Brenner, Mathias

Marktrichter Mathias Brenner

* 9.12.1747, Mistelbach
† 30.12.1818, Mistelbach

Mathias Brenner wurde 1747 als Sohn des Schneiders Franz Anton Brenner und dessen Gattin Catharina, geborene Kainz, in Mistelbach geboren1. Er war von Beruf Färbermeister und hatte mindestens seit dem Jahr 1772 seinen Hausstand und Betrieb an der Adresse Kirchengasse 14 (=Konskriptionsnr. 336), an der bereits seine Eltern ansässig waren.2 In diesem Jahr heiratete er Anna Maria Wolf, die Tochter eines in der Oberhoferstraße ansässigen Seifensieders, mit der er – für jene Zeit keineswegs ungewöhnlich – zehn Kinder hatte, von denen jedoch einige bereits früh starben.3

Sein Sohn Mathias übernahm später den väterlichen Betrieb und führte diesen bis 1828, wie eine in ebendiesem Jahr in der Wiener Zeitung veröffentlichte Verkaufsanzeige nahelegt.4 Ebenfalls im Färberhandwerk tätig waren sein Sohn Bernhard, der nach Ernstbrunn heiratete und dort als Färbermeister wirkte und auch dessen Sohn Bernhard, also Mathias Brenners Enkel, war jedenfalls 1837 im Haus Hafnerstraße 7 (=Konskriptionsnr. 33) als Färbermeister ansässig.5

Von 1799 bis zu seinem Tode 1818 war Mathias Brenner Marktrichter des zur Herrschaft Liechtenstein gehörenden Marktes Mistelbach.6 Der Marktrichter stand dem Marktgericht vor, war Bindeglied zwischen Gemeinde und Herrschaft und kann als eine Art Vorläufer des 1850 eingeführten Bürgermeisteramts bezeichnet werden. In der schweren Zeit der Franzosenkriege bewerkstelligte Brenner unter anderem den Wiederaufbau der Alten Schule, die seit 1620 im Haus Kirchengasse 11 untergebracht war, und die von durchziehenden französischen Soldaten 1809 niedergebrannt wurde.7 Bereits 1797 scheint er als Magistratsrat – die Marktgemeinde Mistelbach wurde damals für einige Jahre von einem eigenen Magistrat verwaltet – auf und es ist wohl anzunehmen, dass dieses Amt gleichbedeutend ist mit jenem eines gewählten Mitglieds des Marktgerichts (= Geschworener). Dieses Amt lässt sich am ehesten wohl mit jenem eines Mitglieds des heutigen Gemeinderats vergleichen, auch wenn damals, wie der Name bereits nahelegt, auch gerichtliche Aufgaben wahrgenommen wurden.8

1953 entstand auf dem Gelände neben dem Ziegelwerk eine neue Siedlung und der Gemeinderat beschloss im Jahr darauf eine der dort entstandenen Straßen nach Mathias Brenner zu benennen. Der Name Brennerweg ist insofern besonders passend, da dieser auch das Areal des 1962 stillgelegten städtischen Ziegelwerks umläuft, auf dem sich heute die Sporthalle und das Bundesschulzentrum befinden, und wo einst die für den Wiederaufbau Mistelbachs benötigen Ziegel „gebrannt“ wurden.

Wo befindet sich der Brennerweg?

Quellen:

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Blog-Update

Die Arbeit am Blog besteht nicht nur aus neuen Beiträgen, sondern auch aus der laufenden Optimierung der bisher erstellten Beiträge – sei es durch inhaltliche Ergänzungen oder Richtigstellungen, weiteres Bildmaterial oder das Korrigieren von Tippfehlern. So konnten zB einige von der Nationalbibliothek schlecht gescannte Bilder der Eibesthaler Passionsspiele, nun durch bessere Aufnahmen ersetzt werden, wie dieser Vorher-nachher-Vergleich zeigt.

Aufgrund der Tatsache, dass weitere neue Bilder zu den Eibesthaler Passionsspielen aufgetaucht sind, und dieser ohnehin schon sehr große Teilbeitrag noch größer wurde, ist es Zeit diesen aus der Serie „Mistelbach in der Zeitung“ herauszulösen und als eigenen Beitrag unter der Kategorie „Ereignisse“ zu führen.

Weiters wurde der Blog vor ein paar Tagen um eine „Links“-Seite erweitert, die nützliche Links für Nachforschungen (Familien-, Vereins-, Lokalgeschichte etc.) auflistet. Auch die Links zu den Pfarrmatriken wurden auf Matricula „neu“ aktualisiert.

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Eibesthaler Passionsspiele (1898-1911)

1999 wurde in Eibesthal die alte Tradition der Passionsspiele wiederbelebt, und seither wird regelmäßig die Passionsgeschichte Christi mit geschnitzten Holzfiguren nachgestellt. Es war dies ein Anknüpfen an die zwischen 1898 und 1911 neunmal veranstalteten Passionsspiele, bei denen die Leidensgeschichte Christi von den Bewohnern Eibesthals als Laiendarstellern nachgespielt wurde. Für diese Aufführungen wurde eigens eine 30×20 Meter große und 800 Personen fassende Passionsspielhalle (siehe die Bildausschnitte aus Ansichtskarten rechts) hinter der Schule (heute: Kindergarten) errichtet.

Die Initiative zu diesen geistlichen Volksschauspielen, die zur damaligen Zeit neben den Passionsspielen im südböhmischen Höritz (Hořice na Šumavě) die einzigen in Österreich-Ungarn waren, ging vom damals in Eibesthal wirkenden Oberlehrer, und späteren Reichsratsabgeordneten Rudolf Wedra und dem Eibesthaler Pfarrer Franz Riedling aus. Die aufwendige Inszenierung und geschicktes Marketing hatten große Medienaufmerksamkeit zur Folge und so verhalfen zahlreiche Zeitungsberichte, den Passionsspielen zu überregionaler Bekanntheit. Teils mit eigenen Sonderzügen kamen tausende Besucher insbesondere aus Wien, darunter auch Prominenz (hoher Adel & Geistlichkeit, Bgm. Karl Lueger, …) und ausländische Gäste, sogar aus Übersee, nach Mistelbach, die sich dann weiter auf den Weg nach Eibesthal machten, um diesen Spielen beizuwohnen. Etwa 120 Personen, Bauern und Handwerker aus Eibesthal, wirkten an den Festspielen mit, die immer sonn- und feiertags meist im Zeitraum zwischen Mai und September aufgeführt wurden und deren Reinerträgnis dem Eibesthaler Kirchenbaufond zugeführt wurde. 1900 wurde nicht die Passion, also die Leidensgeschichte Christi, sondern andere bedeutende Szene aus dem Leben Jesu aufgeführt. Aus den Jahren 1899, 1900, 1904, 1907 und 1911 finden sich nachfolgende Bilder aus Zeitungsberichten.

Seit 1983 erinnert die Straßenbezeichnung Passionsweg an diese Tradition bzw. daran, dass unweit davon entfernt einst die Passionsspielhalle stand.

Mehr zur Geschichte der Eibesthaler Passionsspiele auf deren Homepage

1899:

Die Auferweckung des Lazarus„Die Auferweckung des Lazarus“

Christus nimmt Abschied von Maria„Christus nimmt Abschied von Maria“

Das Heilige Abendmahl„Das Heilige Abendmahl“

Die Kreuzigung Christi„Die Kreuzigung Christi“

1900:

Des heiligen Josef Traum„Des heiligen Josef Traum“

Der Tod des heiligen Josef„Der Tod des heiligen Josef“

Die Schatzung zu Bethlehem„Die Schatzung zu Bethlehem“

Die Huldigung an der Krippe„Die Huldigung an der Krippe“

Der zwölfjährige Jesus im Tempel„Der zwölfjährige Jesus im Tempel“

1904:

Darsteller der Eibesthaler Passionsspiele ca. 1900Darsteller der Eibesthaler Passionsspiele

Josef Kindl als ChristusJosef Kindl als Christus

Marie Fischer als Maria
Marie Fischer als Maria

Der Einzug in Jerusalem„Der Einzug in Jerusalem“

Christus am Ölberg„Christus am Ölberg“

Die Kreuzigung Christi„Die Kreuzigung Christi“

1907:

Die Geißelung„Die Geißelung“

 

Im Jahre 1907 wurden Szenen des Eibesthaler Passionspiels sogar auf der Titelseite einer großen Wiener Tageszeitung abgebildetIm Jahre 1907 wurden Szenen des Eibesthaler Passionspiels sogar auf der Titelseite einer großen Wiener Tageszeitung abgebildet

1911:

Fürsterzbischof Kardinal Dr. Nagl segnet bei seiner Ankunft die Einwohner von EibesthalFürsterzbischof Kardinal Dr. Nagl segnet bei seiner Ankunft die Einwohner von Eibesthal

Begrüßung des Ehrengastes Fürsterzbischof Kardinal Dr. Nagl bei der Eröffnung der Passionsspiele 1911Begrüßung des Ehrengastes Fürsterzbischof Kardinal Dr. Nagl bei der Eröffnung der Passionsspiele 1911

Im Bild rechts Kardinal Nagl unter den Zuschauern in der SpielhalleIm Bild rechts Kardinal Nagl unter den Zuschauern in der Spielhalle

Disput der Schriftgelehrten„Disput der Schriftgelehrten“

Die Fußwaschung„Die Fußwaschung“

Petrus verrät den Herrn„Petrus verrät den Herrn“

Erlösergruppe„Erlösergruppe“

Kreuzigung„Kreuzigung“

Bildnachweis:
Die Bilder 2-5 des Jahres 1904 stammen von Leopold Forstner, Mistelbach
Bilder des Jahres 1899: Heydenhauß & Robert, Wien
Die Urheber der sonstigen Bilder sind leider nicht bekannt.

Die gegenständlichen Fotos wurden veröffentlicht in:
Das interessante Blatt, 22. Juni 1899, S. 4 (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 2. Juli 1899, S.5 (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 2. Juli 1899, S. 4f (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 10. Juni 1900, S. 5f (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 31. August 1904, S. 4 (ONB: ANNO)
Das interessante Blatt, 22. August 1907, S. 3 (ONB: ANNO)
Illustrirtes Wiener Extrablatt, 18. August 1907, S. 1 (ONB: ANNO)
Wiener Bilder, 30. August 1911, S. 5 (ONB: ANNO) (exakt gleiches Bild nur als Zeichnung: Illustrierte Kronen Zeitung, 22. August 1911, S. 4 (ONB: ANNO))
Neuigkeits-Welt-Blatt, 24. August 1911 (38. Jg. – Nr. 192), S. 25 (ONB: ANNO)
Das interessante Blatt, 31. August 1911, S. 5 u. S. 9 (ONB: ANNO)

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Schoiber, Ernst

amtsführender Landesschulratspräsident Hofrat Ernst Schoiber

* 28.2.1908, St. Pölten
† 13.12.1990, Scheibbs

Ernst Schoiber erblickte als Sohn eines katholischen Vaters, Emmerich Schoiber – Werkmann bei den k.k. Staatsbahnen, und einer evangelischen Mutter, Antonie, geb. Litawsky, 1908 in St. Pölten das Licht der Welt. Er wurde gemäß dem Wunsch seiner Familie mütterlicherseits evangelisch getauft, trat jedoch bereits in jungen Jahren zum katholischen Glauben über. Durch einen Unfall verlor die Familie 1914 den Vater und Ernährer und um für sich und ihren Sohn den Unterhalt bestreiten zu können, arbeitete seine Mutter bei der im St. Pöltner Preßhaus befindlichen Filiale des Kolonialwaren- und Lebensmitteleinzelhandelsunternehmens Brüder Kunz, viele Jahre davon als Leiterin dieser Filiale.9

Nach dem Besuch der Volks- und Bürgerschule in St. Pölten absolvierte Schoiber die Ausbildung an der hiesigen Lehrerbildungsanstalt, die er 1927 mit der Reifeprüfung abschloss. Während seiner Zeit an der Lehrerbildungsanstalt wurde er Mitglied der katholischen Mittelschulverbindung Carolina St. Pölten, der er zeitlebens stets eng verbunden blieb. Aufgrund der damaligen schlechten wirtschaftlichen Verhältnisse war es für Junglehrer äußerst schwierig im Schuldienst Aufnahme zu finden und so konnte er erst drei Jahre nach Abschluss seiner Ausbildung den Lehrberuf tatsächlich ausüben. Zwischenzeitlich war er beim damaligen Nationalratsabgeordneten und späteren Bundeskanzler Dipl.-Ing. Julius Raab angestellt und für die christlich-soziale Partei tätig.

Ab 1930 wirkte Schoiber als Lehrer unter anderem an der Volksschule in St. Georgen am Steinfelde (heute Stadtteil St. Pölten), und nachdem er bereits vorher aushilfsweise an Hauptschulen unterrichtet und 1934 die Lehrbefugnis für diesen Schultyp erworben hatte, fortan an der Hauptschule für Knaben in St. Pölten. Im November 1935 schloss er die Ehe mit der Gastwirtstochter Maria Rauscheder10, und aus dieser Verbindung entstammten drei Kinder, wobei der älteste Sohn während des Krieges aufgrund Medikamentenmangels verstarb. Nach dem „Anschluss“ wurde Schoiber aufgrund seiner politischen Weltanschauung nach Scheibbs strafversetzt und 1942 nach sechswöchiger Ausbildung als Wehrmachtsoldat an die Ostfront entsandt. Nach seiner Rückkehr aus der russischen Kriegsgefangenschaft war er zunächst wieder als Hauptschullehrer in Scheibbs tätig, bevor er 1948 zum Leiter der Volks- und Hauptschule Steinakirchen ernannt wurde.

Unmittelbar nach seiner Heimkehr begann auch sein politisches Engagement bei der Österreichischen Volkspartei und neben seiner Tätigkeit als langjähriger Obmann der ÖVP-Bezirkspartei Scheibbs, gehörte Ernst Schoiber auch der Gemeindevertretung der Stadt Scheibbs an und zwar von 1955 bis 1960 als Stadtrat und von 1960 bis 1965 als Gemeinderat. Beruflich war seine nächste Station 1951 die Ernennung zum Bezirksschulinspektor des Bezirks Scheibbs und schließlich 1959 die Berufung zum amtsführenden Präsidenten des niederösterreichischen Landesschulrates. Als amtsführender Landesschulratspräsident – per Gesetz ist der Landesschulratspräsident der Landeshauptmann – diente er unter vier Landeshauptmännern und bekleidete dieses Amt bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand im Jahre 1975. Während seiner Amtszeit machte er sich besonders verdient um die Institutionalisierung der Lehrerfortbildung, die Reorganisation des Pflichtschulwesens in Niederösterreich, Umsetzung und Vollzug des Schulorganisationsgesetzes 1962, den Ausbau des mittleren und höheren Schulwesens und gilt als Vorkämpfer für die Schülerfreifahrt.

Weiters war Hofrat Schoiber von 1964 bis 1974 Abgeordneter zum niederösterreichischen Landtag für den politischen Bezirk Scheibbs und in Würdigung seiner vielfältigen Verdienste wurde er 1968 zum Ehrenbürger der Stadt Scheibbs ernannt.11 Bereits fünf Jahre vorher, nämlich 1963 wurde Schoiber für seinen besonderen Einsatz in Zusammenhang mit der Errichtung des musisch-pädagogischen Gymnasiums in Mistelbach zum Ehrenbürger der Stadt ernannt.


1990 verstarb Hofrat Schoiber im 83. Lebensjahr in Scheibbs. Im Jahr 2009 beschloss der Mistelbacher Gemeinderat die in einer neuen Siedlung zu errichtenden Straßen nach Ehrenbürgern aus der jüngeren Geschichte der Stadt Mistelbach zu benennen und seither existiert die Ernst Schoiber-Straße.

Wo befindet sich die Ernst Schoiber-Straße?

 

Bildnachweis:
Portraitfoto s/w: Hakala, Hans: 100 Jahre Hauptschule Zwettl-NÖ (1972), S. 75
Ehrenbürgerernennung: Erlaftal-Bote, 10/1968, S. 1
Portraitfoto Farbe: zVfg: wHR Dr. Walter Schoiber (Sohn)

Quellen:
-) Erlaftal-Bote, 10/1968, S. 1
-) Erlaftal-Bote, 10/1978, S. 9
-) Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, 1/1991, S. 4
-) Auskunft bzw. Lebenslauf zVfg: wHR Dr. Walter Schoiber (Sohn)
-) Niederösterreichisches Lehrerbuch 1932, S. 179
-) Niederösterreichisches Lehrerbuch 1935, S. 151
-) Niederösterreichisches Lehrerbuch 1954, S. 230
-) Eintrag zu Ernst Schoiber im Biographischen Handbuch des NÖ Landtages 1861–1921

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Lackner, Lucius

Geistl. Rat P. Lucius Lackner SDS

* 3.1.1884, Wang (Oberbayern)
† 26.4.1958, Mistelbach

Pater Lucius wurde als Sebastian Lackner gemeinsam mit seiner Zwillingsschwester Maria am 3. Jänner 1884 in die kinderreiche Familie des Landwirtsehepaares Josef und Maria Lackner im oberbayrischen Wang, Landkreis Freising, geboren.12 Am 3. März 1903 trat er als Klerikerkandidat in die Gesellschaft des göttlichen Heilands – den Salvatorianerorden – ein und erhielt den Ordensnamen Lucius. Sein Eintritt erfolgte im Studienhaus des Ordens in Tivoli bei Rom in dem er bis zu Beginn seines Noviziats im Oktober 1906 blieb, bevor er in das Mutterhaus des Ordens nach Rom übersiedelte, wo er ein Jahr später in den Händen des Ordensgründers Pater Franziskus Maria vom Kreuze Jordan die erste Profess ablegte. Von 1907 bis 1909 absolvierte er philosophische und von 1909 bis 1913 theologische Studien an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Zwei Jahre nach dem Ablegen der ewigen Profess wurde er am 10. August 1912 in der „ewigen Stadt“ zum Priester geweiht und war anschließend von 1913 bis zum Frühjahr 1915 in Porto Recanati, einer an der Adria gelegenen italienischen Kleinstadt nahe Ancona, in der Seelsorge tätig.

Der junge P. Lucius (rechts) mit Priesterkollegen, etwa zur Zeit des 1. Weltkriegs

1915 wurde Lackner in die österreichische Ordensprovinz entsandt und dieser Wechsel steht wohl in Zusammenhang mit dem in diesem Jahr erfolgten Kriegseintritt Italiens. Seine Wirkungsstätte war zunächst das Kollegium seines Ordens am Salvatorianerplatz in Wien-Favoriten samt der zugehörigen Pfarre „Zu den Heiligen Aposteln“ und die Knabenvolksschule Puchsbaumgasse sowie die Mädchenvolksschule Herzgasse (87) an denen er als Religionslehrer unterrichtete.13 Bereits im Jahr darauf wechselte er in das Salvatorianerkollegium am Schüttauplatz in Wien-Kaisermühlen und war als Seelsorger in der dortigen Herzjesu-Kirche tätig. Bis zu seiner Ernennung zum Kooperator (Kaplan) im Jahre 1923 war P. Lucius als Religionslehrer an folgenden Schulen tätig: 1916 an der Mädchenvolksschule Wolfgang-Schmälzl-Gasse in Wien-Leopoldstadt, 1917 an der Knabenbürgerschule Leystraße in Wien-Brigittenau, und ab 1918 an der Knabenbürgerschule Schüttaustraße in Kaisermühlen.14 Während seiner Zeit in Wien zeichnete er sich durch unermüdliche Tätigkeit als Katechet (Religionslehrer), Prediger und Vereinsorganisator aus und so wurde von der Ordensleitung beschlossen ihn als Pfarrverweser nach Mistelbach zu berufen und am Heiligen Abend des Jahres 1929 trat er seine neue Stelle als Stadtpfarrer von Mistelbach an. Sein Charakter wird in manchen Belangen als für einen Pfarrer eher untypisch beschrieben, doch unter seiner rauen Schale trug er ein goldenes Herz und seine Bescheidenheit, seine tiefe Frömmigkeit und nicht zuletzt sein urwüchsiger bayrischer Humor brachten ihm bald die Sympathien der Mistelbacher Bevölkerung ein. Ein besonderes Anliegen war ihm die Ausgestaltung des Gotteshauses und er scheute keinen der vielen notwendigen Bettelwege für die von ihm initiierte umfangreiche Renovierung der Pfarrkirche im Jahre 1935.

Ein Foto der Feierlichkeiten anlässlich des 25-jährigen Priesterjubiläums von P. Lucius im Jahr 1937

Sein Wirken als Oberhaupt der Mistelbacher Pfarre fiel in die schwere Zeit der NS-Herrschaft, während der 1940 das Kolleg beschlagnahmt wurde und das religiöse Leben stark eingeschränkt war. Als Ersatzquartier wurde der Ordensgemeinschaft ein Haus am Südtirolerplatz zugewiesen und Pater Lucius fand Aufnahme im Haus der Familie Edhofer in unmittelbarer Nähe zum Kolleg. Der Stadtpfarrer war insbesondere den bereits in der Illegalität aktiv gewesenen Nazis verhasst und mehrfach wurde P. Lucius zur Kreisleitung der NSDAP bzw. zur GESTAPO zitiert, unter anderem wegen des Ansetzens einer Jugendveranstaltung zeitgleich mit einer HJ-Veranstaltung.15 Als in den Apriltagen des Jahres 1945 die Rote Armee Mistelbach einnahm, öffnete er allen Schutzsuchenden, insbesondere den Frauen, die Tore des nach dem Abzug der Nazis wieder in Besitz genommenen Kollegs, und infolgedessen musste er die Erschießung seines Mitbruders P. Titus Helde durch einen sowjetischen Soldaten hautnah miterleben.16 Auch die folgenden Jahre der Besatzungszeit waren keineswegs einfach und die Beseitigung der schweren Kriegsschäden an der Pfarrkirche nur unter großer Anstrengung möglich. Die schwere Zeit zehrte an seiner Gesundheit und so musste er bereits 1948, das erst zwei Jahre zuvor übernommene Amt des Dechants des Dekanats Wilfersdorf, zu dem Mistelbach gehört, wieder zurücklegen. Trotz seines sich verschlechternden Seh- und Hörvermögens und weiterer körperlicher Leiden blieb P. Lucius auch nach dem Ende seiner Funktion als Stadtpfarrer 1949 unermüdlich in der Seelsorge in Mistelbach tätig.

Nach langem schwerem Leiden verstarb P. Lucius 1958 und wurde im hinter dem Hochaltar gelegenen Priestergrab an der Außenmauer der Pfarrkirche beigesetzt. 2003 beschloss der Mistelbacher Gemeinderat einer im Gewerbegebiet hinter der M-City gelegenen Straße den Namen Luzius Lackner-Straße zu verleihen.


Wo befindet sich die Luzius Lackner-Straße?

 

Bildnachweis:
Bild 2 & 3 mit freundlicher Genehmigung von Fr. Christa Jakob

Quellen:
-) Mistelbacher Bote, Nr. 27/1952, S. 3
-) Mistelbacher Laaer Zeitung, Nr. 27/1952, S. 2 (in diesem aus Anlass seines 40-jährigen Priesterjubliäums erschienen Artikel ist fälschlicherweise der 3. Juli 1884 als Geburtsdatum angeführt)
-) Mistelbacher Bote, Nr. 19/1958, S. 3
-) Mistelbacher Laaer Zeitung, Nr. 19/1958, S. 2
-) Mitteilungen der Salvatorianer, Nr. 9, November 1957, S.25f
-) Mitteilungen der Salvatorianer, Nr. 11, November 1958, S.26f
-) Auskunft P. Peter van Meijl SDS, Ordenshistoriker und Provinzarchivar des Salvatorianerordens in Österreich
-) Jakob, Christa: Bewegte Geschichte – 90 Jahre Salvatorianer in Mistelbach (2014), Band XIII der Reihe Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart

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Freund, Thomas

Landtagsabgeordneter Bürgermeister Kommerzialrat Thomas Freund

* 26.7.1850, Laa a.d. Thaya
† 20.1.1937, Mistelbach

Der 1850 als Sohn des Laaer Bürgers Joseph Freund und dessen Gattin Barbara, geb. Hackel, in Laa a.d. Thaya geborene Thomas Freund17 kam 1876 nach Mistelbach und erwarb das Haus Hafnerstraße 11 (heute: Möbel Rieder). Hier eröffnete er nach großzügigem Um- und Ausbau seine Warenhandlung und bei Freund konnte man neben Waren des täglichen Bedarfs, von Süßigkeiten über Schießpulver, Chemikalien, Textilien, Spielkarten und Petroleum, beinahe alles Erdenkliche bekommen. In den Jahren 1900/1901 und nach einer Unterbrechung erneut im Zeitraum von 1909 bis 1916 führte sein Unternehmen auch eine Filiale in Zistersdorf.18 1877 ehelichte er Anna Selbach, die Tochter des Mistelbacher Riemermeisters Michael Selbach, und aus dieser Ehe sollten vier Kinder hervorgehen.19

Das Warenhaus Freund (heute: Möbel Rieder) an der "Frohner"-KreuzungDas Warenhaus Freund etwa 1900

Nach der Gemeinderatswahl im Juni 1885 zog Freund als Vertreter der deutschnationalen Bewegung erstmalig in den Mistelbacher Gemeinderat ein.20 Die darauffolgende Gemeinderatswahl im Jahr 1888 brachte einen großen Wahltriumph für die Deutschnationalen, infolgedessen sie auch den Bürgermeistersessel beanspruchten. Nachdem der klare Favorit für das Amt des Bürgermeisters bekannt gab für diese Aufgabe nicht zur Verfügung zu stehen, wurde im Zuge der konstituierenden Gemeinderatssitzung der Tischlermeister Bernhard Steiner zum Bürgermeister gewählt. Doch nach nur zwei Monaten legte Steiner das Amt aufgrund parteiinterner Streitigkeiten zurück. Nach diesen beiden Personalien wurde schließlich Freund im Oktober 1888 zum neuen Bürgermeister gewählt, doch die Wahl eines „Zuagroasten“ zum Stadtoberhaupt war umstritten und viele zweifelten an seiner Fähigkeit die Stadt bzw. den zerstrittenen Gemeindeausschuss führen zu können.21 Bürgermeister Freund konnte sich jedoch erfolgreich behaupten und mit ihm begann eine Reihe von nicht in Mistelbach geborenen Bürgermeistern, die mit geringfügigen Unterbrechungen knapp 120 Jahre währte. Während seiner Amtszeit wurde die Infrastruktur der Stadt (Wasser- und Gasleitungsnetz, Straßenpflasterungen) stark ausgebaut und unter anderem wurden folgende bedeutende Einrichtungen geschaffen: Neuanlage des Friedhofs (1891), Neuanlage des Stadtparks (1895), Notspital (1896), Winzerschule (1898), Knaben Volks- und Bürgerschule (1898), städtische Badeanstalt (1899), neues Rathaus (1901), Gaswerk (1902), Neubau Elisabethkirche (1905), Landesbahnen (1906), Bezirkskrankenhaus (1909) und Waisenhaus (1910). Wie damals üblich, stand er während seiner Zeit als Bürgermeister stand auch der städtischen Sparkasse als Direktor vor, die die Finanzierung der oben genannten Projekte ermöglichte. Mehrere Angehörige des Kaiserhauses übernachteten anlässlich von Besuchen in Mistelbach in der über dem Geschäft gelegenen Wohnung des Bürgermeisters und folgende Personen zählten zu den Gästen der Familie Freund: Erzherzog Rainer im Juli 189622, Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand im September 1902 und Erzherzog Leopold Salvator (190623 & 191224). Franz Ferdinand soll als er gemeinsam mit seinem Quartiergeber dessen Wohnung betrat, bemerkt haben: „Schöner habe ich es ja zuhause nicht“.25 Im Jahre 1905 wurde Freund die hohe Ehre einer persönlichen Audienz bei Kaiser Franz Joseph I. zuteil, bei der dieser seine großen Verdienste um die Entwicklung der Stadt Mistelbach lobte.

1908 stiftete Freund anlässlich seines zwanzigjährigen Jubiläums als Bürgermeister von Mistelbach eine Bürgermeisterkette aus vergoldetem Silber, deren Anhänger die anlässlich des 60-jährigen Regierungsjubiläums des Kaisers gestiftete niederösterreichische Bürgermeistermedaille bildete.

Die von Bürgermeister Freund gestiftete Bürgermeisterkette im Jahr 2019Bürgermeister Freund mit der von ihm gestifteten Bürgermeisterkette im Jahre 1908

Links: die von Bürgermeister Freund gestiftete Bürgermeisterkette in ihrer heutigen Form (ursprünglich waren alle Teile der Kette vergoldet), rechts: Freund mit Bürgermeisterkette im Jahr 1908

Freund gehörte zu den gemäßigten Deutschnationalen und nach eigenen Angaben 1895 zu den Mitbegründern der Deutschen Volkspartei (DVP), die sich von der radikalen Schönerer-Bewegung abgespalten hatte.26 Mit dem Aufstieg der Christlichsozialen Partei im niederösterreichischen Landtag zu Beginn des 20. Jahrhunderts versank die DVP jedoch bald in der Bedeutungslosigkeit. Dies hatte zur Folge, dass sich einige Mitglieder des Mistelbacher Gemeindeausschusses (=Gemeinderat), der zuvor klar von deutschnationaler Gesinnung geprägt war, unter Führung von Bürgermeister Freund mehr und mehr den Christlichsozialen zuwandten. So traten etwa Deutschnationale und Christlichsoziale gemeinsam als „Vereinigte Bürgerpartei“ bei der Gemeinderatswahl 1905 an, unter anderem auch um mit vereinten Kräften dem befürchteten Aufstieg der Sozialdemokraten Vorschub zu leisten. Dieser Prozess gipfelte schließlich darin, dass sich Freund für die Landtagswahlen im Herbst 1908 von der christlichsozialen Partei als Kandidat aufstellen ließ. Die Christlichsoziale Wahlpropaganda proklamierte ihn schließlich zum Kompromisskandidaten der Christlichsozialen und Deutschnationalen, um die Stimmen der beiden Lager zu bündeln.27 Hierzu muss festgehalten werden, dass das deutschnationale Lager bereits damals in mehrere Strömungen und Parteien zersplittert war. Einige zeitgenössische Zeitungsberichte überregionaler Blätter, darunter auch einige mit (radikal) deutsch-nationaler Ausrichtung, behaupten hingegen: die Wahlmännerversammlung die Freund zum vermeintlichen „Kompromiss“-Kandidaten wählte, habe lediglich aus Angehörigen der Christlichsozialen Partei bestanden und somit sei die Verkündung einer Kompromisskandidatur eine Erfindung bzw. eine wahltaktische Finte der Christlichsozialen.28 Derartigen Vorhaltungen entgegnete Freund, dass es sich hierbei um „Hetzereien“ einiger liberaler, sozialdemokratischer und einzelner radikalnationaler Zeitungen handle und sich die Christlichsoziale Partei als Vertreterin nationaler Interessen bewährt habe.29 Schließlich konnte er sich bei der Landtagswahl im Städtewahlkreis Mistelbach (Mistelbach-Feldsberg-Laa/Thaya-Zistersdorf) erfolgreich durchsetzen30 und gehörte ab der Konstituierung zu Beginn des Jahres 1909 dem Landtag als Vertreter der Christlichsozialen Partei an. Grundsätzlich hätte die Legislaturperiode regulär bis Jänner 1915 gedauert, allerdings wurde der Landtag nach dem Attentat von Sarajevo und dem bald darauffolgenden Ausbruch des 1. Weltkriegs nicht mehr einberufen. Da während des Krieges auch keine Wahlen ausgeschrieben wurden, endete die Amtsdauer der Mandatare mit Ablauf der Legislaturperiode ersatzlos. Von November 1918 bis Mai 1919 war Freund Mitglied der provisorischen Landesversammlung für Niederösterreich, der alle Abgeordneten des letzten gewählten Landtags und die Reichsratsabgeordneten aus Niederösterreich angehörten. Bei der historisch bedeutsamen konstituierenden Sitzung dieses Gremiums am 5. November 1918, bei der die grundlegenden Weichen für den Übergang vom Kronland zum Bundesland der kurz darauf ausgerufenen Republik gestellt wurden, war Freund (so wie zahlreiche andere Abgeordnete auch) jedoch nicht anwesend.31

Freunds Parteiwechsel vor der Landtagswahl 1908 bzw. die offenbar einseitige Ausrufung zum Kompromisskandidaten sorgte für gehörige Verstimmung in den deutschnationalen Kreisen in Mistelbachs und ihren Vertretern im Gemeindeausschuss (=Gemeinderat), und er galt einigen nun als Überläufer und Opportunist. Einer von Freunds christlichsozialen Parteikollegen bestreitet in seinen Memoiren, dass Freund aus persönlichen, opportunistischen Motiven zu den Christlichsozialen gewechselt sei, sondern lediglich auf wirksamste Weise die Interessen der Stadt vertreten wollte.32 Besonders nach der für die Christlichsozialen unerwarteten, empfindlichen Niederlage im Mistelbacher Städtewahlkreis bei den Reichsratswahlen im Juni 1911, wendete sich das Blatt gegen Freund und um der sich abzeichnenden schweren Niederlage bei den bevorstehenden Gemeinderatswahlen zu entgehen, legte Freund das Amt des Bürgermeisters mit 2. August 1911 zurück.33 Tatsächlich wurde die Gemeinderatswahl im September desselben Jahres für die Christlichsozialen zu einer vernichtenden Niederlage, während die Deutsch-Freiheitlichen, die auch bei der Reichratswahl obsiegten, erneut triumphierten und deren Kandidat Josef Dunkl jun. wurde zum neuen Bürgermeister gewählt. Es war dies das wenig ruhmreiche Ende seiner 23 Jahre währenden Tätigkeit als Bürgermeister und Direktor der städtischen Sparkasse, ohne die anlässlich des Ausscheidens sonst üblichen Ehrungen und Würdigungen seiner Verdienste. Doch wirkte Freund weiterhin als Landtagsabgeordneter für die Stadt Mistelbach und auch nach dem Ende seiner politischen Mandate war er unter anderem im Bezirksschulrat, als Obmann des Landeskindergartens und als Funktionär in Gewerbeverbänden für das Gemeinwohl aktiv. Etwa im Jahr 1912 ließ Freund sich seinen Alterssitz in Form eines Prachtbaus auf dem Grundstück Mitschastraße 11 errichten, die sogenannte „Freundvilla“ (heute: Dr. Schwelle/Dr. Götzendorfer).34

Das Ehepaar Freund feierte 1927 Goldene HochzeitDas Ehepaar Freund feierte 1927 Goldene Hochzeit

1927 wurde er zum Ehrenbürger Mistelbachs ernannt und feierte in diesem Jahr auch die goldene Hochzeit mit seiner Gattin Anna. Drei Jahre später wurde ihm vom Bundespräsidenten der Titel eines Kommerzialrates verliehen.35 Am 20. Jänner 1937 verstarb Altbürgermeister Thomas Freund im Alter von 86 Jahren in seiner Villa und wurde drei Tage später auf dem Mistelbacher Friedhof beerdigt.36 1954 wurde seine letzte Ruhestätte durch Gemeinderatsbeschluss zum Ehrengrab erklärt.

Das Warenhaus „Thomas Freund“ wurde von 1914 bis 1942 von seinem Sohn Rudolf geführt und danach von dessen Witwe Elsa.37 1955 übernahm schließlich Freunds Enkeltochter Hilda (verehelichte Kautz) den Betrieb von ihrer Mutter und wandelte diesen 1957 in die Möbelhandlung „Freund & Kautz“ um, die bis etwa 1986 bestand.38

Ob die frühere Schulgasse noch in seinen letzten Lebensjahren oder erst unmittelbar nach seinem Ableben in Thomas Freund-Gasse benannt wurde, ließ sich bisher leider nicht eruieren. Eine Umbenennung kann erst nach 1934 erfolgt sein, aber bereits in einem Nachruf im Mistelbacher Bote wird der neue Name der Gasse erwähnt.39

Wo befindet sich die Thomas Freund-Gasse?

Quellen:

-) Eintrag zu Thomas Freund im Biographischen Handbuch des NÖ Landtages 1861–1921
(Die Information, dass Freund als Abgeordneter zunächst der Deutschen Volkspartei angehörte und erst später zur christlichsozialen Partei wechselte ist unter Anbetracht der Umstände seiner Kandidatur, die durch zahlreiche obig zitierte Zeitungsberichte dokumentiert ist, als falsch anzusehen. Er stellte sich zur Wahl als Kandidat der christlichsozialen Partei, und trat dieser unmittelbar nach seiner erfolgreichen Wahl auch bei.)
-) Spreitzer, Prof. Hans: „Mistelbachs Straßen- und Gassennamen“ in: Mistelbacher-Laaer Zeitung, 24. September 1955, S. 2 (Die Angabe, dass die gegenwärtige Bezeichnung erst seit 1945 eingeführt wurde, ist falsch.)
-) Prof. Spreitzer, Hans: Der Bezirk Mistelbach und seine Abgeordneten im nö. Landtag in Heimat im Weinland – Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach (1961), S. 108 (Anm.: Die Angabe Freund sei erst 1888 in den Mistelbacher Gemeinderat eingezogen ist nicht korrekt, tatsächlich zog er bereits 1885 in dieses Gremium ein – wie im Text oben zitierte Quellen belegen)

Bildnachweis:
-) Portrait: Museumsarchiv der Stadt Mistelbach
-) Warenhaus Freund: Ausschnitt einer Ansichtskarte von L. Forstner, aus der Sammlung von Herrn Gerhard Lichtl, digitalisiert von Otmar Biringer
-) Bürgermeisterkette: zVg Stadtgemeinde Mistelbach
-) Freund im Jahr 1908: Tenger, Ignaz: Österreichischer Bürgermeister-Almanach – 1848 – 1908; Jubiläums-Widmung zur Feier des 60jährigen Regierungs-Jubiläums Sr. k.u.k. a. M. Franz Josef I. (1908) (Digitalisat NÖ Landesarchiv)
-) Freund mit Gattin: Das interessante Blatt, 24. Februar 1927, S. 8 (ONB-ANNO)

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Bayer, Franz

Bürgermeister Regierungsrat Franz Bayer

* 5.6.1909, Hagenberg
† 24.9.1992, Mistelbach

Franz Bayer wurde 1909 als Sohn des Hagenberger Landwirts Franz Bayer und dessen Gattin Elisabeth, geb. Höbert, geboren.40 Er besuchte die einklassige Volksschule in seinem Heimatort Hagenberg, und aufgrund seiner guten schulischen Leistungen wurde ihm der Besuch des Gymnasiums nahegelegt. Für Bauernkinder bot oftmals die Kirche die einzige Möglichkeit zu damals kostspieliger höherer Bildung zu gelangen und so wurde Bayer Zögling im erzbischöflichen Knabenseminar Hollabrunn und besuchte dort das hiesige humanistische Gymnasium. Während seiner Zeit im Knabenseminar reifte in ihm der Entschluss Priester zu werden, und so trat er nach dem Ablegen der Reifeprüfung 1929 in das Priesterseminar der Erzdiözese Wien ein. Gleichzeitig inskribierte er sich im Wintersemester 1929/30 an der Universität Wien für das Studium der katholischen Theologie, und zu seinen Professoren an der theologischen Fakultät zählte der spätere Kardinal Theodor Innitzer.41 Im Sommer 1932 erkrankte er jedoch an einer schweren Lungentuberkulose, die lange Krankenhaus- und Kuraufenthalte zur Folge hatte, und während seiner langwierigen Genesung hatte er viel Zeit über seine weitere Lebensplanung nachzudenken und entschied sich schlussendlich, trotz bereits recht weit fortgeschrittenem Studium, gegen eine geistliche Laufbahn und für einen profanen Lebensweg.

Er fand daraufhin 1934 Anstellung als Buchhalter bei der Mistelbacher Genossenschaftsmolkerei und bezog ein Zimmer in der Wohnung der Eltern von Dr. Leopold Kautz, mit dessen Familie ihn zeitlebens eine enge Freundschaft verbinden sollte. Zu dieser Zeit begann auch sein Engagement bei den Mistelbacher Vereinen und er war damals unter anderem beim christlich-deutschen Turnverein aktiv. 1938 ehelichte er Theresia Misch und dieser Verbindung sollten vier Kinder, eine Tochter und drei Söhne, entstammen.42 Von 1943 bis 1945 musste er seinen Dienst als Soldat der Deutschen Wehrmacht leisten und er geriet bei Rückzugsgefechten im Baltikum zu Ende des Krieges in russische Kriegsgefangenschaft. Die Gefangennahme verhinderte das Erreichen des Schiffes mit dem seine Einheit in Richtung Westen evakuiert werden sollte, doch dieses Schiff wurde auf seiner Fahrt versenkt und dies hätte ihn vermutlich sein Leben gekostet. Bis zu seiner Freilassung aus der Kriegsgefangenschaft im November 1947 musste er in einem Ölschieferbergwerk im Ural Zwangsarbeit verrichten.43

Als er nach Mistelbach zurückkehrte war seine dringendste Aufgabe der Wiederaufbau seines im Krieg zerstörten Hauses, um seiner Familie wieder ein Heim zu geben. Er kehrte in seinen Beruf in der Mistelbacher Molkerei zurück und nahm wieder regen Anteil am Mistelbacher Vereinsleben. Er war unter anderem Mitglied im Verschönerungsverein, gehörte dem Pfarrkirchenrat an, engagierte sich bei der Österreichischen Jugendbewegung (Vorläufer der JVP) und im ÖAAB, und war einer der Gründer und erster Obmann der 1948 gegründeten Turn- und Sportunion Mistelbach.

Bgm. Bayer als Gründungsmitglied der katholischen Studentenverbindung „Falkenstein“ Mistelbach 1965

1950 wurde der Gemeinderat erstmals nach dem Krieg wieder durch das Volk gewählt und in der Folge wurde der ÖAABler Bayer, als Kompromisskandidat der ÖVP-Bünde, im Gemeinderat zum Bürgermeister gewählt. Zwei der wichtigsten Aufgaben zu Beginn seiner Amtszeit waren der Siedlungsbau (Am Schloßberg, Bahnzeile, Totenhauer), um die Wohnungsnot zu lindern und die Zuteilung, der für die (Wiederauf-)Bautätigkeit notwendigen und damit sehr begehrten Ziegel aus der gemeindeeigenen Ziegelfabrik. Auch die Zusammenarbeit bzw. der Umgang mit der sowjetischen Besatzungsmacht war eine schwierige Herausforderung, bei der ihm seine in der Kriegsgefangenschaft erworbenen Russischkenntnisse nutzten. Auch sein ältester Bruder, Mathias Bayer, bekleidete das Amt des Bürgermeister von Hagenberg von 1942 bis 1960.44

Nachfolgend ein paar Aufnahmen, die Bayer während seiner Amtszeit als Bürgermeister zeigen:

Bürgermeister Bayer - Wahlkampf-Werbefoto 1960er JahreBürgermeister Bayer – Wahlkampf-Werbefoto 1960er Jahre

Anfang der 50er Jahre: P. Otto Bader, Kardinal Innitzer, Bgm. Bayer

Bundespräsident Schärf und Landeshauptmann Figl in Mistelbach anlässlich deren Ernennung zu Ehrenbürgern Mistelbachs 1964, rechts Bgm. Bayer

Bgm. Bayer mit Dr. Kreisky bei einem Besuch im Mistelbacher Krankenhaus 1966

Bgm. Bayer hält die Eröffnungsrede anlässlich der 24. niederösterreichischen Feuerwehrleistungsbewerbe, die von 5.-7. Juli 1974 in Mistelbach stattfanden

Das Amt des Bürgermeisters bekleidete er bis 1975, und allein dies ist schon Zeugnis seiner großen Popularität in der Bevölkerung, für deren Sorgen und Nöte er immer ein offenes Ohr hatte. In dem Vierteljahrhundert in dem er die Geschicke der Stadt lenkte, wurde der Grundstein für den Aufstieg Mistelbachs zum Zentrum des Weinviertels gelegt und der Wiederaufbau bzw. Ausbau der Infrastruktur, die Errichtung von Schulen, Weinlandbad und Markthalle, sowie die Gemeindefusion zur heutigen Großgemeinde Mistelbach sind nur ein kleiner Auszug seiner bedeutenden Leistungen für die Stadt. Beruflich wechselte er 1957 von der Molkerei in das Mistelbacher Krankenhaus, wo er bis zu seiner Pensionierung 1976 als Verwaltungsdirektor wirkte und dessen enormen Ausbau er maßgeblich mitprägte.

Anlässlich seines Ausscheidens als Bürgermeister wurde ihm 1975 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Mistelbach mittels einstimmigem Gemeinderatsbeschluss verliehen und auch zahlreiche andere hohe Auszeichnungen wurden ihm, der sich stets in den Dienst des Gemeinwohls stellte und sich vielseitig engagierte, zuteil.45 Auch im Ruhestand war er weiter im Gemeinschaftsleben der Stadt aktiv, beispielsweise als langjähriger Obmann des von ihm gegründeten Sozialhilfevereins und des Stadtchores. Darüber hinaus verfasste er gemeinsam mit Prof. Hans Spreitzer die 1968 in der heimatkundlichen Beilage zum Amtsblatt der BH Mistelbach veröffentlichte Ortsgeschichte seines Geburtsortes Hagenberg und auch für die von ihm mitinitiierte, seit 1962 erscheinende Schriftenreihe „Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart“ verfasste er einige Beiträge. 1992 verstarb Altbürgermeister Franz Bayer und wurde in einem Ehrengrab auf dem Mistelbacher Friedhof beerdigt. Vier Jahre nach seinem Tod beschloss der Mistelbacher Gemeinderat in Würdigung seiner großen Verdienste einer Straße den Namen Franz Bayer-Straße zu verleihen.

Altbürgermeister Franz Bayer in seinen letzten LebensjahrenAltbürgermeister Franz Bayer in seinen letzten Lebensjahren

Wo befindet sich die Franz Bayer-Straße?

 

Quellen (& Anmerkungen):

-) Gemeindezeitung – Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 4 (fälschlicherweise als Nr. 2 bezeichnet), 1989, S. 5
-) Gemeindezeitung – Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 10, 1992, S. 1f
-) Gespräch mit Fr. Elisabeth Holzer, Tochter von Franz Bayer, im Februar 2017
-) Weinviertler Nachrichten, 24/1959, S. 3 (Portrait der Woche)

Bildnachweis:
zVg von RegR Alfred Englisch u. Stadtgemeinde Mistelbach
Brand Aus – Mitteilungen des niederösterreichischen Landesfeuerwehrverbandes, Heft 8, 1974, S. 280
Krankenhaus Mistelbach (Hrsg.): Festschrift 50 Jahre Krankenhaus Mistelbach (1960)

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— Blogpause —

In den kommenden Wochen pausiert mi-history.at.
Neue Beiträge werden wieder ab Mitte März veröffentlicht.

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Koch, Dr. Bernhard

Hofrat Univ.-Prof. Dr. Bernhard Koch

* 18.7.1920, MistelbachEntwurf für ein Gemälde in der Direktion des Münzkabinetts im Kunsthistorischen Museum Wien
† 26.5.1994, Wien

Dr. Bernhard Koch wurde als Sohn des Fleischhauer und Selchermeisters Bernhard Koch und dessen Gattin Rosa, geb. Eybel, in Mistelbach geboren.46 Er entstammt der Mistelbacher Fleischhauer-Dynastie Koch, die dieses Handwerk nachweislich bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts und bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts in Mistelbach ausübte. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts und dann neuerlich etwa ab Beginn der 1950er Jahre war der Betrieb jedoch verpachtet. Ab 1875 waren die Koch Fleischhauer im Haus Marktgasse Nr. 4 ansässig und so bürgerte sich für die Marktgasse die umgangssprachliche Bezeichnung „Kochgassl“ ein, die auch heute noch älteren Mistelbachern ein Begriff ist. Die Fleischerei befand sich am Ende der Gasse bei deren Einmündung in die Franz Josef-Straße (heute: Würstelstand), und 1966 wurde das Gebäude abgetragen, um die ursprünglich schmale Marktgasse auf ihre heutige Größe zu verbreitern. Kochs Vater gehörte von 1928 bis 1938 als Vertreter der Christlich-Sozialen dem Mistelbacher Gemeinderat an und Bernhard Koch zählte zu den ersten Pfadfindern der 1930 vom Salvatorianerpater Otto Bader gegründeten Mistelbacher Pfadfindergruppe.47

Bernhard Koch (roter Pfeil) als Mitglied der Mistelbacher Pfadfinder im Gründungsjahr 1930Bernhard Koch (roter Pfeil) als Mitglied der Mistelbacher Pfadfinder im Gründungsjahr 1930

Nach dem Besuch der Volksschule und der ersten Klasse der Hauptschule in Mistelbach, wechselte Bernhard Koch 1931 an das Bundesrealgymnasium in Mödling, wo er im Mai 1938 die Reifeprüfung ablegte. Im Herbst desselben Jahres begann er ein Studium an der philosophischen Fakultät der Universität Wien in den Fächern Geografie, Germanistik, Geschichte und Kunstgeschichte. Anfang Dezember 1940 wurde Koch zur deutschen Wehrmacht einberufen, wo er bei verschiedenen Truppenteilen der 262. Infanterie-Division seine Ausbildung absolvierte bzw. als einfacher Schütze an der Ostfront eingesetzt wurde. Nachdem er als Soldat der 12. Kompanie des Infanterie-Regiments 486 um die Jahreswende 1941/42 – vermutlich bei Kämpfen vor Moskau – Erfrierungen an den Füßen erlitten hatte, die auch von Entzündungen an den Waden und einer Furunkulose begleitet waren, folgten Lazarettaufenthalte in Krakau und Wien. Danach war Koch zunächst Teil der in Wels stationierten Genesungs-Kompanie des Grenadier-Ersatz-Bataillon I/486, ehe er wieder zu seiner Stammkompanie und damit an den östlichen Kriegsschauplatz zurückkehrte.48 Im weiteren Verlauf des Krieges geriet er in russische Gefangenschaft, aus der er jedoch bereits im August 1945 wieder freikam. So konnte er im Wintersemester 1945 sein Studium fortsetzen und gleichzeitig mit der Wiederaufnahme des Studiums besuchte er auch den Kurs des Instituts für österreichische Geschichtsforschung, den er 1948 mit der Staatsprüfung abschloss. Bereits im Juli 1946 wurde er an der Universität Wien zum Dr.phil. promoviert und seine Dissertation trug den Titel „Wirtschaftsgeschichte Mistelbachs im 17. und 18. Jahrhundert“.

Ab 1946 war er als wissenschaftliche Hilfskraft bzw. im wissenschaftlichen Dienst an der Bundessammlung von Medaillen, Münzen und Geldzeichen des Kunsthistorischen Museums Wien, dem sogenannten Wiener Münzkabinett, tätig. Im Jahr 1954 wurde er zum Kustos ernannt und ab 1968 als Direktor mit der Leitung dieser Sammlung betraut. Ab 1973 war er Vertreter des Direktors des Kunsthistorischen Museums und in den Jahren 1976/77 auch interimistischer Leiter der ägyptisch-orientalischen Sammlung dieser Institution. Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit war das österreichische Münzwesen des Mittelalters, und zu diesem Thema veröffentlichte er zahlreiche Publikationen, wobei sich insbesondere seine Monographie zum Wiener Pfennig als Standardwerk etablierte.

Univ.-Prof. Dr. Bernhard Koch in den 1980er Jahren

Ab 1973 war er auch als Universitätsdozent an der Universität Wien tätig und überdies Lehrbeauftragter für Münz- und Medaillenkunde an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Mit Ende des Jahres 1985 trat er als Direktor des Münzkabinetts in den Ruhestand, aber natürlich endete damit nicht seine wissenschaftliche Tätigkeit und im darauffolgenden Jahr wurde ihm der Berufstitel „ordentlicher Universitätsprofessor“ verliehen. Seine hervorragenden Leistungen im Bereich der Numismatik wurden durch zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen gewürdigt, so war er etwa Mitglied der österreichischen Akademie der Wissenschaften und unter anderem Träger des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse. Über Jahrzehnte engagierte er sich in verschiedenen Funktionen im Vorstand der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft, der er von 1985 bis zum seinem Tode als Präsident vorstand. Auch der Jury des Finanzministeriums, die mit der Auswahl der Entwürfe für in Österreich herausgegebene Gedenkmünzen betraut war, gehörte er an.

Gedenkmedaille, die Dr. Koch anlässlich seines Übertritts in den Ruhestand gewidmet wurdeGedenkmedaille, die Dr. Koch anlässlich seines Übertritts in den Ruhestand gewidmet wurde

Zu besonderen Anlässen, wie beispielsweise den Feierlichkeiten zu 100 Jahre Stadterhebung (1974) oder dem 100 Jahr-Jubliäum der Sparkasse Mistelbach verfasste er wirtschafts- bzw. geldgeschichtliche Beiträge über seine Geburtsstadt, die in Festpublikationen bzw. der heimatkundlichen Schriftenreihe „Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart“ veröffentlicht wurden. Weiters stammt der im Jahr 1976 zu Mistelbach veröffentlichte Beitrag in der von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften herausgegebenen Buchreihe „Österreichisches Städtebuch“ von Dr. Koch.

Aus der 1963 mit der AHS-Professorin Dr. Edith Schlemmer geschlossenen Ehe entstammt ein Sohn und gemeinsam mit seiner Familie wohnte Dr. Koch in einer Wohnung im 4. Wiener Gemeindebezirk. Nach seinem unerwarteten Ableben im Mai 1994 wurde er im Familiengrab auf dem Mistelbacher Friedhof beerdigt. 2001 beschloss der Gemeinderat der Stadt Mistelbach eine Straße nach Dr. Koch zu benennen, und somit wurde just zu jener Zeit als die informelle Bezeichnung „Kochgassl“ immer mehr in Vergessenheit geriet, zufällig eine „offizielle“ Koch-Gasse, die Dr. Bernhard Koch-Gasse, geschaffen.

Wo befindet sich die Dr. Bernhard Koch-Gasse?

 

Bildnachweise:
-) gezeichnetes Portrait: Numismatische Zeitung, Jg. 103, 1995, S. 7-8
-) Foto Pfadfinder Mistelbach: Göstl-Archiv

Quellen:
-) Prof. Hans Spreitzer: Das Kochgassl in Mistelbach in Vergangenheit und Gegenwart, Heimatkundliche Beilage der Stadtgemeinde Mistelbach, Band I (1962-1969), S. 281f
-) Mitteilungsblatt der Museen Österreichs. Ergänzungsheft 8, 1965, S. 106 ff.
-) Mitteilungen der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft, Bd. XXX – Nr. 3, 1990, S. 41
-) Mitteilungen der Österreichischen Numismatischen Gesellschaft, Bd. XXXIV – Nr. 3, 1994, S. 45f
-) Jungwirth, Helmut: Nachruf Hofrat i.R. Univ.-Prof. Dr. Bernhard Koch in: Unsere Heimat – Zeitschrift für Landeskunde von Niederösterreich, Jahrgang 65/1994, S. 287ff (Online in den Beständen der Landesbibliothek)
-) Numismatische Zeitung, Jg. 103, 1995, S. 7-8
-) Wien Geschichte Wiki: Dr. Bernhard Koch
-) Bibliographie von Univ.-Prof. Dr. Bernhard Koch auf der Webseite des Instituts für Numismatik und Geldgeschichte der Universität Wien

 

 

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Trestler, Johann

Meisterringer Hans Trestler

* 27.10.1887, Martinsdorf (bei Gaweinstal)
† 30.8.1926, Wien

Johann Trestler wurde als Sohn des aus Mistelbach stammenden Kleinhäuslers Anton Trestler, und dessen Gattin Johanna, geb. Mittermaier, in Martinsdorf geboren.49 Dort, im Heimatort seiner Mutter, verbrachte er gemeinsam mit seiner Familie die ersten Lebensjahre, bis diese spätestens 189750, also in seinem zehnten Lebensjahr, nach Mistelbach übersiedelte. Dies wird auch durch einen Nachruf im Mistelbacher Bote bestätigt, im dem erwähnt wird, dass er den Großteil seiner Jugend hier verbrachte und laut überlieferten Erzählungen seines Freundes und Ringerkollegen, Franz Doberl, soll Trestler bereits in jungen Jahren über eine unbändige Kraft verfügt haben.51 Somit dürfte er auch seine Installateur-Lehre hier absolviert haben und gemäß des damals gültigen Heimatrechts besaß er jedenfalls auch noch 1915 das Heimatrecht der Stadt und war „nach Mistelbach zuständig“.52 Nach dem Lehrabschluss führte ihn sein Weg zunächst nach Deutschland, wo er erstmals mit dem Ringsport in Berührung kam.

Danach zog er in die Reichshauptstadt Wien, wo er seinen erlernten Beruf ausübte, und ab 1910 im Amateurringsport (griechisch-römischer Stil) zunächst beim Wiener Ringsportklub aktiv war. Nach der Auflösung dieses Vereins gehörte er dem A. S. C. Cyganiewicz bzw. später dem Wiener Sportklub an und war zu dieser Zeit auch bereits als Amateurtrainer tätig. In den folgenden Jahren gewann er unter anderem die Mittelgewichts-Meisterschaften von Wien, Niederösterreich, der Steiermark53, jene der österreichischen Athletik-Union und auch die österreichische Staatsmeisterschaft. 1912 vertrat er Österreich (=die österreichische Reichshälfte der Monarchie) im Ringwettkampf (Halbschwergewicht) bei den Olympischen Spielen in Stockholm, wo er allerdings aufgrund einer Handverletzung bereits in der 2. Runde ausschied. Weiters belegte er 1912 den 1. Platz bei der „inoffiziellen“ Europameisterschaft in Wien (es gab in diesem Jahr insgesamt vier Bewerbe allein im deutschsprachigen Raum, die den Titel Ringer-Europameisterschaft für sich beanspruchten) und den 2. Platz bei der Weltmeisterschaft 1913 in Breslau. Bereits 1912 nahm er auch erfolgreich an sogenannten Körper- und Muskelschönheitskonkurrenzen, dem Vorläufer des heutigen Bodybuildings, teil. Zu jener Zeit wohnte er im 20. Wiener Gemeindebezirk, wo er 1912 in der Pfarre Zwischenbrücken mit der Hilfsarbeiterin Josefine Schneider den Bund der Ehe schloss.54

Trestler im Jahre 1912 als Teilnehmer bei einer "Körper- und Muskelschönheitskonkurrenz" in WienTrestler im Jahre 1912 als Teilnehmer bei einer „Körper- und Muskelschönheitskonkurrenz“ in Wien

Wenige Tage vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Juli 1914 feierte er als Sieger beim Länder-Ringkampfmatch Bayern gegen Österreich seinen letzten großen Erfolg als Amateursportler55, bevor er bald nach Kriegsbeginn zu einer Maschinengewehrabteilung des k.u.k. Infanterieregiments „Hoch- und Deutschmeister“ Nr. 4  einberufen wurde. Bereits wenige Wochen später im September kursierten Zeitungsmeldungen, die von einer zweifachen Schussverletzung Trestlers und einem Lazarettaufenthalt in Agram (heute: Zagreb) berichteten.56Tatsächlich war er jedoch durch einen Schrapnellsplitter gestreift und lediglich leicht verletzt worden und konnte deshalb schon nach kurzer Zeit an die serbische Front zurückkehren.57 Im November 1914 wurde er schließlich einen Schuss in den linken Unterarm verwundet und es folgte ein Genesungsaufenthalt im in der Wiener Stiftskaserne eingerichteten Reservespital.58 Erst im Mai 1916 kehrte er wieder zu seiner Einheit zurück, die sich mittlerweile an der russischen Front befand.59 Zu Unterhaltungszwecken und zur Ablenkung vom Frontalltag organisierte er während dieser Zeit auch gelegentlich Ringkämpfe zwischen Ringern aus den Infanterieregimentern Nr. 4 und Nr. 84.

Aufgrund der tristen und nahezu aussichtslosen wirtschaftlichen Situation nach dem verlorenen Weltkrieg, entschied er sich vorerst weiter in der Armee zu bleiben und diente in der „Volkswehr“ genannten Armee der jungen Republik. Für viele und wohl auch für ihn handelte es sich dabei um eine Übergangslösung, die ein sicheres Einkommen bescherte. Mindestens bis zum Sommer 1919 dürfte Trestler dem Wiener Volkswehrbatallion XX angehört haben, dies ist durch seine Teilnahme an einem Volkswehr-internen Leichtathletikwettbewerb belegt. Doch bereits während dieser Zeit hatte er die Entscheidung getroffen seine sportliche Leidenschaft nunmehr als Professionalist auszuüben und künftig seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten.60 Er debütierte als Profi im Februar 1919 bei einem Turnier in Wien-Favoriten, und schloss sich zunächst der Ringertruppe um Josef Steinbach an, die zahlreiche Turniere in Wien veranstaltete und mit der er in den folgenden Jahren ausgedehnte Tourneen durch Österreich, Tschechien, die Slowakei und Italien absolvierte. Neben vielen anderen nationalen und internationalen Erfolgen gewann er 1920 auch den großen Preis von Palermo und im Jahr darauf führte ihn eine erfolgreiche Tournee nach Nordafrika.61

Hans Trestler posiert für ein Foto, das 1919 in der illustrierten Zeitschrift "Das interessante Blatt" veröffentlicht wurdeHans Trestler posiert für ein Foto, das 1919 in der illustrierten Zeitschrift „Das interessante Blatt“ veröffentlicht wurde

Weitere Tourneen durch Deutschland und nach Kleinasien folgten und gemeinsam mit dem österreichischen Weltmeister Hans Kawan, nahm er 1924 auch an Bewerben in den südamerikanischen Metropolen Rio de Janeiro und Montevideo teil.62 1924 fanden in Mistelbach Ringkämpfe zwischen dem Lokalmatador Trestler und teils hochkarätigen Gegnern im Saal des Hotel Rathaus bzw. im dazugehörigen „Rathausgarten“ (heutiger Stadtpark) statt, die Massen an begeisterten Zuschauern anlockten.63

Während eines Turniers im August 1926 in Frankfurt am Main zog sich Trestler eine zunächst unscheinbare, kleine Verletzung am Knie zu, die sich jedoch zu einer Infektion auswuchs und die Ärzte in Deutschland sahen sich gezwungen das Bein zu amputieren. Er lehnte diese Maßnahme, die das Ende seiner Sportlaufbahn bedeutet hätte, jedoch ab und trat die Rückreise nach Wien an, um sich dort weiterbehandeln zu lassen. Als er in Wien ankam, war es dafür leider bereits zu spät und so verstarb Johann Trestler wenige Tage später im 39. Lebensjahr im Spital der Barmherzigen Brüder in Wien an den Folgen einer aus der Infektion resultierenden Blutvergiftung. Er wurde auf dem Wiener Zentralfriedhof zur letzten Ruhe gebettet und in Nachrufen wurde Trestler als wahrer Sportsmann und einer der technisch versiertesten Ringer Österreichs gerühmt, dem trotz seines Könnens leider keine finanziellen Erfolge beschieden waren. Der plötzliche Tod des Familienvaters und Ernährers bedeutete für seine Witwe und den gemeinsamen Sohn Johann Ferdinand (1915-1945 (vermisst)) eine finanzielle Katastrophe, und knapp zweieinhalb Jahre später wurde Johann jun. im Alter von 13 Jahren durch den Tod seiner Mutter zum Vollwaisen64. In weiterer Folge kümmerten sich Johanna (eine Tante väterlicherseits) und Franz Ganselmayer, die in Mistelbach das Gasthaus „Zum schwarzen Adler“ (heute: Hypobank) als Pächter führten, um ihren verwaisten Neffen. In diesem Gasthaus hatte der 1931 gegründete65, und im Andenken an den Meisterringer Hans Trestler benannte Athletenklub „Trestler“, bis zu seiner Auflösung im Jahre 193366 seinen Vereinssitz.

Neben dem Ringsport, erstreckte sich die kurzlebige Vereinstätigkeit außerdem auf das Gewichtheben und die Kampfsportart Jiu-Jitsu67, und der A.C. Trestler trat mehrfach als Veranstalter von „Propagandaringkämpfen“ – also Schaukämpfe zwecks Werbung für den Ringsport – in Mistelbach und Umgebung in Erscheinung68. Auch der zu diesem Zeitpunkt 16-jährige Hans Trestler jun. war in der Ringersektion des Vereins aktiv und zeigte vielversprechendes Talent.69

Doch das Andenken an Trestler wurde in Mistelbach bereits vor Gründung des „Athletenklub Trestler“ hochgehalten, und zwar als am 7. Dezember 1928 im Saal des Gasthofes Frohner ein „Weltmeister Hans Trestler-Gedenkringen“ abgehalten wurde, dessen Sieger mit der „goldenen Trestler-Medaille“ ausgezeichnet wurde. Auch bei diesem Wettbewerb handelte es sich um eine Benefizveranstaltung zugunsten Trestlers Familie.70

Bildnachweis:
-) Doberl, Franz: Ein Leben auf der Ringermatte (1948), S. 45
-) Illustriertes (Österreichisches) Sportblatt, 6. April 1912, S. 15 (ONB-ANNO)
-) Das interessante Blatt, 10. April 1919, S. 3 (ONB-ANNO)

Quellen:

-) (Wiener) Sporttagblatt, 1. September 1926, S. 4 (ONB-ANNO)
-) Mistelbacher Bote, Nr. 37/1926, S. 2

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