieferten Beleg für die Existenz einer Schützenvereinigung in Mistelbach dar und möglicherweise ist selbige auch ein Hinweis für das Entstehen der einstigen Schießstätte im späteren Stadtpark. Näheres zum Schützenwesen in Mistelbach bzw. den verschiedenen Schießstätten findet sich unter dem Beitrag Schützenweg.

Fahnenweihe auf dem Hauptplatz (Foto: J. Perscheid)Fahnenweihe auf dem Hauptplatz (Foto: J. Perscheid)

 

Frl. Sklenar marschierte als "Schützenliesl" an der Spitze der Fahnenkompagnie (Foto: J. Perscheid)Frl. Sklenar marschierte als „Schützenliesl“ an der Spitze der Fahnenkompagnie (Foto: J. Perscheid)

Das Festabzeichen anlässlich des 14. niederösterreichischen Landesverbandsschießens, das im Sommer 1929 in Mistelbach abgehalten wurdeDas Festabzeichen anlässlich des 14. niederösterreichischen Landesverbandsschießens, das im Sommer 1929 in Mistelbach abgehalten wurde

Das interessante Blatt, 11. Juli 1929, S. 7 (ONB-ANNO)
Österreichische Illustrierte Zeitung, 11. August 1929, S. 5 (ONB-ANNO)
Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach (1901), S. 222


Blutat in Lanzendorf – 1930

Am 29. Oktober 1930 erschlug der Knecht Karl Maier (in der Berichterstattung auch „Meier“ od. „Mayer“ geschrieben) seine Dienstgeber, den Lanzendorfer Landwirt Karl Reuter und dessen Gattin Barbara, mit einer Reithaue. Er war erst wenige Wochen in Lanzendorf und der Tat war ein heftiger Streit zwischen Maier und dem Ehepaar Reuter vorausgegangen, der seine Entlassung zur Folge gehabt hatte. Nach der Tat nahm er die im Haus befindlichen Wertsachen sowie einen Revolver an sich und flüchtete. Wenige Tage später wurde Maier in Gaaden bei Mödling aufgrund von Zechprellerei verhaftet und ein Gendarm hatte den Verdacht, dass es sich um den zur Fahndung ausgeschriebenen Täter von Lanzendorf handeln könnte. Nach einem intensiven Verhör zeigte er sich geständig und wurde schließlich im März 1931 von einem Geschworenengericht in Korneuburg zu lebenslangem Kerker wegen heimtückischen Mordes verurteilt.

Nach der Festnahme: Karl Maier bei seinem Transport nach KorneuburgNach der Festnahme: Karl Maier bei seinem Transport nach Korneuburg

Foto: Hilscher
Das interessante Blatt, 13. November 1930, S. 9 (ONB-ANNO)
Die Grenzwacht, Nr. 45/1930, S. 5
Arbeiter Zeitung, 3. März 1931, S. 8 (ONB-ANNO)
Ehepaar Reuter: Eintrag Sterbebuch – Pfarre Mistelbach, Sterbebuch 1921-1934, Fol. 356


Eröffnung Gewerbeschule – 1931

Das neue Gebäude der gewerblichen Fortbildungsschule wurde am 15. November 1931 im Beisein von Landeshauptmann Reither feierlich eröffnet.

Die 1931 eröffnete Gewerbliche Fortbildungsschule, in der heute die Polytechnische Schule untergebracht ist.

Wiener Bilder, 29. November 1931, S. 17 (ONB-ANNO)

Ausflug des Musikvereins der Wiener Sicherheitswache nach Mistelbach – 1933

Am 11. Juni 1933 besuchte der Musikverein der Wiener Sicherheitswache die Stadt Mistelbach und die Teilnehmer des Ausflugs wurden durch die Gemeindevertretung mit Bürgermeister Josef Dunkl an der Spitze sowie ihren derzeit im Polizeierholungsheim (ehemalige Flüchtingsstation) weilenden Kollegen am Mistelbacher Staatssbahnhof abgeholt. Mit klingendem Spiel zog die Musikkapelle zum Hauptplatz, wo um die Mittagszeit ein Platzkonzert gegeben wurde. Nach dem Mittagessen besichtigten die Gäste das Heimatmuseum und das Polizeierholungsheim. Seinen Ausklang fand der Ausflug dann schließlich im Gasthaus Filipinetti (heute GH Schilling) wo die Kapelle neuerlich zu einem Konzert aufspielte. Wie in einer Ansprache betont wurde, sollte dieser Besuch das gute Einvernehmen der Wiener Poliziesten mit den „Echten Mistelbachern“ herausstreichen und festigen.

Bürgermeister Dunkl (3. v.l.) und Vizebürgermeister Dr. Steinbauer (4. v.l.) mit einigen Gästen wärhrend des Konzerts des Musikvereins der Wiener Sicherheitswache auf dem Mistelbacher Hauptplatz

Bürgermeister Dunkl (3. v.l.) und Vizebürgermeister Dr. Steinbauer (4. v.l.) mit einigen Gästen bzw. Funktionären während des Konzerts des Musikvereins der Wiener Sicherheitswache auf dem Mistelbacher Hauptplatz

Öffentliche Sicherheit – Polizeirundschau der österreichischen Bundes- sowie Gemeindepolizei und Gendarmerie, August 1933, 13. Jg. – Nr. 8, S. 18 (ONB: ANNO)

Paasdorfer Riesenlinde umgestürzt – 1934

Am Samstag, den 4. August 1934 wütete im Bezirk Mistelbach ein heftiges Unwetter, dass zahlreiche Obst- und Weinkulturen beschädigte und das den riesigen, unter Denkmalschutz stehenden Lindenbaum in Paasdorf umstürzte. Der Baum der einen Umfang von sechseinhalb Metern maß, stürzte auf die Presshäuser der Familien Seltenhammer und Piringer und beschädigte diese. Die beiden Gebäude existieren bis heute und stehen auf dem Paasdorfer Kellerrundplatz.

Foto: Josef Plaschil, Mistelbach
Illustrierte Kronen-Zeitung, 10. August 1934, S. 8 (ONB-ANNO)

Edamer aus Mistelbach & die Mistelbacher Zentralmolkerei bei der Landesausstellung 1935

Ein Zeitungsartikel aus dem Jahr 1934 berichtet über die Mistelbacher Zentralmolkerei und dass es dieser nun nach einigen Versuchen und der Anschaffung einer holländischen Käsewanne mit automatischem Rührwerk, gelungen ist, hochwertigen Edamer-Käse in gewohnter Qualität auch in Österreich herzustellen.

Die holländische Käsewanne mit automatischem Rührwerk; im Hintergrund die KugelpressenDie holländische Käsewanne mit automatischem Rührwerk;
im Hintergrund die Kugelpressen

Der Edamer-Reifungskeller in der Zentralmolkerei MistelbachDer Edamer-Reifungskeller in der Zentralmolkerei Mistelbach

Im Rahmen der niederösterreichischen Landesausstellung 1935 in Hollabrunn präsentierten die Mistelbacher Zentralmolkerei und die Hollabrunner Milchgenossenschaft ihre Produkte in einem mit Unterstützung des Milchwirtschaftsverbandes eigens errichteten Pavillon.

Die "Molkereihalle" bei der Landesaustellung 1935Die „Molkereihalle“ bei der Landesaustellung 1935

Staatsrat Josef Kraus (2. v.r.), Gründer und Obmann der Mistelbacher Genossenschafts-ZentralmolkereiStaatsrat Josef Kraus (2. v.r.), Gründer und Obmann
der Mistelbacher Genossenschafts-Zentralmolkerei

Auch Bundespräsident Dr. Miklas und der Landtagspräsident Fischer verkosten den Käse der Mistelbacher ZentralmolkereiAuch Bundespräsident Dr. Miklas (ganz vorne) und der Landtagspräsident Fischer
verkosten Käse der Mistelbacher Zentralmolkerei

Werbung für den Mistelbacher Edamer im Mistelbacher BoteWerbung für den Mistelbacher Edamer im Mistelbacher Bote

Das interessante Blatt, 3. Mai 1934, S. 24 (ONB-ANNO)
Wiener Bilder, 13. Oktober 1935, S. 18 (ONB-ANNO)

Kreisparteitag der NSDAP – 1939

Von 15.-16. April 1939 fand in Mistelbach der erste NSDAP-Kreistag der Ostmark statt. Angeblich wurde Mistelbach diese „Ehre“ zuteil, da der Bezirk als einer der ersten, bereits wenige Monate nach dem Anschluss, als „judenfrei“ galt. Zeitungsberichte zu dieser Veranstaltung legen jedoch nahe, dass Mistelbach bewusst deshalb gewählt wurde, weil es sich bei diesem Bezirk um eine frühere „schwarze“ Hochburg handelte. Derartige Kreistage waren nämlich nicht bloß ein Treffen sämtlicher NSDAP-Ortsgruppen und sonstiger Parteiorganisationen eines Bezirkes, sondern vor allem groß inszenierte Propagandaveranstaltungen mit einem vielfältigen Rahmenprogramm bestehend aus Tagungen, Aufmärschen und sportlichen Wettkämpfen. Beim Großappell auf dem Adolf Hitler-Platz, wie der Hauptplatz damals offiziell hieß, sprach Gauleiter Dr. Hugo Jury vor etwa  20.000 Teilnehmern.

Großappell auf dem Mistelbacher HauptplatzGroßappell auf dem Mistelbacher Hauptplatz

 

Ansprache Dr. Jury, Gauleiter NiederdonauAnsprache Dr. Jury, Gauleiter Niederdonau

Fotos: Sedlar – Agentur Schostal
Das interessante Blatt, 20. April 1939, S. 27 (ONB-ANNO)
Das kleine Volksblatt, 19. April 1939, S.3 (ONB-ANNO)

 

„Ein zünftiger Fang“ – 1942

In seinem Fischereirevier an der Thaya bei Rabensburg gelang es dem Mistelbacher Mechanikermeister und begeisterten Petrijünger Karl Holy im Jahr 1942 einen 115 cm langen und neun Kilogramm schweren Wels an Land zu ziehen.

Der Mistelbacher Mechanikermeister Karl Holy mit dem kapitalen Fang.

Illustrierte Kronen-Zeitung, 24. August 1942, S. 6 (ONB-ANNO)

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Mistelbach in der Zeitung – Teil 2 (1906-1918)

Diese Beitragsreihe aus der Anfangszeit des Blogs wurde im Laufe der Jahre mehrfach überarbeitet, aktualisiert und in einem Nachtrags-Beitrag wurden später entdeckte Fundstücke gesammelt. Diese vormals vier Beiträge wurden nunmehr zu drei chronologisch sortierten Beiträgen zusammengefasst und außerdem die Qualität der Bilder verbessert.

Bei diesem Beitrag handelt es sich um die Fortsetzung des Beitrags Mistelbach in der Zeitung – Teil 1 (1901-1905)

„Mit dem Motorrad vom Heidentum zum Christentum“ – 1906

Unter diesem Titel wurde darüber berichtet, dass am 23. September 1906 der Mistelbacher Mechanikermeister Karl Rößler sein Töchterchen mit dem Motorrad zur heiligen Taufe fuhr. In der Frühzeit der Motorisierung eine kleine Sensation. Beim Paar rechts handelt es sich um die Eltern Karl & Helene Rößler, links auf dem Schoß der Taufpatin Helene Dirnberger, durch weiße Tücher verdeckt liegt die kleine, zu diesem Zeitpunkt sieben Tage alte Hilda.

Beim Paar rechts handelt es sich um die Eltern Karl & Helene Rößler, links auf dem Schoß der Taufpatin Helene Dirnberger, durch weiße Tücher verdeckt liegt die kleine, zu diesem Zeitpunkt sieben Tage alte Hilda.

Foto: Leopold Forstner, Mistelbach
Österreichische Illustrierte Zeitung, 28. Oktober 1906, S. 8 (ONB-ANNO)
Illustrierte Kronenzeitung, 30. September 1906, S. 5 (ONB-ANNO)


„Kartoffelabnormität“ – 1906

Diese wie eine Hand geformte Knolle fand sich im Erdäpfelacker des Mistelbacher Gemischtwarenhändlers Schodl.

Eine in Mistelbach gefundene "Kartoffelabnormität" über die sogar in der Zeitung berichtet wurde.

Österreichische Illustrierte Zeitung, 28. Oktober 1906, S. 7 (ONB-ANNO)

Eröffnung der Landesbahn – 1906

Nach dem Bau der Staatsbahn im Jahre 1870, erfolgte am 14. November 1906 mit der Eröffnung der Landesbahnstrecken Ernstbrunn-Mistelbach-Hohenau und Mistelbach-Gaunersdorf (heute: Gaweinstal) ein weiterer Meilenstein in der Entwicklungsgeschichte der Stadt Mistelbach, und die endgültige Etablierung als zentraler Verkehrsknotenpunkt im nordöstlichen Weinviertel. Die neuen Landesbahnen, die eine Verbindung zu den wichtigen Strecken der Nord-, Ost- und Nordwestbahn schufen, wurden in Anwesenheit des niederösterreichischen Statthalters und Mistelbacher Ehrenbürgers Graf Kielmansegg und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung eröffnet. Der Eröffnungszug wurde mit einer Musikkapelle und Böllerschüssen begrüßt und zum Abschluss dieses Ereignisses wurden die zahlreich anwesenden Ehrengäste zu einem Festmahl ins Hotel Rathaus (heute: Erste Bank) geladen. Das untenstehende Foto zeigt jedenfalls nicht in den Landesbahnhof in Mistelbach, sondern muss andernorts entlang der neuen Strecken entstanden sein.

Das Bild mit dem der Bericht über die Eröffnung der neuen Landesbahnen illustriert wurde. Welchen Bahnhof es zeigt, ist unklar - jedenfalls handelt es sich nicht um den Mistelbacher Bahnhof

Illustrierte Kronen-Zeitung, 17. November 1906, S. 6 (ONB-ANNO)

Auch von diesem Tag findet sich eine Fotografie in den Beständen des Museumsarchivs:

Der Mistelbacher Landesbahnhof mit dem einfahrenden Eröffnungszug
Ebenso ist die Speisenfolge des Festmahls überliefert:

Die Speisenfolge beim Festmahl im Hotel Rathaus
Exl, Engelbert M.: 125 Jahre Stadt Mistelbach – ein Lesebuch (1999), S.73
Steiner, Oskar: Mistelbach in alten Ansichten, Band I (1983)


Grundsteinlegung Bezirkskrankenhaus – 1908

Am 18. Juni 1908 fand die feierliche Grundsteinlegung für den Bau des Bezirkskrankenhauses im Beisein des niederösterreichischen Statthalters Graf Kielmansegg, des Liechtensteinischen Hofsekretärs Kron, der Bürgermeister der Umgebung und zahlreicher weiterer Festgäste statt. Die Segnung des Grundsteins zelebrierte Weihbischof Dr. Godfried Marschall. Traditionsgemäß wird bei solchem Anlass auch eine Urkunde und ein Satz Münzen im Grundstein versenkt, und diese Gelegenheit nutzten Diebe, die noch in derselben Nacht die Urkunde samt den Münzen entwendeten.


Illustrierte Kronenzeitung, 21. Juni 1908, S. 6 (ANNO-ONB)


Theateraufführung „Die gepfändete Mumie“ – 1908

Im April 1908 veranstaltete der Mistelbacher Männergesangsverein einen Theaterabend im Hotel Rathaus, der mit dem Einakter „Du bist blaß, Louise“, unter der Mitwirkung von Frl. Mizzi Rabenseifner, Hermine Tischler und der Herren Schindler und F.J. Peikert, eröffnet wurde. Das Hauptprogramm bildete jedoch die Uraufführung der zweiaktigen grotesken Operette „Die gepfändete Mumie“, aus der Feder des Mistelbachers Rudolf Katschthaler (Sohn des Karl Katschthaler). Folgende Personen wurden durch großen Beifall für ihre Mitwirkung in diesem Stück belohnt: Alfred Merz, August Schramm, Franz Schindler, Louis Knorr, Karl Schnaß, Peter Kraus, Franz Hiertl, Leopold Schebesta, Ferdinand Bednarik, Franz Klammer, Eduard Vetter, Josef Scholz, Emanuel Haas und Franz Schamann. Die untenstehende Zeichung wurde nach einer Aufnahme des Fotografen Leopold Forstner angefertigt.

Theateraufführung "Die gepfändete Mumie" des Männergesangsvereins in Mistelbach

Illustrierte Kronenzeitung, 26. April 1908, S. 3 (ANNO-ONB)


Feuerwehrfest in Frättingsdorf – 1909

Erst 1909 und damit vergleichsweise spät kam es auch in Frättingsdorf zur Gründung einer Freiwilligen Feuerwehr. Im Rahmen des Gründungsfest am 9. Juli 1909 erfolgte auch die Spritzenweihe. Im Hintergrund der untenstehenden Aufnahme sind die Kirche und das Schulgebäude zu erkennen.

Festlichkeit anlässlich der Gründung der Frättingsdorfer Feuerwehr. Im Hintergrund Kirche und Schulgebäude gut erkennbar

Illustrierte Kronen Zeitung, 18. Juli 1909, S. 17 (ONB-ANNO)

 

Maifahrt des Wiener Männergesangsvereins nach Mistelbach – 1909

Und wieder Männergesangsverein, diesmal allerdings der berühmte Wiener Männergesangsverein, dessen alljährliche Maifahrt seine Mitglieder 1909 nach Mistelbach führte. Bereits am Bahnhof wurde der Sonderzug mit dem die knapp zweihundert Sänger anreisten, von Abordnungen der Gemeindevertreter und Vereine, und zahlreichen Schaulustigen herzlich begrüßt und in einem Festzug zur Pfarrkirche geleitet, wo die Deutsche Messe gesungen wurde. Das am Hauptplatz abgehaltene Wohltätigkeitskonzert zugunsten des Mistelbacher Spitalfonds sorgte für Begeisterung und angeblich sollen Mistelbacher Gemütlichkeit und Mistelbacher Wein Schuld daran gewesen sein, dass so mancher Wiener Sänger die Retourfahrt verpasste. Auf dem untenstehenden Gruppenbild, das im weitläufigen Garten des Gasthauses Putz aufgenommen wurde, ist Bürgermeister Thomas Freund mit der von ihm gestifteten Bürgermeisterkette leicht zu erkennen.

Der Wiener Männergesangsverein zu Besuch in Mistelbach

Österreichische Illustrierte Zeitung, 30. Mai 1909, S. 7 (ANNO-ONB)

Von der Ankunft des Wiener Männergesangsvereines auf dem Mistelbacher Bahnhof findet sich die folgende Fotoaufnahme im Museumsarchiv der Stadt Mistelbach:

Die Mitglieder des Wiener Männergesangsvereins wurden bei ihrer Ankunft am Mistelbacher Bahnhof willkommenv geheißen

Auch ein paar Aufnahmen vom Wohltätigkeitskonzert auf dem Hauptplatz finden sich im Göstl-Archiv:

Die vor dem Haus Hauptplatz Nr. 36 (damals wie heute Apotheke) errichtete Bühne und Bankreihen für die ZuhörerDie vor dem Haus Hauptplatz Nr. 36 (damals wie heute Apotheke) errichtete Bühne und Bankreihen für die Zuhörer

Die Sänger und zahlreiche Zuhörer trotzten dem Regen während des KonzertsDie Sänger und zahlreiche Zuhörer trotzten dem Regen während des Konzerts


Eröffnung Bezirkskrankenhaus – 1909

Die feierliche Einweihung des „Kaiser Franz Joseph-Bezirkskrankenhauses“ Ende November 1909 wurde durch den aus Neudorf bei Staatz stammenden Weihbischof der Erzdiözese Wien, Dr. Godfried Marschall, vorgenommen. Zuvor hatte sich ein viele hunderte Personen umfassender Festzug, darunter zahlreiche hohe Ehrengäste, von der Kirche durch die festlich geschmückte Stadt zum Krankenhaus bewegt. Der langersehnte Krankenhausbau konnte dank großer finanzieller Unterstützung seitens der Stadtsparkasse Mistelbach, des Fürsten Johann II. von und zu Liechtenstein und zahlloser Sammlungen bewerkstelligt werden. Zum Leiter des neuen Krankenhauses wurde Primarius Dr. Fritz Höllrigl berufen, und bereits am Tag nach der Eröffnung fanden die ersten Patienten Aufnahme.

Die feierliche Einweihung des "Kaiser Franz Joseph-Bezirkskrankenhauses" Ende November 1909. In der Bildmitte Weihbischof Dr. Godfried Marschall

Das interessante Blatt, 2. Dezember 1909, S. 2f (ANNO-ONB)


Erste deutsche Handwerker-Ausstellung in Mistelbach – 1912

Am 14. August 1912 wurde zur feierlichen Eröffnung einer viertägigen Ausstellung in den Räumen der Knaben- bzw. Mädchenschule (den heutigen Mittelschulen) geladen, bei der die Mistelbacher Tischler, Sattler, Schuhmacher, Anstreicher, Drechsler und andere Handwerker ihre Arbeiten präsentierten. Am Tag nach der Eröffnung fand im Hotel Rathaus ein Handwerkertag statt bei dem neben Fachreferenten unter anderem auch der Reichsratsabgeordnete Rudolf Wedra (Bildmitte) eine Rede hielt. Die Initiative zur Abhaltung des Handwerkertages und dieser Leistungsschau ging von der erst im Vorjahr gegründeten Mistelbacher Ortsgruppe des deutschen Handwerkersbundes aus und die Organisation besorgte ein Ausstellungskomitee, bestehend aus Mistelbacher Gewerbetreibenden, das unter der Leitung von Ingenieur Karl Rößler (vermutlich rechts neben Wedra), stand.

Die Eröffnung der Handwerkerausstellung im Jahre 1912 - im Bild der Reichsratsabgeordnete Rudolf Wedra (1. Reihe 2. v.l.)

Illustrierte Kronenzeitung, 17. August 1912, S. 4 (ANNO-ONB)
Mistelbacher Bote, Nr. 13/1911, S. 4

Das Eingangstor zur Ausstellung („Triumphbogen“), dass oben in dem kreisrunden Ausschnitt abgebildet ist befand sich am Eingang der damaligen Schulgasse (heute: Thomas Freund-Gasse bzw. „Neumarkter Platzl“ vor dem damaligen Cafe Kiesling (heute Cafe Harlekin)). Der genaue Aufstellungsort konnte erst durch nachfolgende, im Illustrirten Wiener Extrablatt veröffentlichte, Aufnahme des Mistelbacher Fotografen Leopold Forstner sen. eruiert werden.

Eingangsbogen in der Thomas-Freund-Gasse zwischen Schulgebäude und Kaffeehaus

Illustriertes Wiener Extra-Blatt, 17. August 1912 (41. Jg. – Nr. 224), S. 9 (ONB: ANNO) (Fotografie: Leopold Forstner sen.)

Die nachstehende Fotografie aus dem Museumsarchiv der Stadt Mistelbach zeigt eine Szene der Ausstellung, aufgenommen im Hof der Bürgerschule. Links im Hintergrund ist die Elisabethkirche zu erkennen und sehr prominent ist auch das einstige Gebäude des Kindergartens zu erkennen, das heute unter anderem das Standesamt beherbergt.

Die Preisverleihung im Schulgarten unter den Anwesenden Bürgermeister Josef Dunkl jun. (1.) und Reichsratsabgeordneter Rudolf Wedra (2.)Die Preisverleihung im Schulgarten unter den Anwesenden Bürgermeister Josef Dunkl jun. (1.) und Reichsratsabgeordneter Rudolf Wedra (2.)


Dekorierung des Gendarmerie-Bezirkswachtmeisters Kerda – 1914

Am 2. Mai 1914 wurde dem hiesigen Gendarmerie-Bezirkswachtmeister Gustav Kerda das silberne Verdienstkreuz mit der Krone verliehen. Nach einer kirchlichen Feier, fand im festlich dekorierten Rathaussaal unter Anwesenheit zahlreicher Behördenvertreter, die feierliche Verleihung durch den Abteilungskommandanten Oberleutnant Wundsam statt. In der Bildmitte Bezirkswachtmeister Kerda (sitzend, 6. v. r.) samt Familie und ebenfalls auf dem Bild Bgm. Josef Dunkl (sitzend, 3. v. l.).

Der ausgezeichnete Bezirkswachtmeister Kerda (sitzend, 6. v. r.) samt Familie im Kreise seiner Kollegen. Ebenfalls auf dem Bild Bgm. Josef Dunkl (sitzend, 3. v. l.).

Foto: Josef Plaschil, Mistelbach
Wiener Bilder, 17. Mai 1914, S. 7 & S. 21 (ANNO-ONB)


Feierliche Enthüllung „Wehrschild in Eisen“ – 1915

Am Sonntag, den 10. Oktober 1915 wurde der vom akad. Maler Josef Reich (Wien) entworfene und vom Mistelbacher Bildhauer Dominik Fill, geschaffene Wehrschild in Eisen enthüllt. In einem Pavillon auf dem Hauptplatz wurde das aus Holz geschaffene Wappen ausgestellt und gegen eine Spende konnten von jedermann Nägel eingeschlagen werden. Der Reinerlös kam den Hinterbliebenen gefallener Krieger aus Mistelbach und Umgebung zugute. Derartige Kriegsbenagelungen waren damals weit verbreitet, berühmtestes Beispiel ist der Wehrmann in Eisen in Wien, und die Ehre den ersten Nagel einzuschlagen wurde Bezirkshauptmann Dokaupil zuteil. Die Veranstaltung wurde vonseiten des Gesangs- und Musikvereins mit patriotischen Chören, unter der Leitung von Oberlehrer Gottfried Ribing umrahmt, und desweitern wurde im Rahmen dieses Festakts ein Mistelbacher Soldat mit der silbernen Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet.

Das Mistlbacher Wehrschild in Eisen

Wiener Bilder, 26.12.1915, S. 11 (ANNO-ONB)
Illustrierte Kronenzeitung, 14.10.1915, S. 2 (ANNO-ONB)

Auch die folgende Aufnahme hat den Laufe der Jahre im Museumsarchiv überstanden und zeigt das Eiserne Wehrschild samt Pavillon auf dem Mistelbacher Hauptplatz:

Das Wehrschild in einem Pavillon vor dem Mistelbacher Rathaus

Besuch Erzherzogin Blanka – 1918

Am 15. August 1918 nahm ihre k. u. k. Hoheit Erzherzogin Blanka von Österreich-Toskana mit ihren Kindern, Erzherzogin Maria Immakulata, Erzherzog Anton und Erzherzogin Assunta, an der feierlichen Einweihung eines Pflegerinnenwohnheimes in Wilfersdorf teil. Im Anschluss besuchten die hohen Gäste das Vereins-Reservespital des Roten Kreuzes in Mistelbach, das im Bezirkskrankenhaus sowie im ehemaligen Notspital in der Hochgasse, im Kindergarten (Oserstraße) und im Turnsaal der Knabenschule) untergebracht war und wo sie an die verwundeten Soldaten Rauchwaren verteilten und aufmunternde Worte an diese richteten. Vor der Rückfahrt mit der Bahn waren die Herrschaften noch bei Bezirkshauptmann Franz Dokaupil zu Gast, der ebenfalls auf dem Foto zu sehen ist. Das untenstehende Bild zeigt die kaiserlichen Hoheiten im Kreise der Rekonvaleszenten im Schulhof.

Die kaiserlichen Hoheiten im Kreise der Rekonvaleszenten im Schulhof. Erzherzogin Blanka (Nr. 1), Erzherzogin Immakulata (Nr. 2), Erzherzogin Assunta (Nr. 3), Erzherzog Anton (Nr. 4), Bezirkshauptmann Franz Dokaupil (Nr. 5), Leiter des Krankenhauses sowie des Reserve-Spitals Dr. Fritz Höllrigl

Foto: Leopold Forstner, Mistelbach
Wiener Bilder, 25.8.1918, S. 6f (ANNO-ONB)
Österreichs Illustrierte Zeitung, 25.8.1918, S. 9 (ANNO-ONB)

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Mistelbach in der Zeitung – Teil 1 (1901-1905)

Diese Beitragsreihe aus der Anfangszeit des Blogs wurde im Laufe der Jahre mehrfach überarbeitet, aktualisiert und in einem Nachtrags-Beitrag wurden später entdeckte Fundstücke gesammelt. Diese vormals vier Beiträge wurden nunmehr zu drei chronologisch sortierten Beiträgen zusammengefasst und außerdem die Qualität der Bilder verbessert.

In den Mistelbacher Lokalzeitungen bzw. den Regionalzeitungen fanden sich vor der Mitte des 20. Jahrhunderts kaum Abbildungen, die das Lokalgeschehen dokumentieren. Lediglich das Weltgeschehen oder zumindest Nachrichten von österreichweiter Bedeutung wurden gelegentlich mit Bildern oder Grafiken veranschaulicht. Die Suche von nach in Vergessenheit geratenen lokalhistorisch relevanten Bildern beschränkt sich daher auf die großen, überregionalen Zeitungen und wenn diese über Mistelbach mit einem Foto oder einer sonstigen Abbildung berichteten, so war dies natürlich etwas Besonderes. Festliche Anlässe, kulturelle Veranstaltungen, hohe Besuche, tragische Ereignisse und Skurrilitäten geben einen Einblick in die damalige Lebenswelt. Die gefundenen Bilder wurden, sofern möglich um weitere in diesem Zusammenhang überlieferte Bilder ergänzt bzw. wurde versucht zusätzlichen inhaltlichen Kontext zum besseren Verständnis zu liefern. Abbildungen, deren Verwendung im Rahmen künftiger oder bereits erschienener Beiträge erfolgt, werden in dieser Beitragsreihe nicht mehr behandelt.

 

Eröffnung des neuen Amtsgebäudes – 1901

Am 27. Oktober 1901 fand die feierliche Eröffnung des neuen Amtsgebäudes statt, in dem die Bezirkshauptmannschaft, das Gemeindeamt, die städtische Sparkasse, das städtische Museum und das k.k. Eichamt untergebracht wurden. Der Prachtbau, der nach Plänen des Wiener Architekten und k.k. Baurathes Eugen Sehnal von Baumeister Josef Dunkl jun. (später Bürgermeister von 1911 bis 1938) errichtet wurde, kostete rund 400.000 Kronen und wurde von der Stadt gemeinsam mit der städtischen Sparkasse finanziert. 400.000 Kronen im Jahre 1901 entsprechen gemäß dem historischen Währungsrechner der Österreichischen Nationalbank im Jahr 2025 einem Gegenwert von rund 3,6 Millionen Euro.

Das festlich dekorierte Gebäude am Tag der EröffnungDas festlich dekorierte Gebäude am Tag der Eröffnung

 

Die versammelten Ehrengäste, darunter Bürgermeister Thomas Freund (vorne, Mitte links) und der niederösterreichische Statthalter Graf Kielmansegg (vorne Bildmitte)Die versammelten Ehrengäste, darunter Bürgermeister Thomas Freund (vorne, Mitte links) und der niederösterreichische Statthalter Graf Kielmansegg (vorne Bildmitte)

Das interessante Blatt, 7. November 1901, S. 7 u. S. 10 (ONB-ANNO)
Wiener Bilder, 6. November 1901, S. 9 u. S. 10 (ONB-ANNO)
Währungsrechner der Österreichischen Nationalbank

 

Verleihung Ehrenmedaille an die Bahnwächterin Brandmeier – 1902

An der Bahnkreuzung Dr. Körner-Straße, die damals zu beiden Seiten der Strecke noch ein Feldweg außerhalb des Ortsgebiets war, befand sich einer der entlang der Staatsbahnstrecke verteilten Bahnwächterposten und hier im Bahnwächterhäuschen Nr. 34 versah das Ehepaar Franz und Therese Brandmeier seinen Dienst. Auf engem Raum lebten und arbeiteten sie hier wohl bereits seit der Eröffnung dieser zwischen Wien und Brünn verlaufenden Strecke im Jahre 1870. Zu den Aufgaben der Bahnwächter gehörte die Sicherung der Bahnübergänge und die Kontrolle des Gleiskörpers bzgl. etwaiger Beschädigungen oder Hindernisse auf einem bestimmten Streckenabschnitt. Die Kommunikation mit den Bahnhöfen bzw. anderen Bahnwächterposten erfolgte mittels eines drahtgebundenen Läutwerks, das auf dem Foto am Dach des Bahnwächterhäuschens erkennbar ist. Im Februar 1902 wurde Frau Brandmeier aus Anlass ihres vierzigjährigen Dienstjubiläums eine Ehrenmedaille verliehen, die sie aus den Händen des Bezirkshauptmanns empfing. Diese im Jubiläumsjahr 1898 vom Kaiser gestiftete Auszeichnung hatte ihr Gatte bereits im Jahr 1900 erhalten. Auch vor ihrer Tätigkeit in Mistelbach dürften die beiden also bereits an anderen Bahnstrecken in dieser Funktion tätig gewesen sein, wie der Bericht nahelegt.

Das mit der Ehrenmedaille für langjährige treue Dienste ausgezeichnete Bahnwächterehepaar Therese und Franz Brandmeier im Jahr 1902Das mit der Ehrenmedaille für langjährige treue Dienste ausgezeichnete Bahnwächterehepaar Therese und Franz Brandmeier im Jahr 1902

Das Ehepaar Brandmeier vor ihrem Dienst- und Wohnsitz, dem Bahnwächterhäuschen Nr. 34Das Ehepaar Brandmeier vor ihrem Dienst- und Wohnsitz, dem Bahnwächterhäuschen Nr. 34

Foto: Leopold Forstner

Illustrirtes Wiener Extrablatt, 19. Februar 1902 (Nr. 49), S. 5 (ONB: ANNO)

Manöver bei Mistelbach – 1902

Von 10. bis 12. September 1902 fanden in der Umgebung von Mistelbach Militärmanöver statt, die hohen Besuch nach Mistelbach führten. Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand und Erzherzog Leopold Salvator hielten sich aus diesem Anlass in Mistelbach auf und Franz Ferdinand wohnte für die Dauer dieser Übungen im Haus des Bürgermeisters Thomas Freund.

Empfang von Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand vor dem Haus von Bürgermeister Freund in der HafnerstraßeEmpfang von Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand vor dem Haus von Bürgermeister Freund in der Hafnerstraße

Erzherzog Leopold Salvator mit seinem Stab anlässlich der Manöver bei MistelbachErzherzog Leopold Salvator mit seinem Stab anlässlich der Manöver bei Mistelbach

Wiener Bilder, 17. September 1902, S. 5f (ONB-ANNO)

Im Museumsarchiv finden sich weitere Aufnahmen, die diesen Besuch dokumentieren:

Erzherzog Franz Ferdinand vor dem Warenhaus Freund, Hafnerstraße 11Erzherzog Franz Ferdinand vor dem Warenhaus Freund, Hafnerstraße 11

 

Erzherzog Franz Ferdinand (Bildmitte - unter der Fahne) und die Offiziere des Oberkommandos (Zweiter von links: Bgm. Freund)Erzherzog Franz Ferdinand und die Offiziere des Oberkommandos
(Zweiter von links: Bgm. Freund)

Fotos: Leopold Forstner, Mistelbach
Steiner, Oskar: Mistelbach in alten Ansichten, Band I (1983)
Exl, Engelbert M.: 125 Jahre Stadt Mistelbach – ein Lesebuch (1999), S.205


Schülerkonzerte


Schüleraufführung – 1902

Seit 1897 veranstaltete die Musikschule Kabasta rund um die Weihnachtsfeiertage Schüleraufführungen, deren Reinerträgnis für die Bekleidung armer Schulkinder gestiftet wurde. Unter der Leitung von Josef Kabasta, dessen großartiges Wirken in Mistelbach als Kirchenmusiker und Musiklehrer im Artikel besonders hervorgehoben wird, fand 1902 ein von seinen Musikschülern gestalteter musikalischer Abend statt, dessen Höhepunkt, die Aufführung  des dramatischen Weihnachtsmärchens „Sylvestria, die Waldfee“ war. An beiden Tagen fanden die Aufführungen vor einem vollbesetzten Rathaussaal (Hotel Rathaus) statt, wurden begeistert aufgenommen und endeten jeweils mit einer Kaiserhuldigung und dem Absingen des „Kaiserliedes“.

Die Darsteller des Weihnachtsmärchens "Sylvestria"Die Darsteller des Weihnachtsmärchens „Sylvestria“

"Die Waldfee"„Die Waldfee“

"Der Weihnachtsmann"„Der Weihnachtsmann“

Das interessante Blatt, 8. Jänner 1903, S. 6 (ONB-ANNO)

Schülerkonzerte 1904 & 1905

Neben dem Barnabitenorden war es auch zahlreichen Bürgern ein Anliegen, dass Mistelbach eine höhere Schule bekommen sollte und so wurde 1901 der „Verein zur Gründung einer Mittelschule“ ins Leben gerufen. Um finanzielle Mittel für diesen Zweck zu lukrieren wurden in den Jahren 1904 und 1905 auf Initiative der Mistelbacher Schüler und unter der Leitung von Elise Feigl, einer Studentin am Konservatorium Wien, Schülerkonzerte veranstaltet, deren Reinertrag der Schulerrichtung gewidmet war. Diese Konzerte bestanden meist aus einer Reihe von Einzelvorträgen der Kinder und Jugendlichen, gemeinsam gespielten Stücken, und immer auch aus „lebenden Bildern“ (auch „Tableau vivant“ genannt – Darstellung von Werken aus der Malerei durch lebende Personen) bzw. einem Theaterspiel. Das Bewusstsein, dass mit diesen Veranstaltungen nur ein sehr kleiner Beitrag für die Finanzierung der Mittelschule geleistet werden konnte und das Ziel somit ein langfristiges war, belegt folgendes Zitat aus einem der Artikel: „Ach! Ein schönes Gebäude ist teuer und Lehrmittel kosten viel und so wird es bei allem Eifer der Mitwirkenden wohl möglich sein, daß den Dank der ersten Maturanten ihre Großeltern empfangen.“ Diese Prophezeiung war sehr treffend, sollte es doch bis 1963 dauern bis Mistelbach mit dem musisch-pädagogischen Realgymnasium endlich eine höhere Schule bekam. Natürlich darf nicht unerwähnt bleiben, dass das Vorhaben durch die Errichtung einer Mittelschule 1911 im nahen Laa a.d. Thaya erheblich erschwert worden war.

Schülerkonzert 1904 – Konzert und Festspiel „Schneewittchen“  (Leitung: Elise Feigl)

Schneewitchen (Aloisia Feigl), Königin (Hilda Blaimschein), Prinz (Wilhelm Ley), weitere Mitwirkende: Irma Putz, Max Eybel, Anna Wiesinger, Bertha Boril, Theresia Roller, Elsa Ribing, Emma Schallgruber, Mizzi HochSchneewitchen (Aloisia Feigl), Königin (Hilda Blaimschein), Prinz (Wilhelm Ley), weitere Mitwirkende: Irma Putz, Max Eybel, Anna Wiesinger, Bertha Boril, Theresia Roller, Elsa Ribing, Emma Schallgruber, Mizzi Hoch

Das interessante Blatt, 26. Mai 1904, S. 6 (ONB-ANNO)

Schülerkonzert 1905 – Konzert und Festspiel „Aschenbrödel“ im Gasthaus Putz (heute Gh. Schilling) unter der Leitung der Konservatoristin Elise Feigl

Mitwirkende: Franz Kauba, Hermine Reumann, Marie Kocher, Willy Ley, Max Eibel, Käthi Toch, Resi Roller, Berta Boril, Elsa Ribing, Hilda Blaimschein, Theresia Toch, Emma SchallgruberMitwirkende: Franz Kauba, Hermine Reumann, Marie Kocher, Willy Ley, Max Eibel, Käthi Toch, Resi Roller, Berta Boril, Elsa Ribing, Hilda Blaimschein, Theresia Toch, Emma Schallgruber

Das interessante Blatt, 27. April 1905, S. 2 (ONB-ANNO)
Bote aus Mistelbach, 15/1905, S. 5

Schülerkonzert 1907

Anfang Juli 1907 veranstaltete die Musikschule Kabasta ein Konzert im Garten des Hotel Rathaus (einem Teil des heutigen Stadtparks). Höhepunkt dieser Veranstaltung war die Aufführung des Liederfestspiels “Gott erhalte unsern Kaiser”, bei dem die Kinder in verschiedenen Nationaltrachten der Monarchie auftraten. Musikschulleiter Josef Kabasta (auch Leiter der Kirchenmusik in der Stadtpfarrkirche und Vater des späteren Dirigenten und Komponisten Oswald Kabasta) war zu diesem Zeitpunkt bereits schwer krank und verstarb wenige Tage später.

Schülerkonzert 1907 1. Reihe v.l.n.r.: Martha Kalina (verehel. Foitl), Karl Herm, Hermine Nebel (verehel. Vogl), Helene Mühl (verehel. Bollhammer), Adolf Wessely (Ladendorf), Frieda Schmied 2. Reihe v.l.n.r.: Frieda Haring, Katharina Herger (verehel. Schneider), Katharina Schnaß (verehel. Breit), Marie Blaschke, Aulenia (?) Fischer, Leopoldine Kleinböck, Maria Putz (Filippinetti) Sitzend links: Oswald Kabasta Sitzend rechts: Karl BollhammerEin Abzug dieses Fotos wurde in den 60er Jahren dem Heimatmuseum geschenkt und Museumsleiter OSR Fritz Bollhammer vermerkte handschriftlich die darauf abgebildeten Personen:
1. Reihe v.l.n.r.: Martha Kalina (verehel. Foitl), Karl Herm, Hermine Nebel (verehel. Vogl), Helene Mühl (verehel. Bollhammer), Adolf Wessely (Ladendorf), Frieda Schmied
2. Reihe v.l.n.r.: Frieda Haring, Katharina Herger (verehel. Schneider), Katharina Schnaß (verehel. Breit), Marie Blaschke, Aulenia (?) Fischer, Leopoldine Kleinböck, Maria Putz (Filippinetti)
Sitzend links: Oswald Kabasta
Sitzend rechts: Karl Bollhammer

Diese rund 60 Jahre später (!) erfolgte Identifikation der abgebildeten Personen, weicht ein wenig von einem über die Aufführung berichtenden Artikel im Mistelbacher Bote ab. Übereinstimmend erwähnt der Bericht als „Austria“ Frl. Fischer, Oswald Kabasta und Mitzi Blaschke (verehel. Sillaba). Als weitere Mitwirkende werden allerdings u.a. Anna Maria und ihre Schwester Maria Reumann (die spätere Künstlerin Myssa Grassl), Maria Forstner (die Tochter des Fotografen Forstner) und Franz Gally genannt.

Österreichische Illustrierte Zeitung, 21. Juli 1907, S. 7, (ONB-ANNO)
Mistelbacher Bote, 28/1907, S. 4
Mistelbacher Gemeindezeitung, 4/1996, S. 36

Die Lehrlingsausstellung in Mistelbach – 1903

Es handelte sich um eine vom Niederösterreichischen Gewerbeverein veranstaltete Lehrlingsausstellung, die zu jener Zeit in verschiedenen Städten des Landes abgehalten wurden. Die Ausstellung fand in den Räumlichkeiten des Hotel Rathaus (heute: Erste Bank) statt und Obmann des diese Organisations-Komitees war Baumeister Josef Dunkl. Lehrlinge aus zwanzig verschiedenen Handwerksberufen vom Bäcker bis zum Zimmermann konnten vor großem Publikum ihr Können bzw. ihre Werke präsentieren und die besten Leistungen wurden prämiert.

1903: Ausstellung im Saale des Hotel Rathaus bei der Arbeiten von Mistelbacher Lehrlingen präsentiert wurden.

Ilustrirtes Wiener Extrablatt, 5. Oktober 1903, S. 1 (ONB-ANNO)

Bote aus Mistelbach, Nr. 40/1903, S. 6
Bote aus Mistelbach, Nr. 41/1903, S. 5f
Foto: Leopold Forstner, Mistelbach

Ehrung Bürgermeister Thomas Freund – 1904

Im Dezember 1904 wurde unter dem Titel „Der Ehrentag des Bürgermeisters von Mistelbach“ über die Verleihung des Goldenen Verdienstkreuzes mit der Krone an den seit 1888 im Amt befindlichen Bürgermeister Thomas Freund berichtet. Der Orden wurde ihm von Bezirkshauptmann Freiherr Klezl von Norberg im Gemeindesitzungssaal feierlich überreicht und anschließend wurde zu einem Festbankett geladen. Im Zuge der Feierlichkeiten wurde auch untenstehende Aufnahme des Mistelbacher Gemeindeausschusses (ein Mitglied ist jedoch abwesend) angefertigt. Bereits am Vorabend veranstalteten die Vereine der Stadt einen Fackelzug zur Wohnung des Bürgermeisters und eine Abordnung bestehend aus den Vereinsobmännern und Gemeindevertretern überbrachte dem Bürgermeister ihre Glückwünsche, umrahmt von einem Ständchen des Gesangs- und Musikvereines. Anschließend zog der Festzug weiter zum neuernannten Ehrenbürger der Stadt, Altbürgermeister Josef Strasser, und brachte auch diesem Ovationen dar.

Bürgermeister Thomas Freund und die Mitglieder des Mistelbacher Gemeindeausschusses mit dem Gemeindesekretär - sitzend: v. l. n. r.: Ignaz Mühl jun., Josef Konrad Strasser, Franz Koblischek, Bgm. Thomas Freund, Heinrich Westermayr, Dr. Rudolf Schaschetzy, Michael Eibl (?); stehend: v. l. n. r.: Emil Hackl, Jakob Augustin (?), Gustav Edhofer, der spätere Bürgermeister Josef Dunkl, Heinrich Gussenbauer, Gemeindesekretär Alexander Zickl (?), Adam Friedrich, Mathias Grabler, Felix Roller, Michael Heindl, Friedrich Hacker, Martin Waberer, Mathias SchamannBürgermeister Thomas Freund und die Mitglieder des Mistelbacher Gemeindeausschusses mit dem Gemeindesekretär – sitzend: v. l. n. r.: Ignaz Mühl jun., Josef Konrad Strasser, Franz Koblischek, Bgm. Thomas Freund, Heinrich Westermayr, Dr. Rudolf Schaschetzy, Michael Eibl (?); stehend: v. l. n. r.: Emil Hackl, Jakob Augustin (?), Gustav Edhofer, der spätere Bürgermeister Josef Dunkl, Heinrich Gussenbauer, Gemeindesekretär Alexander Zickl (?), Adam Friedrich, Mathias Grabler, Felix Roller, Michael Heindl, Friedrich Hacker, Martin Waberer, Mathias Schamann

Das interessante Blatt, 22. Dezember 1904, S. 3 u. S. 6 (ONB-ANNO)
Bote aus Mistelbach, Nr. 50/1904, S. 5f

25 Jahre Freiwillige Feuerwehr Mistelbach – 1904

Im Juni 1904 feierte die freiwillige Feuerwehr Mistelbach ihr 25-jähriges Bestehen im Rahmen des 6. Bezirksfeuerwehrtages und unter Beteiliung zahlreicher Wehren aus der Umgebung. Im Zuge der Feierlichkeiten wurden sechzehn Mitglieder geehrt, die der Feuerwehr seit ihrer Gründung im Jahre 1879 angehörten, und die in Anerkennung ihrer Treue und ihres Einsatzes jeweils einen von der Stadt gestifteten goldenen Ring erhielten.

Die Jubilare wurde auf einem Foto verewigt. Der Gründer und Ehrenhauptmann August Lubovienski (sitzend 4. v. l.), Dr. Johann Toch (sitzend 3. v. l.), Josef Konrad Strasser (stehend 4. v. l.), weiters auf dem Bild: Feuercommissär Michael Hofecker, Franz Nosisk, Johann Busch, Vincenz Gröger, Franz Gröger, Anton Gössinger, Franz Hrachowina, Josef Hobersdorfer, Leopold Löwenrosen, Leopold Misch, Franz Schallgruber, Leopold Stubenvoll und Friedrich WillibacherDie Jubilare wurden auf einem Foto verewigt. Der Gründer und Ehrenhauptmann August Lubovienski (sitzend 4. v. l.), Dr. Johann Toch (sitzend 3. v. l.), Josef Konrad Strasser (stehend 4. v. l.), weiters auf dem Bild: Feuercommissär Michael Hofecker, Franz Nosisk, Johann Busch, Vincenz Gröger, Franz Gröger, Anton Gössinger, Franz Hrachowina, Josef Hobersdorfer, Leopold Löwenrosen, Leopold Misch, Franz Schallgruber, Leopold Stubenvoll und Friedrich Willibacher

Illustrirtes Wiener Extrablatt, 20. Juni 1904, S. 7 (ONB: ANNO)

Brand in Paasdorf – 1905

Am 5. August 1905 brach um etwa 15:15 Uhr in Paasdorf ein verheerender Großbrand aus, der trotz der vereinten Kräfte der Feuerwehren Paasdorf, Atzelsdorf, Mistelbach, Ladendorf und Hüttendorf nur unter größtem Einsatz bekämpft werden konnte und bis in den späten Abend wütete. 15 Objekte (Häuser u. Wirtschaftsgebäude) von zehn verschiedenen Besitzern wurden ein Raub der Flammen. Beim Versuch der Rettung ihres Hab und Guts zog sich die Witwe Maria Westermayer schwere Brandverletzungen zu, denen sie wenige Tage später im Wiener Franz Josef Spital erlag. Als Brandstifterin wurde das aus Atzelsdorf stammende und in Paasdorf in Dienst stehende 16-jährige Kindermädchen Therese Kunst in Haft genommen. Sie gestand auch für einige kleinere Brände der Vergangenheit in Paasdorf und Kettlasbrunn verantwortlich zu sein.

Die Folgen eines durch Brandstiftung versuchten Brandes in Paasdorf im Jahre 1905
Foto: Leopold Forstner, Mistelbach

Das interessante Blatt, 17. August 1905, S. 2 (ANNO-ONB)
Illustrierte Kronen Zeitung, 15. August 1905, S. 9 (ONB-ANNO)
Bote aus Mistelbach, Nr. 32/1905, S. 4f
Bote aus Mistelbach, Nr. 33/1905, S. 4


Landes-Wein-Ausstellung 1905 im Viertel unter dem Manhartsberg

Am 21. und 22. Februar 1905 fand die eine Weinausstellung statt, zu der Weinproduzenten aus allen Teilen des Viertels unter dem Manhartsberg (= das heutige Weinviertel) nach Mistelbach kamen, und diese Veranstaltung sollte den Wein aus heimischer Produktion bewerben und neue Absatzquellen erschließen. Hohe Festgäste wohnten der Eröffnung der Weinausstellung bei, die auch eine Weinhauergeräte-Ausstellung und eine Weinkost, samt Prämierung der besten Weine, umfasste. Proben von rund 1500 Weiß- und Rotweinen konnten im Rahmen dieser Veranstaltung verkostet werden, mittels derer Absatzmöglichkeiten für insgesamt 20.000 Hektoliter Wein gesucht wurden. Es war dies bereits die achte vom landwirtschaftlichen Bezirksverein Mistelbach veranstaltete, und von Weinbauinspektor Karl Katschthaler organisierte, Weinausstellung in Mistelbach. Zahlreiche Gastwirte und Weinhändler aus Wien, Niederösterreich und Mähren deckten ihren Bedarf mit den angebotenen Weinen und somit war die Ausstellung samt Weinmarkt ein großer Erfolg.

Ehrengäste - Bgm. Freund (5. v. l.), k.k. Ackerbauminister Graf Buquoy und der Statthalter von Niederösterreich Graf Kielmansegg (Bildmitte im Vordergrund)Ehrengäste – Bgm. Freund (5. v. l.), k.k. Ackerbauminister Graf Buquoy und der Statthalter von Niederösterreich Graf Kielmansegg (Bildmitte im Vordergrund)

Die Töchter der Weinproduzenten waren als Verkäuferinnen tätigDie Töchter der Weinproduzenten waren als Verkäuferinnen tätig

Die Weinausstellung bzw. der Weinmarkt fanden im Gasthaus zum "Weißen Rössl" und im Turnsaal statt. Auf obenstehendem Bild ein Blick in den Turnsaal bei der Eröffnung der Landes-Weinausstellung 1905Die Weinausstellung bzw. der Weinmarkt fanden im Gasthaus zum „Weißen Rössl“ und im Turnsaal statt. Auf obenstehendem Bild ein Blick in den Turnsaal bei der Eröffnung der Landes-Weinausstellung 1905

Fotos: Leopold Forstner, Mistelbach
Das interessante Blatt, 2. März 1905, S. 3 (ONB-ANNO)
Neuigkeits-Welt-Blatt, 23. Februar 1905, 9. Bogen des Neuigkeits-Welt-Blatts (ONB-ANNO)

Wie bereits erwähnt wurden ausgewählte Weine mit Medaillen prämiert und nachfolgende Abbildung zeigt Vorder- und Rückseite einer im Rahmen dieser Weinausstellung verliehenen Silbermedaille:

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Mistelbacher Ansichtskartenverleger

Eine zeitliche Einordnung von historischen Ansichtskarten kann in der Regel nur durch den Poststempel oder durch ein vom Absender vermerktes Datum erfolgen. Fehlen Stempel und Datum, wie etwa bei ungelaufenen Karten oder jenen bei denen die Briefmarke (samt darauf befindlichem Stempel) im Laufe der Zeit von Sammlern entfernt wurde, können eventuell noch durch das Motiv (bestimmte Bauten oder Einrichtungen) oder sonstige Besonderheiten Rückschlüsse auf den Entstehungszeitpunkt der Karte gezogen werden. Fehlen auch diese wird es oft schwer und auch das Datum des Poststempels erlaubt nicht immer eine korrekte zeitliche Einordnung, denn gelegentlich wurden Ansichtskarten erst viele Jahre nachdem sie herausgegeben wurden tatsächlich versandt. In solchen Fällen kann es nützlich sein sich an dem zumeist auf der Ansichtskarte vermerkten Verleger zu orientieren. Ähnlich dem Beitrag Fotografen in Mistelbach vor 1945 soll durch den vorliegenden Beitrag Hilfestellung bei der näheren zeitlichen Bestimmung von Ansichtskarten der Stadt Mistelbach durch Auflistung der überlieferten hiesigen Ansichtskartenverleger samt ungefährer Angabe ihres Tätigkeitszeitraums, gegeben werden. Die nachfolgende Auflistung erhebt natürlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit und beschränkt sich auf einst in der Stadt Mistelbach (ohne heutige Katastralgemeinden) ansässige Verleger. Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war es üblich, dass Geschäfts- bzw. Kaufleute und Gastwirte Werbeansichtskarten herausbrachten, die ihre Betriebe zeigten. In die nachfolgende Auflistung wurden jedoch ausschließlich Verleger aufgenommen, deren Ansichtskarten nicht nur ihre eigenen Unternehmen zeigten.

Thomas Freund (etwa 1898 bis 1910?)
Bürgermeister Thomas Freund führte seit dem Jahr 1876 ein Kaufhaus im Kreuzungsbereich Hafnerstraße/Wiedenstraße und zu dem ungeheuer umfangreichen Warenangebot seines Geschäfts zählten auch Ansichtskarten. Neben Werbeansichtskarten für sein Geschäft, sind aus seinem Verlag viele verschiedene Ansichten von Mistelbach und beispielsweise auch aus Ebendorf überliefert. Das Kaufhaus wurde unter dem Namen des Gründers von der Familie bis ins Jahr 1957 weitergeführt, Ansichtskarten dürften seit dem Ersten Weltkrieg jedoch keine mehr herausgegeben worden sein.

Johann Pemsel (zweite Hälfte 1890er)
übernahm 1896 das Kaufhaus von Franz Czinglar an der Adresse Hauptplatz Nr. 33. Eine wohl vor 1900 im Verlag Johann Pemsel erschienene Ansichtskarte ist überliefert. 120 Jahre betrieb die Familie Pemsel an dieser Adresse ein Geschäft, dass sich im Laufe der Zeit von einer Gemischtwarenhandlung zu einem Bekleidungsgeschäft entwickelte.

Zapletal & Comp. (1899 bis etwa 1903?)
Vom Fotografen Adolf Zapletal sind drei Ansichtskarten (Mistelbach, Lanzendorf und Ebendorf) überliefert. Zapletal war zuvor bereits seit vielen Jahren als Tapezierer in Mistelbach ansässig und besaß seit 1899 die Gewerbeberechtigung als Fotograf. Seine Tätigkeit als Fotograf bzw. Ansichtskartenverleger unter dem Namen „Zapletal & Comp.“ dürfte wohl nur von eher kurzer Dauer gewesen sein und überhaupt ist sein weiteres Schicksal unklar. Mehr zu Zapletal findet sich im Beitrag Fotografen in Mistelbach vor 1945

Marie Bieberle (1897 bis 1900?)
Der aus Ernstbrunn stammende Fotograf Franz Bieberle ließ sich 1893/94 in Mistelbach nieder, verstarb allerdings bereits 1897. Marie Bieberle führte das fotografische Atelier dann im Witwenfortbetrieb für ein paar Jahre weiter – wie lange ist unklar. Eine im Jahr 1899 gelaufene Ansichtskarte belegt, dass auch sie Ansichtskarten herausgab. Mehr zu Bieberle findet sich im Beitrag Fotografen in Mistelbach vor 1945

Leopold Forstner sen. (1901 bis etwa 1914)
Der Fotograf Leopold Forstner sen. kam im Jahre 1901 nach Mistelbach und verlegte viele seiner fotografischen Aufnahmen als Ansichtskarten und entfaltete in diesem Bereich bis etwa zum 1. Weltkrieg eine rege Geschäftstätigkeit. Obwohl das Unternehmen nach 1926 von seiner Witwe und Sohn bzw. Tochter weitergeführt wurde, finden sich aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg keine weiteren Ansichtskarten. Mehr zu Forstner findet sich im Beitrag Fotografen in Mistelbach vor 1945

Anton Kapitan (1905 bis 1925)
betrieb ab 1905 eine Buchhandlung in der Hafnerstraße Nr. 2 und war ein eifriger Ansichtskartenverleger. Besonders bekannt sind die von ihm um das Jahr 1910 herausgegebenen kolorierten Ansichten von Mistelbach. Er verstarb Anfang 1925 und seine Nachfolger als Unternehmer bzw. am Standort finden sich untenstehend.94

Josef Plaschil (1906 bis etwa 1925)
Der Fotograf Josef Plaschil kam 1906 nach Mistelbach und eröffnete an der Adresse Hauptplatz Nr. 15 sein Atelier. In den ersten Jahren brachte er einige Aufnahmen von Mistelbach bzw. verschiedenen Orten in der Umgebung als Ansichtskarten heraus. Die Zahl der überlieferten Ansichtskarten ist allerdings überschaubar, und ab Mitte der 1920er Jahren finden sich kaum mehr von ihm erstellte Ansichtskarten, obwohl er sein Gewerbe als Fotograf bis in die 1950er Jahre ausübte. Mehr zu Plaschil findet sich im Beitrag Fotografen in Mistelbach vor 1945

Rosa Lehner (1925 bis 1936)
eröffnete im Jahre 1925 ihre Buchhandlung in der Hafnerstraße Nr. 2 und zwar in jenen Geschäftsräumlichkeiten, in denen zuvor Anton Kapitan sein Geschäft geführt hatte. Sie hatte jedoch nicht die Warenvorräte bzw. die Geschäftsausstattung von Kapitan übernommen und war somit lediglich Nachfolgerin an Ort und Stelle, aber nicht in wirtschaftlichem Sinne, wie sie in einem Inserat klarstellte (bzw. klarstellen musste). Die meisten überlieferten Ansichtskarten aus den 1920er Jahren stammen von ihr. 1936 verkaufte sie ihr Unternehmen an Ludmilla Kothbauer.95

Adolf Rempl (1930er Jahre)
ließ sich ab 1919 als Buchbinder in Mistelbach nieder und übernahm die Buchbinderei samt Papierhandlung von Eduard Steinhauser an der Adresse Hauptplatz Nr. 21 (bis etwa 1913 hat diese an der Adresse Hauptplatz Nr. 19 befunden). Nach dem Tod von Anton Kapitan 1925 übernahm Rempl dessen Buchhandlung, die er in sein Geschäft am Hauptplatz überführte. Neben dem Weitervertrieb von Restbeständen aus dem Nachlass von Kapitan dürfte Rempl eigene Ansichtskarten wohl erst in den 1930er Jahren verlegt haben. Die Buchhandlung Rempl existierte bis Anfang der 1960er Jahre. 96

Kothbauer & Co. (1936 bis 1950er Jahre?)
Im Februar 1936 übernahm Ludmilla Kothbauer die Papier- und Buchhandlung von Rosa Lehner und verlegte diese in das ihr gehörende, gegenüber liegende, Haus Hafnerstraße Nr. 7. Die Papier- und Buchhandlung Kothbauer & Co. gab in den 1930er Jahren bzw. während des 2. Weltkriegs Ansichtskarten heraus. Ob bzw. wie lange die Tätigkeit als Ansichtskartenverlag nach dem Krieg fortgeführt wurde ist unklar. Der Betrieb übersiedelte 1954 wenige Häuser weiter an die Adresse Hauptplatz Nr. 26 und bestand dort bis ins Jahr 1985.97

Quellen:

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