Stadtsekretär Alexander Zickl
* 26.2.1862, Gaunersdorf (Gaweinstal)
† 13.11.1943, Mistelbach
Alexander Zickl wurde 1862 als Sohn des Franz Zickl, Wirtschaftsbesitzer und über 21 Jahre hindurch Bürgermeister der Marktgemeinde Gaunersdorf, und dessen Gattin Theresia, geb. Gartner in Gaunersdorf – wie der Name Gaweinstals vor 1917 lautete – geboren.1 Gemeinsam mit fünf Brüdern und einer Schwester wuchs er an seinem Geburtsort auf und sein Bruder Leopold Zickl sollte später das Gasthaus beim 1906 eröffneten Landesbahnhof Mistelbach (heute: GH Diesner) errichten und dieses über viele Jahre erfolgreich führen.2 Nach der grundlegenden Schulbildung absolvierte er die Mittelschule (Gymnasium oder Realschule)3, allerdings ist unklar an welchem Ort und auch über seinen Berufseinstieg ist nichts überliefert.
Als Zickl im Oktober 1886 Josefa Klaus, die Tochter eines Goldarbeiters aus der Gegend des damals ungarischen Kaschau (Košice) in Mistelbach heiratete, wird er im Trauungsbuch als Hilfsbeamter bei der k.k. Bezirkshauptmannschaft Mistelbach geführt.4 Die Ehe sollte kinderlos bleiben. Danach dürfte er einige Zeit als Angestellter („Privatbeamter“) tätig gewesen sein, bevor er 1890 nach dem Ableben des bisherigen Gemeindesekretärs (auch Stadtsekretär genannt) dieses Amt übernahm und in den Dienst der Gemeinde trat.5 Als Gemeinde- bzw. Stadtsekretär wurde damals der Leiter der Verwaltung bezeichnet und somit entspricht dieses Amt etwa dem heutigen Stadtamtsdirektor.
Zickl wurde 1898 in das 14-köpfige Kuratorium gewählt, dass unter der Leitung eines Dreigespanns bestehend aus Finanzrat Fitzka, Propst Reidinger und Bezirksschulinspektor Trautzl seitens der Stadtgemeinde mit dem Aufbau des städtischen Heimatmuseums beauftragt wurde.6 Nach dem Ableben von Fitzka übernahm Zickl 1915 die (ehrenamtliche) Leitung des Museums, die er bis 1929 innehatte, und schließlich an seinen Nachfolger Fritz Bollhammer übergab.7 Doch blieb er dem Museum natürlich weiterhin verbunden und übernahm im 1930 gegründeten Verein „Freunde des Heimatmuseums der Stadt Mistelbach“ das Amt des Obmann-Stellvertreters.8 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts bekleidete Stadtsekretär Zickl in dem von Bezirkshauptmann Freiherr Klezl von Norberg initiierten und geleiteten „Verein zur Erbauung eines öffentlichen Krankenhauses in Mistelbach“, dessen vorrangiges Ziel die Aufbringung finanzieller Mittel zur Realisierung dieser dringend notwendigen medizinischen Einrichtung war, das Amt des Schriftführers. Darüber hinaus war er auch als Schützenrat im hiesigen Schützenverein aktiv9, zählte zu den Initiatoren des 1919 gegründeten Mistelbacher Haus- und Grundbesitzervereins und war auch dessen Obmannstellvertreter10 und weiters maßgeblich an der 1897 erfolgten Gründung des Vereins der niederösterreichischen Gemeindebeamten beteiligt, in dem er auch das Amt des Schriftführers bekleidete.11 Außerdem war er langjähriges Mitglied im Verschönerungsverein Mistelbach, dem er zumindest im Zeitraum 1908 bis 1912 auch als Obmann vorstand12 Doch schon vor seiner Obmannschaft war er eine der treibenden Kräfte im Verein und die von diesem geschaffenen Parkanlagen (Liechtensteinanlage am Kirchenberg, Stadtpark und Landesbahnpark) entstanden unter maßgeblicher Beteiligung Zickls.
Augenscheinlich hatte es Stadtsekretär Zickl zu großem Wohlstand gebracht, als dessen Ausdruck das 1905 von ihm errichtete Geschäfts- und Wohnhauses an der Ecke Mitschastraße/Bahnstraße (Bahnstraße Nr. 1) gelten kann, das im Stil des Historismus der Gründerzeit samt opulenten Verzierungen ausgeführt wurde.13 Während der Aushubarbeiten für diesen Bau stieß man auf 25 Stück steinerne Kugeln (jede 3,19 kg schwer), mit denen wohl mittels Wurfmaschinen einst die den Markt umlaufende Befestigung bzw. das nahegelegene Wiedentor beschossen wurde bzw. werden sollte, und die, so vermutete man damals, eine Hinterlassenschaft eines feindlichen Einfalls aus dem an derartigen Ereignissen reichen 15. Jahrhundert darstellen.14 Tatsächlich war das Haus Bahnstraße Nr. 1, aber auch Standort eines weiteren interessanten steinernen Zeitzeugnisses und zwar des „Mannes in Stein“. Diese (zunächst) fälschlicherweise als Rechtsdenkmal interpretierte steinerne Skulptur, befindet sich bereits seit Ende des 19. Jahrhunderts im Besitz des städtischen Heimatmuseums und gelangte wohl durch Zickl in dessen Bestände. Der gewaltige Prachtbau am Beginn der Bahnstraße, der sich bis zur früheren Mädchenschule erstreckte, brannte während der Kampfhandlungen um Mistelbach im April 1945 allerdings völlig aus und wurde später abgebrochen. An seiner Stelle befinden sich heute die beiden Häuser Bahnstraße 1 (vormals Buchhandlung Selinger, heute: Hafner Wittek und Pflege-daheim) und 1a (vormals Sparkasse bzw. Gebietskrankenkasse, heute: Liboswar Möbel).
Links das von Stadtsekretär Zickl erbaute prachtvolle Wohn- und Geschäftshaus im Kreuzungsbereich Mitschastraße/Bahnstraße (Bahnstr. 1) – Aufnahme: etwa um 1910
Die Straßenfront (bahnstraßenseitig) des Eckhauses Mitschastraße/Bahnstraße im Jahre 1930
Die Ruine des im Krieg ausgebrannten einstigen Prachtbaus Bahnstr. Nr. 1 im Jahre 1947 (aus Perspektive der Hafnertraße)
Krankheitsbedingt schied Zickl im Juni 1919 aus dem Dienst der Stadt und trat in den Ruhestand über.15 Im Jahre 1929 wurde Zickl für sein verdienstvolles Wirken als langjährigem Leiter der Gemeindeverwaltung und sein vielseitiges Engagement zum Wohle Mistelbachs mit Beschluss des Gemeinderates vom 22. Juni 1929 zum Ehrenbürger der Stadt Mistelbach ernannt.16 Schließlich wurde er auch im Bereich der Gemeindepolitik aktiv und zog nach den Gemeinderatswahlen Ende November des Jahres 1929 als Kandidat der „Ständepartei“ in den Mistelbacher Gemeinderat ein. Die Anhänger der vormaligen Großdeutschen Volkspartei, die durch den Aufstieg der NSDAP zusehends an Bedeutung verlor, spalteten sich in Mistelbach vor der Gemeinderatswahl 1929 in zwei Gruppierungen: den „Völkischen Block“, der aus den Anhängern der Nationalsozialisten bestand, und die „Ständepartei“, die den bürgerlichen Teil der Großdeutschen repräsentierte und viele Gewerbetreibende und Beamte auf ihrer Kandidatenliste vereinte. Nach dem Verbot der NSDAP in Österreich im Sommer 1933, wurden den Nationalsozialisten auch die Mandate, die sie in öffentlichen Vertretungskörpern innehatten, entzogen. Auf eine hierdurch freigewordene Stelle im Gemeindevorstand (=geschäftsführende Gemeinderäte=Stadtrat) rückte Zickl nach und gehörte dem Gemeinderat (ab 1934: „Gemeindetag“) in dieser Funktion bis zu dessen Auflösung unmittelbar nach dem sogenannten „Anschluss“ im März 1938 an.17
Der Stadtsekretär i. R. und vormalige Stadtrat Alexander Zickl verstarb am 13. November 1943 nach längerem schweren Leiden im Alter von 81 Jahren und seine sterblichen Überreste wurden auf dem städtischen Friedhof beigesetzt.
Bildnachweise:
-) Portrait Zickl: Ausschnitt aus Gruppenfoto des Gemeinderats von 1935 – Stadtmuseumsarchiv Mistelbach
-) Ansichtskarte Bahnstraße (um 1910): aus der Sammlung von Herrn Gerhard Lichtl – digitalisiert und zur Verfügung gestellt von Herrn Otmar Biringer
-) beide Fotos Haus Bahnstraße Nr. 1 – Göstl Archiv
Quellen:
- Pfarre Gaweinstal: Taufbuch (1858-1889), Fol. 37
Eintrag Taufbuch Pfarre Gaweinstal (matricula online) - Protokoll der Gemeindeausschusssitzung vom 8. Juli 1906 – abgedruckt in Volksbote, Nr. 26. Juli 1906, S. 4 (ONB: ANNO) (siehe auch Gemeinderatsprotokolle 1906);
Zu Zickls Eltern und Geschwister: Beitrag zur Diamantenen Hochzeit des Ehepares Zickl – Mistelbacher Bote, Nr. 22/1910, S. 2 - Mistelbacher Bote, Nr. 41/1911, S. 3
- Pfarre Mistelbach: Trauungsbuch (1874-1897), Fol. 118
Eintrag Trauungsbuch Pfarre Mistelbach (matricula online) - Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach (1901), S. 227
- Bollhammer, Fritz: „Die Geschichte des städtischen Heimatmuseums Mistelbach“ In: Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Band I (1967), S. 362;
Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach (1901), S. 282 - Bollhammer, Fritz: „Die Geschichte des städtischen Heimatmuseums Mistelbach“ In: Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Band I (1967), S. 363 (Anm.: fälschlicherweise ist hier zu lesen, dass Zickl 1929 in Pension gegangen sei – tatsächlich erfolgte der Übertritt in den Ruhestand bereits 1919 wie die in diesem Beitrag angeführten Quellen belegen)
- Mistelbacher Bote, Nr. 23/1930, S. 2
- Mistelbacher Bote, Nr. 44/1910, S. 4
- Mistelbacher Bote, Nr. 51-52/1919, S. 3f
- Neues Wiener Journal, 7. Juli 1897 (Nr. 1330) (ONB: ANNO);
Kremser Volksblatt, 24. Oktober 1897, S. 10 (ONB: ANNO) - Erste niederösterreichische Zeitung für Stadt und Land, 9. Mai 1908 (17. Jg. – Nr. 19), S. 6;
Mistelbacher Bote, Nr. 30/1910, S. 2;
Fitzka, Karl: Ergänzungs- und Nachtragsband zur Geschichte der Stadt Mistelbach (1912), S. 85 - Die Erbauung im Jahre 1905 kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, da ein für die Bauausführung notwendiger Grundstückstausch im November 1904 seitens des Gemeindeausschusses (=Gemeinderat) genehmigt wurde. (siehe Protokolle Gemeinderat 1904) Zickl hatte das Grundstück auf dem zuvor lediglich ein (langezogenes) ebenerdiges Haus stand in den bereits vor 1900 erworben. (Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach (1901), S. 267)
- Österreichische Land-Zeitung, 28. Oktober (Weinmond) 1905, S. 12 (ONB: ANNO)
- Verhandlungsschrift über die öffentliche Ausschußsitzung der Stadtgemeinde Mistelbach am 9. Juni 1919 In: Mistelbacher Bote, Nr. 27/1919, S. 2;
Spreitzer, Hans: „Aus der Hausgeschichte des Alten Rathauses“ In: Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Band I (1964), S. 324 - Bayer, Franz/Spreitzer, Hans: „Mistelbacher Chronik 1914-1964“, S. 145 In: Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Band I (1964)
- Bayer, Franz/Spreitzer, Hans: „Der Mistelbacher Gemeinderat seit der Stadterhebung“ In: Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Band I (1964), S. 173, 199;
„Bürgermeister ab 1850, Gemeinde- und Stadträte ab 1874“ In: Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Band III (1982), S. 118