Sklenař, Försterfamilie

Von 1850 bis 1975, also 125 Jahre lang und in drei Generationen, bekleideten Mitglieder der Familie Sklenař das Amt des Mistelbacher Gemeindeförsters und waren somit für die Pflege einer der wichtigsten natürlichen Ressourcen im Besitz der Gemeinde verantwortlich. Nachfolgend eine kurze biografische Darstellung der Sklenař Förster und ihrer Leistungen im Dienste der Stadt. Obwohl sich auch der später in Mistelbach wohnhafte berühmte Bienenköniginnenzüchter Guido Sklenar ursprünglich Sklenař schrieb, bestand kein verwandtschaftliches Verhältnis zur gleichnamigen Försterdynastie. Auch bei der Försterfamilie ging der Hatschek im Familiennamen, der eine deutlich andere Aussprache signalisiert, im Laufe der Zeit jedenfalls in den schriftlichen Quellen „verloren“.

Martin Sklenař sen. (*1821, †18971) stammte aus Holleschau in Mähren und war zunächst Forstgehilfe („Jägerjung“) bei der Herrschaft Asparn an der Zaya. Am 14. Oktober 1850 wurde er als Revierförster („Gemeindejäger“) bei der Gemeinde Mistelbach angestellt und ab Beginn des Jahres 1851 wurde ihm die Mistelbacher Jagd für die Dauer des Dienstverhältnisses unentgeltlich überlassen.2 Schon 1850 heiratete er Franziska Ehrenreich, die Tochter des Schafmeisters der Gutsverwaltung Asparn3 und das Ehepaar erwarb 1859 das Haus Wiedenstraße Nr. 144. Nach dem Tod seiner ersten Gattin ehelichte Sklenař 1863 die aus Wilfersdorf stammende Kaufmannstochter Theresia Himmelbauer5 Mit Ende des Jahres 1894 trat Sklenař in den Ruhestand über und verstarb drei Jahre später.6

 

Martin Sklenař jun. (*18707, †1940) folgte seinem gleichnamigen Vater beruflich nach und war ab 1884 zunächst als Praktikant und später als Adjunkt bei der Mistelbacher Forstverwaltung beschäftigt. Erste forstwirtschaftliche Prüfungen legte er 1888 ab8 und nachdem sein Vater Ende des Jahres 1894 in den Ruhestand übertrat, folgte er ihm als Leiter der Forstverwaltung nach.9 Im selben Jahr ehelichte er Magdalena Hofecker, die Tochter eines Mistelbacher Landwirts10 und gemeinsam erbauten sie im Jahr 1900 das Haus an der Adresse Oberhoferstraße Nr. 99, in dem später auch die Forstverwaltung untergebracht war. Zur Erinnerung an die einst hier wohnhafte Oberförster Martin Sklenař wurde 1978 der neben diesem Haus verlaufende Verbindungsweg zwischen Oberhoferstraße und Franz Josef-Straße mittels Gemeinderatsbeschluss „Försterweg“ benannt.11

Das Haus von Forstmeister Martin Sklenař jun. in der Oberhoferstraße Nr. 99, das an den Försterweg angrenzt, war bis 1957 auch Sitz der Forstverwaltung der Gemeinde. Der Hirschkopf über der Toreinfahrt weist noch heute auf den einstigen Wohnsitz des Gemeindeförsters hin.Das an den Försterweg angrenzende Haus Oberhoferstraße Nr. 99 – Wohnhaus von Martin Sklenař jun. und ehemals auch Sitz der Forstverwaltung

Der Kirchenberg diente einst als Hutweide und war daher in früherer Zeit nahezu ohne Baumbewuchs – also etwas was man gemeinhin als „Gstettn“ bezeichnet. Diese Bezeichnung für den Kirchenberg findet sich übrigens auch in Zusammenhang mit der einst hier befindlichen Wallfahrtskirche “Maria in der Gstetten” dokumentiert (siehe den Beitrag Mistelbach Wallfahrtsort). Erst nachdem das Areal, das sich einst großteils im Besitz der Fürstenfamilie Liechtenstein befand, der Gemeinde übergeben wurde, schritt man in den 1880er Jahren unter Federführung des Verschönerungsvereins zur Schaffung einer Parkanlage. Beginnend mit dem „Liechtenstein-Anlage“ benannten Park rund um die einstige Burganlage wurden zahlreiche Waldbäume, Akazien und Sträucher vom damaligen Forst-Adjunkt Sklenař jun. angepflanzt und von hier nahm die weitere Begrünung des Kirchenbergs ihren Ausgang.

Doch auch ein weiteres Naherholungsgebiet verdankt die Stadt Martin Sklenař jun. und zwar den Stadtwald – vor dem Zweiten Weltkrieg zumeist als Stadtwäldchen bezeichnet – der nach einer alten Flurbezeichnung auch Totenhauer (Wald) genannt wird. Dieser ist nicht zu verwechseln mit dem einige Kilometer weiter nördlich gelegenen großen Mistelbacher Gemeindewald, obgleich beide Gebiete durch einen langgezogene Grüngürtel entlang der Viehtrift (ebenfalls ein Werk Sklenařs) miteinander verbunden sind. Diese begriffliche Trennung ist insofern wichtig, da zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Stadtwald in seiner heutigen Form noch nicht oder lediglich als Jungwald existierte, auch der große Gemeindewald häufig als Stadtwald bezeichnet wurde. Das bebaute Stadtgebiete endete damals im Bereich der Steinernen Brücke (=Brücke beim Kreuzungsbereich Oberhoferstraße/Waldstraße/Grüne Straße) und nördlich davon, im Gebiet der heutigen Stadtwaldsiedlung, befanden sich ausgedehnte Viehweiden. Ähnlich dem Kirchenberg fanden sich daher auch hier einstmals kaum Sträucher oder Bäume und das weitläufige Weidegebiet wurde unter anderem durch die einst hier gelegene liechtensteinische Schäferei – den Schafflerhof – genutzt. Die Aufforstung des Totenhauers ist das Werk Sklenařs, der in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts beginnend dieses Gebiet sukzessive bepflanzte.12 Bereits 1904 hatte der hiesige Verschönerungsverein die Pflanzung einer Allee, vom Stadtrand entlang der Viehtrift über den Totenhauerwald hinaus zum Gemeindewald angeregt. 1906 wurde schließlich ein entsprechender Gemeinderatsbeschluss gefasst13 und die Durchführung  erfolgte unter fachkundiger Leitung von Forstmeister Sklenař. Seither gibt es einen durchgängigen Grüngürtel der etwa ab der Kirche Maria Rast bis in den Gemeindewald führt. Einer gewissen Romantik bzw. einem gesteigerten Erholungsbedürfnis Rechnung tragend wurden Ausflüge in den Wald Ende des 19. Jahrhunderts sehr populär und somit ist die Schaffung des Totenhauer Waldes neben forstwirtschaftlichen Überlegungen, bestimmt auch aus diesem Gesichtspunkt zu betrachten. Die in der Folge immer zahlreicher werdenden Waldbesucher wollten auch verpflegt werden und deshalb eröffnete Forstmeister Sklenař im Juni 1906 in der im Besitz der Gemeinde befindlichen ersten Jägerhütte im Gemeindewald das Ausflugslokal „Restauration zur Waldhütte“, wo den Ausflüglern Getränke und kalte Speisen gereicht wurden.14 Schon bald etablierte sich jedoch die Bezeichnung Waldschenke für dieses Lokal15 und auch heute noch findet sich an dieser Stelle (so gerade ein Pächter vorhanden ist) eine Gaststätte mit dem selben Namen. Die Waldschenke im Gemeindewald entwickelte sich in der Folge zu einem beliebten Ausflugsziel und der Deutsche Turnverein errichtete wenige Wochen vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs gleich neben dem Lokal einen Waldturn- und Spielplatz auf dem regelmäßig Turnübungen abgehalten werden sollten.16

Eröffnungsanzeige der ersten Waldschenke im Mistelbacher Gemeindewald aus dem Jahre 1906Eröffnungsanzeige der ersten Waldschenke im Mistelbacher Gemeindewald aus dem Jahre 190617

Die von Sklenar begründete erste Waldschenke im Mistelbacher Wald unmittelbar nach ihrer Eröffnung im Jahr 1906Die von Sklenar begründete erste Waldschenke im Mistelbacher Wald unmittelbar nach ihrer Eröffnung im Jahr 1906

Die Waldschenke im Mistelbacher Wald - in der Bildmitte (rotes X) vermutlich Oberförster Martin SklenarLaut dem Buch „Mistelbach in alten Ansichten Band II“ angeblich die Waldschenke im Mistelbacher Wald etwa zu Beginn der 1910er Jahre. In der Bildmitte (rotes X) vermutlich Oberförster Martin Sklenař, rechts neben ihm in schwarz gekleidet Bürgermeister Freund

Dem aufmerksamen Beobachter werden einige Unterschiede zwischen den beiden obigen Fotos auffallen, obgleich sie das selbe Gebäude zeigen sollen und nur wenige Jahre zwischen deren Aufnahme liegen dürften. Nachdem die erste Aufnahme von einer im Jahr 1908 gelaufenen Ansichtskarte stammt, dürfte es sich um zweifellos um das ältere der beiden Bilder handeln, insbesondere da bei zweiterem Bild konkrete und gesicherte Anhaltspunkte zur Datierung fehlen. Nicht nur die Aufnahmeperspektive ist ein andere (darüber hinaus ist eine falsche Spiegelung eines der Bilder aber auch nicht auszuschließen), sondern jedenfalls auch betreffend den Dachstuhl sind Unterschiede augenscheinlich. Letztere lassen sich vermutlich durch einen Brand in der Waldschenke im Jahre 1909 erklären, in dessen Zuge der Dachstuhl der Hütte abbrannte und ein Mann in den Flammen auf tragische Weise ums Leben kam.18 Schwieriger zu erklären sind allerdings die Unterschiede in dem die Hütte umgebenden Baumbestand – die Bäume scheinen auf der oberen, älteren Aufnahme deutlich dicker und dichter zu sein, als auf der unteren, späteren Aufnahme. Auch erscheint das Gebäude auf dem obigen älteren Bild deutlich größer. Handelt es sich entgegen den Angaben im Buch „Mistelbach in alten Ansichten, Band II“19 beim unteren Bild vielleicht doch um ein Foto der zweiten, erst 1920 gegründeten Waldschenke im Totenhauer (der späteren Martinsklause)? Der junge Baumbestand könnte dies durchaus nahelegen. Die Beschreibung auf der unteren Ansichtskarte „Gastwirtschaft „zur Waldhütte“ im Mistelbacher Stadtwald“, ist aufgrund der oben geschilderten sehr wechselhaften Verwendung des Begriffs „Stadtwald“ leider nicht eindeutig. Zwar wurde ursprünglich die Jägerhütte im Gemeindewald als „Gaststätte zur Waldhütte“ bezeichnet, aber 1921 taucht die ansonsten unübliche Bezeichnung „Waldhütte“ auch einmal für die Waldschenke im Totenhauer auf.20 Eher unwahrscheinlich scheint hingegen eine weitere Möglichkeit nämlich, dass es sich bei der ersten Aufnahme mit der Beschreibung „Schutzhütte im Mistelbacher Stadtwald“ gar nicht um die erste Jägerhütte (=Waldschenke) im Gemeindewald sondern um eine andere (die zweite?) Jägerhütte im Gemeindewald handeln könnte.

Ab 1912 erhielt Sklenař jedenfalls auch die Konzession zur Durchführung von Personentransporten mittels großem Pferde-Stellwagen zu der von ihm gepachteten Jägerhütte im großen Wald.21 und das Fahrangebot war natürlich ebenso wie auch der Saisonbetrieb der Waldschenke auf den Zeitraum April bis September beschränkt. In dieser Zeit hatte die Waldschenke stets an Sonn- und Feiertagen, sowie teilweise auch wochentags geöffnet, wobei sich die Öffnungszeiten im Laufe der Jahre natürlich immer wieder änderten. Aufgrund seiner Verdienste bei der vollständigen Aufforstung der Viehtrift und der Grundstücke am Totenhauer wurde Sklenař seitens des Gemeindeausschusses 1912 der Titel eines Oberförsters samt einer Gehaltsaufbesserung verliehen. Für das Frühjahr 1913 wurden hochtrabende Pläne bezüglich des Neubaues einer Waldschutzhütte in Fitzkas Nachtrag- und Ergänzungsband zur Geschichte Mistelbachs angekündigt und zwar sollte diese Schutzhütte Platz für 500 Personen bieten.22 Vermutlich hätte diese anstelle der Waldschenke errichtet werden sollen, aber die Pläne für das Projekt, dass hauptsächlich großteils über Spenden finanziert werden sollte, dürften sich bald zerschlagen haben und spätestens der wenig später entfesselte Erste Weltkrieg hätte einem derartigen Projekt wohl ohnedies ein Ende bereitet. Nach dem Ersten Weltkrieg setzte Oberförster Sklenař entlang des zum Totenhauer führenden Teils der Viehtrift im Abstand von je sieben Metern eine Eiche für jeden im 1. Weltkrieg gefallenen Sohn der Stadt. Ursprünglich war auch angedacht an die Bäume, wenn sie entsprechend groß gewachsen waren, Tafeln mit den Namen der Krieger anzubringen.23 Noch heute bestehen viele dieser regelmäßig angeordneten Eichenbäume im Grüngürtel entlang der Viehtrift, das Vorhaben diese mit Namenstafeln zu versehen wurde jedoch nie in die Tat umgesetzt.

Die Jägerhütte, die die alte Waldschenke beherbergte, wurde im Laufe der Jahre immer wieder neu errichtet, behielt dabei allerdings stets ihre rustikale Schlichtheit. Heute befindet sich an ihrer Stelle das 1958 fertiggestellte Forsthaus der Stadtgemeinde Mistelbach24 und durch die in diesem Gebäude untergebrachte Waldschenke lebt von die Sklenař begründete Tradition eines Ausflugslokals im Mistelbacher Wald seit bald 120 Jahren fort. Bis 1939 und somit über mehr als drei Jahrzehnte war Martin Sklenař jun. Pächter der Waldschenke, wobei er das Lokal teilweise durch einen seiner Heger führen ließ.25 Während seiner Dienstzeit stand Oberförster Sklenař, selbst begeisterter Waidmann, den jeweiligen Jagdpächtern stets als Jagdbetreuer und Fachmann für Wald und Wild zur Verfügung.

Nachdem das Stadtwäldchen nunmehr bereits gediehen war und als Naherholungsgebiet genutzt werden konnte, errichtete Oberförster Sklenař 1919 auf eigene Kosten und eigenem Grund eine Waldschenke im Totenhauer. Seitens der Gemeinde hatte man keine Einwände gegen eine zweite Waldschenke26, seinem Ansuchen dadurch die gemeindeeigene Waldschenke im Gemeindewald zu ersetzen bzw. diese an den Standort im Totenhauer zu verlegen stimmte man allerdings nicht zu.27 Somit gab es nunmehr zwei Waldschenken, denn auch jene im Gemeindewald wurde wie weiter oben beschrieben weiterhin von Sklenař gepachtet und betrieben. Zum oben bereits geschilderten missverständlichen Gebrauch des Wortes Stadtwald, gesellt sich nunmehr die Tatsache hinzu, dass die beiden Ausflugslokale den selben Namen „Waldschenke“ tragen, allerdings ist durch eine recht konsequente Verwendung der Zusätze Stadtwäldchen bzw. Totenhauer oder Stadtwald (Gemeindewald bzw. großer Wald) in er zeitgenössischen Berichtersattung zumeist nachvollziehbar um welchem Standort es sich handelt28 Nachdem Sklenař zunächst einen Erdkeller und darauf eine (Holz-)Hütte erbaut hatte29, konnte er seine Waldschenke im Totenhauer (den Vorläufer der späteren Martinsklause) im Mai endlich 1920 eröffnen.30

Der Totenhauer Wald und mit ihm die dortige Waldschenke wurden ein äußerst beliebter Ausflugs- und Veranstaltungsort (Vereinsfeiern, Konzerte, Sonnwendfeiern, …) 31, und sogar dem Kegelspiel konnte dort gefrönt werden.32 Trotz der Nähe zur Stadt wurden auch hierher Fahrten ab dem Hauptplatz angeboten. Wie geschildert befand sich dieses später erheblich ausgebaute Ausflugslokal – im Gegensatz zur Waldschenke im Gemeindewald, die  Sklenař weiterhin gepachtet hatte – in seinem Besitz und ab 1933 bis jedenfalls 1939 hatte er die Waldschenke im Totenhauer an den Gastwirt Filippinetti verpachtet33 Erst nach dem Zweiten Weltkrieg und vermutlich in Zusammenhang mit der Entwicklung vom Ausflugslokal zum vollwertigen Gasthaus im Gefolge der Errichtung der naheglegenen Totenhauersiedlung Anfang der 1950er Jahre dürfte der Gasthof unter Bezugnahme auf seinen Begründer den Namen „Martinsklause“ erhalten haben.34 Jedenfalls dürfte die Martinsklause bis Ende der 1960er Jahre weiterhin im Besitz der Familie Sklenař gewesen sein.35

Die von der Familie Sklenar begründete Martinsklause in den 1960er JahrenDie von Martin Sklenař begründete Martinsklause in den 1960er Jahren

Mit Ablauf des Jahres 1934 trat Oberförster Martin Sklenař nach 40-jähriger Dienstzeit in den Ruhestand über und er verstarb nach längerer Krankheit am 24. Juni 1940 im 70. Lebensjahr.

Nachdem Sklenařs Verdienste ausführlich gewürdigt wurden, soll gegen Ende des Beitrags zu seiner Person noch ein Vorfall aus dem Jahr 1902 rund um einem Kirschendiebsthal thematisiert werden, der aufzeigt, dass der Oberförster selbst bei kleinen Eingriffen in seine Besitzrechte alles andere als zimperlich vorging. Als Sklenař, zufällig in Begleitung des Bürgermeisters und mehrerer weiterer Mitglieder der Gemeindevertretung, auf dem Heimweg aus dem Wald entdeckte, dass zwei Frauen aus dem ärmeren Teil der Bevölkerung, sich an von ihm gepachteten Kirschenbäumen bedienten, verlor er völlig die Fassung und verprügelte beide auf brutale Weise. Niemand aus der honorigen Begleiterschaft des Rasenden, versuchte diesen zu bremsen bzw. einzuschreiten, lediglich der zufällig an der Szenerie vorbeifahrende Gemeinderat Strasser versuchte erfolglos Sklenař zur Vernunft zu mahnen. Die Sache hatte ein Nachspiel vor dem hiesigen Bezirksgericht und im Zuge des von Sklenař angestrengten Prozesses wegen Diebstahls wurden zwar die beiden Frauen wegen einfachen Diebstahls zu geringen Arreststrafen verurteilt, allerdings wurde Forstmeister Sklenař aufgrund des Gewaltexzesses zu deutlich höheren Strafen (Arrest- und Geldstrafe), sowie zur Leistung von Schmerzensgeld und Übernahme der Prozesskosten verurteilt. 36 Diese Begebenheit ist (bislang) lediglich durch die Berichterstattung im sozialdemokratischen „Volksbote“, in der der Förster als eingefleischter Christlich-Sozialer dargestellt wird, dokumentiert und natürlich beinhaltet diese damit auch eine politische Komponente. Obwohl am grundsätzlichen Sachverhalt der Körperverletzung und der daraus folgenden Verurteilung wohl nicht zu zweifeln ist, ist insbesondere in Ermangelung weiterer Quellen, bei ideologisch aufgeladener Berichterstattung wie im vorliegenden Fall stets eine kritische Quellenwürdigung angebracht.

 

Ing. Oskar Sklenař (*191037, †1998)
Nach der Pflichtschulbildung absolvierte Oskar Sklenař, der Sohn von Martin Sklenař jun., die einjährige Försterschule und daran anschließend die Höhere Forstlehranstalt für österreichische Alpenländer (=Forstakademie) in Bruck a.d. Mur. Nach der Forstpraxis in verschiedenen Forstbetrieben des Bezirks legte er im Herbst 1934 die Staatsprüfung für Forstwirte ab. Mit dem Beginn des Jahres 1935 folgte er seinem Vater als Leiter des Forstbetriebs der Stadt nach und übte dieses Amt, unterbrochen lediglich in den Jahren 1940-1945 aufgrund von Kriegsdienst und britischer Gefangenschaft, bis zu seinem Übertritt in den Ruhestand im Juni 1975 aus.38 1947 ehelichte Oskar Sklenař die Kriegerwitwe Katharina Franz (geb. Sobek) und gemeinsam mit seiner Gattin und deren Schwester Leopoldine Sobek lebte er im Haus Karl Fitzka-Gasse Nr. 9.

Während seiner Amtszeit erfolgte die Umstellung der Bewirtschaftung der Wälder von Brennholz- auf die Nutzholzwirtschaft und die Rationalisierung der Forstarbeit durch Einsatz von Maschinen und Einführung effizienterer Arbeitsmethoden. Als Forstfachmann war er über die Grenzen Österreichs auch in Deutschland anerkannt und immer wieder war der von ihm geführte Mistelbacher Wald, in dem auch von ihm geleitete forstwirtschaftliche Versuche durchgeführt wurden, Ziel von Exkursionen aus dem Ausland. Weiters war Sklenař als Experte für die Mittelwaldbewirtschaftung an der Entwicklung neuer forstwirtschaftlicher Maschinen beteiligt, etwa gemeinsam mit der Firma Heger. In Anerkennung seiner Verdienste wurde Ing. Sklenař 1971 schließlich zum Oberforstmeister ernannt.39
Neben seiner Tätigkeit für die Stadt Mistelbach war Ing. Sklenař jedenfalls von 1948 bis 1965 Forstverwalter der damals noch selbstständigen Gemeinde Hüttendorf.40 Außerdem war er über viele Jahre hinweg forstwirtschaftlicher Berater zahlreicher Agrargemeinschaften aus den Gemeinden rund um den Mistelbacher Wald (u.a. Kleinhadersdorf und Ketzelsdorf).

In seiner Freizeit engagierte sich Oberforstmeister Sklenař seit deren Gründung Mitte der 1950er Jahre in der Volkshochschule Mistelbach und wirkte dort als Leiter des Arbeitskreises Vorträge und Obmannstellvertreter. Für seinen Berufstand wenig überraschend war er auch als Waidmann aktiv, und damit ebenso wie seine Vorfahren Mitglied im Mistelbacher Schützenverein bzw. über einige Zeit auch Obmann dieser traditionsreichen Vereinigung. Darüber hinaus übernahm er auch Funktionen im niederösterreichischen Landesjagdverband.41

 

Das mittlerweile abgekommene Grab der Familie Sklenař auf dem Mistelbacher Friedhof (leider unter nicht optimalen Lichtbedingungen aufgenommen)Das mittlerweile abgekommene Grab der Familie Sklenař auf dem Mistelbacher Friedhof (leider unter nicht optimalen Lichtbedingungen aufgenommen)

Am 3. August 1998 starb mit Oberforstmeister Ing. Oskar Sklenař der letzte Vertreter der Mistelbacher Försterdynastie Sklenař.

Bildnachweise:
-) Haus Oberhoferstraße Nr. 99: Thomas Kruspel, 2018
-) Ansichtskarte der Waldschenke: Göstl-Archiv
-) Ansichtskarte der Waldschenke: Jakob, Christa/Steiner, Oskar: Mistelbach in alten Ansichten, Band 2 (2001), S. 67
-) Ansichtskarte Martinsklause (1960er Jahre) aus der Sammlung von Herrn Gerhard Lichtl, digitalisiert von Otmar Biringer
-) Portrait Oskar Sklenař: Wilhelm Mliko – Stadtmuseumsarchiv Mistelbach
-) Sklenař-Grab: Thomas Kruspel, 2018

Quellen:

  1. Pfarre Mistelbach: Sterbebuch (1890-1899), Fol. 107
    Eintrag Sterbebuch (Pfarre Mistelbach)
  2. Fitzka, Karl: Geschichte der Stadt Mistelbach (1901), S. 211
  3. Pfarre Asparn an der Zaya: Trauungsbuch (1822-1850), Fol. 185
    Eintrag Trauungsbuch (Pfarre Asparn an der Zaya)
  4. Grundbuch des Barnabitenkollegium Mistelbach: Grundbuch über Häuser und Überländ I, fol. 1 – 400 zu Mistelbach, Lanzendorf, Eibesthal, Wilfersdorf, Dechantmühle, Bullendorf, Kettlasbrunn, Paasdorf, Hüttendorf, Schrick, Hauskirchen, Palterndorf, Rannersdorf, Fol. 45 (Digitalisat in den Beständen des nö. Landesarchivs)
  5. Pfarre Wilfersdorf: Trauungsbuch (1843-1897), Fol. 97
    Eintrag Trauungsbuch (Pfarre Wilfersdorf)
  6. Bote aus Mistelbach, Nr. 17/1897, S. 5
  7. Pfarre Mistelbach: Taufbuch (1859-1871), Fol. 316
    Eintrag Taufbuch (Pfarre Mistelbach)
  8. Österreichische Forst-Zeitung, Nr. 47 (23. November 1888), S. 298 (ONB: ANNO)
  9. Mistelbacher Bote, Nr. 4/1935, S. 5
  10. Pfarre Mistelbach: Trauungsbuch (1874-1897), Fol. 208
    Eintrag Trauungsbuch (Pfarre Mistelbach)
  11. Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 208 (Dezember 1978), S. 18
  12. Mistelbacher Bote, Nr. 4/1935, S. 4f;
    Donauwacht – Mitteilungsblatt des Kreises Mistelbach der NSDAP, 28. Junig 1940, 61. Jg. – Nr. 26, S. 10
  13. Protokoll  der  Gemeindeausschußsitzung vom 29. Oktober 1906 In: Bote aus Mistelbach, Nr. 46/1906, S. 3 bzw. Gemeindeausschuss Protokolle 1906
  14. Protokoll  der  Gemeindeausschußsitzung vom 15. Mai 1906 In: Bote aus Mistelbach, Nr. 21/1906, S. 3 bzw. Gemeindeausschuss Protokolle 1906;
    Eröffnungsanzeige: Bote aus Mistelbach, Nr. 22/1906, S. 15
  15. Mistelbacher Bote, Nr. 19/1908, S. 10 (ONB: ANNO)
  16. Mistelbacher Bote, Nr. 18/1914, S. 17 (ONB: ANNO)
  17. Bote aus Mistelbach, Nr. 22/1906, S. 15
  18. Illustrierte Kronen-Zeitung, 17. April 1909 (Nr. 3349), S. 7 (ONB: ANNO);
    St. Pöltner Zeitung, 29. April 1909 (49. Jg. – Nr. 18), S. 18 (ONB: ANNO)
  19. Jakob, Christa/Steiner, Oskar: Mistelbach in alten Ansichten, Band 2 (2001), S. 67
  20. Mistelbacher Bote, Nr. 16/1921, S. 2 (ONB: ANNO)
  21. Befürwortung der Erteilung der Konzession zum Personentransport: Protokoll der öffentlichen Ausschußsitzung der Stadtgemeinde Mistelbach vom 30. Mai 1912 In: Mistelbacher Bote, Nr. 24/1912, S. 4
  22. Fitzka, Karl: Ergänzungs- und Nachtragsband zur Geschichte der Stadt Mistelbach (1912), S. 220f (Anm.: hier wird auch der Totenhauer als Teil des Stadtwaldes mitbezeichnet und der Gemeindewald als „großer Stadtwald“ – zur Namensproblematik siehe oben)
  23. Mistelbacher Bote, Nr. 4/1935, S. 4f
  24. Volks-Presse, 2. November 1957, 12. Jg. – Nr. 44, S. 5
  25. Verhandlungsschrift über die öffentliche Gemeinderatssitzung vom 12. Juli 1933 In: Mistelbacher Bote, Nr. 33/1933, S. 3;
    Neue Grenzwacht, Nr. 21/1933, S. 3;
    Verhandlungsschrift über die öffentliche Gemeinderatssitzung vom 22. Mai 1936 In: Mistelbacher Bote, Nr. 24/1933, S. 4 (ONB: ANNO)
  26. Mistelbacher Bote, Nr. 31/1919, S. 2 (ONB: ANNO)
  27. Verhandlungsschrift über die öffentliche Gemeinderatssitzung vom 3. Juli 1920 In: Mistelbacher Bote, Nr. 32/1920, S. 2 (ONB: ANNO)
  28. Mistelbacher Bote, Nr. 18/1929, S. 3 (ONB: ANNO);
    Hier ein Beispiel für die Ausnahme zur Regel der klaren Bezeichnung: Mistelbacher Bote, Nr. 16/1921, S. 4 (ONB: ANNO)
  29. Stadtgemeinde Mistelbach (Hrsg.): Broschüre Wanderbares Mistelbach – Rundwanderwege (2015), S. 9
  30. Amts-Blatt der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, 25. März 1920, 38. Jg. – Nr. 13, S. 52;
    Mistelbacher Bote, Nr. 19/1920, S. 2 (ONB: ANNO)
  31. Das geschäftige Treiben an den Wochenenden im Totenhauer Wald beschreibt unter anderem der Lehrer und Heimatdichter Michael Krickl in seinem 1925 im Mistelbacher Bote veröffentlichten Text „Im Tettenhauer“: Mistelbacher Bote, Nr. 22/1925, S. 2 (ONB: ANNO)
  32. Neues Wochenblatt – Zeitung für das Viertel unter dem Manhartsberg, 5. Juni 1920, 5. Jg. – Nr. 23, S. 4;
  33. Anzeige zur Verpachtung für den Zeitraum 1933-1936: Mistelbacher Bote, Nr. 15/1933, S. 12 (ONB: ANNO);
    Mistelbacher Bote, Nr. 16/1936, S. 5 (ONB: ANNO);
    Mistelbacher Bote, Nr. 17/1933, S. 4 (ONB: ANNO);
    Neue Grenzwacht, Nr. 21/1933, S. 3;
  34. Weinviertler Nachrichten, Nr. 25/1961, S. 1f
  35. Amts-Blatt der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach, 27. April 1967 (82. Jg. – Nr. 8) – Beilage Veränderungen im Stande der Gewerbe im Monat April 1967, S. 2
  36. Volksbote (Der Wähler), 21. August 1902, S. 7 (ONB: ANNO)
  37. Pfarre Mistelbach: Taufbuch (1906-1913), Fol. 223
    Eintrag Taufbuch (Pfarre Mistelbach)
  38. Niederösterreichische Nachrichten – Der Weinviertler, Nr. 26/1975 (26. Juni 1975), S. 10;
    Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 187, Juni 1975, S. 4;
    in dne vorstehend genannten biografischen Berichten wird angegeben Sklenař sei 1939 zur Wehrmacht eingerückt. Tatsächlich findet sich jedoch ein Bericht aus dem März 1940 in dem von seiner Beförderung zum Revierförster berichtet wird und es findet sich keinerlei Hinweis, dass er zu diesem Zeitpunkt bereits Soldat gewesen sei: Donauwacht, 8. März 1940 (61. Jg. – Folge 10), S. 10 (ONB: ANNO)
  39. Weinviertler Nachrichten, Nr. 30/ 1971, S. 4;
    Weinviertler Nachrichten, Nr. 41/1961, S. 1f;
    Gemeindezeitung – Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 8(November)/1990, S. 4
  40. früheste Erwähnung dieser Funktion: Gemeinderatsprotokoll der Gemeinde Hüttendorf vom 23.11.1948 im Archiv der Stadtgemeinde Mistelbach
  41. Weinviertler Nachrichten, Nr. 21/1976, S. 2;
    Gemeindezeitung – Mitteilungen der Stadtgemeinde Mistelbach, Folge 8(November)/1990, S. 4
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